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Erscheinung:22.03.1995 | Geschäftszeichen I 1 - 3.1.3 | Thema Governance Verlautbarung zum Thema "Bankgeschäfte mit Minderjährigen"

Bankgeschäfte mit Minderjährigen

Das Heranführen von Minderjährigen an die Inanspruchnahme von Bankdienstleistungen ist grundsätzlich positiv zu werten. Um junge Erwachsene vor den Folgen einer Kreditaufnahme zu bewahren, die ihre Finanzkraft übersteigt, sollten bereits Minderjährige zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Geld angehalten werden. Diese Vorbereitung der Minderjährigen auf ihre spätere Rolle im Wirtschaftsleben erfolgt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des deutschen Zivilrechts.

In letzter Zeit habe ich festgestellt, daß sich verschiedene Kreditinstitute bei Bankgeschäften mit Minderjährigen Verfahrensweisen bedienen, die unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Bestimmungen des deutschen Zivilrechts bedenklich und im Einzelfall mit einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung nicht vereinbar sind. Solange die eindeutige Wertentscheidung des Bürgerlichen Gesetzbuches für einen umfassenden Minderjährigenschutz fortbesteht, sind die Kreditinstitute aufgerufen, die gesetzlichen Vorgaben des § 104 ff. BGB zu beachten. Sie sollten außerdem die Minderjährigen und deren Eltern über die rechtlichen Rahmenbedingungen der angestrebten Geschäftsbeziehung in verständlicher Weise informieren. Im folgenden werden die wesentlichen Grundsätze zusammengefaßt, die von den Kreditinstituten bei Bankgeschäften mit Minderjährigen zu beachten sind. Diese Verlautbarung wurde nach Anhörung der im Zentralen Kreditausschuß zusammengeschlossenen Verbände, des Verbandes der Privaten Bausparkassen e.V., der Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen sowie der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. erarbeitet.

I. Anbahnung der Geschäftsbeziehung

1. Werbung

Seriöse Werbung ist statthaft. Bei den Werbeaussagen ist jedoch Zurückhaltung zu üben, aggressive Werbeformen sind zu unterlassen. Insbesondere ist darauf zu achten, daß die Werbung nicht zu einem sorglosen Umgang mit Geld (z. B. Spontankäufen) ermuntert. Außerdem darf nicht für einzelne Produkte in einer Weise geworben werden, die den Eindruck erzeugt, es bedürfe für genehmigungsbedürftige Bankgeschäfte weder der Zustimmung der Eltern noch der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts; dies gilt insbesondere für Kontoüberziehungen oder Kreditaufnahmen.

2. Alter des Minderjährigen

Bei der Aufnahme einer Geschäftsbeziehung ist das Alter des Geschäftspartners festzustellen, das der Bank im Rahmen der Legitimationsprüfung nach § 154 Abgabenordnung zwangsläufig bekannt wird. Damit weiß die Bank, ob die besonderen Schutzvorschriften des Minderjährigenrechts Anwendung finden.

II. Rechtliche Rahmenbedingungen

Die Kreditinstitute haben die folgenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten.

1. Zustimmung der gesetzlichen Vertreter

  • a. Grundsätze

    • aa) Einwilligung beider Elternteile

      Gemäß §§ 107, 108 BGB kann ein Minderjähriger einen Vertrag, der ihm nicht "lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt", wirksam nur mit Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters abschließen. Damit stellt die vorherige Zustimmung der gesetzlichen Vertreter den Regelfall dar. Wegen dieser Betrachtungsweise sollten die Banken grundsätzlich darauf bestehen, daß die gesetzlichen Vertreter rechtzeitig vor dem Geschäftsabschluß einbezogen werden. Fehlt die erforderliche Zustimmung der gesetzlichen Vertreter bei Vertragsabschluß, so ist das Rechtsgeschäft bis zur nachträglichen Genehmigung schwebend unwirksam.

      Für die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter reicht die Alleinvertretung nur eines Elternteiles in der Regel nicht aus. Das Bürgerliche Gesetzbuch fordert in § 1629 BGB die gemeinschaftliche Vertretung. Sofern nicht ein Elternteil den anderen ausdrücklich oder stillschweigend zur Alleinvertretung ermächtigt, fehlt es bei einer lediglich durch einen Elternteil vorgenommenen Zustimmung zu einem Bankgeschäft an einem entscheidenden Wirksamkeitserfordernis.

      Die bloße Behauptung der Übertragung der Alleinvertretung durch den anderen Elternteil ist unzureichend. Die Bank sollte sich aus Rechtssicherheitsgründen zumindest eine schriftliche Erklärung des anderen Elternteils vorlegen lassen. Von der Bank formularmäßig vorbereitete Erklärungen, nach denen der bei der Bank erschienene Elternteil erklärt, gleichzeitig auch im Namen des anderen zu handeln, reichen nicht aus.

      Bei tatsächlicher Verhinderung oder Tod eines Elternteiles steht die gesetzliche Vertretung dem anderen Teil allein zu (§§ 1678, 1681 BGB). Nach einer Ehescheidung oder bei dauerndem Getrenntleben wird durch das Familiengericht bestimmt, welchem Elternteil die elterliche Sorge für das gemeinschaftliche Kind zustehen soll (§§ 1671, 1672 BGB). Wird behauptet, daß - abweichend vom Grundsatz des § 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB - ein Elternteil alleinvertretungsberechtigt ist, so empfiehlt es sich, einen entsprechenden Nachweis zu verlangen (z. B. Sterbeurkunde), da der gute Glaube an die Vertretungsmacht nicht geschützt wird. Gesetzlicher Vertreter eines nichtehelichen Kindes ist die Mutter (vgl. § 1705 BGB).

    • bb) "Generalermächtigungen"

      "Generalermächtigungen" der Eltern für vergangene oder künftige Bankgeschäfte ihrer minderjährigen Kinder bedürfen einer eindeutigen, inhaltlich genau bestimmten Konkretisierung. In Kontoeröffnungsanträgen dürfen keine pauschalen Formulierungen verwendet werden, die wegen der unüberschaubaren und uneingeschränkten Genehmigung von im einzelnen unbekannten bzw. nicht bestimmbaren Verfügungen der gesetzlichen Wertentscheidung widersprechen. Nicht ausreichend sind deshalb Formulierungen wie "Der Minderjährige soll verfügungsberechtigt sein für sämtliche Verfügungen über Kontoguthaben und Depotwerte" oder "Wir genehmigen im voraus sämtliche Geschäfte". Umfassende Generaleinwilligungen der Eltern würden der privatrechtlichen Vereinbarung einer vollen Geschäftsfähigkeit des Minderjährigen in der Bankverbindung gleichkommen und die Systematik des Bürgerlichen Gesetzbuches, das von einer Einwilligung für jede einzelne Willenserklärung ausgeht, weitgehend außer Kraft setzen. Unproblematisch ist hingegen eine allgemeine Einwilligung zur Vornahme bestimmter Kontoverfügungen (z. B. Barzahlungen, Überweisungen, Daueraufträge), die, sofern es technisch möglich ist, auch betragsmäßig begrenzt werden können.

      Das Recht der gesetzlichen Vertreter zur Entscheidung darüber, auf welche Geschäfte sich die Einwilligung erstrecken soll, darf nicht beeinträchtigt werden. Vordrucke, in denen für Kontoverfügungen und Vertragsmodalitäten Alternativen in Form von vorformulierten und anzukreuzenden Möglichkeiten aufgeführt sind, können deshalb nur als Entscheidungshilfe Verwendung finden. Sie dürfen nicht in einer Weise eingesetzt werden, die auf seiten der gesetzlichen Vertreter zu dem Mißverständnis führen, es handele sich um eine strikte Vorgabe, die keine anderweitige Gestaltungsmöglichkeit zuläßt. Das verwendete Formular sollte auch die Möglichkeit vorsehen, daß der Minderjährige ohne Einwilligung der gesetzlichen Vertreter nicht selbständig verfügen darf und daß die gesetzlichen Vertreter die Möglichkeit haben, die Gestaltung des Verfügungsrechts des Minderjährigen jederzeit zu ändern oder ihre Einwilligung insgesamt zu widerrufen.

      Bei der eindeutigen inhaltlichen Ausgestaltung eines Bankvertrages mit Minderjährigen sollte den gesetzlichen Vertretern insbesondere die Wahlmöglichkeit darüber eingeräumt werden, ob der Minderjährige Kontoverfügungen (z. B. Barzahlungen, Überweisungen, Daueraufträge) allein oder nur mit der jeweiligen Zustimmung der Eltern vornehmen darf. Des weiteren sollte eindeutig geklärt werden, ob dem Minderjährigen eine Kundenkarte zur Bedienung von Geldautomaten, Kontoauszugsdruckern und sonstigen Selbstbedienungseinrichtungen ausgehändigt wird. Außerdem sollte eine Bestimmung darüber getroffen werden, ob bei Vereinbarung der Zusendung der Kontoauszüge diese an den Minderjährigen oder an die gesetzlichen Vertreter geschickt werden sollen.

    • cc) Volljährigkeit des ehemals Minderjährigen

      In Fällen, in denen das Kreditinstitut die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter entgegen der gesetzlichen Konzeption nicht eingeholt hat, ist der Vertrag mit dem Minderjährigen schwebend unwirksam. Wird der Minderjährige während der schwebenden Unwirksamkeit des Vertrages volljährig, so kann er nach § 108 Abs. 3 BGB die Genehmigung eines von ihm geschlossenen Vertrages selbst vornehmen. Dieser wird aber nicht automatisch mit der Volljährigkeit wirksam; erforderlich ist stets eine Genehmigungserklärung, die ausdrücklich oder auch stillschweigend abgegeben werden kann.
  • b. Ausnahmen vom Erfordernis der Einwilligung der gesetzlichen Vertreter

    Die gesetzlichen Ausnahmen vom Zustimmungserfordernis sind aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Wertentscheidung restriktiv zu handhaben und insbesondere keiner analogen Anwendung zugänglich.

    • aa) Rechtlicher Vorteil im Sinne des § 107 BGB

      In der täglichen Bankpraxis gibt es faktisch keine Geschäfte, die für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft und deshalb ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters wirksam sind. Bereits die Kontoeröffnung (Giro-, Einlagen-, Depotkonto) bedarf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, da hiermit Verpflichtungen der unterschiedlichsten Art verbunden sind (z. B. Vereinbarung der Geltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, Einhaltung von Kündigungsfristen). Bei Bareinzahlungen auf ein Spar- und Girokonto ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertreter begibt sich der Minderjährige des Eigentums an dem Bargeld. Als rechtlich nachteilig erweist sich im Rahmen von Kontoverfügungen auch die Barabhebung , da der Minderjährige durch die Auszahlung seine Forderung aus dem Giro- bzw. Spareinlagenvertrag verliert. Auch im Rahmen von Überweisungsaufträgen würde ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters der Minderjährige seine Forderung aus dem Girovertrag verlieren. Ebenso bedarf die Kündigung eines Sparguthabens der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, da der Minderjährige durch die Kündigung, durch die die Einlage fälliggestellt wird, über diese verfügt. Des weiteren bedarf jedes einzelne Wertpapiergeschäft (Übergabe von Wertpapieren zur Girosammelverwahrung, An- und Verkauf von Wertpapieren im Auftrag und für Rechnung des Minderjährigen) der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Durch die Verfügung über die Wertpapiere bzw. durch die Verpflichtung zur Zahlung des vereinbarten Kaufpreises entsteht dem Minderjährigen ein rechtlicher Nachteil.

      Einen Sonderfall bildet die Auszahlung von einem Sparkonto unter Vorlage des Sparbuches wegen dessen Legitimationswirkung. In diesem Zusammenhang wird die Meinung vertreten, daß die Abhebung in diesem Fall gemäß § 808 Abs. 1 BGB auch ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters wirksam sei, wenn die Bank nicht unredlich handele. Selbst wenn sich die Auffassung weiter durchsetzen sollte, daß eine Unredlichkeit der Bank nur bei Kenntnis des Nichteinverständnisses der gesetzlichen Vertreter mit der Rückzahlung gegeben ist, sollte sich das betreffende Kreditinstitut aus Rechtssicherheitsgründen gegen Verfügungen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters schützen (z. B. durch einschränkende Vermerke im Sparbuch, auf der Kontokarte bzw. in der EDV).

    • bb) Lohn- und Gehaltskonten

      Bei der Eröffnung eines Lohn- oder Gehaltskontos durch einen Minderjährigen ist die Vorschrift des § 113 BGB zu beachten. Nach dieser Bestimmung bewirkt die Ermächtigung des Minderjährigen durch die gesetzlichen Vertreter, in Dienst oder in Arbeit zu treten, daß der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig ist, die die Eingehung oder Aufhebung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art oder die Erfüllung der sich aus einem solchen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen betreffen. § 113 BGB ist im Rahmen eines Beamtenverhältnisses oder Wehrdienstverhältnisses entsprechend anwendbar, falls die einschlägigen Normen des Dienstrechts nichts Abweichendes bestimmen. Hingegen findet die Vorschrift auf Ausbildungsverträge keine Anwendung. Das betreffende Kreditinstitut muß sich deshalb bei der Eröffnung eines Lohn- oder Gehaltskontos ohne Zustimmung der Eltern z. B. durch Vorlage des Arbeitsvertrages Klarheit darüber verschaffen, ob ein Arbeitsverhältnis besteht. Bei Ausbildungsverhältnissen sollte sich das Institut den Ausbildungsvertrag vorlegen lassen, um prüfen zu können, ob die Eltern dort eine entsprechende Ermächtigung gegeben haben, wobei die gebräuchlichen Vertragsvordrucke in der Regel eine solche vorsehen.

      Nach § 113 BGB sind ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters Kontoeröffnungen wirksam, die zur Entgegennahme von Lohn- und Gehaltszahlungen erfolgen. Barabhebungen sind von § 113 BGB nur bezüglich des Arbeitslohnes, nicht jedoch bezüglich sonstiger Guthaben auf dem Konto gedeckt. Bei Überweisungen kann es bereits an dem für die Anwendung des § 113 BGB erforderlichen engen Sachzusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis fehlen. Zur Vornahme von Überweisungen sollte deshalb auch im Falle der Abwicklung über derartige Konten aus Rechtssicherheitsgründen grundsätzlich die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter eingeholt werden. In Zweifelsfällen sollte sich die betreffende Bank eine ausdrückliche Zustimmungserklärung der gesetzlichen Vertreter vorlegen lassen; diese kann gemäß § 113 Abs. 2 BGB später wieder zurückgenommen oder eingeschränkt werden.

    • cc) "Taschengeldparagraph"

      Die oftmals als "Taschengeldparagraph" bezeichnete Vorschrift des § 110 BGB ist in der Regel nicht geeignet, in der täglichen Bankpraxis die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter für eine Kontoeröffnung und für Kontoverfügungen zu ersetzen. Nach § 110 BGB bedarf es keiner ausdrücklichen Zustimmung der gesetzlichen Vertreter, wenn der Minderjährige die vertragsgemäße Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von den gesetzlichen Vertretern oder mit deren Zustimmung von Dritten überlassen worden sind. In der täglichen Praxis wird der Bank regelmäßig die Kenntnis darüber fehlen, ob die Mittel auf dem zu eröffnenden Konto zur freien Verfügung des Minderjährigen stehen. Aus den äußeren Umständen bei einer Kontoeröffnung oder Kontoverfügung kann nicht ohne weiteres auf eine freie Mittelüberlassung geschlossen werden. Die Banken können deshalb nur in eindeutigen Fällen auf der Grundlage des § 110 BGB von einer ausdrücklichen Zustimmung der gesetzlichen Vertreter sowohl zur Kontoeröffnung als auch zur Verfügung über das Konto absehen. Die Verfügung über das Konto ohne weitere Zustimmung ist unproblematisch, wenn es auf Veranlassung der gesetzlichen Vertreter, z. B. als "Taschengeldkonto" geführt wird, und die gesetzlichen Vertreter ausdrücklich ihre Zustimmung zur uneingeschränkten Verfügungsberechtigung des Minderjährigen gegeben haben.

2. Erfordernis der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung

  • a. Genehmigungsmodalitäten

    Die nachfolgend unter Punkt II. 2. b) aufgeführten Geschäfte im Bereich von Scheckverfügungen, Kreditgeschäften sowie bei Kapitalanlagen mit der Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen bedürfen neben der Zustimmung der gesetzlichen Vertreter zusätzlich der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Ohne diese Genehmigung ist das Geschäft schwebend unwirksam. Es kann dann nur durch nachträgliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§ 1829 Abs. 1 BGB) oder durch Genehmigung des volljährig Gewordenen (§ 1829 Abs. 3 BGB) wirksam werden. Die Genehmigung durch den nunmehr Volljährigen kann ausdrücklich oder stillschweigend erklärt werden. Voraussetzung für eine wirksame stillschweigende Genehmigung ist grundsätzlich die Kenntnis der Genehmigungsbedürftigkeit. Abgesehen von Bagatellfällen ist es deshalb erforderlich, daß ein volljährig Gewordener, der die Genehmigungsbedürftigkeit nicht kennt, ausreichend unterrichtet wird. Deshalb sollte ihn die Bank durch ein entsprechend gefaßtes Anschreiben auf die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages hinweisen und zur Genehmigung auffordern. Erfolgt eine Genehmigung des Vertrages nicht, so macht die nunmehr volljährige Person hiermit von ihrem gesetzlichen Recht Gebrauch. Eine Schufa-Meldung wegen der damit verbundenen Ablehnung erfolgt nicht; es darf auch nicht mit der Androhung einer solchen Meldung auf die Entschlußfreiheit des volljährig Gewordenen Einfluß genommen werden.

  • b. Einzelfälle

    • aa) Scheckverfügungen

      Bei der Ausstellung eines Schecks ist die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter erforderlich, da der Minderjährige durch die Scheckbegebung eine eigenständige Rechtsverpflichtung gegenüber dem Schecknehmer begründet. Darüber hinaus ist nach derzeit herrschender Meinung gemäß §§ 1643, 1822 Nr. 9 BGB zur Wirksamkeit der Ausstellung eines Inhaberschecks durch einen Minderjährigen auch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einzuholen; der Schutz des Minderjährigen vor den Gefahren aus der Eingehung abstrakter Verpflichtungen ist im BGB besonders stark ausgeprägt. Wird die Einholung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht angestrebt, dürfen dem Minderjährigen deshalb keine Scheckformulare ausgehändigt werden. Als Ausnahme sind Schecks zu nennen, die bei Barabhebungen vom Girokonto verwendet werden (sogenannte Quittungsschecks).
    • bb) Kreditgeschäft

      Zur Gewährung von Kredit in jeglicher Form (Darlehen, Ratenkredit, Kontokorrentkredit, Gestattung oder Duldung der Kontoüberziehung, finanzierter Abzahlungskauf, aufgeschobene Zahlungsverpflichtung des Minderjährigen durch Kreditkarte) an einen Minderjährigen reicht die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter nicht aus. Vielmehr bedarf es auch hier einer Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht (§§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 8 BGB). Deshalb müssen die Banken bei sämtlichen finanziellen Transaktionen von Minderjährigen, die ein Kreditgeschäft beinhalten könnten, besondere Aufmerksamkeit walten lassen.

      (1) Vertraglich eingeräumter Kredit

      Soll zwischen der Bank und dem Minderjährigen ein Kreditvertrag bzw. eines der anderen genannten Geschäfte abgeschlossen werden oder ein Überziehungskredit im Rahmen eines Girokontos eingeräumt werden, ist das Vormundschaftsgericht - grundsätzlich bereits während der Vertragsverhandlungen - einzuschalten und um eine Genehmigung nachzusuchen. Alle Beteiligten haben ein elementares Interesse zu erfahren, ob das Vormundschaftsgericht die erforderliche Genehmigung erteilen wird oder ob nach der Gerichtspraxis von einer Versagung auszugehen ist.

      (2) Stillschweigend geduldeter Überziehungskredit

      Alle Konten von Minderjährigen sind auf Guthabenbasis zu führen. Wegen der Gefahr einer unkontrollierten Kreditaufnahme ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertreter und ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts sind stillschweigend geduldete Überziehungskredite - unabhängig von der betragsmäßigen Höhe und der Dauer der Überziehung - zu vermeiden. Auch eine von der Bank geduldete Überziehung stellt eine Kreditvergabe im Sinne der §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 8 BGB dar. Selbst bei vorliegender Zustimmung der gesetzlichen Vertreter ist diese Kreditvereinbarung ohne vormundschaftsgerichtliche Genehmigung schwebend unwirksam (§ 1829 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies gilt, unabhängig vom Verwendungszweck, für jede - betragsmäßig noch so geringe - Überziehung eines Kontos. Auch durch eine das Minus ausgleichende Einzahlung tritt keine Heilung der Unwirksamkeit ein. Aufgrund dieser klaren Rechtslage müssen die Banken auch im eigenen Interesse grundsätzlich alle erforderlichen Vorkehrungen treffen, damit jede Art der Kontoüberziehung bei Minderjährigen bereits im Ansatz verhindert wird.

      In Ausnahmefällen wie den folgenden halte ich die Duldung von zeitlich und betragsmäßig limitierten Überziehungen zur Wahrung der Interessen der Minderjährigen für vertretbar:
    • a) Minderjährigen, die einen eigenen Hausstand führen und in diesem Zusammenhang Einzugsermächtigungen (z. B. zur Begleichung von Miete, Wasser-, Gas-, Stromrechnungen, Versicherungsprämien) erteilt haben, könnten bei Rückgabe der Lastschriften wegen nicht ausreichenden Kontoguthabens neben den Kosten für die Rücklastschrift erhebliche Nachteile entstehen (z. B. Wegfall des Versicherungsschutzes wegen nicht gezahlter Versicherungsprämie); entsprechendes gilt für Daueraufträge. Ist durch die Einlösung einer Lastschrift eine kurzfristige Überziehung erfolgt, sollte die Bank schon im eigenem Interesse - unter Einbeziehung der gesetzlichen Vertreter - eine umgehende Klärung herbeiführen, und dabei darauf hinweisen, daß sie eine Wiederholung dieses Zustandes nicht dulden wird. Erfolgt gleichwohl eine weitere Überziehung innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs mit der ersten nicht vertraglich vereinbarten Überziehung, so hat das betreffende Kreditinstitut durch entsprechende Maßnahmen (z. B. Sperrvermerk in der EDV) sicherzustellen, daß weitere Überziehungen nicht mehr zugelassen werden.
      Die gleichen Grundsätze gelten auch für individuelle Überweisungen, die der Minderjährige im Zusammenhang mit seinen Grundbedürfnissen tätigen will.

    • b) Aus technischen Gründen kann es zu einer vorübergehenden Überziehung bei ursprünglich vorhandenem Guthaben kommen, wenn der Minderjährige zunächst eine Barabhebung vornimmt oder eine Überweisung tätigt und unmittelbar daran anschließend am Geldausgabeautomaten mit seiner Kundenkarte Bargeld entnimmt. Obwohl diese Fälle von Überziehungen auf einem unbedachten oder arglistigen Verhalten des Minderjährigen beruhen und gegen den Willen der Bank eintreten, für die das herbeigeführte Debet erst später sichtbar wird, sind die Banken im Hinblick auf die entstehenden Kredit- bzw. Rückzahlungsverpflichtungen aufgerufen, diese Überziehungen im Rahmen der Möglichkeiten durch verbesserte Buchungsmethoden zu unterbinden (z. B. "realtime-Buchung").

      (3) Ausgabe von ec-, Kunden- und Kreditkarten

      Es kann technisch nicht sichergestellt werden, daß Minderjährige ec-Karten nicht zu Kontoüberziehungen verwenden. So könnten ec-Karten von Minderjährigen z. B. im POZ-Verfahren eingesetzt werden und zu einer Kontoüberziehung führen. Von der Aushändigung einer ec-Karte an Minderjährige ist deshalb grundsätzlich abzusehen.

      Die Überlassung einer Kundenkarte, die für Abhebungen an Geldausgabeautomaten oder Verfügungen an POS-Kassen eingesetzt werden kann, ist dann durch das Vormundschaftsgericht genehmigungspflichtig, wenn durch Verwendung der Karte eine Kontoüberziehung herbeigeführt werden kann. Die Zulassung dieser Möglichkeit kann zu einer Kreditierung führen, die ebenfalls unter die §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 8 BGB fällt. Die Bank ist deshalb aufgerufen, durch technische Vorkehrungen eine nicht genehmigte Kreditinanspruchnahme durch die Benutzung von Geldausgabeautomaten oder POS-Kassen zu verhindern.

      Keinen Bedenken begegnet grundsätzlich die Aushändigung einer Kundenkarte an den Minderjährigen, wenn eine Online-Autorisierung von Abhebungen an Geldausgabeautomaten oder Verfügungen an POS-Kassen durch die ausgebende Bank gewährleistet ist und nicht genehmigte Kreditinanspruchnahmen ausgeschlossen sind.

      Die Ausgabe einer Kreditkarte an Minderjährige muß wegen der dadurch eröffneten Möglichkeit der nicht genehmigten Kreditbeschaffung grundsätzlich unterbleiben. Sofern die gesetzlichen Vertreter dennoch auf die Aushändigung einer Kreditkarte an den Minderjährigen bestehen, etwa weil er sich beispielsweise als Austauschschüler für längere Zeit im Ausland aufhalten wird, sollten sie darauf hingewiesen werden, daß eine entsprechende Kreditkarte (sogenannte Zusatzkreditkarte) ohne Eigenhaftung des Minderjährigen auch über ihr Konto ausgestellt werden kann. Nur in begründeten Ausnahmefällen sollte eine Kreditkarte auf das Konto eines Minderjährigen bezogen werden; hierzu ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich.

      cc) Kapitalanlagen mit der Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen

      Bei Kapitalanlagen mit der Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen, z. B. bei Kombinationsangeboten (gleichzeitiger Abschluß von Anspar-, Bausparverträgen und z. B. Versicherungen) ist § 1822 Nr. 5 BGB zu beachten, sofern diese Vertragsverhältnisse länger als ein Jahr nach Eintritt der Volljährigkeit fortdauern sollen. Zur Wirksamkeit können mithin auch diese Verträge der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedürfen, insbesondere wenn eine Rechtspflicht zu regelmäßigen Einzahlungen begründet wird.

      War eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung im Einzelfall erforderlich und ist diese nicht eingeholt worden, so kann der volljährig Gewordene die fehlende Genehmigung ersetzen, wodurch der Vertrag von Anfang an wirksam wird (§ 1829 Abs. 3 BGB).

      Da jedoch in der Praxis durch Sparpläne und Bausparverträge keine Rechtspflicht für den Minderjährigen begründet wird, regelmäßige Beträge einzuzahlen, ist für diese Verträge eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht erforderlich. Eine Zahlungseinstellung hat daher für den Minderjährigen allenfalls die Konsequenz, einen Prämienanspruch zu verlieren.

III. Verhaltensweise bei feststehender Unwirksamkeit des Vertrages

Solange die Banken die eindeutigen Bestimmungen des BGB und die in dieser Verlautbarung aufgestellten Grundsätze beachten, werden schwebend unwirksame Rechtsgeschäfte mit Minderjährigen die Ausnahme bilden. Sollte es in Einzelfällen trotzdem zu einem schwebend unwirksamen Vertrag gekommen sein, der wegen einer verweigerten Zustimmung oder Genehmigung rückabzuwickeln ist, so hat die Bank bei der Beendigung des Geschäftsverhältnisses maßvoll vorzugehen und nach Lösungen zu suchen, bei denen auch die schutzwürdigen Interessen des Minderjährigen voll zur Geltung gebracht werden. Die Abwicklung kann deshalb nur nach den Vorschriften des Bereicherungsrechts (§ 812 ff. BGB) erfolgen, wobei das Recht des Minderjährigen zu beachten ist, bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen die Entreicherungseinrede des § 818 Abs. 3 BGB zu erheben.

Die Ausübung sozialen Drucks - sowohl auf den Minderjährigen als auch auf die Eltern - oder gar die Drohung mit einer Meldung an die Schufa sind unzulässig und laufen einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung zuwider. Auch die Ankündigung einer Strafanzeige, z. B. wegen Betrugs, und das Betreiben von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im Falle des Nichtausgleichs einer entstandenen Überziehung sind, sofern der Bank nicht besondere Rechtfertigungsgründe zur Seite stehen, unverhältnismäßig, da die Bank bei Mißachtung der gesetzlichen Konzeption des im BGB verankerten Minderjährigenschutzes im Rahmen einer Mitverantwortung zu der eingetretenen Situation selbst beigetragen hat. Sie kann sich insbesondere nicht darauf berufen, in gutgläubiger Weise von der Volljährigkeit des Kunden ausgegangen zu sein, denn die Unkenntnis der Minderjährigkeit wird im Regelfall auf einer mangelhaften Altersprüfung beruhen.

Eine Forderung gegen die Eltern des minderjährigen Kunden steht der Bank nicht zu; eine allgemeine Haftung der Eltern für die Schulden ihrer Kinder besteht nach deutschem Recht nicht.

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