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Erscheinung:30.11.2011 | Geschäftszeichen BA 55 FR-2141-2011/0001 | Thema Eigenmittel Rundschreiben 13/2011 (BA) - Bewertung von Positionen des Handelsbuchs

Rundschreiben zur Umsetzung von Art. 1 Nr. 6 und Anhang II Nr. 4 der Richtlinie 2010/76/EU (CRD III)

A. Einleitung

Mit diesem Rundschreiben gibt die BaFin auf der Grundlage von § 1a Absatz 8 des Kreditwesengesetzes (KWG) organisatorische und materielle Anforderung an die Bewertung von Handelsbuchpositionen für Zwecke des Risikocontollings vor. Die externe Gewinn- und Verlustrechnung bleibt davon unberührt.

Dieses Rundschreiben dient der nationalen Umsetzung von Art. 1 Nr. 6 und Anhang II Nr. 4 der Richtlinie 2010/76/EU (CRD III). Es ist daher inhaltsgleich mit der neuen Fassung des Anhangs VII Teil B der Richtlinie 2006/49/EG (CAD) und der Komplementärvorschrift des Art. 64 Absatz 5 der Richtlinie 2006/48/EG.

Die BaFin wird grundsätzlich in Höhe der Bewertungsanpassungen nach diesem Rundschreiben, die in der Gewinn- und Verlustrechnung unberücksichtigt sind, einen aufsichtlichen Korrekturposten auf das Kernkapital festsetzen.

B. Anforderungen

I. Systeme und Kontrollen

Für die Bewertung von Handelsbuchpositionen haben die Institute geeignete Systeme und Kontrollprozesse einzurichten und ständig fortzuführen. Diese Systeme und Kontrollprozesse müssen über schriftlich niedergelegte Vorgaben und Verfahrensweisen für den Bewertungsprozess der dem Handelsbuch zuzurechnenden Geschäfte verfügen und gewährleisten, dass diese vorsichtig und zuverlässig bewertet werden. Diese Systeme und Kontrollprozesse müssen insbesondere die Verantwortlichkeiten für die verschiedenen an der Bewertung beteiligten Organisationseinheiten klar definieren, die Quellen für die Marktinformationen nennen und die Überprüfung der Angemessenheit der Bewertung regeln. Zudem müssen sie die Häufigkeit der unabhängigen Bewertung, den Zeitpunkt für die Erhebung der Tagesendpreise und das Vorgehen bei Bewertungsanpassungen festlegen sowie die Abläufe für die Überprüfung der Bewertungen zum Monatsende und Ad-hoc-Überprüfungen dieser Bewertungen beschreiben. Ferner müssen diese Systeme und Kontrollprozesse Leitlinien für die Verwendung von nicht beobachtbaren Bewertungsparametern geben, die die Annahmen des Instituts über die von den Marktteilnehmern für die Preisbildung verwendeten Bewertungsparameter widerspiegeln. Die für den Bewertungsprozess verantwortliche Organisationseinheit muss über einen klar definierten Berichtsweg verfügen. Diese Organisationseinheit muss handelsunabhängig an einen Geschäftsleiter berichten.

II. Vorsichtige Bewertung

Die Institute haben Geschäfte, die dem Handelsbuch zuzurechnen sind, nach § 1a Abs. 8 KWG täglich zu Marktpreisen zu bewerten, die aus unabhängigen Quellen bezogen werden. Ist eine solche direkte Bewertung zu Marktpreisen nicht möglich, darf das Institut den Marktwert der dem Handelsbuch zuzurechnenden Geschäfte nach der gleichen Norm mit Hilfe von Bewertungsmodellen schätzen, die sich auf am Markt beobachtete Referenzpreise stützen. Für die Marktrisikopositionen, die ein Institut nach der Solvabilitätsverordnung für ein Geschäft des Handelsbuchs zu bilden hat, muss das Institut die Bemessungsgrundlage konsistent zu dem Schätzwert des Marktwerts des Geschäfts ermitteln.

Soweit ein Institut den Marktwert eines dem Handelsbuch zuzurechnenden Geschäfts mit Hilfe eines Bewertungsmodelles schätzt, muss es den Marktwert vorsichtig ermitteln. Bei der Bewertung zu Modellpreisen müssen die folgenden Anforderungen erfüllt sein:

  1. die Geschäftsleitung muss sich der Elemente des Handelsbuches sowie anderer zum Fair Value bewerteter Geschäfte, für die eine Modellbewertung vorgenommen wird, bewusst sein und die Bedeutung der Unsicherheit verstehen, die dadurch für die Berichtserstattung über die Risiken und Erfolgsbeiträge erwächst;
  2. eingehende Marktdaten sollen, wenn möglich, aus denselben Quellen wie die Marktpreise gewonnen werden; die Eignung der in die Bewertung eines speziellen Geschäftes eingehenden Marktdaten und die Parameter des Modells müssen regelmäßig, mindestens monatlich, überprüft werden;
  3. soweit verfügbar, sollen allgemein anerkannte Bewertungsmethoden für spezielle Finanzinstrumente und Waren verwendet werden;
  4. wenn das Modell durch das Institut selbst entwickelt wurde, muss es auf angemessenen Annahmen beruhen, die von Sachverständigen, die nicht am Entwicklungsprozess beteiligt waren, beurteilt und kritisch überprüft worden sind; zu diesem Zweck muss das Modell unabhängig von der Handelsabteilung entwickelt oder abgenommen werden; dazu zählt die Bestätigung der mathematischen Formeln, der Annahmen und der Programmierung;
  5. das Institut muss über ein formales Verfahren zur Kontrolle der Änderungen des Modells verfügen und eine Sicherheitskopie des Modells aufbewahren, anhand derer die Berechnungen des Modells regelmäßig überprüft werden;
  6. die Risikosteuerungsabteilung muss die Schwächen des verwendeten Modells kennen und wissen, wie sie diese am Besten in den Bewertungsergebnissen widerspiegelt;
  7. das Modell muss regelmäßig überprüft werden, um die Genauigkeit seiner Ergebnisse festzustellen (d.h. Beurteilung, ob die Annahmen weiterhin angemessen sind, Analyse der Gewinne und Verluste gegenüber den Risikofaktoren, Vergleich der tatsächlichen Glattstellungspreise mit den Modellergebnissen).

III. Überprüfung der Bewertung

Eine unabhängige Preisüberprüfung muss zusätzlich zur täglichen Marktbewertung oder Modellbewertung vorgenommen werden. Dies ist der Prozess, durch den Marktpreise und Modellparameter regelmäßig auf ihre Angemessenheit hin überprüft werden. Während eine tägliche Marktbewertung durch Händler vorgenommen werden kann, muss die Überprüfung der Marktpreise oder der Modellparameter durch eine handelsunabhängige Einheit durchgeführt werden. Diese Überprüfung muss grundsätzlich mindestens monatlich erfolgen. Je nach Art des Handelsgeschäftes kann jedoch auch eine häufigere Überprüfung erforderlich sein. Für unabhängige Preisüberprüfungen, bei denen die Quelle für die Preisermittlung eher subjektiv ist, sind gegebenenfalls vorsichtige Schätzungen wie zum Beispiel Bewertungsanpassungen angemessen.

IV. Bewertungsanpassungen

1. Allgemeine Standards

Die Institute müssen über Regelungen zur Bildung von Bewertungsanpassungen verfügen. Eine Bildung von Bewertungsanpassungen ist in Bezug auf jeden der folgenden wertbeeinflussenden Faktoren, sofern er für das betreffende Geschäft einschlägig ist, ausdrücklich zu prüfen:

a) noch nicht verdiente kreditrisikobezogene Zinsmargen,

b) Glattstellungskosten,

c) operationelle Risiken,

d) Möglichkeit zur vorzeitigen Beendigung des Geschäfts,

e) Geldanlage- und Finanzierungskosten,

f) zukünftige Verwaltungskosten,

g) Bewertung anhand eines Bewertungsmodells oder andere mit Modellrisiken verknüpfte Vorgänge, sowie

h) Rückgriff auf die Bewertung eines Dritten.

Die Kreditinstitute prüfen in Bezug auf komplexe Produkte, zu denen unter anderem Verbriefungspositionen und „n-th-to-default“-Kreditderivate zählen, ausdrücklich, ob Wertanpassungen erforderlich sind, um dem Modellrisiko Rechnung zu tragen, das mit der Verwendung einer möglicherweise unrichtigen Bewertungsmethodik verknüpft ist, und dem Modellrisiko, das mit der Verwendung von nicht beobachtbaren (und möglicherweise unrichtigen) Kalibrierungsparametern im Bewertungsmodell verknüpft ist.

Die für ein Geschäft oder ein (Teil-)Portfolio erforderlichen Bewertungsanpassungen können zu einem niedrigeren Wertansatz führen als ihn das Institut für Rechnungslegungszwecke vornimmt.

2. Standards für weniger liquide Positionen

Die Institute haben ferner Verfahren vorzuhalten, nach denen sie bei weniger liquiden Positionen aus Geschäften des Handelsbuchs Bewertungsanpassungen vornehmen und deren Zweckmäßigkeit regelmäßig überprüfen. Weniger liquide Positionen können von Marktstörungen und institutsbedingten Gegebenheiten herrühren. Insbesondere kann es sich um große Positionen handeln oder auch um Positionen, die das Institut über einen längeren Zeitraum nicht veräußert oder abgesichert hat. Die Bewertungsanpassung für ein Geschäft muss dabei so bemessen sein, dass sie den Grad der Illiquidität der Positionen aus dem Geschäft widerspiegelt. Im Rahmen seiner Verfahren nach Satz 1 muss das Institut anhand verschiedener Faktoren überprüfen, ob eine Bewertungsanpassung aufgrund mangelnder Liquidität der Positionen aus einem Geschäft notwendig ist. Zu diesen Faktoren zählen insbesondere

a) die Zeit, die notwendig wäre, um die Positionen aus dem Geschäft abzusichern,

b) die Volatilität und der Durchschnitt der Geld-/Briefspannen,

c) die Verfügbarkeit von Kaufs- und Verkaufsangeboten von zum Vertragsschluss bereiten Marktteilnehmern (Anzahl und Identität der Market Maker),

d) die Volatilität und der Durchschnitt der Handelsvolumina einschließlich der Handelsvolumina in Stressphasen an den Märkten,

e) Marktkonzentrationen,

f) die Länge des Zeitraums, über den das Institut ein Geschäft weder veräußert hat noch Positionen aus dem Geschäft abgesichert hat,

g) das Ausmaß, in dem das Institut den Wertansatz eines Geschäfts mit Hilfe eines Bewertungsmodelles schätzt, sowie

h) die Auswirkungen weiterer Modellrisiken.

3. Einbeziehung der Aufsicht

Sofern die nach diesem Rundschreiben vorzunehmenden Bewertungsanpassungen zu gegenüber der Gewinn- und Verlustrechnung niedrigeren Wertansätzen führen, hat das Institut dies der Deutschen Bundesbank und der BaFin schriftlich anzuzeigen. Eine Anzeige ist erforderlich, wenn die Differenz mindestens 3% des Gesamtwertes der Geschäfte des Handelsbuches beträgt und dieser Differenzwert nicht unter 10 Mio. € liegt. Solange diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss das Institut die Anzeige jeweils zum Ende eines Kalendervierteljahres aktualisieren. Die aktualisierte Anzeige ist jeweils bis zum 15. Geschäftstag des auf den Meldestichtag folgenden Monats einzureichen.

Damit wird die BaFin in die Lage versetzt, in Höhe der Differenz einen Korrekturposten auf das Kernkapital gemäß § 10 Absatz 3b Satz 1 KWG festzusetzen.

Die Institute können die Festsetzung des Korrekturpostens durch die BaFin vermeiden, indem sie einen freiwilligen Abzug vom Kernkapital vornehmen.

C. Inkrafttreten

Dieses Rundschreiben tritt zum 31.12.2011 in Kraft.

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