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Stand:geändert am 07.12.2020 | Thema OTC-Derivate Ausnahmen von der Besicherungspflicht

Mit Beginn der Besicherungspflicht haben finanzielle und nichtfinanzielle Gegenparteien gemäß Art. 11 Abs. 3 EMIR die Pflicht, nicht zentral geclearte OTC-Derivatkontrakte zu besichern. Von der Besicherungspflicht können sich die Gegenparteien bei sogenannten konzernintern abgeschlossenen Derivatekontrakte („Intra Group“) unter bestimmten Voraussetzungen befreien lassen, vgl. Art. 11 Abs. 6 bis 11 EMIR.

Finanzielle und nichtfinanzielle Gegenparteien können eine generelle Ausnahme von der Clearingpflicht in Anspruch nehmen, wenn es sich um gruppeninterne Geschäfte i.S.d. Art. 3, Art. 2 Nr. 16 EMIR handelt.

Gemäß Art. 11 Abs. 5 EMIR gilt die Besicherungspflicht nicht für gruppeninterne Geschäfte zwischen Gegenparteien, die im selben Mitgliedstaat ansässig sind, sofern ein tatsächliches oder rechtliches Hindernis für die unverzügliche Übertragung von Eigenmitteln oder die Rückzahlung von Verbindlichkeiten weder vorhanden noch abzusehen ist. Es bedarf in solchen Fällen keines Antrages bzw. keiner Anzeige.

Soweit die Gegenparteien nicht im selben Mitgliedsstaat ihren Sitz haben, können sich FCs und NFCs von dieser Besicherungspflicht unter den Voraussetzungen der Art. 11 Abs. 6 bis 10 EMIR befreien lassen.

Für die Befreiung von der Besicherungspflicht sind insgesamt sechs mögliche Befreiungstatbestände zu unterscheiden:

  • Art. 11 Abs. 6 EMIR – Finanzielle Gegenparteien haben Sitz in der EU
  • Art. 11 Abs. 7 EMIR – Nichtfinanzielle Gegenparteien haben Sitz in der EU
  • Art. 11 Abs. 8 EMIR – Eine der Finanziellen Gegenpartei hat Sitz in Drittstaat
  • Art. 11 Abs. 9 EMIR – Die Finanzielle Gegenpartei hat Sitz in Drittstaat
  • Art. 11 Abs. 10 EMIR – Finanzielle und Nichtfinanzielle Gegenpartei haben Sitz in der EU
  • Art. 36 Abs. 2 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 2016/2251 (Interrimslösung bei Drittstaatssachverhalten)

Eine solche Ausnahme kann nur in Anspruch genommen werden, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

  • Beide Gegenparteien müssen vollkonsolidierte Mitglieder einer Gruppe sein
  • Es müssen geeignete zentralisierte Risikobewertungs-, -mess- und -kontrollverfahren bestehen
  • Die Risikomanagementverfahren der Gegenparteien hinreichend solide und belastbar sein und dem Komplexitätsgrad des Derivategeschäfts entsprechen
  • Es dürfen keine rechtlichen oder praktischen Hindernisse für die unverzügliche Übertragung von Eigenmitteln oder die Rückzahlung von Verbindlichkeiten zwischen den Gegenparteien bestehen oder abzusehen sein.

Soweit von der Ausnahme Gebrauch gemacht werden soll, hat die BaFin Formulare bereitgestellt, die per MVP eingereicht werden können.

Weitere Informationen finden Sie in unserem Merkblatt zur Intragruppenausnahme.

Sie können sich bereits jetzt für die entsprechenden Fachverfahren auf dem MVP Portal anmelden. Um für ein Fachverfahren Mitteilungen bzw. Hinterlegungen einreichen zu können, müssen Sie sich zuerst am MVP Portal registrieren und nachfolgend den Antrag auf eine Meldeberechtigung elektronisch einreichen. Beides ist über die Oberfläche des MVP Portals möglich. Hinweise hierzu können Sie der Anleitung entnehmen.

Nachfragen können Sie gerne an E-Mail: Artikel11EMIR@bafin.de richten.

Überführung der nach Art. 11 Abs. 6 und Art. 4 Abs. 2 VO (EU) 648/2012 gewährten Intragruppenbefreiungen mit britischen Gegenparteien auf eine neue Rechtsgrundlage nach dem Ende des Übergangszeitraums zum Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union

Befreiung von der Besicherungspflicht

Gruppeninterne Geschäfte im Sinne der Art. 3 Abs. 2 Buchstaben a), b) oder c) zwischen Gegenparteien, die in verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässig sind, können gemäß Art. 11 Abs. 6 VO (EU) 648/2012 von den Anforderungen des Art. 11 Abs. 3 VO (EU) 648/2012 befreit werden.

Mit dem Ende des Übergangszeitraums zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirlands aus der Europäischen Union zum 1. Januar 2021 findet die Rechtsgrundlage des Art. 11 Abs. 6 VO (EU) 648/2012 für Intragruppenbefreiungen mit britischen Gegenparteien keine Anwendung mehr. Da mit Ablauf dieser Frist das Vereinigte Königreich ein Drittstaat wird, ist grundsätzlich eine neue Befreiung auf Grundlage des Art. 36 Abs. 2, 3 und Art. 37 Abs. 3, 4 DVO (EU) 2016/2251 zu beantragen, da derzeit noch kein Beschluss über die Gleichwertigkeit der Regelungen des Vereinigten Königreichs durch die Kommission vorliegt.

Da die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Intragruppenbefreiung bei beiden vorgenannten Rechtsgrundlagen identisch sind, wird es bis auf Weiteres als zulässig erachtet, die Inanspruchnahme der Intragruppenbefreiung bis zum Erlass einer solchen Entscheidung durch die Kommission auf Art. 11 Abs. 6 VO (EU) 648/2012 zu stützen. Es wird allerdings erwartet, dass im Laufe des Jahres 2021 ein entsprechender Antrag gestellt wird. Die BaFin wird eine Anhörung zum Widerruf der bestehenden Intragruppenausnahme durchführen. Soweit vor der Durchführung dieser Anhörung schon eine Äquivalenzentscheidung der EU-Kommission nach Art. 13 Abs. 2 VO (EU) 648/2012 erlassen wird, ist ein Antrag nach Art. 11 Abs. 8 VO (EU) 648/2012 zu stellen. Die Anhörung soll zeitlich so durchgeführt werden, dass genug Zeit bleibt, ein neues Antragsverfahren durchzuführen.

Befreiung von der Clearingpflicht

Eine parallele Konstellation findet sich bei der Befreiung von der Clearingpflicht. Auch hier unterscheidet die VO (EU) 648/2012 zwischen Gegenparteien, die beide ihren Sitz in der Union haben und solchen Intragruppenbeziehungen, bei denen nur eine der Parteien ihren Sitz in der Union hat und die andere ihren Sitz in einem Drittstaat hat. Da auch für diese Befreiungen mit Bezug zu Drittstaatsjurisdiktionen eine Äquivalenzentscheidung der Kommission vorausgesetzt wird, wurde mit Art. 3 Abs. 2 a) DVO (EU) 2015/2205 die Möglichkeit geschaffen, auch solche Gegenparteien von der Clearingpflicht zu befreien, die ihren Sitz in einem Drittstaat haben, für den noch keine Gleichwertigkeitsentscheidung vorliegt. Da auch hier die materiellrechtlichen Voraussetzungen identisch sind, kann für die Befreiungen von der Clearingpflicht parallel zur Befreiung von der Besicherungspflicht verfahren werden.

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