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Erscheinung:01.09.2014 | Thema Verbraucherschutz Anlageberatung: Das Beratungsprotokoll in der Aufsichtspraxis

Bereits im Juli 2013 hatte das BaFinJournal die gesetzlichen Anforderungen an die Anlageberatung erläutert. Unter anderem sind die Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 34 Absatz 2a Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) verpflichtet, ein schriftliches Protokoll anzufertigen.

Immer wieder führt diese Pflicht zu Rückfragen durch Verbraucher, denen die Ausgestaltung und der Sinn und Zweck der Regelung nicht klar sind oder die sich informieren wollen, inwiefern die BaFin die Erfüllung dieser Pflicht beaufsichtigt. Der vorliegende Beitrag will einige dieser Fragen klären.

Pflicht zur Protokollierung

Protokollierungspflichtig ist eine Anlageberatung nach dem WpHG immer dann, wenn der Berater einem Privatkunden mindestens eine Empfehlung gibt, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten bezieht und sich auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers stützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird.

Das Beratungsprotokoll muss grundsätzlich Informationen über den Anlass der Beratung, die Dauer des Beratungsgesprächs, die persönliche Situation des Kunden, dessen Anlageinteressen sowie die Empfehlungen des Bankberaters und die Gründe enthalten, die dieser für die Empfehlungen genannt hat. Der Berater muss das Protokoll nach dem Gespräch unterzeichnen und dem Kunden unverzüglich aushändigen.

Sinn und Zweck des Beratungsprotokolls

Das Beratungsprotokoll stärkt die Position des Bankkunden insofern, als er seine Anlageentscheidung auch auf die schriftliche Zusammenfassung des Beratungsgespräches stützen kann. Ferner kann er das Beratungsprotokoll als Beweismittel einsetzen, sollte es zu einem Schadensersatzprozess wegen Falschberatung kommen. Dies geschieht in aller Regel erst Jahre später, und die Beweislast liegt dann meist beim Kunden.

Der Bankkunde sollte daher darauf achten, dass im Beratungsprotokoll alles niedergelegt wird, was ihm wichtig ist. Stellt er fest, dass Inhalte fehlen oder falsch wiedergegeben wurden, sollte er vom Berater verlangen, das Protokoll zu ändern beziehungsweise zu ergänzen.

Informationsquelle für die BaFin

Darüber hinaus gibt die Pflicht zur Erstellung des Beratungsprotokolls der BaFin ein zusätzliches Aufsichtsinstrument an die Hand. Für die Aufsicht ist das Protokoll inzwischen zu einer unverzichtbaren Informationsquelle geworden. Seine Bedeutung hat seit der Einführung des Mitarbeiter- und Beschwerderegisters (MBR) weiter zugenommen. Das MBR enthält sämtliche Beschwerden von Kunden, die bei den Instituten zur Anlageberatung eingehen.

Der Gesetzgeber versteht dabei unter „Beschwerde“ jede Unmutsäußerung eines Kunden. Eine im MBR angezeigte Beschwerde ist daher nicht automatisch mit einer fehlerhaften Beratung gleichzusetzen. Der BaFin liegen keine Hintergrundinformationen zu den angezeigten Beschwerden vor. Sie wertet die MBR-Meldungen risikoorientiert aus und fordert stichprobenartig die Unterlagen zur Beschwerdebearbeitung bei den Instituten an. Dank der Beratungsprotokolle erhält sie so auch Informationen zu den Beratungsgesprächen, die den Beschwerden zugrundeliegen.

Aufsicht

Die BaFin prüft selbst regelmäßig Beratungsprotokolle. Im ersten Halbjahr 2014 untersuchte sie etwa 1.200 Protokolle, insbesondere bei der Aufsichtstätigkeit im Zusammenhang mit dem MBR.

Darüber hinaus erhält die BaFin jährlich Berichte von Wirtschafts- und Verbandsprüfern zur Einhaltung der Vorschriften nach dem WpHG, also auch des § 34 Absatz 2a. Diese ziehen dazu Stichproben. 2013 untersuchten Wirtschafts- und Verbandsprüfer über alle Institutsgruppen hinweg insgesamt 32.570 Beratungsprotokolle. In 1.916 Fällen stellten sie Fehler fest. Damit lag die Fehlerquote bei 5,88 Prozent.

Die BaFin fordert auf Grundlage der Ergebnisse der Wirtschafts- und Verbandsprüfer risikoorientiert weitere Informationen und Unterlagen von den Instituten an, beispielsweise die fehlerhaften Beratungsprotokolle. Anhand der Unterlagen prüft sie, ob sie Maßnahmen gegen ein Institut ergreifen muss. Es kommt vor, dass Wirtschafts- und Verbandsprüfer strengere Maßstäbe an die formellen Erfordernisse anlegen als das Gesetz. So verwenden die Institute zur Erstellung der Beratungsprotokolle in der Regel vorgefertigte Formulare. Vielfach werten die Prüfer es als Fehler, wenn ein Feld des Formulars nicht ausgefüllt wurde, obwohl diese Angabe nicht obligatorisch vorgeschrieben ist. Ein Beispiel ist der Beruf des Kunden: Dieser ist nur dann vom Kunden zu erfragen, wenn er für die Durchführung der Anlageberatung notwendig ist.

Die BaFin hat festgestellt, dass die Qualität der Beratungsdokumentation deutlich zugenommen hat. Fehler ergeben sich häufig daraus, dass eine Angabe aus Versehen nicht erfasst wurde. Das Herzstück des Beratungsprotokolls hingegen, die Begründung der Anlageempfehlung, ist bei vielen Instituten deutlich aussagekräftiger und individueller als noch vor einigen Jahren.

Blick nach Europa

Die neue Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive IIMiFiD II), die Anfang Juli 2014 in Kraft getreten ist, hat den Gedanken des Beratungsprotokolls auf europäischer Ebene aufgegriffen.

Artikel 25 der MiFID II sieht vor, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen ein Statement on Suitability (Erklärung zur Geeignetheit) erstellen müssen. Der Inhalt dieser Erklärung entspricht im Wesentlichen den Inhalten des Beratungsprotokolls. Teilweise geht er sogar darüber hinaus, insbesondere bei den Ausführungen zur Geeignetheit der Empfehlung.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Autor: Marion Michel, BaFin

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