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Erscheinung:16.07.2013 17:46 Uhr | Thema Governance Governance: BaFin vergleicht Strukturen von Aufsichts- und Verwaltungsräten

Die BaFin hat die Governance in Aufsichts- und Verwaltungsräten (Aufsichtsorganen) von Banken vergleichend analysiert. Sie untersuchte unter anderem die Zusammensetzung der Organe, den beruflichen Hintergrund der Mandatsträger und deren Vergütungen. Die Untersuchung beschränkte sich auf große Institute. Kleinere Institute, wie zum Beispiel Sparkassen und Genossenschaftsbanken, wurden nicht einbezogen.

Die BaFin analysierte beispielsweise Protokolle von Sitzungen der Aufsichtsorgane, Geschäftsberichte und Einschätzungen der jeweils zuständigen Fachaufseher. Sie berücksichtigte dabei einschlägige Regelwerke wie das Kreditwesengesetz (KWG), das BaFin-Merkblatt zur Kontrolle von Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) und die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk). Eine wichtige Rolle spielte zudem der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCKG). Dieser richtet sich zwar an börsennotierte Gesellschaften. Jedoch wird auch nicht börsennotierten Gesellschaften empfohlen, ihn anzuwenden.

Zahl und Altersstruktur der Mitglieder

Aufsichtsrechtlich ist nicht vorgegeben, wie viele Mitglieder ein Aufsichtsorgan umfassen muss. Die Zahl der Mitglieder sollte jedoch ausreichen, damit es seine Kontrollfunktion ordnungsgemäß wahrnehmen kann. Im Durchschnitt haben die Aufsichtsorgane der untersuchten Institute 20 Mitglieder. Die Spanne reicht von zwölf bis zu 36 Mitgliedern.

Auch bezüglich des Alters existieren keine festen gesetzlichen Vorgaben. Einzelne Institute sind jedoch der Vorgabe des DCKG gefolgt und haben individuelle Altershöchstgrenzen festgelegt, die zwischen 63 und 72 Jahren liegen. Die Alterspanne der Mitglieder der Aufsichtsorgane bewegte sich bei den untersuchten Instituten zwischen 52 und 60 Jahren.

Beruflicher Hintergrund

Ein Schwerpunkt der Untersuchung lag auf dem beruflichen Hintergrund der Mitglieder. Diese lassen sich grundsätzlich in fünf Gruppen einteilen:

  • ehemalige oder noch aktive Vorstände aus der Finanzbranche
  • ehemalige oder noch aktive Vorstände aus der Industrie (außerhalb der Finanzbranche)
  • Politiker und Verbandsvertreter
  • Arbeitnehmervertreter
  • Sonstige (zum Beispiel Rechtsanwälte und Berater)

Es fiel auf, dass nur 20 Prozent der Mitglieder der Aufsichtsorgane der untersuchten Institute (Ex-)Vorstände aus dem Finanzbereich sind (siehe Grafik 1). Größere Anteile entfallen vor allem auf Arbeitnehmervertreter (34 Prozent) sowie Politiker und Verbandsvertreter (30 Prozent). Teilweise liegt der Anteil der Arbeitnehmervertreter bei über 50 Prozent. Das Mitbestimmungsgesetz sieht vor, dass die Aufsichtsorgane bestimmter Unternehmen1 zu 50 Prozent mit Arbeitnehmern besetzt sein müssen. Gering ist auch der Anteil der Personen, die aus der Industrie stammen (9 Prozent).

Grafik 1: Beruflicher Hintergrund in Aufsichtsorganen

Beruflicher Hintergrund in Aufsichtsorganen

Grafik 1: Beruflicher Hintergrund in Aufsichtsorganen BaFin Beruflicher Hintergrund in Aufsichtsorganen

* Mehrfachnennungen möglich

Zahl der Mandate

Neben dem beruflichen Hintergrund spielt die Zahl der Mandate, die die Mitglieder des Aufsichtsorgans innehaben, eine wichtige Rolle. Bei den meisten Instituten üben die Mitglieder des Aufsichtsorgans noch andere Aufsichtstätigkeiten aus. Teilweise sind es insgesamt bis zu sieben Mandate. § 36 Absatz 3 Satz 6 KWG sieht zwar eine Grenze von fünf Mandaten vor. Diese bezieht sich aber nur auf Unternehmen, die die BaFin beaufsichtigt. Zudem sind Institute, die demselben Sicherungssystem angehören, von der Begrenzung ausgenommen, so dass sie trotz der Häufung von Mandaten nicht gegen gesetzliche Anforderungen verstoßen.

Nach dem DCGK soll jedes Aufsichtsratsmitglied darauf achten, dass ihm für die Wahrnehmung seiner Mandate genügend Zeit zur Verfügung steht. Wer dem Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft angehört, soll hiernach insgesamt nicht mehr als drei Aufsichtsratsmandate in konzernexternen Gesellschaften wahrnehmen, die börsennotiert sind oder vergleichbare Anforderungen stellen.

Angesichts der stetig steigenden Anforderungen aufgrund der Komplexität und des Risikogehalts des Bankgeschäfts stellt sich aber durchaus die Frage, ob die betroffenen Mitglieder aufgrund der Fülle ihrer Mandate ihrer Aufgabe ausreichend gerecht werden können. Daher strebt die BaFin an, sich intensiver mit den Aufsichtsorganen auszutauschen. Die Untersuchung ergab des Weiteren, dass einige Mitglieder der Aufsichtsorgane diese Funktion bei mehreren Instituten ausüben. Ein Interessenkonflikt konnte ihnen aber nicht nachgewiesen werden.

Informationslage des Aufsichtsorgans

Um seine Kontrollfunktion ausüben zu können, benötigt das Aufsichtsorgan ausreichende Informationen. Anforderungen hierzu finden sich sowohl in den MaRisk (AT 4.2 Tz. 5) als auch in dem oben genannten Merkblatt. Nach den MaRisk hat die Geschäftsleitung dem Aufsichtsorgan nachvollziehbare und aussagekräftige Informationen über die Risikolage des Instituts zu unterbreiten (AT 4.3.2 Tz. 6). Sie muss dabei auch auf besondere Risiken für die Geschäftsentwicklung eingehen und auf die Maßnahmen, mit denen sie den Risiken begegnen will.

Bei den meisten untersuchten Instituten diskutiert das Aufsichtsorgan intensiv sowohl über die Gesamt(risiko)strategie als auch über die Mehrjahresplanung. Die Zahl der Sitzungen der Aufsichtsratsorgane der untersuchten Institute variiert stark. Sie lag 2011 zwischen drei und 14 Sitzungen. Teilweise wurden die Sitzungsunterlagen mit sehr kurzem Vorlauf verteilt; in anderen Fällen gab es lediglich Tischvorlagen zu einzelnen Themen. Einige Mitglieder der Aufsichtsorgane haben diese Art der Informationsbereitstellung kritisiert.

Inhaltlich bilden die Berichte der Geschäftsleitungen bei den untersuchten Instituten sowohl die Risikosituation als auch die Geschäftsentwicklung ab. Vereinzelt werden darüber hinaus spezielle Themenfelder ergänzt wie beispielsweise Stresstests oder Restrukturierungsmaßnahmen. Die Darstellung erfolgt sowohl qualitativ als auch quantitativ, also um Kennzahlen und Grafiken ergänzt.

Der Umfang der Berichte variiert jedoch stark. Auffällig ist zudem, dass nur bei 29 Prozent der untersuchten Institute die Mitglieder des Aufsichtsorgans die gleichen Reports und Informationen erhalten wie der Vorstand. Häufig werden den Mitgliedern der Aufsichtsorgane stärker aggregierte Informationen zur Verfügung gestellt. AT 4.3.2. Tz. 6 der MaRisk sieht zudem vor, dass „unter Risikogesichtspunkten wesentliche Informationen“ unverzüglich an das Aufsichtsorgan weiterzuleiten sind. Dennoch existiert hierzu bei einigen Instituten kein geeignetes Verfahren; andere haben zwar eines, nutzen das Ad-hoc-Reporting jedoch nicht.

Vergütung

Der DCGK empfiehlt eine Vergütung, deren Höhe der Verantwortung und dem Tätigkeitsumfang der Aufsichtsratsmitglieder sowie der wirtschaftlichen Lage und dem Erfolg des Unternehmens Rechnung trägt. Außerdem sollen der Vorsitz und der stellvertretende Vorsitz im Aufsichtsorgan sowie der Vorsitz und die Mitgliedschaft in Ausschüssen bei der Vergütung berücksichtigt werden. Aus Sicht der europäischen Bankenaufsicht2 sollte die Vergütung von Mitgliedern des Aufsichtsorgans zudem möglichst auf fixen Bestandteilen beruhen.

Laut der Empfehlung des DCGK soll die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder zudem im Anhang des Geschäfts- oder Lageberichtes individualisiert und nach fixen und variablen Bestandteilen differenziert ausgewiesen werden. Dieser Empfehlung folgen jedoch nur die börsennotierten Institute. Ein geringer Anteil der anderen Institute veröffentlicht diesbezüglich aggregierte Informationen für den gesamten Aufsichtsrat. Sie differenzieren bei der Vergütung nach den Funktionen der Aufsichtsratsmitglieder und ihrer Mitgliedschaft in Ausschüssen. In den meisten Fällen dominiert das Fixum die Vergütung dieser Mitglieder, ergänzt um eine variable Zulage für die Mitarbeit in Ausschüssen. Die durchschnittliche Vergütung der Mitglieder des Aufsichtsorgans variiert von Institut zu Institut. Sie liegt zwischen 11.000 Euro und 290.000 Euro. Die Gesamtvergütung der Mitglieder des Vorstands liegt im Vergleich deutlich darüber: Sie beträgt im Durchschnitt das Sechsfache.

Fazit

Gerade in einem verschärften regulatorischen Umfeld spielen die Aufsichtsorgane der Institute eine bedeutende Rolle. Die Wahrnehmung dieser Rolle setzt voraus, dass Aufsichts- und Verwaltungsräte sowohl die Branche und ihre Herausforderungen kennen als auch ausreichend Zeit für ihre Aufgabe haben. Entscheidend ist zudem die Informationslage des Aufsichtsorgans.

Vor diesem Hintergrund will die BaFin, wie bereits erwähnt, den Kontakt zu den Aufsichtsorganen intensivieren. Das hilft der Aufsicht dabei, die Wahrnehmung der Kontrollfunktion durch die Mandatsträger einzuschätzen. Zudem können Probleme effizienter gelöst werden, was sowohl im Interesse der Banken als auch dem der Aufsicht liegt.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Fußnoten

  1. 1) Dies gilt für Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften mit mehr als 2.000 Arbeitnehmern.
  2. 2)Ausschuss der Europäischen Bankenaufsichtsbehörden CEBS (Committee of European Banking Supervisors): Guidelines on Remuneration Policies and Practices, Dezember 2010. CEBS ist das Vorgängergremium der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA (European Banking Authority).
Autor: Thomas Konschalla, BaFin

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