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Erscheinung:20.07.2016 | Thema Unerlaubte Geschäfte Whistleblower: Zentrale Stelle für Hinweise auf Verstöße gegen Aufsichtsrecht ist eingerichtet

Wie in der Juni-Ausgabe des BaFinJournals angekündigt, hat die BaFin zum 2. Juli eine Hinweisgeberstelle eingerichtet. Sogenannte Whistleblower – also Personen, die über ein besonderes Wissen zu Unternehmensinterna verfügen, etwa weil sie dort angestellt sind oder in einem sonstigen Vertrags- oder Vertrauensverhältnis zu dem Unternehmen stehen – können sie nutzen, um die BaFin über tatsächliche oder potenzielle Verstöße gegen aufsichtliche Bestimmungen zu informieren.

Damit hat die BaFin nun nicht nur eine zentrale Stelle geschaffen, die für die Entgegennahme solcher Meldungen zuständig ist, sondern auch ein spezielles Verfahren, um die Identität der Hinweisgeber sowie Personen, die von den Meldungen betroffen sind, besonders zu schützen.

Wichtige Erkenntnisquelle

Hinweise über Verstöße gegen Aufsichtsrecht stellen eine wichtige Erkenntnisquelle für die BaFin dar. Whistleblower können daher wertvolle Beiträge dazu leisten, das Fehlverhalten einzelner Personen oder ganzer Unternehmen innerhalb des Finanzsektors aufzudecken und die negativen Folgen dieses Fehlverhaltens einzudämmen beziehungsweise zu korrigieren.

Der Begriff des Aufsichtsrechts ist dabei umfassend zu verstehen: Einbezogen sind alle Gesetze, Rechtsverordnungen, Allgemeinverfügungen und sonstige Vorschriften sowie Rechtsakte der Europäischen Union und der Europäischen Aufsichtsbehörden EBA, EIOPA und ESMA, bei denen es die Aufgabe der BaFin ist, deren Einhaltung durch die beaufsichtigten Unternehmen und Personen sicherzustellen und Verstöße dagegen zu ahnden.

Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage für die Einrichtung der Hinweisgeberstelle ist der mit dem Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetz eingeführte § 4d Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG). Diese Vorschrift hat mehrere europäische Vorgaben in deutsches Recht umgesetzt:

  • Artikel 71 der Eigenmittelrichtlinie (Capital Requirements Directive IV – CRD IV),
  • Artikel 32 der Marktmissbrauchsverordnung,
  • Artikel 28 der Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (Packaged Retail and Insurance-Based Investment Products RegulationPRIIPs-Verordnung) und
  • Artikel 99d der OGAW-V-Richtlinie.

Auch Artikel 73 der Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments DirectiveMiFiD II) sieht die Schaffung eines Mechanismus für die Meldung potenzieller oder tatsächlicher Verstöße gegen MiFID-II-Bestimmungen vor.

Aufgaben der Hinweisgeberstelle

Die Hinweisgeberstelle ist die zentrale Stelle in der BaFin für die Kommunikation mit Whistleblowern. Dies gilt nicht nur für eingehende Hinweise, sondern auch für eine etwaige Folgekommunikation.

Geht ein Hinweis ein, so prüft die Stelle zunächst, ob er für die Fachaufsicht relevant ist. Diese prüft die Hinweise dann in sachlicher und rechtlicher Hinsicht. Kommt sie zu dem Ergebnis, dass Maßnahmen angezeigt sind, so wird sie diese einleiten. Fachaufsicht und Hinweisgeberstelle unterstützen sich gegenseitig bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.

Aufgabe der Hinweisgeberstelle ist auch die statistische Auswertung der Eingaben. Das Ergebnis wird ab 2017 jeweils im Mai im Jahresbericht der BaFin veröffentlicht.

Schutz der Hinweisgeber

§ 4d FinDAG enthält verschiedene Regelungen, die sicherstellen, dass Hinweisgeber und andere von einer Meldung betroffenen Personen wirksam geschützt sind. So sieht § 4d Absatz 1 Satz 2 FinDAG ausdrücklich die Möglichkeit vor, Hinweise anonym zu geben.

Hinweisgeber sollen aber auch dann sicher sein können, dass ihnen aus der Meldung bei der BaFin keine Nachteile entstehen, wenn sie ihre Identität zu erkennen geben. Deshalb darf die BaFin die Identität eines Hinweisgebers nach § 4d Absatz 3 Satz 1 FinDAG grundsätzlich nicht bekannt geben, ohne zuvor dessen ausdrückliche Zustimmung einzuholen. Auch die Identität der Personen, die von einer Meldung betroffen sind, gibt sie nicht preis.

Das Schutzbedürfnis des Hinweisgebers und anderer betroffener Personen ist höher zu werten als der Anspruch auf Zugang zu öffentlichen Informationen, den jedermann nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) hat. Daher findet das IFG auf Vorgänge der Hinweisgeberstelle keine Anwendung. Zudem wird die BaFin in ihrem Jahresbericht nur in abgekürzter oder zusammengefasster Form über die Tätigkeit der Hinweisgeberstelle berichten.

In besonderen Fällen kann es allerdings sein, dass andere Stellen – im Fall einer Strafverfolgung beispielsweise die zuständige Staatsanwaltschaft – auf die Daten angewiesen sind, um den gemeldeten Verstoß weiter verfolgen und gegebenenfalls sanktionieren zu können. Nach § 4d Absatz 3 Satz 3 FinDAG darf die BaFin personenbezogene Daten im Kontext weiterer Ermittlungen und nachfolgender Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren auf Grund eines Gesetzes weitergeben. Gerichte haben auch die Möglichkeit, die Offenlegung personenbezogener Daten anzuordnen.

Kontaktmöglichkeiten für Verbraucher
Die Hinweisgeberstelle ist sogenannten Whistleblowern vorbehalten, also Personen, die über ein besonderes Wissen zu Unternehmensinterna verfügen. Verbraucher, die sich mit Beschwerden an die BaFin wenden wollen, beispielsweise zu Versicherungs- oder Kreditverträgen, können dazu nach wie vor das Verbrauchertelefon nutzen (Tel. 0228/299-70-299) oder schriftliche beziehungsweise elektronische Eingaben an die BaFin richten.

Hinweisgeber dürfen wegen ihrer Meldung weder arbeits- noch strafrechtlich belangt oder zum Ersatz von Schäden herangezogen werden. Das gilt sowohl für Mitarbeiter von Unternehmen und Personen, die von der BaFin beaufsichtigt werden, als auch von solchen, auf die beaufsichtigte Unternehmen oder Personen Tätigkeiten ausgelagert haben. Diese Schutzbestimmung gilt jedoch nicht, wenn die Meldung vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr abgegeben wurde.

Das Recht, tatsächliche und potenzielle Verstöße gegen aufsichtliche Bestimmungen an die BaFin zu melden, darf vertraglich nicht eingeschränkt werden. Entsprechende Vereinbarungen sind unwirksam.

Kommunikationskanäle

Auf der Internetseite der BaFin finden Hinweisgeber ausführliche Informationen dazu, wie sie ihre Meldungen abgeben können. Folgende Kommunikationskanäle stehen ihnen zur Verfügung:

  • schriftlich in Papierform oder auf elektronischem Wege,
  • telefonisch mit oder ohne Aufzeichnung des Gesprächs und
  • mündlich gegenüber den Beschäftigten der Hinweisgeberstelle.

Anonyme Meldungen

Wenn Hinweisgeber der BaFin ihren Namen nennen und ihre geschäftliche oder persönliche Beziehung zum beaufsichtigten Unternehmen offenlegen, ermöglicht dies über die Hinweiserteilung hinaus eine Kommunikation zwischen BaFin und Hinweisgeber. Es kann jedoch Situationen geben, in denen Insider mit besonderem Wissen über Vorgänge in beaufsichtigten Unternehmen aus Angst vor negativen Konsequenzen davor zurückscheuen, der BaFin diese Informationen zu geben.

Auch solche Hinweise können sehr wertvoll für die Aufdeckung und Beseitigung von Verstößen gegen Aufsichtsrecht sein. Daher besteht die Möglichkeit, Hinweise anonym zu erteilen, insbesondere per Post oder telefonisch. Um seine Anonymität zu gewährleisten, muss der Hinweisgeber selbst darauf achten, dass Name und Adresse, Telefonnummer oder andere Anhaltspunkte für seine Identität nicht erkennbar sind, etwa im Telefon-Display.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Autor: Stephan Schmitz, BaFin

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