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Erscheinung:15.12.2015 Solvency II: Comply-or-Explain-Verfahren zum zweiten Paket der EIOPA-Leitlinien beendet

Das Comply-or-Explain-Verfahren für das zweite Paket der Leitlinien zu Solvency II, die die europäische Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA am 14. September veröffentlicht hatte, ist beendet. EIOPA hat die Ergebnisse auf ihrer Internetseite veröffentlicht.

Comply-or-Explain-Verfahren

Wenn die europäischen Aufsichtsbehörden EIOPA, EBA oder ESMA Leitlinien oder Empfehlungen veröffentlichen, müssen die Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten sie innerhalb von zwei Monaten darüber informieren, ob sie diesen nachkommen oder nachzukommen beabsichtigen. Falls dies nicht der Fall ist, müssen sie dies der jeweiligen europäischen Aufsichtsbehörde unter Angabe der Gründe mitteilen. Dieser Prozess wird als Comply-or-Explain-Verfahren bezeichnet.

BaFin: Vollständige Anwendung bis auf wenige Ausnahmen

Die BaFin hat erklärt, dass sie grundsätzlich alle bislang veröffentlichten EIOPA-Leitlinien zu Solvency II beachten und anwenden wird. Sie erwartet daher von den Unternehmen, dass diese den gesetzlichen Vorgaben zu Solvency II in einer Art und Weise nachkommen, die mit den Auslegungen dieser Vorgaben durch die Leitlinien konform ist.

Einige wenige Leitlinien hält die BaFin zwar für inhaltlich akzeptabel, kann sie jedoch nicht vollständig anwenden, weil rechtliche Hindernisse bestehen oder weil die Leitlinien die umfassende Anwendung des Proportionalitätsprinzips behindern könnten. Dies hat sie EIOPA gegenüber erklärt. So steht beispielsweise eine vollständige Anwendung der zwölften Leitlinie zur Einstufung der Eigenmittel in Konflikt mit aktienrechtlichen Regelungen. Insgesamt sind neun Leit-linien zu sieben verschiedenen Themengebieten von solchen Hindernissen betroffen.

Die Hindernisse betreffen in der Regel nur einen Teil der jeweiligen Leitlinie. Im angeführten Beispiel der Leitlinie 12 innerhalb des Themengebiets „Einstufung der Eigenmittel“ etwa ist nur die Anwendung auf das Grundkapital betroffen, nicht aber auf nachrangige Verbindlichkeiten. Die BaFin wird diese Leitlinien daher teilweise anwenden, nämlich soweit keine Hindernisse bestehen. Die Unternehmen sollten also auch diese Leitlinien berücksichtigen. Nähere Informationen zu den Leitlinien, die die BaFin nicht oder nur teilweise anwenden wird, hat sie auf ihrer Internetseite veröffentlicht.

Konsistente Anwendung von Solvency II

Das zweite Paket der EIOPA-Leitlinien zu Solvency II präzisiert die Vorgaben zu allen drei Säulen von Solvency II. Es umfasst unter anderem die Leitlinien zum Berichtswesen und zu den Veröffentlichungspflichten sowie zum Governance-System und zur unternehmenseigenen Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung ORSA (Own Risk and Solvency Assessment). Damit ergänzt es das bereits Anfang Februar veröffentlichte erste Paket von EIOPA-Leitlinien zum neuen Aufsichtsregime. Dieses betraf vor allem die quantitativen Anforderungen und die Antragsverfahren unter Solvency II.

Insgesamt hat EIOPA 606 Leitlinien zum Start von Solvency II veröffentlicht, die 27 verschiedene Themengebiete umfassen. Sie sollen sicherstellen, dass die Vorgaben der Solvency-II-Richtlinie, der dazugehörigen Delegierten Verordnung und der Durchführungsstandards in der EU einheitlich und kohärent angewandt werden. Ziel ist es, innerhalb des Europäischen Finanzaufsichtssystems (European System of Financial SupervisionESFS) kohärente, effiziente und wirksame Aufsichtspraktiken zu schaffen. Die BaFin steht hinter diesem Ziel und war an der Erstellung der Leitlinien aktiv beteiligt. Dabei war es ihr ein besonderes Anliegen, dass die Leitlinien die Anwendung des Proportionalitätsprinzips nicht einschränken, und zwar insbesondere in Hinblick auf kleine und mittlere Unternehmen.

Weitere Leitlinien von EIOPA

Am 23. Oktober hat EIOPA Leitlinien zur Aufsicht über Zweigniederlassungen von Versicherungsunternehmen aus Drittländern in englischer Sprache veröffentlicht, die ebenfalls zum zweiten Paket der Leitlinien zu Solvency II gehören. Ihre Fertigstellung hatte sich jedoch verzögert. Die Veröffentlichung der übrigen Sprachfassungen soll im ersten Quartal 2016 erfolgen.

Darüber hinaus veröffentlichte EIOPA am 14. September Leitlinien über die Berichterstattung zum Zwecke der finanziellen Stabilität. Sie definieren die Berichtsanforderungen an große Versicherungsgruppen, -unternehmen und Drittstaat-Niederlassungen, die bestimmte Kriterien erfüllen. Die BaFin hat im Comply-or-Explain-Verfahren erklärt, dass sie beabsichtigt, die Leitlinien vollständig anzuwenden.

Hinweis

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Autor: Dr. Olaf Ermert, BaFin

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