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Erscheinung:01.12.2014 | Thema Liquiditätsanforderungen Liquidität: LCR-Mindeststandard für Europa

Die Europäische Kommission hat einen Delegierten Rechtsakt zur Einführung einer Liquiditätsdeckungsanforderung (Liquidity Coverage RatioLCR) verabschiedet. Die LCR wird am 1. Oktober 2015 in der EU als Mindeststandard bindend, sofern Rat oder Parlament keinen Einspruch einlegen.

Damit wird es zum ersten Mal eine europaweit einheitliche quantitative Liquiditätsanforderung für Banken geben. Demnach müssen Banken künftig einen Puffer hochliquider Aktiva vorhalten. Dieser muss ausreichen, um im Stressfall die Nettozahlungsmittelabflüsse über 30 Tage abzudecken. Die Erfüllungsquote wird schrittweise von 60 Prozent im Jahr 2015 über 70 Prozent im Jahr 2016 und 80 Prozent 2017 auf 100 Prozent im Jahr 2018 angehoben.

Die europäische Eigenmittel-Verordnung CRR (Capital Requirements Regulation) erlaubt es den Mitgliedstaaten, ihre nationalen Liquiditätsanforderungen bis 2018 zusätzlich weiterzuführen. Damit gilt die Liquiditätsverordnung (LiqV) für CRR-Kreditinstitute in Deutschland weiter, bis die LCR vollständig eingeführt ist. Für Bürgschaftsbanken und Wohnungsunternehmen mit Spareinlagen ist die LiqV unbefristet weiter gültig, da sie nicht unter die LCR fallen.

Anwendungsbereich

Der Delegierte Rechtsakt findet auf CRR-Kreditinstitute auf Einzelebene Anwendung, sowie auf Gruppen, denen mindestens ein CRR-Kreditinstitut angehört, auf konsolidierter Ebene. Damit müssen CRR-Wertpapierfirmen, zu denen auch Wertpapierhandelsbanken zählen, die LCR zunächst nicht erfüllen. Die CRR verpflichtet die Kommission, bis Ende 2015 einen Bericht zur Anwendung der LCR auf Wertpapierfirmen vorzulegen. Auch für Wertpapierhandelsbanken gilt deshalb die LiqV zunächst weiter.

Der Delegierte Rechtsakt konkretisiert die in der CRR verankerte allgemeine Liquiditätsdeckungsanforderung hinsichtlich der anerkennungsfähigen hochliquiden Aktiva, der anwendbaren Raten für Zu- und Abflüsse und der Berechnung der Kennzahl. Die Kommission berücksichtigte dabei neben dem Baseler Standard auch europäische Besonderheiten und die Studien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA (European Banking Authority) zu Auswirkungen der LCR und zu hochliquiden Aktiva.

Europäische Besonderheiten

Hervorzuheben ist, dass Pfandbriefe nach dem Delegierten Rechtsakt als extremhochliquide Aktiva behandelt werden können – eine gegenüber dem Baseler Standard deutlich vorteilhaftere Behandlung, die der besonderen Liquidität von Pfandbriefen in Europa Rechnung trägt. Pfandbriefe, die mindestens mit Bonitätsstufe 1 eingestuft werden1) und eine Mindestemissionsgröße von 500 Millionen Euro aufweisen, gelten als extrem hochliquide (Stufe 1, siehe Tabelle). Pfandbriefe mit einer Emissionsgröße ab 250 Millionen Euro, die mindestens in Bonitätsstufe 2 eingruppiert sind, gelten als hochliquide (Stufe 2A). Insgesamt darf der Puffer allerdings nur zu maximal 70 Prozent aus Pfandbriefen bestehen.

Außerdem hat die Kommission vor dem Hintergrund der angestrebten Wiederbelebung der Verbriefungsmärkte einen deutlich weiteren Kreis von Verbriefungen als hochliquide Aktiva zugelassen als ursprünglich von Basel III vorgesehen. Künftig werden neben Verbriefungen von Krediten für Wohnimmobilien auch Verbriefungen von Kfz-Darlehen und -Leasings, Unternehmens- sowie Konsumentendarlehen als hochliquide Aktiva der Stufe 2B anerkannt. Sie dürfen jedoch maximal 15 Prozent des gesamten Puffers ausmachen.

Darüber hinaus geht die Kommission auf die besondere Situation der Banken-verbünde ein und gestattet es, Liquidität im Verbund in Teilen als hochliquide Aktiva anzuerkennen. Einlagen innerhalb des Verbunds dürfen zudem als operationelle Einlagen behandelt werden, mit niedrigeren Abflussraten als bei sonstigen Interbank-Einlagen und symmetrischen Zuflussraten bei den Einlegern.

Den besonderen Geschäftsmodellen von Factoring- und Leasingbanken sowie von Auto- und Konsumentenfinanzierern hat die Kommission dadurch Rechnung getragen, dass sie Abflüsse zu einem größeren Anteil durch Zuflüsse ab-decken dürfen als andere Banken. Die zuständigen Aufsichtsbehörden dürfen bei diesen Banken die Kappung der Zuflüsse auf 90 Prozent der Abflüsse an-heben; bei Factoring- und Leasinggeschäften können sie ganz von einer Kappung absehen.

Kein Problem für deutsche Banken

Die Erfüllung der Quote dürfte für die meisten deutschen Banken kein Problem darstellen, da die Kommission europäische Besonderheiten berücksichtigt hat und die Mindestanforderung anfangs nur 60 Prozent beträgt. Dies haben verschiedene Auswirkungsstudien bestätigt.

Die EBA arbeitet aktuell mit Hochdruck daran, den Technischen Durchführungsstandard der Meldeformate an die neuen Anforderungen anzupassen. Noch im Dezember will sie die neuen Meldeformate öffentlich konsultieren, so dass damit zu rechnen ist, dass das aktualisierte Meldewesen zeitgleich mit der LCR in Kraft treten kann.

Hochliquide Aktiva der Liquiditätsreserve nach der LCR

Darstellung nicht abschließend. Es gelten zusätzliche Bedingungen.
Quelle: EU-Kommission/BaFin

AktivaStufeKappung in %Abschlag in %
Münzen und Banknoten1--
Zentralbankforderungen1--
EU-Staatsanleihen, Bundesländeranleihen, Anleihen des öffentlichen Sektors1--
Staatsanleihen von Drittstaaten (Bonitätsstufe 1)1--
Staatlich garantierte Bankanleihen (Bestandsschutz), Förderbankanleihen
1--
Multilaterale Entwicklungsbanken (Bonitätsstufe 1)1--
Gedeckte Schuldverschreibungen (Pfandbriefe, Bonitätsstufe 1)1707
Forderungen gegenüber europäischen Regionalregierungen oder Drittländern mit 20 Prozent Risikogewicht2A4015
Gedeckte Schuldverschreibungen (Pfandbriefe, mindestens Bonitätsstufe 2)2A4015
Unternehmensschuldverschreibungen (Bonitätsstufe 1)2A4015
Unternehmensschuldverschreibungen (mindestens Bonitätsstufe 3)2B1550
Aktien2B1550
Mit Beschränkungen zugesagte Liquiditätsfazilitäten der EZB oder einer anderen Zentralbank2B15
Sichteinlagen bei Zentralbanken von Verbünden2B1525
Verbriefungen von Krediten für Wohnimmobilien (Bonitätsstufe 1)2B1525
Verbriefungen von Kfz-Darlehen und -Leasings (Bonitätsstufe 1)2B1525
Verbriefungen von Unternehmensdarlehen (Bonitätsstufe 1)2B1535
Verbriefungen von Konsumentendarlehen (Bonitätsstufe 1)2B1535
Gedeckte Schuldverschreibungen (Pfandbriefe) ohne Mindestratinganforderung2B1530

Hinweis

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Fußnote

  1. 1 Die EBA arbeitet derzeit an einem Technischen Durchführungsstandard, der festlegen wird, welche Ratings hierfür heranzuziehen sind.
Autor: Isabel Mailly, BaFin

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