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Erscheinung:16.11.2005 | Geschäftszeichen BA 2 - 21.00 (alt: BA 3 - 21.00) | Thema Compliance Für die Geldanlage von Bausparkassen geeignete "andere Schuldverschreibungen" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 5 BSpKG

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 3 Nr. 5 BSpKG dürfen Bausparkassen verfügbares Geld unter bestimmten Voraussetzungen in "anderen Schuldverschreibungen" anlegen.

Insbesondere im Hinblick auf die seit der Gesetzesformulierung teilweise neu entstandenen Finanzprodukte, die zwar ebenfalls unter dem Oberbegriff "Schuldverschreibungen" subsumiert werden können, sich jedoch aufgrund ihrer rechtlichen Ausgestaltung von den "klassischen" Schuldverschreibungen, die der Gesetzgeber vor Augen hatte, unterscheiden, ist es in der Vergangenheit vermehrt zu Unsicherheiten und Missverständnissen gekommen, welche Wertpapiere als "andere Schuldverschreibungen" im Sinne des Bausparkassengesetzes (BSpKG) anzusehen sind.

Es besteht daher Einigkeit, dass eine konkretisierende Auslegung dieser Norm geboten ist. Ich habe Ihnen deshalb zuletzt mit Schreiben vom 09.09.2005 meine Rechtsauffassung mit der Bitte um Stellungnahme dargelegt. Da Ihrerseits hiergegen keine inhaltlichen Einwände geltend gemacht wurden, bitte ich, meine Auffassung, die ich nachfolgend noch einmal zusammenfasse, nunmehr verbindlich zu beachten.

  1. Bei "anderen Schuldverschreibungen" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 5 BSpKG handelt es sich um jederzeit liquidisierbare Anleihen, in denen sich der Aussteller verpflichtet hat,

    • eine oder mehrere betragsmäßig konkretisierte Tilgungszahlungen, sowie

    • gegebenenfalls eine oder mehrere ihrer vollständigen Höhe nach konkretisierte Zinszahlungen

    an nach dem Kalender bestimmten Fälligkeitstagen an den Gläubiger zu erbringen. Ferner muss nach einer substantiierten Prognose aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Fähigkeit des Ausstellers beziehungsweise durch eine besondere, der Sicherheit dienende Ausgestaltung des Wertpapiers die Bedienung der Anleihe während der gesamten Laufzeit aller Voraussicht nach gewährleistet sein. Ein dennoch bestehendes vollständiges oder teilweises Ausfallrisiko darf dabei lediglich in der Person des Emittenten bestehen.

    Diese Definition berücksichtigt sowohl den systematischen Zusammenhang mit den anderen in § 4 Abs. 3 Nrn. 1 bis 4 BSpKG geregelten Anlagemöglichkeiten sowie den Sinn und Zweck der Vorschrift, aus dem sich bezogen auf das Ausfallrisiko ergibt, dass zum Schutz des Bausparkollektivs nur der Erwerb solcher Anlagen vertretbar ist, bei denen die fristgerechte Bedienung nach einer substantiierten Prognose aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Fähigkeit des Ausstellers beziehungsweise durch eine besondere, der Sicherheit dienenden Ausgestaltung des Wertpapiers während der gesamten Laufzeit aller Voraussicht nach gewährleistet ist.

    Die ausgeprägte persönliche und wirtschaftliche Fähigkeit des Emittenten zur Bedienung der Anleihe beziehungsweise die besondere, der Sicherheit dienende Ausgestaltung der Anleihe halte ich in der Regel bei einem Rating mit Investment-Grade durch eine anerkannte Ratingagentur (z. B. Moody´s: mindestens Baa3; S&P: mindestens BBB-) für substantiiert gegeben.

    Um die vom Gesetzgeber verlangte Sicherheit des Kapitals und die Überschaubarkeit des Risikos zu gewährleisten, wird durch die Definition fernerhin verlangt, dass die Ablaufleistung schon bei Erwerb der Schuldverschreibung betragsmäßig festgeschrieben sein muss.

    Entsprechendes gilt auch für eventuell vorgesehene Zinsleistungen. Der Zinsanspruch ist zwar kein wesentliches Merkmal einer Schuldverschreibung im rechtlichen Sinne, so dass insbesondere auch unverzinsliche bzw. abgezinste Papiere Schuldverschreibungen nach § 4 Abs. 3 Nr. 5 BSpKG darstellen können. Sofern jedoch ein Zinsanspruch besteht, ist es zur Gewährleistung der vom Gesetzgeber verlangten Liquiditätsplanung und -steuerung der Bausparkassen erforderlich, dass diese bei Erwerb Kenntnis hinsichtlich der genauen Höhe und Fälligkeit der Zinsleistung haben.

    Ganz oder teilweise variable verzinsliche Anleihen stellen somit keine "anderen Schuldverschreibungen" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 5 BSpKG dar. Ihr Ausschluss aus der Begriffsdefinition ist aufgrund der rechtlich vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten geboten. So könnte die vorbehaltlose Zulassung von Anleihen, deren variable Verzinsung insbesondere von einem Referenzpreis, Referenzzins, Referenzindex oder einem im Voraus definierten Ereignis abhängig ist, Bausparkassen den Erwerb diverser Anleihen erlauben, von denen manche zu einem negativen Zins oder im Falle einer vorzeitigen Veräußerung auch zu einem - im Vergleich mit den übrigen nach § 4 Abs. 3 BSpKG zulässigen Anlagen - höheren Kursverlust führen und damit ein vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht gewolltes unüberschaubares Risiko begründen können.

    "Residential Mortgage und Asset Backed Securities" (RMBS/ABS) sehe ich ebenfalls nicht als andere Schuldverschreibungen an. Hierbei handelt es sich um so spezielle Produkte, die sich in erheblicher Weise von den in § 4 Abs. 3 BSpKG aufgezählten Anlageformen unterscheiden, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Gesetzgeber solche Anleihen undifferenziert als "sonstige Schuldverschreibungen" nach § 4 Abs. 3 Nr. 5 BSpKG zugelassen hätte. Vielmehr lässt sich aus dem gesetzgeberischen Willen sowie aus einem Vergleich mit den anderen nach § 4 Abs. 3 BSpKG zulässigen Anlageformen herleiten, dass zur Risikobeurteilung nur solche Geldanlagen erlaubt sein sollen, bei denen das Ausfallrisiko ausschließlich mit der Person des Emittenten und nicht dagegen mit einem zumeist durch den Anleger nicht einsehbaren Forderungspool verknüpft ist.

  2. Fernerhin fallen Anleihen, die derivative Elemente enthalten (strukturierte Schuldverschreibungen), nicht unter den Begriff der "anderen Schuldverschreibungen" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 5 BSpKG. Derivative Elemente sind in diesem Zusammenhang rechtliche Ausgestaltungen, die die Beeinflussung des Preises der Anleihe von einem zu Grunde gelegten Referenzpreis, Referenzzins, Referenzindex oder einem im Voraus definierten Ereignis ermöglichen.

    Allerdings halte ich den Erwerb von Schuldverschreibungen, in die derivative Elemente eingebettet sind, als sonstiges Hilfsgeschäft im Sinne des § 4 BSpKG für möglich, wenn die strukturierte Schuldverschreibung sich gedanklich in eine Schuldverschreibung nach vorgenannter Definition und in ein oder mehrere derivative Elemente zerlegen lassen, und die enthaltenen derivativen Elemente nach meinem Schreiben vom 26.01.2005 zur Zulässigkeit derivativer Sicherungsgeschäfte als sonstiges Hilfsgeschäft zulässig sind.

    Hierdurch kann beispielsweise der Erwerb von Schuldverschreibungen, die mit einem vorzeitigen Kündigungsrecht des Emittenten ausgestattet sind, sowie der Erwerb von Schuldverschreibungen, die neben einer Grundverzinsung eine Bonusverzinsung aufweisen, deren Höhe von dem Erreichen oder Übersteigen eines festgelegten Indexes abhängt (Indexanleihen), als sonstiges Hilfsgeschäft nach § 4 BSpKG zulässig sein, wenn ergänzend die Voraussetzungen des Schreibens über derivative Sicherungsgeschäfte gegeben sind, d. h. wenn der Erwerb insbesondere zur Begrenzung von Risiken dient.

  3. Entsprechendes gilt dem Grunde nach auch für variabel verzinsliche Anleihen (Floater), die aufgrund ihrer zumindest teilweisen Orientierung an einem Referenzzins regelmäßig derivative Elemente enthalten. Wie oben unter a) aufgezeigt, stellen solche variabel verzinsliche Anleihen keine "sonstigen Schuldverschreibungen" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 5 BSpKG dar, so dass ihr Erwerb allenfalls nach den oben unter b) ausgeführten Bedingungen als sonstiges Hilfsgeschäft nach Maßgabe meines genannten Schreibens hinsichtlich derivativer Sicherungsgeschäfte zulässig sein könnte.

    Da die in den Floatern enthaltenen derivativen Elemente jedoch nur in besonderen Fällen die Anforderungen des Schreibens erfüllen werden, sehe ich dessen ungeachtet auch den Erwerb von variabel verzinslichen Anleihen, deren Verzinsung zumindest teilweise von einem gängigen Geldmarktzinssatz abhängt (Floater), und die - hiervon abgesehen - ansonsten nach oben genannter Definition als "andere Schuldverschreibungen" anzusehen wären, als sonstiges Hilfsgeschäft nach § 4 BSpKG an, sofern die variable Zinskomponente bei steigendem Referenzzinssatz linear steigt und die feste Zinskomponente des Floaters nicht weniger als minus 50 Basispunkte p. a. beträgt.

    Hierdurch wird sichergestellt, dass entsprechend meinen obigen Vorbehalten gegen variabel verzinsliche Anleihen nur solche Werte erworben werden können, die ein überschaubares Risiko für die anlegende Bausparkasse begründen.

  4. Unter Bezug auf meine entsprechende Ankündigung gelten diese Vorgaben für Neuanlagen, die nach dem 16.09.2005 erworben wurden.

Ich bitte Sie, meine Rechtsauffassung an Ihre Mitgliedsinstitute weiterzuleiten.

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