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Stand:geändert am 31.03.2021 Positionslimits für Warenderivate

Im Zuge der Umsetzung der europäischen Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II) werden ab dem 3. Januar 2018 Positionslimits auf Warenderivate eingeführt, das heißt, es gelten von diesem Zeitpunkt an Obergrenzen für das Halten von Derivaten, deren Basiswert eine Ware ist. Weder Einzelunternehmen noch Unternehmensgruppen dürfen Positionen auf sich vereinigen, die diese Schwellen aggregiert überschreiten.

Was sind Warenderivate?

Bestimmt wird der Begriff des Warenderivats in der Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II) unter Verweis auf Artikel 2 Absatz 1 Nummer 30 der Finanzmarktverordnung (Markets in Financial Instruments Regulation – MiFIR), sowie auf Anhang I Abschnitt C Nr. 5, 6, 7 und 10 der MiFID II.

Demnach sind Warenderivate insbesondere Optionen, Terminkontrakte (Futures), Swaps oder Termingeschäfte (Forwards), die sich auf Waren oder Basiswerte beziehen, und die entweder physisch oder monetär erfüllt werden. Waren können zum Beispiel Nahrungsmittel, landwirtschaftliche Produkte, Energieträger oder Strom sein. Basiswerte sind etwa Klimavariablen oder Frachtsätze.

Zudem gelten nach der MiFID II auch Wertpapiere – beispielsweise Zertifikate – als Warenderivate, wenn sie sich auf eine Ware beziehen. Emissionszertifikate und Derivate auf Emissionszertifikate sind hingegen keine Warenderivate im Sinne der MiFID II. Sie unterliegen allerdings dem Positionsreporting.

Siehe dazu

Was sind Positionslimits für Warenderivate?

Nach Art. 57 Absatz 2 MiFID II legen Positionslimits eindeutige quantitative Schwellenwerte für die maximale Größe einer Position in einem Warenderivat fest, die eine Person oder eine Unternehmensgruppe halten darf. Diese Position ist dabei grundsätzlich die genettete Position in diesem Warenderivat.

Was ist das Ziel der Regulierung?

Die Regulierung soll die Transparenz in den Finanz- und Warenmärkten erhöhen und die Möglichkeit eröffnen, Grenzen für Positionen einzelner Marktteilnehmer in bestimmten Warenderivaten festzulegen. Dies soll Marktmissbrauch verhindern und zu geordneten Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen beigetragen. Marktverzerrende Positionen sollen verhindert werden, und insbesondere soll eine Konvergenz zwischen den Preisen von Derivaten im Monat der Lieferung und den Spotpreisen für die zugrundeliegende Ware sichergestellt werden, ohne dass die Preisbildung am Markt für die zugrundeliegende Ware davon berührt wird.

Was sind die wesentlichen Rechtsgrundlagen?

Die zentralen Rechtsgrundlagen zu Positionslimits für Warenderivate wurden auf europäischer Ebene für alle Mitgliedstaaten der EU gleichermaßen geschaffen. Als wesentliche Quellen dienen die Artikel 57 und 58 der MiFID II. Die Inhalte der Richtlinie wurden über das Zweite Gesetz zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften aufgrund europäischer Rechtsakte (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz - 2. FiMaNoG) vom 23. Juni 2017 (BGBl. I S. 1693) im deutschen Recht verankert. Die §§ 54-57 in der ab dem 3. Januar 2018 geltenden Fassung des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG n. F.) setzen die europäischen Vorschriften in deutsches Recht um. Zudem regelt § 6 Absatz 6 WpHG n. F. die Eingriffsbefugnisse der BaFin als zuständige Behörde. § 120 WpHG n. F. enthält Regelungen zu Ordnungswidrigkeiten und möglichen Bußgeldern.

Ergänzend zur MiFID II und deren Umsetzung ins Wertpapierhandelsgesetz enthält die MiFIR weitere Vorgaben, die direkte Bindungswirkung auf nationaler Ebene entfalten. Insbesondere wird dort der Begriff des Warenderivates in Artikel 2 Absatz 1 Nummer 30 näher bestimmt.

Die Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 spezifiziert die in der MiFID-II-Richtlinie getroffenen Regelungen hinsichtlich der Bestimmung der Positionslimits für Warenderivate und legt das Verfahren für mögliche Ausnahmen fest.

Die Durchführungsverordnung (EU) 2017/1093 legt die technischen Standards für das Format der Positionsberichte von Wertpapierdienstleistungsunternehmen und Handelsplatzbetreibern fest.

Wer ist von der Regulierung betroffen?

In welcher Form die Vorgaben zu Positionslimits für Warenderivate für einzelne Marktakteure Wirkung entfalten, hängt davon ab, ob es um die Pflicht zur Einhaltung von festgelegten Positionslimits geht oder um Berichtspflichten gegenüber den zuständigen Marktaufsichtsbehörden.

Die von den zuständigen Aufsichtsbehörden festgesetzten Positionslimits gelten grundsätzlich gegenüber jeder einzelnen Person. Dies können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Für juristische Personen kommt hinzu, dass die Positionslimits nicht nur auf Ebene des eigentlichen Positionshalters, sondern auch auf Ebene der Unternehmensgruppe zu berücksichtigen sind.

Für sogenannte nichtfinanzielle Stellen besteht allerdings die Möglichkeit, Positionen in Warenderivaten von der Anrechnung auf das geltende Positionslimit auszunehmen, wenn diese Positionen nachweislich der Reduzierung der mit der originären Geschäftstätigkeit verbundenen Risiken dienen. Vergleiche hierzu Hedgeausnahme – Antragsverfahren auf Ausnahme von Positionslimits.

Nichtfinanzielle Stellen sind Personen, bei denen es sich nicht um folgende handelt:

  • eine gemäß der Richtlinie 2014/65/EU zugelassene Wertpapierfirma,
  • ein gemäß der Richtlinie 2013/36/EU zugelassenes Kreditinstitut,
  • ein gemäß der Richtlinie 73/239/EWG zugelassenes Versicherungsunternehmen,
  • ein gemäß der Richtlinie 2002/83/EG zugelassenes Versicherungsunternehmen,
  • ein gemäß der Richtlinie 2005/68/EG zugelassenes Rückversicherungsunternehmen,
  • einen gemäß der Richtlinie 2009/65/EG OGAW,
  • eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von Artikel 6 Buchstabe a der Richtlinie 2003/41/EG,
  • einen alternativen Investmentfonds, der von einem gemäß der Richtlinie 2011/61/EU zugelassenen oder registrierten Verwalter alternativer Investmentfonds verwaltet wird,
  • eine gemäß der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 zugelassene zentrale Gegenpartei oder
  • einen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 zugelassenen Zentralverwahrer.

Eine in einem Drittland ansässige Stelle gilt als nichtfinanzielle Stelle, wenn sie für den Fall, dass sie in der Union ansässig wäre und dem Unionsrecht unterliegen würde, keine Zulassung nach einem der oben genannten Rechtsakte benötigen würde.

Die Berichtspflichten gegenüber den zuständigen Marktaufsichtsbehörden treffen die Betreiber der Handelsplätze, an denen Warenderivate gehandelt werden, sowie Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die außerhalb eines Handelsplatzes (Over-the-Counter – OTC) in Geschäfte mit ökonomisch gleichwertigen Warenderivaten involviert sind.

Die Mitglieder oder Teilnehmer an Handelsplätzen sowie die Kunden von Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind ihrerseits dazu verpflichtet, eigene Positionen in Warenderivaten sowie die Positionen ihrer Kunden und der Kunden dieser Kunden bis zum Endkunden mindestens einmal täglich dem Meldepflichtigen mitzuteilen. Als Endkunde gilt dabei der erste nichtfinanzielle Kunde in der Meldekette. Folgen auf diesen noch weitere Personen, so kann es für den Endkunden vorteilhaft sein, auch deren Positionen offenzulegen, um nicht den Eindruck einer eigenen hohen Position zu erwecken.

Neben Positionen in Warenderivaten unterliegen der Berichtspflicht auch Engagements in Emissionszertifikaten und Derivate davon. Positionslimits gelten nicht für Emissionszertifikate und Derivate auf Emissionszertifikate.

Was ist die Funktion der BaFin?

Die BaFin ist die zuständige Behörde zur Festsetzung und Überwachung von Positionslimits in Warenderivaten, die ausschließlich oder überwiegend an einem deutschen Handelsplatz gehandelt werden. Werden außerhalb eines Handelsplatzes ökonomisch gleichwertige Kontrakte innerhalb der EU unter Beteiligung eines Instituts (also einer Bank oder eines Finanzdienstleistungsinstituts) gehandelt, so erstreckt sich die Zuständigkeit der BaFin auch auf die Entgegennahme der Positionsmeldungen dieses Instituts. Dies gilt unabhängig davon, in welchem Mitgliedsstaat dieses Institut seinen Sitz hat. Die Positionen in solchen ökonomisch gleichwertigen Kontrakten werden bei der Berechnung der Gesamtposition einer Person in einem Warenderivat dann ebenfalls berücksichtigt.

Bei der Festsetzung von Positionslimits haben sich die nationalen Aufsichtsbehörden an die in der Delegierten Verordnung (EU) 2017/591 vorgegebenen Berechnungsmethoden für Positionslimits zu halten.

Die national zuständigen Aufsichtsbehörden unterrichten die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA über die von ihr festzulegenden Positionslimits. Die ESMA erarbeitet eine Stellungnahme gegenüber der betroffenen zuständigen Behörde, in der sie darauf eingeht, ob das jeweilige Limit geeignet ist, Marktmissbrauch zu verhindern und geordnete Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen sicherzustellen. Zudem beurteilt die ESMA in ihrer Stellungnahme die Einhaltung der vorgegebenen Berechnungsmethoden bei der Berechnung der Limits. Die Stellungnahmen veröffentlicht die ESMA auf ihrer Webseite.

Werden Positionslimits weiterhin durchgesetzt?

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA hat in einer Forbearance-Note die nationalen Aufsichtsbehörden aufgefordert, bei der Anwendung von Positionslimits nicht mehr sämtliche Warenderivate in gleicher Weise zum Gegenstand ihrer Kontrollen zu machen, sondern nur noch Agrarkontrakte und signifikante Warenterminkontrakte mit einem Open Interest von mindestens 300.000 handelbaren Einheiten zu priorisieren. ESMA empfiehlt den nationalen Aufsichten außerdem, auch solche Positionen in Warenderivaten, die der verpflichtenden Bereitstellung von Liquidität an Handelsplätzen dienen, nicht mehr in den Fokus aufsichtsrechtlicher Maßnahmen zu nehmen (Vgl. hierzu die ESMA Stellungnahme vom 19. März 2021). Die BaFin wird die Forbearance-Note in ihrer Aufsichtspraxis berücksichtigen.

Den Hintergrund der Forbearance-Note bildet die Richtlinie (EU) 2021/338 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Februar 2021 zur Änderung der Richtlinie 2014/65/EU („Covid-Quick-Fix“). Gemäß der Neuregelung sollen Positionslimits nur noch auf Agrarkontrakte und sog. „kritische oder signifikante“ Kontrakte Anwendung finden, d.h. Kontrakte mit einem Open Interest in Höhe von mindestens 300.000 handelbaren Einheiten. In Deutschland erfüllen nur Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie der Phelix DE Base Kontrakt, soweit diese an deutschen Handelsplätzen gelistet sind, diese Voraussetzungen.

Die bestehenden Positionslimits bleiben gemäß der geltenden Rechtslage allerdings weiterhin zumindest formal in Kraft und werden, soweit die gesetzlichen Vorgaben gegeben sind, in Abstimmung mit ESMA auch abgeändert.

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