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Erscheinung:04.12.2015 | Thema Solvabilität Der bei künftigen Prämien einkalkulierte erwartete Gewinn

Nach Art. 70 Abs. 2 delegierte Verordnung (EU) 2015/35 (DVO) ist der bei künftigen Prämien einkalkulierte erwartete Gewinn ein Teil des Überschusses der Vermögenswerte über die Verbindlichkeiten.

Einleitung

Gemäß Art. 1 Abs. 46 DVO bezeichnet der „bei künftigen Prämien einkalkulierte erwartete Gewinn“ (Expected Profits Included in Future Premiums - EPIFP), den erwarteten Barwert künftiger Zahlungsströme, die daraus resultieren, dass für die Zukunft erwartete Prämien für bestehende Versicherungs- und Rückversicherungsverträge — die aber ungeachtet der gesetzlichen oder vertraglichen Rechte des Versicherungsnehmers auf Beendigung des Vertrags aus einem beliebigen Grund außer dem Eintritt des versicherten Ereignisses möglicherweise nicht gezahlt werden — in die versicherungstechnischen Rückstellungen aufgenommen werden.

Die Eigenmittelposition EPIFP ist als Teil des Überschusses der Vermögenswerte über die Verbindlichkeiten gesondert zu ermitteln und im Rahmen des quantitativen Berichtswesens auszuweisen.

Ermittlung von EPIFP

Gemäß Art. 260 Abs. 2 DVO entspricht EPIFP der Differenz zwischen

a) den versicherungstechnischen Rückstellungen ohne Risikomarge, berechnet gemäß Art. 77 der Solvency-II-Richtlinie (RL 2009/138/EG)

b) und einer Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen ohne Risiko-marge unter der Annahme, dass die für die Zukunft erwarteten Prämien für bestehende Versicherungs- und Rückversicherungsverträge ungeachtet der gesetzlichen oder vertraglichen Rechte des Versicherungsnehmers auf Beendigung des Vertrags aus einem anderen Grund als dem Eintritt des versicherten Ereignisses nicht gezahlt werden.

Gemäß Art. 260 Abs. 3 DVO ist die Berechnung des bei künftigen Prämien einkalkulierten erwarteten Gewinns für die bei der Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen zugrunde gelegten homogenen Risikogruppen getrennt vorzunehmen, vorausgesetzt, dass die Versicherungs- und Rückversicherungsverpflichtungen in Bezug auf den bei künftigen Prämien einkalkulierten erwarteten Gewinn ebenfalls homogen sind. Verlustträchtige Verträge und gewinnträchtige Verträge können gemäß Art. 260 Abs. 4 DVO nur innerhalb einer homogenen Risikogruppe gegeneinander aufgerechnet werden.

Gemäß der Leitlinie 76 „Trennung der Versicherungsverpflichtungen“ der EIOPA Leitlinien zur Bewertung von versicherungstechnischen Rückstellungen (EIOPA-BoS-14/166 DE) sollten Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen für die Zwecke der Berechnung nach Art. 260 DVO ihre Versicherungsverpflichtungen unterteilen in Verpflichtungen, die den bereits eingezahlten Prämien zuzurechnen sind, und Verpflichtungen, die künftigen Prämienforderungen für das Bestandsgeschäft zuzurechnen sind.

Leitlinie 77 „Zur Berechnung des EPIFP verwendete Annahmen“ macht weitere Vorgaben hinsichtlich der Annahmen, die bei der Ermittlung der versicherungstechnischen Rückstellung nach b) anzusetzen sind. Demnach basiert die Ermittlung auf denselben Annahmen und Methoden, wie sie zur Ermittlung der versicherungstechnischen Rückstellungen unter a) verwendet werden, mit der Ausnahme, dass Policen als weiterhin gültig statt zurückgekauft betrachtet werden und - ungeachtet der für den Vertrag geltenden gesetzlichen oder vertraglichen Bedingungen - keine Strafzahlungen oder Abzüge berücksichtigt werden.

Um diesen Vorgaben zu genügen, ist es in der Regel nicht angemessen, die versicherungs-technischen Rückstellungen unter b) im Rahmen einer Schock-Berechnung, wie sie etwa für die szenariobasierten Risikomodule der Standardformel gemäß § 96 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) gefordert sind, zu berechnen. Vielmehr sollten diese Rückstellungen auf Grundlage der bereits für die versicherungstechnischen Rückstellungen unter a) vorliegenden Zahlungsströme ermittelt werden, indem diejenigen Zahlungsströme identifiziert werden, die künftigen Prämienzahlungen zuzurechnen sind, wobei der bei künftigen Prämien einkalkulierte erwartete Gewinn als Verbindlichkeit zu berücksichtigen ist.

Im Ergebnis entspricht die Berechnung der EPIFP damit einem Davon-Ausweis.

Ansatz für die Ermittlung von EPIFP für Lebensversicherungsverpflichtungen
Die Zuordnung der Zahlungsströme für die Zwecke der Ermittlung der versicherungstechnischen Rückstellungen unter b) kann auf Grundlage des versicherungsmathematischen Äquivalenzprinzips vorgenommen werden, das der klassischen Prämien- und Leistungsberechnung zugrunde liegt:

Erwarteter Barwert künftiger Leistungen
= Vorhandene Mittel des Versicherungsbestandes
+ erwarteter Barwert künftiger Prämien.

Die zukünftigen Leistungen können auf dieser Grundlage aufgeteilt werden in einen Teil, der aus den vorhandenen Mitteln finanziert wird und einen Teil, der aus den zukünftigen Prämien finanziert wird. Dabei sind vorhandene Mittel den bereits eingezahlten Prämien zuzuordnen.

Diese Aufteilung kann auf die Zahlungsströme der zukünftigen Gewinne übertragen wer-den, wobei den Besonderheiten des deutschen Versicherungsgeschäftes, insbesondere der Regelungen zur Überschussbeteiligung, Rechnung zu tragen ist. Darüber hinaus ist bei der Zuordnung der zukünftigen Gewinne deren Entstehung angemessen zu berücksichtigen. Dabei ist insbesondere auch der Verweildauer der Mittel im Bestand und damit den Zeit-räumen, in dem diese zur Gewinnentstehung beitragen, Rechnung zu tragen.

Die künftigen Leistungen umfassen sämtliche Leistungen, die durch die gezahlte Prämie finanziert werden. Dies sind neben den versicherungstechnischen Leistungen auch die Kosten für die Verwaltung des Vertrages.

Die künftigen Prämien verstehen sich brutto, berücksichtigen somit sämtliche Kostenbei-träge, Ratenzuschläge und Anteile von Rückversicherern. Überschussverwendung in Form der Beitragsverrechnung wird dabei nicht berücksichtigt.

Explizite gesetzliche Anforderungen (wie bspw. der Sicherheitszuschlag gemäß § 7 Kalkulationsverordnung (KalV) in der Krankenversicherung) sind angemessen zu berücksichtigen.

Zur Illustration des Ansatzes, kann unter der Annahme, dass Gewinne proportional zur versicherten Leistung entstehen, der Zahlungsstrom der Gewinne mit dem Faktor

Barwert zukünftiger Prämien /
Vorhandene Mittel + Barwert zukünftiger Prämien

den künftigen Prämien zugeordnet werden. Eine solche Aufteilung setzt voraus, dass die Aufteilung der Leistungen über den Zeitverlauf gleich bleibt und sich keine Effekte aus der Verweildauer im Bestand ergeben, die diese Aufteilung ändern.

Da Gewinnentstehung und Gewinnteilung auf den Regelungen des Handelsgesetzbuchs (HGB) basieren, kann unter den vorgenannten Annahmen ein konstanter Faktor verwendet werden, bei dessen Berechnung die einzelnen Komponenten auf Basis der Rechnungsgrundlagen der HGB-Bilanzierung verwendet werden. „Vorhandene Mittel“ umfassen dabei alle Mittel, die dem Versicherungsbestand zugeordnet werden können, bspw. auch inkl. evtl. Nachreservierungen.

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