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Stand:geändert am 30.01.2024 | Thema Eigenmittel, Makroaufsicht Antizyklischer Kapitalpuffer

Der antizyklische Kapitalpuffer (Countercyclical capital buffer - CCyB) gilt als ein makroprudenzielles Instrument der Bankenaufsicht. Es soll die Widerstandsfähigkeit der Banken durch den Aufbau eines Kapitalpuffers erhöhen. Die rechtlichen Grundlagen des Puffers finden sich insbesondere in den Artikeln 130, 135 bis 140 Capital Requirements Directive (CRD IV) 1 die im § 10d Kreditwesengesetz (KWG) in Verbindung mit § 64r KWG in deutsches Recht umgesetzt wurden.

Zum ersten Quartal 2024 hat die BaFin die Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers, die mit der Allgemeinverfügung vom 31.Januar 2022 auf 0,75 Prozent des nach Artikel 92 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ermittelten Gesamtforderungsbetrags festgelegt wurde, bestätigt.

Hintergrund

Im Allgemeinen ermöglichen makroprudenzielle Instrumente den zuständigen Behörden, aufsichtsrechtliche Maßnahmen zur Sicherung der Finanzstabilität zu erlassen. Im konkreten Fall des antizyklischen Kapitalpuffers soll der Bankensektor gegenüber systemischen Risiken aus dem Kreditzyklus widerstandsfähig gemacht werden. Die Idee des antizyklischen Kapitalpuffers ist folgende: In Zeiten eines übermäßigen Kreditwachstums sollen die Banken einen zusätzlichen Kapitalpuffer aufbauen. Dieser Puffer erhöht generell die Verlustabsorptionsfähigkeit der Banken. Der Puffer darf im Krisenfall explizit aufgezehrt werden und zur Abfederung von Verlusten dienen. Dadurch soll die Entstehung einer Kreditklemme vermieden werden.

Inländischer antizyklischer Kapitalpuffer

Festgelegt wird der Wert für den inländischen antizyklischen Kapitalpuffer von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Er beträgt in der Regel 0 bis 2,5 Prozent und kann in Schritten von 0,25 Prozentpunkten festgelegt werden. Soweit erforderlich, darf auch ein über 2,5 Prozent hinausgehender Wert festgelegt werden.

Die Entscheidung über die Pufferfestlegung basiert auf der Analyse verschiedener Indikatoren. Hauptindikator ist die Kredit/BIP-Lücke, das heißt die Abweichung des aktuellen Verhältnisses der Kreditvergabe zum Bruttoinlandsprodukt vom langfristigen Trend. Zusätzlich wird eine Reihe weiterer unterstützender Indikatoren zur Bewertung des zyklischen systemischen Risikos herangezogen. Schließlich können weitere Informationen berücksichtigt werden, etwa quantitative und qualitative Markt- und bankaufsichtliche Informationen sowie Erkenntnisse aus Stresstests. Die Festsetzung der Höhe der Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers erfolgt nach Würdigung der Gesamtschau. Die Methodik zur Bestimmung eines angemessenen antizyklischen Puffers wird detailliert im von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Methodenpapier dargelegt.

Darüber hinaus berücksichtigt die BaFin Empfehlungen des Ausschusses für Finanzstabilität (AFS) und des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (European Systemic Risk Board – ESRB) bei der Festlegung des antizyklischen Kapitalpuffers.

Institutsspezifischer antizyklischer Kapitalpuffer

Der für Deutschland jeweils gültige Wert ist von den Instituten bei der Berechnung des institutsspezifischen antizyklischen Kapitalpuffers einzubeziehen und dabei auf die Summe der maßgeblichen Kreditrisikopositionen anzuwenden, die in Deutschland belegen sind.
Institute, die maßgebliche Kreditrisikopositionen in anderen Ländern haben, müssen die dort gültigen antizyklischen Kapitalpuffer zusätzlich berücksichtigen. Als maßgebliche Kreditrisikopositionen gelten alle in § 36 der Solvabilitätsverordnung (SolvV) genannten, also grundsätzlich alle Kreditrisikopositionen gegenüber dem privaten Sektor. Der individuelle (institutsspezifische) antizyklische Kapitalpuffer ergibt sich aus dem gewichteten Durchschnitt der in- und ausländischen Kapitalpuffer. Dieser ist von den Instituten als Prozentwert vom Gesamtrisikobetrag nach Art. 92 Abs. 3 der Capital Requirements Regulation (CRR) 2 in hartem Kernkapital vorzuhalten.

Aktueller antizyklischer Kapitalpuffer in Deutschland

Auf Basis der aktuellen Risikolage sowie der Entwicklung der Kredit/BIP-Lücke und der unterstützenden Indikatoren entscheidet die BaFin, dass eine Beibehaltung der Quote von 0,75% für das erste Quartal 2024 ab dem 01.02.2024 angemessen ist.

Die Entscheidung wird wie folgt begründet:
Die Kredit/BIP-Lücke nach der nationalen Methode liegt momentan bei einem Wert von 0,28 Prozentpunkten [PP] (Q3 2023). Dies impliziert einen Pufferrichtwert von 0%. Die Kredit/BIP-Lücke ist damit im Verlauf des Jahres 2023 von 2,48 PP (Q1 2023) und 1,40 PP (Q2 2023) weiter zurückgegangen. Nach der standardisierten Methode ergibt sich für das letzte verfügbare Quartal eine Kredit/BIP-Lücke von 1,56 PP (Q2 2023) nach zuvor 2,59 PP (Q1 2023). Der sich daraus ergebende Pufferrichtwert liegt ebenfalls bei 0%.

Kredit-BIP-Relation, -Trend und -Lücke

Kredit-BIP-Relation, -Trend und -Lücke Die Abbildung zeigt die Kredit/BIP-Relation, -Trend und -Lücke nach der nationalen Methode sowie den dazugehörigen Pufferrichtwert. Die linke Skala ist relevant für Kredit/BIP-Relation und -Trend. Die rechte Skala für Kredit/BIP-Lücke und den Pufferrichtwert. Die Skalierung ist jeweils in Prozent bzw. Prozentpunkten für die Kredit/BIP-Lücke. BaFin Kredit-BIP-Relation, -Trend und -Lücke

Die BaFin betrachtet neben der Kredit/BIP-Lücke eine Reihe von weiteren Indikatoren, um die Risikolage möglichst fundiert einschätzen zu können. Auch wenn die finanzzyklischen Risiken zuletzt nachgelassen haben, bestehen aufgrund des lang andauernden Risikoaufbaus in den Jahren zuvor immer noch erhebliche Verwundbarkeiten im deutschen Finanzsystem. Das Risikoniveau ist weiterhin erhöht. Am Wohnimmobilienmarkt bestehen trotz des Preisrückgangs am aktuellen Rand signifikante Überbewertungen fort. Der Kreditbestand bewegt sich im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt sowohl bei den privaten Haushalten als auch im Unternehmenssektor auf deutlich erhöhtem Niveau.
Hinzu kommt ein schwacher wirtschaftlicher Ausblick mit zuletzt pessimistischeren Wachstumsprognosen für 2024. Realwirtschaftlich muss mit steigenden Insolvenzen und Kreditausfällen gerechnet werden. Die Kriege zwischen Russland und der Ukraine sowie in Nahost führen zu hoher Unsicherheit in vielen Bereichen der Wirtschaft und des Finanzsystems. Derzeit sind die ökonomischen Auswirkungen der Kriege und der Sanktionen auf die deutsche Wirtschaft und das deutsche Finanzsystem noch nicht mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen.

Der antizyklische Kapitalpuffer stärkt die Widerstandsfähigkeit des Bankensystems. Das ist gerade im derzeitigen makrofinanziellen Umfeld, in dem sich die Risiken allmählich materialisieren, besonders wichtig.

Werte und kurze Beschreibungen wesentlicher Indikatoren finden Sie hier.

Überblick – Historische Kapitalpuffer

Momentan anzuwenden:0,75%
DatumHöheGültigkeit abHinweis
31.01.20220,75%01.02.2023Ersetzt Allgemeinverfügung vom 31.03.2020
31.03.20200%01.04.2020Ersetzt Allgemeinverfügung vom 28.06.2019
28.06.20190,25%01.07.2020Aufbauphase in 2020 abgebrochen. Ersetzt durch Allgemeinverfügung vom 31.03.2020
28.12.20150%01.01.2016Erstmalige Festsetzung

Fußnoten

  1. 1 Aktualisiert durch CRD V.
  2. 2 Aktualisiert durch CRR II.

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