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Stand:geändert am 16.03.2023 Aufsichtlicher Überprüfungsprozess

Das aufsichtliche Überprüfungsverfahren (Supervisory Review Process - SRP) ist in § 294 Abs. 5 im VAG verankert. Es umfasst die Bewertung der qualitativen Anforderungen hinsichtlich der Geschäftsorganisation, die Bewertung der Risiken, denen die Unternehmen ausgesetzt sind oder sein könnten und die Bewertung der Fähigkeit der Unternehmen, diese Risiken unter Berücksichtigung des jeweiligen Geschäftsumfelds zu beurteilen und ihnen standzuhalten. Das Überprüfungsverfahren bezieht sich sowohl auf das individuelle Versicherungsunternehmen („Einzelunternehmens-Aufsicht“) als auch auf die Versicherungsgruppe („Gruppenaufsicht“).

Gemäß Artikel 31 der Solvency-II-Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2009/138/EG) legen die BaFin und die Aufsichtsbehörden der Bundesländer jeweils ihre allgemeinen Kriterien und Methoden des in Artikel 36 genannten aufsichtlichen Überprüfungsverfahrens einschließlich der gemäß Artikel 34 Absatz 4 entwickelten Instrumente offen. Nach § 320 VAG steht ein öffentlich-rechtliches Versicherungsunternehmen dann unter Landesaufsicht, wenn das Unternehmen nicht über die Landesgrenzen hinaus tätig ist oder die Aufsicht auf die Landesaufsicht übertragen wurde. Das Geschäftsgebiet des Unternehmens kann sich dabei auch nur auf einen Teil des Bundeslandes beschränken.

Aufsichtlicher Überprüfungsprozess bei der BaFin

Die BaFin verwendet hierzu als Teil des Überprüfungsverfahrens das System der sog. Risikoklassifizierung, mit dem Versicherer unter Berücksichtigung von Art, Umfang und Komplexität ihrer Geschäftstätigkeit und den damit verbundenen Risiken klassifiziert werden. Die Einstufung der Unternehmen (Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds) und Versicherungsgruppen erfolgt anhand einer zweidimensionalen Matrix mit den Dimensionen Marktauswirkung und Qualität des Unternehmens / der Gruppe. Das Kriterium „Marktauswirkung“ bemisst sich bei den Pensionskassen und Pensionsfonds nach der Summe ihrer Kapitalanlagen. Für die Lebensversicherer werden bei der Ermittlung des Kapitalanlagevolumens auch Kapitalanlagen aus fondgebundenen Lebensversicherungen berücksichtigt. Dagegen ist für die Marktauswirkung bei den Kranken-, Schaden-/Unfall- und Rückversicherern die Summe der Bruttobeitragseinnahmen entscheidend. Für die Klassifizierung der Gruppen wurde als einheitliches Kriterium die Summe der List of Assets (= Kapitalanlagen) ausgewählt. Die Marktauswirkung wird in einer vierstufigen Skala mit den Ausprägungen „sehr hoch“, „hoch“, „mittel“ und „niedrig“ gemessen. Die Beurteilung der Qualität der Unternehmen leitet sich aus den folgenden Teilbereichen ab: „Vermögens- und Finanzlage“, „Ertragslage“, „Geschäftsorganisation“, „Zukunftsfähigkeit“ und „Inhaber bedeutender Beteiligungen“. Für die Bewertung der Gruppen wird anstelle des Teilbereichs „Inhaber bedeutender Beteiligungen“ der Teilbereich „Gruppenspezifika“ zur Beurteilung verwendet. Die beiden ersten Teilbereichsnoten ermittelt die BaFin anhand versicherungsspezifischer Kennzahlen, während die Teilbereiche „Geschäftsorganisation“ und „Inhaber bedeutender Beteiligungen“ anhand qualitativer Kriterien eingestuft werden. Der Teilbereich „Zukunftsfähigkeit“ beinhaltet spartenspezifische quantitative oder qualitative Kriterien, die für eine Beurteilung der perspektivischen Entwicklung des Unternehmens bzw. der Gruppe geeignet sind. Darüber hinaus werden für die „Gruppenspezifika“ die gesamten gruppenspezifischen Aspekte bewertet, die über die ersten vier Teilbereiche hinausgehen. Das Bewertungssystem führt die Noten der Teilbereiche zu einer Gesamtnote zusammen und bildet sie in einer vierstufigen Skala von „A“ (hohe Qualität) bis „D“ (niedrige Qualität) ab. Die BaFin informiert über aggregierte Ergebnisse in ihrem Jahresbericht.

Die Risikoklassifizierung wird regelmäßig durchgeführt und kann zudem jederzeit durch eine unternehmensindividuelle Ad-hoc-Klassifizierung ergänzt werden, sobald aktuelle aufsichtliche Erkenntnisse zu einer veränderten Risikoeinschätzung führen.

Die Ergebnisse der Risikoklassifizierung fließen in die jährliche Aufsichtsplanung ein. Diese enthält sowohl die Häufigkeit der Prüfungen in einem jährlichen Prüfungsplan sowie die Prüfungshäufigkeit/-intensität bestimmter Aufsichtsprozesse, die sich insbesondere auf die Beurteilung eingereichter Unterlagen im Rahmen der Berichterstattung an die Aufsicht beziehen.

Bei den Instrumenten nach Artikel 34 Absatz 4 Solvency-II-Rahmenrichtlinie handelt es sich um quantitative Instrumente (zusätzlich zur Berechnung der Solvenzkapitalanforderung) im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungsverfahrens zur Bewertung der Risikotragfähigkeit. Hierbei handelt es sich insbesondere um das Instrument der Prognoserechnungen, das in § 44 VAG in nationales Recht umgesetzt ist. Prognoserechnungen sind von den beaufsichtigten Unternehmen durchzuführende Berechnungen, die u. a. das erwartete Geschäftsergebnis zukünftiger Geschäftsjahre und auch die Risikotragfähigkeit in Stresssituationen umfasst. Die BaFin gibt dabei zu verwendende Rechnungsgrundlagen teilweise vor. Das Instrument der Prognoserechnung (ehemals Szenariorechnung) existiert für mehrere Sparten. Die BaFin informiert über die jeweilige Methodik der Prognoserechnung und über aggregierte Ergebnisse in ihrem Jahresbericht.

Darüber hinaus werden im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungsverfahrens situativ auch Erkenntnisse aus weiteren Erhebungen zur Risikotragfähigkeit (etwa makroprudenzielle Analysen zum Zwecke der Finanzstabilität) genutzt, falls dieses für die mikroprudenzielle Erkenntnisgewinnung sachgerecht und rechtlich möglich ist.

Für die Aufsicht über Unternehmen, die nicht unter die Solvency-II-Rahmenrichtlinie fallen, wird das aufsichtliche Überprüfungsverfahren in angepasster Form durchgeführt, u. a. werden dabei andere quantitative Instrumente genutzt.

Aufsichtlicher Überprüfungsprozess bei den Versicherungsaufsichtsbehörden der Bundesländer

Das Überprüfungsverfahren bezieht sich auf das individuelle Versicherungsunternehmen („Einzelunternehmens-Aufsicht“). Der Mutterkonzern – sofern vorhanden - wird von der BaFin nach den veröffentlichten ähnlichen Grundsätzen beaufsichtigt („Gruppenaufsicht“). Die Landesaufsicht gibt dabei bei Konzernzugehörigkeit vor, dass von der BaFin gegenüber dem Konzern vorgegebene Rechnungsgrundlagen, z.B. für Prognoserechnungen, entsprechend auf das unter Landesaufsicht stehende Versicherungsunternehmen anzuwenden sind.

Die Landesaufsicht nimmt im Rahmen des Überprüfungsverfahrens eine Risikoeinschätzung vor. Unter Berücksichtigung von Art, Umfang und Komplexität der Geschäftstätigkeit und den damit verbundenen Risiken für das Unternehmen und den Finanzmarkt ist ein höheres oder niedrigeres Risiko anzunehmen. Dabei ist zum einen mit Blick auf den regional begrenzten Geschäftsbereich und der damit regelmäßig verbundenen geringeren Summe der Kapitalanlagen bei den Lebensversicherern bzw. im Marktvergleich geringeren Bruttobeitragseinnahmen bei den Schaden-/Unfallversicherern von in der Regel geringeren Risiken für den Finanzmarkt auszugehen. Zum anderen wird die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage anhand versicherungsspezifischer Kennzahlen regelmäßig bewertet.

Die Überprüfung der Risikoeinschätzung wird regelmäßig durchgeführt und kann jederzeit zu einer unternehmensindividuellen Ad-hoc-Prüfung oder zu zusätzlichen Meldepflichten führen, sobald aktuelle aufsichtliche Erkenntnisse zu einer veränderten Risikoeinschätzung führen.

Die Entwicklung der Risikoeinschätzung des Unternehmens fließt in die jährliche Aufsichtsplanung ein. Diese enthält sowohl die Häufigkeit der Vor-Ort-Prüfungen („On-Site“) in einem jährlichen Prüfungsplan sowie die Prüfungshäufigkeit bestimmter Aufsichtsprozesse, die sich insbesondere auf die Beurteilung eingereichter Unterlagen im Rahmen der Berichterstattung an die Aufsicht beziehen („Off-Site“).

Bei den Instrumenten nach Artikel 34 Absatz 4 Solvency-II-Rahmenrichtlinie handelt es sich um quantitative Instrumente (zusätzlich zur Berechnung der Solvenzkapitalanforderung) im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungsverfahrens zur Bewertung der Risikotragfähigkeit. Hierbei handelt es sich insbesondere um das Instrument der Prognoserechnungen, das in § 44 VAG in nationales Recht umgesetzt ist. Prognoserechnungen sind von den beaufsichtigten Unternehmen durchzuführende Berechnungen, die u. a. das erwartete Geschäftsergebnis zukünftiger Geschäftsjahre und auch die Risikotragfähigkeit in Stresssituationen umfasst.

Darüber hinaus werden im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungsverfahrens situativ auch Erkenntnisse aus weiteren Erhebungen zur Risikotragfähigkeit (etwa makroprudenzielle Analysen zum Zwecke der Finanzstabilität) genutzt, falls dieses für die mikroprudenzielle Erkenntnisgewinnung sachgerecht und rechtlich möglich ist und – bei Konzernzugehörigkeit – nicht schon durch den Konzern als Vorgabe erfolgt.

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