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Erscheinung:18.07.2013 | Geschäftszeichen WA 41-Wp 2137-2013/0080 | Thema Investmentfonds Merkblatt zu den Anforderungen an Treuhänder als Verwahrstelle nach § 80 Absatz 3 KAGB

Für jedes Investmentvermögen muss die Kapitalverwaltungsgesellschaft eine Verwahrstelle mit der Verwahrung der Vermögensgegenstände und bestimmten Kontrollfunktionen beauftragen. Bei vielen geschlossenen AIF besteht nach § 80 Absatz 3 Satz 1 KAGB die Möglichkeit, anstelle eines Kreditinstituts, einer Wertpapierfirma oder sonstigen beaufsichtigten Einrichtung nach Maßgabe von § 80 Absatz 2 KAGB einen Treuhänder als Verwahrstelle zu nutzen.

Die Voraussetzungen für die Einsetzung eines solchen Treuhänders, seine Aufgaben, Rechte und Pflichten sind in den §§ 80 bis 90 KAGB, welche größtenteils auf europäischem Recht nach der OGAW- und der AIFM-Richtlinie beruhen, sowie aus den unmittelbar geltenden Art. 83 bis 102 der Level 2 Verordnung zur AIFM-Richtlinie bereits recht umfänglich geregelt. Gleichwohl zeigen sich bereits vor Inkrafttreten des KAGB diverse Auslegungsfragen, bei deren Beantwortung das vorliegende Merkblatt für Klarheit und Einheitlichkeit sorgen soll. Eine genauere Verwaltungspraxis wird sich aber erst im Rahmen der praktischen Anwendung über längere Zeit herausbilden können, so dass dieses Merkblatt zunächst nur den ersten Schritt darstellen kann, der durch spätere Überarbeitungen vervollständigt werden wird. Das Merkblatt beschränkt sich auf Punkte, die speziell nur Treuhänder betreffen. Fragen die alle Verwahrstellen gleichermaßen betreffen, etwa Einzelheiten zu Interessenkonflikten, zur Prüfung des Eigentums an Vermögensgegenständen und zu weiteren Kontrollpflichten, sind einer späteren Überarbeitung des Depotbankrundschreibens vorbehalten.

I. Voraussetzungen für die Wahl eines Treuhänders als Verwahrstelle

Ein Treuhänder kommt nach § 80 Absatz 3 Satz 1 KAGB als Verwahrstelle nur für bestimmte Investmentvermögen in Betracht.

Es muss sich zunächst um einen geschlossenen AIF handeln, bei dem innerhalb der ersten fünf Jahre nach Tätigung der ersten Anlagen keine Rückgaberechte ausgeübt werden können. Diese Beschränkung des Rückgaberechts muss in den Anlagebedingungen vorgesehen sein.

Der geschlossene AIF muss entweder in seinen Anlagebedingungen auf eine Hauptanlagestrategie festgelegt sein, nach der er in der Regel nicht in verwahrfähige Finanzinstrumente i.S. der Richtlinie 2011/61/EU investiert; verwahrfähige Finanzinstrumente dürfen daher bei diesen Fonds nur in Ausnahmefällen und dann auch nur in – gemessen am Fondsvolumen – geringem Umfang erworben werden. Alternativ kann es sich um einen geschlossenen Fonds handeln, dessen Hauptanlagestrategie auf die Investition in Emittenten oder nicht börsennotierte Unternehmen mit dem Ziel der möglichen Kontrollerlangung gerichtet ist; bei diesen Investmentvermögen ist der Erwerb von Finanzinstrumenten in Form von Unternehmensanteilen kein Ausnahmefall.

II. Verfahren der Genehmigung bzw. Benennung eines Treuhänders

1. Treuhänder bei Spezial-AIF

Ein Treuhänder benötigt keine Genehmigung der BaFin, solange er die Verwahrfunktion ausschließlich für Spezial-AIF mit den unter II. genannten Spezifikationen ausübt. § 80 Absatz 4 KAGB sieht in diesem Falle vor, dass der Treuhänder gegenüber der BaFin lediglich durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft benannt werden muss. Hat die BaFin gegen die Beauftragung Bedenken, verlangt sie die Benennung eines alternativen Treuhänders. Eine positive Bescheinigung der Unbedenklichkeit des Treuhänders ist hingegen gesetzlich nicht vorgesehen.

Die BaFin benötigt zusammen mit dem Benennungsschreiben in der Regel folgende Unterlagen:

  • einen Lebenslauf des Treuhänders oder, bei Treuhändern, die keine natürlichen Personen sind, Lebensläufe der innerhalb der beauftragten Gesellschaft verantwortlichen Gesellschafter oder zuständigen Organmitglieder, mit aufschlussreichen Angaben zu den Fachkenntnissen
  • Nachweis finanzieller Garantien

    • Haftpflichtversicherung
    • Kapital
  • Zuverlässigkeitsnachweis
  • Verwahrstellenvertrag
  • Darstellung der zur Ausübung der Verwahrstellenfunktion getroffenen organisatorischen Vorkehrungen
  • Erklärung zu sonstigen Verpflichtungen

Der Treuhänder und die Kapitalverwaltungsgesellschaft der betroffenen Spezial-AIF sollten in einem gemeinsamen, erläuternden Schreiben unter Bezugnahme auf die beigefügten Unterlagen das Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen für die Beauftragung dieser Verwahrstelle begründen. Die Unterlagen sollten der BaFin (ggf. in finaler Entwurfsfassung) in der Regel mindestens vier Wochen vor der beabsichtigten Bestellung eingereicht werden, um ausreichend Spielraum für etwaige Nachfragen oder die Wahl eines alternativen Treuhänders innerhalb der angemessenen Frist nach § 80 Absatz 4 KAGB zu gewährleisten.

2. Treuhänder bei Publikums-AIF

Bei Publikums-AIF reicht eine bloße Benennung des Treuhänders gegenüber der BaFin nicht aus. Vielmehr schreibt § 87 in Verbindung mit § 69 Absatz 1, 2 und 4 KAGB hier ein Genehmigungsverfahren vor, wie es auch Kreditinstitute als Verwahrstellen von OGAW durchlaufen müssen.

Antragstellerin ist die Kapitalverwaltungsgesellschaft, die den Treuhänder für einen bestimmten Publikums-AIF mit den unter II. genannten Spezifikationen beauftragen will. Sie hat in der Regel die unter 1. im Rahmen des Benennungsverfahrens genannten Unterlagen einzureichen, damit die Genehmigungsvoraussetzungen geprüft werden können. Ist der Treuhänder der BaFin bereits als genehmigter oder benannter Treuhänder eines anderen AIF bekannt, kann auf die bereits aus diesem Sachverhalt vorliegenden Unterlagen verwiesen werden, soweit diese noch auf aktuellem Stand sind.

III. Anforderungen an Treuhänder

Wer als Treuhänder eines geschlossenen AIF tätig werden will, muss folgende Voraussetzungen für den gesamten Zeitraum seiner Tätigkeit erfüllen:

1. natürliche Person oder Gesellschaft

Eine natürliche Person kann nach § 80 Absatz 9 Satz 3 KAGB Verwahrstelle sein, wenn sie die übrigen Voraussetzungen eines Treuhänders selbst und aufgrund der von ihr getroffenen organisatorischen Vorkehrungen erfüllt.

Eine Gesellschaft kann als Treuhänder eingesetzt werden, wenn sie selbst sowie ihre Gesellschafter oder zuständigen Organmitglieder gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 KAGB einer gesetzlich anerkannten obligatorischen berufsmäßigen Registrierung oder Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder berufsständischen Regeln unterliegen. Dies kann auf Rechtsanwalts-, Steuerberater- sowie Wirtschafts- und Buchprüfungsgesellschaften zutreffen. Wirtschaftsunternehmen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, können auch dann nicht als Treuhänder beauftragt werden, wenn einzelne Angestellte fachlich als Treuhänder qualifiziert sind.

2. Fachkenntnisse

Nach § 80 Absatz 9 Satz 3 KAGB muss eine natürliche Person, die als Treuhänder beauftragt wird, über die für die Verwahrstellenaufgaben erforderliche Erfahrung verfügen. Wird eine Gesellschaft als Treuhänder eingesetzt, muss diese Erfahrung zumindest bei einem Gesellschafter oder einem zuständigen Organmitglied vorhanden sein, der bzw. das auch organisatorisch innerhalb der Gesellschaft die Verantwortung für die Erfüllung der Verwahrstellenaufgaben trägt.

Ob eine Person die notwendige Erfahrung nachweisen kann, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Für das Vorhandensein ausreichender Erfahrung spricht eine mehrjährige Tätigkeit als Treuhänder in vergleichbaren Sachverhalten, als Mittelverwendungskontrolleur oder Berater für einen geschlossenen Fonds oder in der Verwaltung geschlossener Fonds. Wünschenswert sind zudem einschlägige juristische und wirtschaftliche Fachkenntnisse mit Bezug auf die Vermögensgegenstände, die für den Fonds erworben werden sollen, und auf die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse der Länder, in denen diese belegen wären. Für eine Eignung als Treuhänder spricht darüber hinaus die nachgewiesene Fähigkeit zur Prüfung der Organisation und der Abläufe in einem Unternehmen, um die dem Treuhänder zugewiesenen Kontrollpflichten etwa nach Art. 92 Absatz 1 und 2 der delegierten Verordnung zur AIFM-Richtlinie ausüben zu können.

3. Finanzielle Garantie

Treuhänder müssen gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 KAGB über ausreichende finanzielle Garantien verfügen, die es ihnen ermöglichen, die relevanten Aufgaben einer Verwahrstelle wirksam auszuführen und die mit diesen Funktionen einhergehenden Verpflichtungen zu erfüllen. Die aufgrund einer Pflichtverletzung des Treuhänders drohenden Vermögensschäden bei den Anlegern des betreffenden AIF können so erheblich sein, dass dieses Risiko abgesichert werden muss. Unterläuft dem Treuhänder bspw. ein Fehler bei der Verifikation des Eigentums an einem von nur wenigen Sachwerten in einem geschlossenen Fonds, kann ein Großteil des Fondsvermögens verloren sein. Um diese Risiken abzusichern, muss der Treuhänder über eine entsprechende Haftpflichtversicherung zuzüglich eines fixen Kapitals verfügen.

Inwieweit die reguläre Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer das Risiko aus einer Tätigkeit als Verwahrstelle abdeckt, muss der Treuhänder mit seiner Versicherungsgesellschaft im Einzelfall klären. Die notwendige finanzielle Absicherung wird ggf. nur durch eine ergänzende Haftpflichtversicherung zu erzielen sein, die entweder auf einen bestimmten Fonds bezogen ist (sog. „Objektversicherung“) oder auf Gesellschaftsebene die Verwahrstellentätigkeit für alle Fonds gemeinsam abdeckt. Zum Nachweis des Versicherungsschutzes für die Tätigkeit als Verwahrstelle ist der BaFin eine explizite Bestätigung der Versicherungsgesellschaft vorzulegen.

Die Versicherungsbedingungen müssen den Anlegern des betreffenden Fonds im Schadensfall unter entsprechend § 115 (mit Ausnahme von Absatz 1 Nummer 1) des Versicherungsvertragsgesetzes geregelten Voraussetzungen direkte Ansprüche gegen die Versicherungsgesellschaft einräumen. Der Treuhänder muss sich der BaFin gegenüber damit einverstanden erklären, dass diese den Anlegern Auskunft über Name und Anschrift der Versicherungsgesellschaft sowie die Versicherungsnummer erteilt.

Im Versicherungsvertrag ist die Versicherungsgesellschaft gemäß § 80 Absatz 3 Satz 5 KAGB zu verpflichten, der BaFin unverzüglich den Beginn und die Beendigung oder Kündigung des Versicherungsvertrages sowie Umstände, die den vorgeschriebenen Versicherungsschutz beeinträchtigen, mitzuteilen. Dies gilt unbeschadet der Verpflichtung des Treuhänders nach § 80 Absatz 3 Satz 4 KAGB, Änderungen betreffend die Gewährleistung der notwendigen finanziellen und beruflichen Garantien unverzüglich selbst der BaFin mitzuteilen. Wie bei Pflichtversicherungen auch üblich, kann so in der laufenden Aufsicht das Fortbestehen des ausreichenden Versicherungsschutzes kontrolliert werden.

Als Mindestversicherungssumme sind für die Gesamtheit der Ansprüche aller Anleger derjenigen AIF, für die der Treuhänder als Verwahrstelle fungiert, 10 vom Hundert des in die AIF eingezahlten Kapitals, mindestens jedoch eine Million Euro pro Fonds anzusetzen und mit der Versicherungsbestätigung nachzuweisen. Im ersten Jahr ist das für diesen Zeitraum angestrebte Kapitalvolumen zugrundezulegen. In den Folgejahren ist der Versicherungsschutz soweit im Hinblick auf das geplante Kapitalvolumen erforderlich anzupassen und der BaFin gegenüber im Rahmen der Anzeige nach § 80 Absatz 3 Satz 4 KAGB nachzuweisen. Gelingt es dem Treuhänder nicht, den Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten oder ggf. anzupassen, bspw. weil keine Versicherungsgesellschaft diesen Schutz bereitstellen will oder der Treuhänder die Versicherung nicht (mehr) finanzieren kann, kann die Tätigkeit als Treuhänder nicht fortgesetzt werden und die Kapitalverwaltungsgesellschaft muss eine andere Verwahrstelle beauftragen.

Bei einer Versicherung auf Gesellschaftsebene ist sicherzustellen, dass der Versicherungsschutz für die Verwahrstellentätigkeit nicht durch die Abdeckung von Haftpflichtrisiken aus der sonstigen Tätigkeit der Gesellschaft so verwässert wird, dass für die Fonds die genannte Mindestabsicherung nicht mehr gewährleistet ist. Zudem ist im Schadensfall zu prüfen, ob nach Inanspruchnahme der Versicherung noch ausreichender Schutz für alle Fonds gegeben ist.

Eine Haftpflichtversicherung würde Schäden aus vorsätzlicher Pflichtverletzung des Treuhänders nicht abdecken. Hierfür sowie zur Gewährleistung eines wirtschaftlich abgesicherten Geschäftsbetriebes benötigt der Treuhänder angemessenes fixes Kapital von mindestens 150.000,- €, das zusätzlich zu der Haftpflichtversicherung vorzuhalten ist.

Sollte die Haftpflichtversicherung Risiken aus der Verwahrung von Finanzinstrumenten nicht abdecken, eine Investition in Finanzinstrumente aber nicht in den Anlagebedingungen der vom Treuhänder übernommenen Fonds ausgeschlossen sein, erhöht sich dieser fixe Betrag auf 730.000 Euro.

Das fixe Kapital ist entweder in liquiden Mitteln zu halten oder in Vermögensgegenstände zu investieren, die kurzfristig unmittelbar in Bankguthaben umgewandelt werden können und keine spekulativen Positionen enthalten. Diese Anforderungen werden entsprechend der Verwaltungspraxis zu § 25 Absatz 7 KAGB ausgelegt. Bei der Beauftragung des Treuhänders und danach einmal jährlich ist die Einhaltung dieser Vorschriften gegenüber der BaFin nachzuweisen.

4. Zuverlässigkeit

Ein Treuhänder kann nicht die Funktion einer Verwahrstelle übernehmen, wenn er nicht die hierfür erforderliche persönliche Zuverlässigkeit aufweist. Hier sind insbesondere Verstöße gegen Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestände – insbesondere solche, die im Zusammenhang mit Tätigkeiten bei Unternehmen stehen – von besonderer Relevanz.

Der Treuhänder bzw. zuständige Gesellschafter oder das zuständige Organmitglied muss hierzu eine eigenhändig unterzeichnete Erklärung vorlegen, ob derzeit gegen ihn ein Strafverfahren geführt wird, ob zu einem früheren Zeitpunkt ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens oder Vergehens gegen sie geführt worden ist oder ob er oder ein von ihm geleitetes Unternehmen als Schuldner in ein Insolvenzverfahren oder in ein Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder ein vergleichbares Verfahren verwickelt ist oder war. Daneben ist ein Polizeiliches Führungszeugnis der Belegart „O“ zur Vorlage bei einer Behörde beizubringen.

5. Verwahrstellenvertrag

Der Treuhänder muss mit der Kapitalverwaltungsgesellschaft gemäß § 80 Absatz 1 Satz 2 und 3 einen schriftlichen Verwahrstellenvertrag schließen, in welchem die organisatorischen Abläufe, Rechte und Pflichten, insbesondere ein effektiver Informationsaustausch beider Seiten im Hinblick auf die jeweiligen AIF so klar geregelt sind, dass der Treuhänder seinen Aufgaben als Verwahrstelle, insbesondere seinen Kontrollfunktionen jederzeit nachkommen kann. Einzelheiten zum notwendigen Inhalt des Verwahrstellenvertrages sind in Art. 83 der Level 2-Verordnung geregelt.

Der Verwahrstellenvertrag muss festlegen, dass der Treuhänder frühzeitig auf etwaige Änderungen der Anlagebedingungen und auf den beabsichtigten Erwerb von Vermögensgegenständen hinzuweisen ist, damit er die notwendigen Vorkehrungen zur Übernahme der Verwahrstellenaufgaben in Bezug auf die Änderungen oder die betreffenden Vermögensgegenstände treffen kann. Treuhänder und Kapitalverwaltungsgesellschaft stimmen in diesen Fällen einen gemeinsamen Zeitplan ab, damit der Treuhänder diese Vorkehrungen rechtzeitig vor Inkrafttreten der Änderung bzw. des Erwerbs implementiert hat.

Der Verwahrstellenvertrag muss dem Treuhänder geeignete Ansprechpersonen oder zuständige Einheiten bei der Kapitalverwaltungsgesellschaft benennen sowie den Zugang zu allen für die Wahrnehmung seiner Aufgaben notwendigen Informationen und Dokumenten im Hause der Kapitalverwaltungsgesellschaft und ggf. der von ihr beauftragten Unternehmen bereiten. Es ist ein Eskalationsprozess für den Fall zu vereinbaren, dass der Treuhänder nicht oder nicht rechtzeitig Zugang zu diesen Informationen oder Dokumenten erhält oder dass er im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle[1] an ihn gerichteter Weisungen Anhaltspunkte für Verstöße gegen die gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten der Kapitalverwaltungsgesellschaft erkennt.

6. Organisatorische Vorkehrungen

Der Treuhänder muss so organisiert sein, dass er jederzeit alle Pflichten nach KAGB und Level 2-Verordnung ordnungsgemäß erfüllen kann. Hierzu gehört, dass auch natürliche Personen oder kleine Gesellschaften, die eine Verwahrstellenaufgabe übernehmen wollen, die notwendige technische Struktur und quantitativ wie qualitativ ausreichende personelle Ressourcen aufbauen müssen, um den Anforderungen der täglichen Kontrolle der Aktivitäten des AIFM gerecht zu werden.

Der Treuhänder muss in der Lage sein, seine Kontrollaufgaben trotz seiner sonstigen beruflichen Verpflichtungen jederzeit wahrnehmen zu können. Jede Änderung der Anschrift des Treuhänders ist der BaFin unverzüglich mitzuteilen.

7. Sonstige Verpflichtungen

Die Aufgaben einer Verwahrstelle werden durch den Treuhänder gemäß § 80 Absatz 3 Satz 1 KAGB im Rahmen seiner beruflichen oder geschäftlichen Tätigkeit wahrgenommen. Damit ist dem Treuhänder zugestanden, dass die Erfüllung der Verwahraufgaben weder zeitlich noch wirtschaftlich den Schwerpunkt seiner Erwerbstätigkeit bilden müssen, sondern quasi im Nebenerwerb erfolgen darf. Übt der Treuhänder die Verwahrstellenfunktion für mehrere Fonds aus und hat er die dafür notwendigen organisatorischen Voraussetzungen geschaffen, kann die Treuhändertätigkeit auch seine sonstige Beruf-/Geschäftstätigkeit an Umfang übertreffen.

Bei den vorrangig in Betracht kommenden Berufsgruppen – Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer – ist gewährleistet, dass die Treuhandaufgabe eine ausreichende inhaltliche Nähe zur sonstigen Tätigkeit aufweist, so dass in der Regel von einer Verwahrung „im Rahmen der beruflichen oder geschäftlichen Tätigkeit“ gesprochen werden kann. Eine Geschäftstätigkeit ohne inhaltlichen Bezug, bspw. ein Handels- oder Produktionsunternehmen, bietet dagegen keinen geeigneten Rahmen in diesem Sinne.

Der Treuhänder muss plausibel darlegen können, dass ihm seine nicht-treuhänderischen Verpflichtungen im beruflich-geschäftlichen, aber auch ehrenamtlichen Bereich ausreichend Kapazitäten für eine solide Wahrnehmung der Verwahrstellenfunktion lassen. Diese Voraussetzung muss im Rahmen der Arbeitsorganisation laufend eingehalten werden.

IV. Rechte und Pflichten des Treuhänders

Die Aufgaben des Treuhänders mit den damit verbundenen Rechten und Pflichten gegenüber der Kapitalverwaltungsgesellschaft einerseits und den Anlegern des geschlossenen AIF andererseits sind in den §§ 81 bis 90 KAGB geregelt. Einzelne Elemente dieser Bestimmungen werden wiederum in Art. 83 bis 102 der Level 2 Verordnung konkretisiert. Die Regelungen gelten allgemein für alle Verwahrstellen. Auf Treuhänder sind sie an sich uneingeschränkt anwendbar.

1. Verwahrung von Finanzinstrumenten

Eine modifizierte Anwendbarkeit der Level 2-Vorschriften zur Verwahrung gilt bei der Verwahrung von Finanzinstrumenten, die nicht durch den Treuhänder selbst vorgenommen werden kann, da es sich bei dieser Tätigkeit um ein nach dem KWG erlaubnispflichtiges Geschäft handeln kann.

Lassen die Anlagebedingungen des AIF eine Investition in Finanzinstrumenten – wenn auch nur in geringem Umfang – zu, so muss der Treuhänder sicherstellen, dass die Finanzinstrumente des AIF gemäß § 81 Absatz 1 KAGB auf Depots von entsprechend lizensierten Kreditinstituten oder bei einer sonstigen nach § 80 Absatz 2 KAGB zulässigen Verwahrstelle verbucht werden. Hierzu muss er vertraglich ein Unterverwahrverhältnis mit einer solchen Stelle begründen.

Der Treuhänder führt in diesem Falle seine Kontrollaufgaben gemäß den Artikeln 88 und 89 der Level 2-Verordnung sowohl beim AIF und der Verwaltungsgesellschaft als auch durch Einsichtnahme in Unterlagen der depotführenden Stelle durch. Letztere ist vertraglich dazu zu berechtigen und verpflichten, dem Treuhänder diese Kontrollen zu ermöglichen und ihn laufend zu informieren. Der Treuhänder kann seine Kontrollprozesse in der Weise organisieren, dass er für die Einrichtung eines Sperrvermerkes zu seinen Gunsten sorgt, so dass der AIF nur unter Mitwirkung des Treuhänders über das Depot verfügen kann.

2. Verwahrung von Geldern

Der § 83 Absatz 6 KAGB und die Artikel 85 und 86 der Level 2-Verordnung gehen schon nach dem Wortlaut nicht davon aus, dass die Verwahrstelle selbst die Konten für die dem AIF gehörenden Gelder führt. Vielmehr sind die Konten im Namen des AIF, des AIFM oder der für ihn handelnden Verwahrstelle bei einer dort genannten Stelle zu führen. Erfüllt die Verwahrstelle selbst die Voraussetzungen einer solchen kontoführenden Stelle, kann sie diese Aufgabe ebenfalls übernehmen. Dies wird bei einem Treuhänder jedoch nicht der Fall sein, so dass dieser stets die gesetzlichen Kontrollpflichten in Bezug auf den Bargeldverkehr im Fonds durch die Einsichtnahme in die bei einem Dritten geführten Konten zu erfüllen hat. Der Treuhänder kann seine Kontrollprozesse in der Weise organisieren, dass er für die Einrichtung eines Sperrvermerkes zu seinen Gunsten sorgt, so dass der AIF nur unter Mitwirkung des Treuhänders über das Konto verfügen kann.

3. Unterverwahrung

Die Vorschriften zur Unterverwahrung nach § 82 KAGB kommen im Falle des Treuhänders jedenfalls insoweit zur Anwendung, als die von ihm als Verwahrstelle übernommenen geschlossenen Fonds verwahrfähige Finanzinstrumente halten, die vom Treuhänder nicht selbst verwahrt werden dürfen (siehe oben IV. 1.). Die sonstigen Vermögenswerte der von § 80 Absatz 3 KAGB erfassten AIF sind nicht verwahrfähig, so dass unter den Voraussetzungen nach den §§ 81 und 82 KAGB diesbezüglich nur die Eigentumsverifikation auf einen Unterverwahrer delegiert werden kann. Die dem Treuhänder obliegenden Kontrollaufgaben dürfen nicht Dritten übertragen werden.

4. Eigentumsverifikation

Eine der zentralen Aufgaben des Treuhänders ist die Pflicht zur Eigentumsverifikation nach § 81 Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a) KAGB nebst weiterer Detailregelungen in Art. 90 der Level 2-Verordnung. Der Treuhänder muss sich Gewissheit verschaffen über die Eigentumsrechte des AIF in Bezug auf alle erworbenen Vermögensgegenstände. Zur Eigentumsverifikation gehört die Kontrolle etwaiger Rechte Dritter, die an dem Vermögensgegenstand bestehen oder seine Nutzbarkeit beschränken, bspw. Belastungen eines Grundstücks. Soweit der Treuhänder die Rechtslage nicht in eigener Person hinreichend überprüfen kann, muss er sich die notwendige Unterstützung qualifizierter und unabhängiger Dritter einholen.

Der Treuhänder muss seine Prüfung unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtslage, ggf. ausländischen Rechts, vornehmen. Aus § 81 Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe b) KAGB ergibt sich, dass er grundsätzlich die Prüfung auf Informationen, Urkunden, Gutachten oder sonstige Unterlagen stützen kann, die ihm vom inländischen AIF oder von der AIF-Verwaltungsgesellschaft vorgelegt werden. Soweit diese nicht ausreichen, um die Eigentumslage zur hinreichenden Überzeugung des Treuhänders zu belegen, verlangt er von der Kapitalverwaltungsgesellschaft weitere Unterlagen oder holt ggf. vermittels eigenständiger Einschaltung Dritter auch externe Nachweise ein.

5. Kontrollfunktion

Das KAGB regelt in § 83 die Kontrollfunktion einer AIF-Verwahrstelle. Hierzu gehören die Überwachung der Anteilsausgabe und –rücknahme, der Anteilwertermittlung, der korrekten Abwicklung von Geschäften für Rechnung des AIF und der Ertragsverwendung, die in Art. 93 bis 97 der Level 2-Verordnung näher konkretisiert werden. Nach § 83 Absatz 5 KAGB in Verbindung mit Art. 95 der Level 2-Verordnung obliegt dem Treuhänder die Rechtmäßigkeitskontrolle aller Weisungen der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft. Bei der Wahrnehmung dieser Pflichten gelten für einen Treuhänder keine Besonderheiten im Vergleich zu sonstigen Verwahrstellen.

6. Zustimmungspflichtige Geschäfte

In Bezug auf Publikums-AIF obliegen dem Treuhänder gemäß § 84 KAGB gesonderte Kontrollpflichten im Rahmen der dort erwähnten zustimmungspflichtigen Geschäfte. Bei der Wahrnehmung dieser Pflichten gelten für einen Treuhänder keine Besonderheiten im Vergleich zu sonstigen Verwahrstellen.

7. Interessenkollision

Gemäß § 85 Absatz 2 Satz 1 KAGB darf der Treuhänder keine Aufgaben in Bezug auf den AIF oder dessen Verwaltungsgesellschaft wahrnehmen, die Interessenkonflikte zwischen dem AIF, dessen Anlegern, der Verwaltungsgesellschaft oder dem Treuhänder schaffen könnten. Derartige Gefahren können bei einer natürlichen Person als Treuhänder nicht durch organisatorische Maßnahmen beseitigt werden, wie sich aus § 85 Absatz 2 Satz 5 KAGB ergibt. Dementsprechend sind an einer natürlichen Person strengere Anforderungen hinsichtlich ihrer Unabhängigkeit zu stellen als an einer Gesellschaft, die Interessenkonflikte durch eine funktionale und hierarchische Trennung der Ausführung ihrer Aufgaben steuern kann.

Nach § 85 Absatz 5 Satz 3 KAGB darf bereits eine natürliche Personen als Treuhänder nicht Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrates, Gesellschafter oder Angestellter der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens sein. Neben der in § 85 Absatz 5 Satz 3 verbotenen persönlichen Abhängigkeit können auch wirtschaftliche Abhängigkeiten zu Interessenkonflikten führen, die insbesondere bei sonstigen vertraglichen Beziehungen über den Verwahrstellenvertrag oder ähnliche Treuhandaufgaben hinaus entstehen können.

Bei Rechtsanwälten, Notaren, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern, die jeweils als natürliche Person mit der Wahrnehmung der Treuhänderaufgabe beauftragt werden, stehen Vertragsbeziehungen von nur geringer wirtschaftlicher Bedeutung der Annahme ausreichender wirtschaftlicher Unabhängigkeit nicht entgegen. Wer aber als natürliche Person ein nicht unbedeutendes Mandat bspw. für Rechts-, Steuer- oder Unternehmensberatung oder eine Tätigkeit als Abschlussprüfer in Bezug auf den AIFM oder mit ihm verbundene Unternehmen übernommen hat, scheidet mangels ausreichender Unabhängigkeit als geeigneter Treuhänder aus.

Treuhänder in Gesellschaftsform müssen ggf. durch eine funktionale und hierarchische Trennung der Ausführung ihrer Aufgaben als Verwahrstelle von ihren potenziell dazu in Konflikt stehenden Aufgaben sicherstellen, dass Interessenkonflikte vermieden werden. Potenzielle Interessenkonflikte müssen ermittelt, gesteuert, beobachtet und den Anlegern der betroffenen AIF gegenüber offengelegt werden.

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[1]: Für Einzelfragen zum Umfang der Pflicht zur Rechtmäßigkeitskontrolle wird auf die Ausführungen des Rundschreibens 8/2015 (WA) erwiesen.

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