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Erscheinung:09.10.2015 Auslegungsschreiben zum Crowdlending

Im Mittelpunkt der Tätigkeit des Crowdlending, das regelmäßig nicht unter den Erlaubnisvorbehalt nach § 32 Abs. 1 des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) fällt, steht die Vermittlung eines Darlehens über eine Internet-Dienstleistungsplattform zwischen einem Kunden/Darlehensnehmer und einem Kreditinstitut/Darlehensgeber, das/der über eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG verfügt. Teilforderungen des Rückzahlungsanspruchs aus diesem Darlehensvertrag werden — direkt oder über einen Intermediär — unter Einschaltung der Internet-Dienstleistungsplattform Anlegern öffentlich angeboten.

Dabei sind derzeit zwei Geschäftsmodelle im Inland üblich. Im ersten Geschäftsmodell erfolgt zunächst die Kreditvergabe an den Kreditnehmer durch ein Kreditinstitut, welches im Anschluss den Rückzahlungsanspruch aus dem Kreditvertrag in Teilforderungen an einzelne Anleger durch Forderungskaufverträge weiterveräußert und abtritt (weiter zu 2.). Beim zweiten Geschäftsmodell wird der Rückzahlungsanspruch aus einem Kreditvertrag vollständig von einem Kreditinstitut an einen Intermediär abgetreten, der zu 100 % im Eigentum der Internet-Dienstleistungsplattform steht (weiter zu 3.), ohne dass die mit dem Kreditnehmer vereinbarten Konditionen verändert werden.

1. Allgemeines zur Erlaubnispflicht

Durch Crowdlending-Finanzierungen kann je nach vertraglicher Ausgestaltung eine bankaufsichtsrechtliche Erlaubnispflicht sowohl für die Nutzer (insbesondere für Kreditgeber, Kreditnehmer, Anleger) als auch für den Betreiber der Crowdlending-Plattform bestehen (vergl. insoweit auch BaFin-Merkblatt zur Erlaubnispflicht der Betreiber und Nutzer einer internetbasierten Kreditvermittlungsplattform). Verbindliche Aussagen zur Erlaubnispflicht können erst gemacht werden, nachdem das jeweilige Geschäftsmodell von der BaFin geprüft wurde. Daher gibt dieses Auslegungsschreiben nur einen allgemeinen Überblick über eine mögliche Erlaubnispflicht.

Grundsätzlich ist für die reine Vermittlung von Krediten keine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG) erforderlich, allerdings gegebenenfalls nach § 34c oder § 34f der Gewerbeordnung (GewO). Demnach beaufsichtigt die BaFin Kreditvermittlungsplattformen, die sich auf die Vermittlung von Krediten beschränken, nicht.

2. Geschäftsmodell ohne Einschaltung eines Intermediärs

2.1. Prospektpflicht

Die von einem Kreditinstitut öffentlich angebotenen Teilbeträge des Rückzahlungsanspruchs unterliegen grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG), insbesondere § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG.

2.1.1. Anbieter der Vermögensanlage und damit Adressat der Prospektpflicht ist derjenige, der für das öffentliche Angebot der Vermögensanlage verantwortlich ist und/oder den Anlegern gegenüber nach außen erkennbar als Anbieter auftritt (vgl. BT-Drs. 15/3174, S. 42). Im Falle des Crowdlendings ist die Internet-Dienstleistungsplattform regelmäßig selbst nicht Anbieter der Teilbeträge des Rückzahlungsanspruchs in diesem Sinne.

2.1.2. Emittent der Vermögensanlage ist die Person oder die Gesellschaft, deren Vermögensanlagen aufgrund eines öffentlichen Angebots im Inland ausgegeben sind (§ 1 Abs. 3 VermAnlG). Im Falle des Crowdlending ist dies regelmäßig der Kunde/Darlehensnehmer, nicht aber das Kreditinstitut, das das Darlehen im ersten Schritt gewährt hat (vgl. BT-Drs. 18/4708, S. 58).

2.1.3. Ausnahmen von der Prospektpflicht kann der Anbieter der Vermögensanlage unter den Voraussetzungen nach §§ 2 ff. VermAnlG in Anspruch nehmen. Im Falle des Crowdlending kommt dabei vor allem folgenden Tatbeständen praktische Bedeutung zu:

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG besteht keine Prospektpflicht, wenn

  • bei dem Angebot von derselben Vermögensanlage nicht mehr als 20 Anteile angeboten werden oder
  • der Verkaufspreis der im Zeitraum von zwölf Monaten angebotenen Anteile einer Vermögensanlage insgesamt 100.000 Euro nicht übersteigt oder
  • der Preis jedes angebotenen Anteils einer Vermögensanlage mindestens 200.000 Euro je Anleger beträgt.

§ 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG ist grundsätzlich auch auf Kreditforderungen anwendbar, die über Crowdlending-Plattformen Anlegern angeboten werden. § 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG ist dabei solange anwendbar, bis die in den einzelnen Tatbestandsalternativen genannten nominellen Schwellen erreicht sind. Erst wenn diese Schwellen im Rahmen eines öffentlichen Angebots von Vermögensanlagen überschritten werden sollen, findet allein § 2a Abs. 1 bis 3 VermAnlG Anwendung.

Die Befreiung für Schwarmfinanzierung nach § 2a VermAnlG kann nicht mit den Ausnahmetatbeständen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG kombiniert werden. Nach § 2a Abs. 4 VermAnlG kann die Ausnahme nach § 2a Abs. 1 und 2 VermAnlG nicht in Anspruch genommen werden, solange eine Vermögensanlage des Emittenten nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG öffentlich angeboten wird oder eine auf diese Weise angebotene Vermögensanlage des Emittenten noch nicht gem. § 10a Abs. 1 Satz 2 VermAnlG vollständig getilgt ist (vgl. BT-Drs. 18/3994, S. 42).

Ein Angebot, das sich nur an solche Personen richtet, die beruflich oder gewerblich für eigene oder fremde Rechnung Wertpapiere oder Vermögensanlagen erwerben oder veräußern, ist gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4 VermAnlG ebenfalls nicht prospektpflichtig. Um solche institutionellen Anleger kann es sich insbesondere bei Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten im Sinne des § 1 Abs. 1 und 1a KWG handeln. § 2a Abs. 4 VermAnlG gilt in diesen Fällen nicht, so dass ein öffentliches Angebot im Wege des § 2a VermAnlG auch dann prospektfrei möglich ist, solange eine Vermögensanlage des Emittenten nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 VermAnlG angeboten wird oder die angebotene Vermögensanlage nicht vollständig getilgt ist.

Ein öffentliches Angebot von Vermögensanlagen kann darüber hinaus dann von der Prospektpflicht befreit sein, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe d VermAnlG vorliegen (vgl. BT-Drs. 18/3994, S. 39). Die Ausnahme des § 2 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe d VermAnlG setzt allerdings voraus, dass die Vermögensanlage von einem Kreditinstitut i. S. d. § 1 Abs. 1 KWG „ausgegeben wird“, d.h. ein Kreditinstitut selbst Emittent i. S. d. § 1 Abs. 3 VermAnlG, d.h. Darlehensnehmer, ist. Dies wird im Fall des Crowdlending regelmäßig nicht der Fall sein.

2.2. Erlaubnispflicht der Plattform-Betreiber

2.2.1. Beschränkt sich die Tätigkeit der Internet-Dienstleistungsplattform darauf, einerseits zwischen einem Kreditnehmer und einem Kreditinstitut den Abschluss eines Kreditvertrags und andererseits zwischen dem Kreditinstitut und mehreren Anlegern den Abschluss von Forderungskaufverträgen zu vermitteln, erbringt die Plattform grundsätzlich weder Bank- noch Zahlungsverkehrsdienstleistungen (vgl. BT-Drs. 18/3994, S. 39). Grundsätzlich ist für die reine Vermittlung von Krediten somit gegebenenfalls nach § 34c oder § 34f der Gewerbeordnung (GewO) eine Erlaubnis erforderlich.

2.2.2. Abweichend von 2.2.1. kann eine Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz entstehen. Denn unter Umständen erbringt der Plattformbetreiber erlaubnispflichtige Finanzdienstleistungen wie die Anlagevermittlung im Sinne des § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 KWG (vgl. BaFin-Merkblatt zum Tatbestand der Anlagevermittlung), die Abschlussvermittlung im Sinne des § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 2 KWG (vgl. BaFin-Merkblatt zum Tatbestand der Abschlussvermittlung) oder das Platzierungsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1c KWG (vgl. BaFin-Merkblatt zum Tatbestand des Platzierungsgeschäfts).

Voraussetzung für die Erlaubnispflicht nach dem Kreditwesengesetz ist, dass es sich bei den Anlagen, die über die Plattform angeboten werden, um Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 KWG (vgl. BaFin-Merkblatt zu Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 1 bis 7 KWG) handelt. Bei den von dem Kreditinstitut durch Forderungskaufverträge angebotenen Teilbeträgen der Kreditforderung handelt es sich nach der Änderung des Vermögensanlagengesetzes grundsätzlich um Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG (vgl. BT-Drs. 18/3994, S. 39) und damit um Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 KWG.

Selbst wenn der Plattformbetreiber einen der genannten Erlaubnistatbestände erfüllt, unterliegt er nach § 2 Abs. 6 KWG nicht der Erlaubnispflicht nach dem KWG, wenn er

  • ausschließlich die Anlagevermittlung für Kunden und einen der in den Buchstaben a bis e des § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 8 KWG abschließend aufgezählten Typus von Unternehmen erbringt und
  • sich kein Eigentum oder Besitz an den Geldern verschafft oder
  • wenn er das Platzierungsgeschäft ausschließlich für Anbieter oder Emittenten erbringt.
    Allerdings besteht für diese Finanzanlagenvermittler grundsätzlich eine Erlaubnispflicht nach § 34f GewO.

2.2.2.1. Die Anlagevermittlung betreibt, wer Geschäfte über die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten vermittelt. Die Vermittlung im Sinne der Vorschrift erbringt u.a., wer als Bote die Willenserklärung des Anlegers, die auf die Anschaffung oder die Veräußerung von Finanzinstrumenten gerichtet ist, an denjenigen, mit dem der Anleger ein solches Geschäft abschließen will, weiterleitet. Die Botentätigkeit kann auch elektronisch erfolgen, etwa durch die Zurverfügungstellung eines EDV-Handelssystems.

Wird hingegen ein Plattformbetreiber nicht als Bote, sondern als Vertreter des Anlegers tätig, kommt die Abschlussvermittlung, also die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im fremden Namen für fremde Rechnung, in Betracht.

2.2.2.2. Ferner kommt durch die Platzierung der Finanzinstrumente das Betreiben des Platzierungsgeschäfts in Betracht. Dieses ist in § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 Buchstabe c KWG definiert als das Platzieren von Finanzinstrumenten im fremden Namen für fremde Rechnung. Da das Platzierungsgeschäft ein Sonderfall der Abschlussvermittlung ist, ist erforderlich, dass der Platzierende eine eigene auf den Erwerb oder die Veräußerung gerichtete Willenserklärung abgibt, woran es zumeist fehlt, da die Plattformen regelmäßig keine eigenen Willenserklärungen abgeben, sondern nur Willenserklärungen weiterleiten.

2.2.2.3. Neben einer Erlaubnispflicht nach dem KWG kommt auch eine Erlaubnispflicht nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) in Betracht, wenn der Betreiber der Internet-Dienstleistungsplattform Gelder von Anlegern entgegennimmt und an die Anbieter der Unternehmensbeteiligung weiterleitet und so das Finanztransfergeschäft erbringt (vgl. BaFin-Merkblatt zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz).

2.2.2.4. Darüber hinaus betreibt der Betreiber einer Kreditvermittlungsplattform eventuell selbst das erlaubnispflichtige Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG, wenn er sich beispielsweise von potenziellen Geldgebern bereits vor Abschluss konkreter Darlehensverträge (etwa im Zeitpunkt der Anmeldung als Nutzer/Geldgeber) die Geldbeträge einzahlen lässt, die diese Nutzer gegebenenfalls über die Kreditvermittlungsplattform als Darlehen ausreichen möchten.

2.2.2.5. Unabhängig davon sind die Betreiber einer Kreditvermittlungsplattform einbezogene Unternehmen im Sinne von § 37 Abs. 1 Satz 4 KWG, wenn ein oder mehrere Darlehensnehmer/Darlehensgeber erlaubnispflichtig das Einlagen- oder das Kreditgeschäft bzw. das Factoring betreiben. In diesem Fall kann der Plattform-Betreiber seinerseits Adressat von Maßnahmen nach § 37 Abs. 1 Satz 1 bis 3 KWG sein.

3. Geschäftsmodell unter Einschaltung eines Intermediärs

3.1. Prospektpflicht

Die von dem Intermediär öffentlich angebotenen Teilbeträge des Rückzahlungsanspruchs unterliegen grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG), insbesondere § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG.

3.1.1. Anbieter der Vermögensanlage
Die Ausführungen zu 2.1.1. gelten entsprechend.

3.1.2. Emittent der Vermögensanlage ist die Person oder die Gesellschaft, deren Vermögensanlagen aufgrund eines öffentlichen Angebots im Inland ausgegeben sind (§ 1 Abs. 3 VermAnlG). Im Falle des Crowdlending unter Einschaltung eines Intermediärs ist dies regelmäßig der Kunde/Darlehensnehmer, nicht aber der Intermediär oder das Kreditinstitut, das das Darlehen gewährt hat (vgl. BT-Drs. 18/4708, S. 58).

3.1.3. Ausnahmen von der Prospektpflicht
Bietet der Intermediär im Anschluss an die Kreditvergabe durch das Kreditinstitut Teilforderungen des Rückzahlungsanspruchs gegen den Kreditnehmer über die Internet-Dienstleistungsplattform einer Vielzahl von Anlegern an, unterliegt der Intermediär nicht der Prospektpflicht, wenn die Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestands von der Prospektpflicht, insbesondere § 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG oder § 2a Abs. 1 bis 3 VermAnlG gegeben sind. Die Gesamtemissionsgrenze von 2,5 Mio. Euro ist der Gesamtbetrag des Rückzahlungsanspruchs aus einem Kreditvertrag mit identischen Konditionen, den das Kreditinstitut an einen Intermediär abtritt und den dieser in Teilforderungen weiterveräußert. Die Gesamtemissionsgrenze bezieht sich auf einen einzelnen Emittenten, d.h. einen einzelnen Darlehensnehmer. Auch bei Einschaltung eines Intermediärs findet daher im Hinblick auf die Wahrung der Gesamtemissionsgrenze keine Zusammenrechnung aller von dem Intermediär weitergeleiteter Crowdlending-Projekte statt (BT-Drs. 18/4708, S. 58). Eine Zusammenrechnung findet hingegen dann statt, wenn verschiedene Darlehen verschiedener Ursprungsemittenten zu einer einheitlichen Refinanzierung (z.B. einer Verbriefung) zusammengeführt werden. Im Übrigen gelten die Ausführungen zu 2.1.3. entsprechend.

3.2. Erlaubnispflicht

3.2.1. Beschränkt sich die Tätigkeit der Internet-Dienstleistungsplattform und des Intermediärs darauf, einerseits zwischen einem Kreditnehmer und einem Kreditinstitut den Abschluss eines Kreditvertrags und andererseits zwischen dem Intermediär und mehreren Anlegern den Abschluss von Forderungskaufverträgen zu vermitteln, erbringen weder der Intermediär noch die Internet-Dienstleistungsplattform grundsätzlich Bank- oder Zahlungsverkehrsdienstleistungen (vgl. BT-Drs. 18/3994, S. 39). Daher ist für diese Vermittlungstätigkeit gegebenenfalls eine Erlaubnis nach § 34c oder § 34f der Gewerbeordnung (GewO) erforderlich.

3.2.2. Beim Geschäftsmodell unter Einschaltung eines Intermediärs kommt — neben einer Erlaubnispflicht für die Betreiber und Nutzer (insbesondere für Kreditgeber, Kreditnehmer, Anleger) der Plattform im Hinblick auf die unter Ziffer 2.2.2. dargelegten Tatbestände — auch eine Erlaubnispflicht für den Intermediär nach dem Kreditwesengesetz in Betracht. Auch insofern gilt, dass es für verbindliche Aussagen zur Erlaubnispflicht einer Prüfung der BaFin im Einzelfall bedarf.

Intermediäre, die dieses Geschäft gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, können mit dem Ankauf von Kreditforderungen auf der Grundlage eines Rahmenvertrags das erlaubnispflichtige Factoring im Sinne des § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 9 KWG (vgl. BaFin-Merkblatt zum Tatbestand des Factoring) erbringen oder, je nach vertraglicher Ausgestaltung, das erlaubnispflichtige Kreditgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG betreiben, da sie ein Gelddarlehen gewähren (vgl. BaFin-Merkblatt zum Tatbestand des Kreditgeschäfts).

Der Finanzdienstleitungstatbestand des Factorings ist in § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 9 KWG legaldefiniert als der laufende Ankauf von Forderungen auf der Grundlage von Rahmenverträgen mit oder ohne Rückgriff. Somit ist nicht jeder Ankauf von Forderungen Factoring. Zwischen Käufer und Verkäufer muss vielmehr eine laufende Geschäftsbeziehung bestehen, in deren Rahmen der Käufer (Factor) planmäßig immer wieder Forderungen ankauft. Insofern kann auch bereits beim erstmaligen Ankauf den Tatbestand erfüllt sein, wenn die Parteien weitere Geschäfte dieser Art vorhaben. Darüber hinaus muss diesen Geschäften eine Rahmenvereinbarung zugrunde liegen, die nicht notwendigerweise schriftlich zu fixieren ist. Die Parteien haben es so bei echten Kaufverträgen (mit Übernahme des Delkredererisikos durch den Ankäufer) in der Hand, die Qualifikation des Geschäfts als Factoring im Sinne des § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 9 KWG auszuschließen, indem sie eine über den Ankauf des einzelnen Forderungsbestandes hinausgehende Rahmenvereinbarung explizit ausschließen und die Rahmenbedingungen für jeden Ankauftermin neu aushandeln. Dieser Ausweg besteht dagegen nicht, wenn sich der Käufer, wie beim sogenannten unechten Factoring, den Rückgriff auch für den Fall mangelhafter Bonität des Forderungsschuldners vorbehält und der Vertrag zivilrechtlich folgerichtig Darlehensrecht zu unterstellen ist; vielmehr lebt dann der Tatbestand des Kreditgeschäfts (§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG) wieder auf, der hinter den neuen Tatbestand des Factoring grundsätzlich zurücktritt.

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