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Thema Informationspflichten für Emittenten Voraussetzungen der Ad-hoc-Publizitätspflicht

Beitrag aus dem Emittentenleitfaden der BaFin

Im Folgenden werden die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen für die Verpflichtung zur Veröffentlichung und Mitteilung von Insiderinformationen nach Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 MAR i. V. m. § 26 Abs. 1 WpHG erläutert.

Adressaten der Verpflichtung

Emittenten i. S. d. Art. 17 MAR

Nach Art. 17 Abs. 1 MAR unterliegen Emittenten der Ad-hoc-Publizitätspflicht. „Emittent“ bezeichnet demnach eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts, die Finanzinstrumente emittiert oder deren Emission beabsichtigt, wobei der Emittent im Fall von Hinterlegungsscheinen, die Finanzinstrumente repräsentieren, der Emittent des repräsentierten Finanzinstruments ist, Art. 3 Abs. 1 Nr. 21 MAR.

Die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen gilt gemäß Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 3 MAR für alle Emittenten, die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt in einem Mitgliedstaat beantragt oder genehmigt haben, bzw. im Falle von Instrumenten, die nur auf einem multilateralen (MTF) oder organisierten Handelssystem (OTF) gehandelt werden, für Emittenten, die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen oder organisierten Handelssystem in einem Mitgliedstaat erhalten haben oder die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen Handelssystem in einem Mitgliedstaat beantragt haben.

Die Zustimmung zum Handel bzw. dessen Genehmigung beinhaltet dabei mehr als ein bloßes zur Kenntnisnehmen.1 Der Emittent muss wissentlich und willentlich dem Handel zugestimmt haben, entweder

  • weil er selbst einen Antrag auf Zulassung/Einbeziehung seiner Finanzinstrumente zum Handel an einem MTF oder OTF gestellt hat,
  • weil er einen Dritten beauftragt hat, einen Antrag auf Zulassung/Einbeziehung zum Handel am MTF/OTF zu stellen, oder
  • weil er die Zulassung/Einbeziehung seiner Finanzinstrumente zum Handel an einem MTF/OTF durch einen Dritten genehmigt hat.

Der Begriff MTF (Multilateral Trading Facility) bedeutet multilaterales Handelssystem und meint ein System oder einen Mechanismus, der die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems in einer Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Art. 3 Abs. 1 Nr. 7 MAR, Art. 4 Abs. 1 Nr. 22 Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II), § 2 Abs. 8 Nr. 8 WpHG). Der Betrieb eines MTF ist erlaubnispflichtig (§ 32 i. V. m. § 1 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. b) Kreditwesengesetz (KWG)). Der Begriff OTF (Organised Trading Facility) bedeutet organisiertes Handelssystem und meint ein multilaterales System, bei dem es sich nicht um einen geregelten Markt oder ein MTF handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten innerhalb des Systems auf eine Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Art. 3 Abs. 1 Nr. 8 MAR, Art. 4 Abs. 1 Nr. 23 Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II), § 2 Abs. 8 Nr. 9 WpHG). Auch der Betrieb eines OTF ist erlaubnispflichtig (§ 32 i. V. m. § 1 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. d) KWG).2

Die deutschen Freiverkehre gelten als MTF.

Emittenten i. S. d § 26 Abs. 1 WpHG

Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, welche Emittenten im o.g. Sinne verpflichtet sind, die Folgepflichten nach § 26 Abs. 1 WpHG zu erfüllen. Die nationale Regelung bestimmt, dass ein Inlandsemittent, ein MTF- oder OTF-Emittent, der gemäß Art. 17 Abs. 1, 7 oder 8 MAR verpflichtet ist, Insiderinformationen zu veröffentlichen, diese vor ihrer Veröffentlichung der BaFin und den Geschäftsführungen der Handelsplätze, an denen seine Finanzinstrumente zum Handel zugelassen oder einbezogen sind, mitzuteilen hat. Der Inlandsemittentenbegriff ist in § 2 Abs. 14 WpHG erläutert. Wer MTF-Emittent ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 15 WpHG, der OTF-Emittentenbegriff ist in § 2 Abs. 16 WpHG definiert.

Inlandsemittenten

Die Definition des Inlandsemittenten beruht im Wesentlichen auf dem durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz3 in das WpHG eingeführten Herkunftsstaatsprinzip. Danach ist für die Beurteilung der Adressateneigenschaft von Transparenzpflichten in der Regel der Sitz des Emittenten in der Bundesrepublik Deutschland maßgeblicher Anknüpfungspunkt. Unter bestimmten Umständen kann die Bundesrepublik Deutschland aber auch für Emittenten mit Sitz im Ausland der Herkunftsstaat sein. Das Herkunftsstaatsprinzip bezweckt, dass sich ein Emittent im Regelfall nur mit einer Rechtsordnung und einer Aufsichtsbehörde auseinandersetzen muss.

Inlandsemittenten sind nach § 2 Abs. 14 WpHG Emittenten von Finanzinstrumenten:

  • für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat (vgl. Abschnitt I.3.2.1.2.1.1) ist.

    Eine Ausnahme gilt allerdings für Emittenten, deren Wertpapiere nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zugelassen sind, soweit sie in diesem anderen Staat Veröffentlichungs- und Mitteilungspflichten nach Maßgabe der Transparenzrichtlinie unterliegen (§ 2 Abs. 14 Nr. 1 WpHG).

  • Emittenten, für die nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern ein anderer Mitgliedstaat der EU oder ein anderer Vertragsstaat des EWR der Herkunftsstaat ist, deren Wertpapiere aber nur im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind (§ 2 Abs. 14 Nr. 2 WpHG).

Inländische organisierte Märkte sind die regulierten Märkte der deutschen Wertpapierbörsen.4

Beispiele:
Liegt der Sitz eines Unternehmens in Deutschland, sind die Finanzinstrumente des Unternehmens aber ausschließlich an einem organisierten Markt in Österreich zugelassen, so ist Deutschland für dieses Unternehmen zwar Herkunftsstaat i. S. d. § 2 Abs. 13 WpHG (vgl. Abschnitt I.3.2.1.2.1.1), das Unternehmen ist jedoch kein „Inlandsemittent“ i. S. d. § 2 Abs. 14 WpHG.
Liegt der Sitz eines Unternehmens bspw. in Österreich, sind die Finanzinstrumente des Unternehmens aber ausschließlich an einem organisierten Markt in Deutschland zugelassen, so ist dieses Unternehmen Inlandsemittent nach deutschem Recht. Es hat in Deutschland seine Ad-hoc-Pflichten zu erfüllen und unterliegt diesbezüglich auch der Aufsicht durch die BaFin.
Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist

„Inlandsemittenten“ sind – bis auf die oben im Abschnitt I.3.2.1.2.1 genannten Ausnahmen – grundsätzlich alle „Emittenten, für die die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist“, weshalb dieser Begriffsbestimmung große Bedeutung zukommt. Für welche Emittenten die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 13 WpHG.

Erfasst sind nach § 2 Abs. 13 Nr. 1 WpHG zunächst alle Emittenten von Schuldtiteln mit einer Stückelung von weniger als 1.000 Euro bzw. eine dem Gegenwert entsprechende andere Währung am Ausgabetag und Aktienemittenten

  • mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR zugelassen sind (§ 2 Abs. 13 Nr. 1 Buchst. a) WpHG) sowie
  • Emittenten mit Sitz außerhalb der EU oder des EWR (Drittstaat), deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind und die die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat nach § 4 Abs. 1 WpHG gewählt haben (§ 2 Abs. 13 Nr. 1 Buchst. b) WpHG).

Erfasst sind nach § 2 Abs. 13 Nr. 2 WpHG zudem alle Emittenten, die andere als die in § 2 Abs. 13 Nr. 1 WpHG genannten Finanzinstrumente begeben und

  • die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland haben und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland oder in anderen Mitgliedstaaten der EU oder in anderen Vertragsstaaten des EWR zugelassen sind (§ 2 Abs. 13 Nr. 2 Buchst. a) WpHG), oder
  • die ihren Sitz nicht im Inland haben und deren Finanzinstrumente im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind (§ 2 Abs. 13 Nr. 2 Buchst. b) WpHG)

und die die Bundesrepublik Deutschland nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 WpHG als Herkunftsstaat gewählt haben.

§ 2 Abs. 13 Nr. 3 WpHG bestimmt schließlich, dass auch für solche Emittenten, die die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat wählen können und deren Finanzinstrumente zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind, die Bundesrepublik Deutschland als gewählt anzusehen ist, solange sie nicht wirksam einen Herkunftsmitgliedstaat nach § 4 i. V. m. § 5 WpHG oder nach entsprechenden Vorschriften anderer Mitgliedstaaten der EU oder Vertragsstaaten des EWR gewählt haben. Das hat zur Folge, dass Emittenten immer ein Herkunftsstaat zugeordnet werden kann, auch wenn sie (noch) keine Wahl getroffen haben.

Nach der Konzeption der Transparenzrichtlinie5 gilt bezüglich des Herkunftsstaatsprinzips keine finanzinstrumentenbezogene, sondern eine emittentenbezogene Sichtweise. Divergierende Herkunftsstaaten je nach Finanzinstrument (z.B. Deutschland für Aktien und Italien für Schuldtitel) sind also nicht möglich.

Wahl des Herkunftsstaates

Die Wahl des Herkunftsstaates ist in § 4 WpHG geregelt.

Danach kann ein Emittent i. S. d. § 2 Abs. 13 Nr. 1 Buchst. b) WpHG die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat wählen, wenn

  • er nicht bereits einen anderen Staat als Herkunftsstaat gewählt hat (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG) oder
  • er zwar zuvor einen anderen Staat als Herkunftsstaat gewählt hatte, aber seine Wertpapiere in diesem Staat an keinem organisierten Markt mehr zum Handel zugelassen sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG).

Die Wahl gilt so lange, bis

  • die Wertpapiere des Emittenten an keinem inländischen organisierten Markt mehr zugelassen sind, sondern stattdessen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind und der Emittent einen neuen Herkunftsstaat wählt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WpHG), oder
  • die Wertpapiere des Emittenten an keinem organisierten Markt in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR mehr zum Handel zugelassen sind (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 WpHG).

Ein Emittent i. S. d. § 2 Abs. 13 Nr. 2 WpHG kann die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat wählen, wenn

  • er nicht innerhalb der letzten drei Jahre einen anderen Staat als Herkunftsstaat gewählt hat (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG) oder
  • er zwar bereits einen anderen Staat als Herkunftsstaat gewählt hatte, aber seine Finanzinstrumente in diesem Staat an keinem organisierten Markt mehr zum Handel zugelassen sind (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WpHG).

Die Wahl gilt so lange, bis

  • der Emittent Wertpapiere i. S. d. § 2 Abs. 13 Nr. 1 WpHG, die zum Handel an einem organisierten Markt in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR zugelassen sind, begibt (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WpHG),
  • die Finanzinstrumente des Emittenten an keinem organisierten Markt in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR mehr zum Handel zugelassen sind (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 WpHG) oder
  • der Emittent nach § 4 Abs. 2 Satz 3 WpHG einen neuen Herkunftsstaat wählt (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 WpHG).

Schließlich kann nach § 4 Abs. 2 Satz 3 WpHG ein Emittent i. S. d. § 2 Abs. 13 Nr. 2 WpHG, der die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat gewählt hat, einen neuen Herkunftsstaat wählen, wenn

  • die Finanzinstrumente des Emittenten an keinem inländischen organisierten Markt mehr zugelassen sind, aber stattdessen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind (§ 4 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 WpHG), oder
  • die Finanzinstrumente des Emittenten zum Handel an einem organisierten Markt in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR zugelassen sind und seit der Wahl der Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat mindestens drei Jahre vergangen sind (§ 4 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 WpHG).

Die Wahl des Herkunftsstaats wird gemäß § 4 Abs. 3 WpHG mit deren Veröffentlichung nach § 5 WpHG wirksam.

MTF-Emittenten

Gemäß § 2 Abs. 15 Nr. 1 und Nr. 2 WpHG sind MTF Emittenten Emittenten von Finanzinstrumenten,

  • die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem multilateralen Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf multilateralen Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR zugelassen sind, wenn sie in diesem anderen Staat den Anforderungen des Art. 21 der Richtlinie 2004/109/EG6 unterliegen, oder
  • die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel auf einem multilateralen Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur an multilateralen Handelssystemen im Inland gehandelt werden.

Nach dem Verständnis der BaFin kann damit MTF-Emittent i. S. d. § 2 Abs. 15 WpHG nur der sein, für den keine Zulassung auch nur eines Finanzinstruments an einem organisierten Markt im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR besteht.7 Darüber hinaus unterliegen Emittenten, die ihren Sitz nicht im Inland haben und über keine Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt verfügen, aber neben einer Zulassung am inländischen MTF/Freiverkehr zumindest an einem weiteren MTF außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, aber innerhalb der EU oder des EWR gehandelt werden, nicht den Pflichten nach § 26 Abs. 1 WpHG. Es empfiehlt sich, in Zweifelsfällen Kontakt mit der BaFin aufzunehmen, um die Anwendbarkeit von § 26 Abs. 1 WpHGggf. in Abstimmung mit anderen europäischen Aufsichtsbehörden – zu klären.

OTF-Emittenten

OTF-Emittenten sind gemäß § 2 Abs. 16 Nr. 1 und 2 WpHG schließlich Emittenten von Finanzinstrumenten,

  • die ihren Sitz im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR beantragt oder genehmigt haben, wenn diese Finanzinstrumente nur auf organisierten Handelssystemen gehandelt werden, mit Ausnahme solcher Emittenten, deren Finanzinstrumente nicht im Inland, sondern lediglich in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR zugelassen sind, soweit sie in diesem Staat den Anforderungen des Art. 21 der Richtlinie 2004/109/EG unterliegen, oder
  • die ihren Sitz nicht im Inland haben und die für ihre Finanzinstrumente nur eine Zulassung zum Handel an einem organisierten Handelssystem im Inland beantragt oder genehmigt haben.

Auch hier gilt, dass ein OTF-Emittentenstatus nur begründet werden kann, wenn keine Zulassung auch nur eines Finanzinstruments an einem organisierten Markt im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder in einem anderen Vertragsstaat des EWR besteht.

Prüfschema Inlandsemittent

Prüfschema Inlandsemittenten

Prüfschema Herkunftsstaat

Prüfschema Herkunftsstaat

Prüfschema MTF-Emittent

Prüfschema MTF-Emittent

Prüfschema OTF-Emittent

Prüfschema OTF-Emittent

Beginn und Ende der Ad-hoc-Publizitätspflicht

Bezüglich der Ad-hoc-Publizitätspflicht sind Emittenten am geregelten Markt und MTF-Emittenten gemäß Art. 17 Abs. 1 MAR schon ab dem Zeitpunkt, zu dem sie für ihre Finanzinstrumente einen Antrag auf Zulassung zum Handel gestellt haben, verpflichtet, Insiderinformationen ad hoc zu veröffentlichen.

Sofern lediglich ein Antrag auf Zulassung gestellt ist, können sich im Einzelfall Besonderheiten ergeben (z.B. hinsichtlich der Bewertung des erheblichen Kursbeeinflussungspotenzials). Diese werden im Folgenden jeweils im Zusammenhang mit den weiteren Tatbestandsmerkmalen der Ad-hoc-Publizität erläutert (vgl. Abschnitt I.3.2.2.4). Zur besseren Lesbarkeit wird zunächst auf die Fallgestaltung der bereits zum Handel zugelassenen Finanzinstrumente abgestellt.

Die Ad-hoc-Publizitätspflicht des Emittenten endet nicht bereits mit Einstellung des Handels seiner Finanzinstrumente gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Börsengesetz (BörsG). Die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen entfällt vielmehr erst mit Widerruf der Zulassung der Finanzinstrumente des Emittenten, soweit keine weiteren Listings am geregelten Markt, MTF oder OTF, die die Veröffentlichungspflicht begründen, bestehen.

Begriff der Finanzinstrumente

Die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität gilt für Emittenten aller Arten von Finanzinstrumenten. Hierzu gehören neben Wertpapieren wie Aktien, Aktienzertifikaten, Schuldverschreibungen, Genussscheinen, Optionsscheinen und anderen vergleichbaren Wertpapieren auch Derivate und sonstige Finanzinstrumente wie Geldmarktinstrumente und Rechte auf Zeichnung von Finanzinstrumenten sowie Anteile an Investmentvermögen. Insoweit wird auf die Übersicht der Finanzinstrumente in Abschnitt I.1 verwiesen.

Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate

Die Ad-hoc-Publizitätspflicht richtet sich zudem an Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate, Art. 17 Abs. 2 MAR.

Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate ist gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 20 MAR zunächst jede Person, die Geschäfte, einschließlich der Erteilung von Handelsaufträgen, mit Emissionszertifikaten und darauf beruhenden Auktionsobjekten oder Derivaten betreibt, und die nicht unter die Ausnahme von Art. 17 Abs. 2 Unterabs. 2 MAR fällt. Die Veröffentlichungspflicht erstreckt sich dabei auch auf Insiderinformationen in Bezug auf Emissionszertifikate, die nicht nur der betreffende Marktteilnehmer, sondern auch dessen Mutterunternehmen oder ein verbundenes Unternehmen besitzt oder kontrolliert und für dessen betriebliche Angelegenheiten der Marktteilnehmer, dessen Mutterunternehmen oder ein verbundenes Unternehmen vollständig oder teilweise verantwortlich ist. In Anlehnung an Art. 4 Abs. 1 Nr. 32 der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II) und Art. 4 i. V. m. Art. 2 Nr. 12 und 13 der Verordnung 1227/2011/EU (REMIT) gelten als Mutterunternehmen bzw. verbundene Unternehmen dabei solche i. S. d. Art. 2 Nr. 9 und Nr. 10 bzw. Art. 22 Abs. 7 der Richtlinie 2013/34/EU8.9

Durch den in Art. 17 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 MAR enthaltenen Einschub „für seine Geschäftstätigkeit halten“ ist dabei klargestellt, dass lediglich solche Teilnehmer zur Veröffentlichung von Insiderinformationen verpflichtet sind, die Anlagen oder Luftverkehrstätigkeiten betreiben. Dazu können unter Umständen aber auch (rechtlich selbständige) Handelseinheiten gehören, wenn sie einem Unternehmen mit Tätigkeiten i. S. d. Emissionshandelsrichtlinie 2003/87/EG10 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten zugehörig sind.11 Sonstige Marktteilnehmer, wie etwa Kreditinstitute oder Broker, unterliegen den Vorgaben des Art. 17 Abs. 2 MAR nicht.

Eine Veröffentlichungspflicht besteht nur dann, wenn die Emissionen der Anlagen oder Luftverkehrstätigkeiten eine Kohlendioxidäquivalent-Mindestschwelle von sechs Millionen Tonnen oder, sofern dort eine Verbrennung erfolgt, die thermische Nennleistung von 2.430 MW12 überschreiten. Erwägungsgrund 14 der DelVO (EU) 2016/522 führt aus, dass die Schwellenwerte kumulativ berücksichtigt werden sollen. Dies führt dazu, dass die Überschreitung eines der beiden Schwellenwerte genügt, um den Veröffentlichungspflichten nach Art. 17 Abs. 2 MAR zu unterliegen.

Hinsichtlich des CO2-Ausstoßes der Unternehmen ist eine Vorjahresbetrachtung (1. Januar bis 31. Dezember) vorzunehmen, da es sich hierbei um die über ein Jahr hinweg kumulierten Emissionen handelt, die von den Anlagen regelmäßig ermittelt werden.13 Für Veröffentlichungen zwischen dem 1. Mai 2018 und dem 30. April 2019 waren dabei die Jahreswerte von 2017 heranzuziehen, für Veröffentlichungen zwischen dem 3. Januar und dem 30. April 2018 die Werte des Jahres 2016. Für Veröffentlichungen ab dem 1. Mai 2019 bis zum 30. April 2020 sind die Werte des Jahres 2018 zugrunde zu legen.

In Bezug auf den zweiten Schwellenwert, die thermische Nennleistung (Feuerungswärmeleistung – FWL) ist hingegen eine Stichtagsbetrachtung zum 31. Dezember des Vorjahres vorzunehmen. Zu unterscheiden ist bei der thermischen Nennleistung zwischen der technisch möglichen und der tatsächlich genehmigten FWL. Die BaFin geht von einer Veröffentlichungspflicht nach Art. 17 Abs. 2 MAR aus, sobald entweder der technisch mögliche oder die tatsächlich genehmigte FWL die Schwelle von 2.430 MW überschreitet.

Im Auftrag oder auf Rechnung des Emittenten oder Teilnehmers am Markt für Emissionszertifikate handelnde Dritte

Die Ad-hoc-Publizitätspflicht kann sich ausnahmsweise auch an Dritte richten. So ist eine Person, die im Auftrag oder auf Rechnung des Emittenten oder des Teilnehmers am Markt für Emissionszertifikate handelt, und die im Zuge der normalen Ausübung ihrer Arbeit oder ihres Berufes oder der normalen Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß Art. 10 Abs. 1 MAR Insiderinformationen gegenüber einem Dritten offenlegt, gemäß Art. 17 Abs. 8 Satz 1 MAR verpflichtet, diese zeitgleich zu veröffentlichen, es sei denn, die andere Person ist zur Verschwiegenheit verpflichtet, unabhängig davon, ob sich diese Verpflichtung aus Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, einer Satzung oder einem Vertrag ergibt. Wurde die Insiderinformation nicht absichtlich offengelegt, ist die Veröffentlichung unverzüglich nachzuholen.

Insolvenz eines Emittenten oder Teilnehmers am Markt für Emissionszertifikate

Im Falle der Bestellung eines vorläufigen oder endgültigen Insolvenzverwalters bleibt der Inlandsemittent, MTF- oder OTF-Emittent (vertreten durch den Vorstand) sowie der Teilnehmer am Emissionszertifikatemarkt weiterhin der Adressat der Veröffentlichungspflicht. Der Insolvenzverwalter ist allerdings nach § 24 WpHG verpflichtet, den Schuldner bei der Erfüllung dieser Pflicht zu unterstützen, insbesondere die zur Erfüllung der Veröffentlichungspflicht erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.

Im Unternehmen zur Veröffentlichung Verpflichteter

Die Pflicht zur Veröffentlichung von Insiderinformationen nach Art. 17 Abs. 1 MAR trifft den Emittenten. Wahrzunehmen hat sie im Fall einer AG nach deutschem Aktienrecht der Vorstand, § 76 Abs. 1 AktG, da es sich um eine Leitungsaufgabe handelt. Wenn die Insiderinformation an einer Stelle des Unternehmens entsteht, die nicht berechtigt ist, über die Veröffentlichung zu entscheiden, muss durch die unternehmensinterne Organisation sichergestellt sein, dass die Information unverzüglich der entscheidungsberechtigten Stelle zur Kenntnis gebracht und auf ihre Ad-hoc-Pflicht geprüft wird (vgl. auch Abschnitt I.3.4).

Besonderheiten können sich bei Sachverhalten ergeben, die in den Zuständigkeitsbereich des Aufsichtsrats fallen, wie etwa Personalentscheidungen, die den Vorstand betreffen. Hierzu wird auf den Abschnitt I.3.3.1.1 verwiesen.

Betreffen die Insiderinformationen ein Sondervermögen i.S.d. § 1 Abs. 10 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), hat die das Sondervermögen verwaltende Kapitalverwaltungsgesellschaft die Insiderinformation zu veröffentlichen.

Ad-hoc-pflichtige Insiderinformation

Insiderinformation

Die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität entsteht, wenn eine Insiderinformation vorliegt, die den Emittenten unmittelbar betrifft. Die Definition der Insiderinformation ergibt sich aus Art. 7 MAR. Insoweit wird auf die Ausführungen im Abschnitt I.2 verwiesen.

Unmittelbare Betroffenheit des Emittenten

Dieses Erfordernis stellt klar, dass der Emittent verpflichtet ist, nur solche Informationen zu veröffentlichen, die ihn unmittelbar betreffen. Er ist hingegen nicht verpflichtet, allgemeine Informationen im Rahmen der Ad-hoc-Publizität zu veröffentlichen. Die Information muss außerdem den Emittenten selbst und nicht nur die von ihm emittierten Finanzinstrumente betreffen.

Art. 17 MAR enthält keine weitere Konkretisierung des Merkmals der unmittelbaren Betroffenheit. § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG a.F. bestimmte jedoch, dass eine Insiderinformation den Emittenten insbesondere dann unmittelbar betreffe, wenn sie sich auf Umstände bezieht, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind wie beispielsweise Geschäftszahlen oder Prognosen.14 Hingegen sind Aktiensplits zwar auch aus dem Tätigkeitsbereich des Unternehmens stammende Informationen, betreffen den Emittenten jedoch nur dann unmittelbar, wenn sie sich auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens auswirken. Dies gilt auch im Anwendungsbereich des Art. 17 MAR.

Darüber hinaus können auch Insiderinformationen ad-hoc-publizitätspflichtig sein, die außerhalb des Tätigkeitsbereichs des Emittenten eintreten („von außen“ kommende Umstände) wie beispielsweise der Erhalt eines Großauftrags. Weitere Beispiele können der Erhalt eines Angebots zur Übernahme oder die Mitteilung des Großaktionärs über die Durchführung eines Squeeze-Out gegenüber dem Emittenten sein, etwa weil damit eine Restrukturierung, strategische Neuausrichtung oder Verschmelzung verbunden ist oder ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen wird. Zu denken ist ferner an Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die sich unmittelbar auf die Bildung von Rückstellungen auswirken oder eine Prognosekorrektur in erheblichem Ausmaß erforderlich machen.

Bei einer Umplatzierung von Aktien (Wechsel eines größeren Pakets) kann sich ebenfalls die Frage der Ad-hoc-Publizitätspflicht stellen. Eine den Emittenten unmittelbar betreffende Insiderinformation liegt jedoch nur in besonderen Konstellationen vor, z.B. dann, wenn mit der Umplatzierung ersichtlich strategische Zielsetzungen verfolgt werden, die Einfluss auf die künftige Entwicklung des Emittenten haben werden und dem Emittenten diese strategische Zielsetzung bekannt ist, oder wenn mit der Umplatzierung potenzielle Auswirkungen auf die Unternehmensführung zu erwarten sind.

Unter Zugrundelegung der Empfehlungen des Komitees der europäischen Aufsichtsbehörden (CESR), dem Vorgänger der ESMA, betreffen beispielhaft folgende Insiderinformationen den Emittenten hingegen nur mittelbar:15

  • allgemeine Marktstatistiken,
  • zukünftig zu veröffentlichende Research-Studien, Empfehlungen oder Vorschläge, die den Wert der börsennotierten Finanzinstrumente betreffen,
  • allgemeine Zinssatzentwicklungen, Zinssatzentscheidungen,
  • Entscheidungen der Regierungsbehörden bezüglich der Besteuerung, der Regulierung, des Schuldenmanagements,
  • Entscheidungen über Regeln zur Marktaufsicht,
  • wichtige Verfügungen durch Behörden oder andere öffentliche Institutionen

    (z.B. löst die Information, die Aufsicht habe Untersuchungen in Aktien des Emittenten wegen des Verdachts der Verletzung wertpapierhandelsrechtlicher Vorschriften aufgenommen, keine Ad-hoc-Publizitätspflicht aus),

  • Entscheidungen über die Regeln der Indexzusammensetzung und -berechnung,
  • Entscheidungen der Börsen, der Betreiber außerbörslicher Handelsplattformen und von Behörden zur jeweiligen Marktregulierung,
  • Kauf- und Verkaufsaufträge in den Finanzinstrumenten des Emittenten,16
  • Veränderung in den Handelsbedingungen von Seiten des Handelsplatzbetreibers (u.a. Wechsel des Handelssegments, Wechsel des Handelsmodells z.B. vom fortlaufenden Handel in das Einzelauktionsmodell, Wechsel des Market-Makers). Die Entscheidung des Emittenten, das Transparenzlevel zu ändern, betrifft ihn hingegen unmittelbar.

Darüber hinaus nimmt die BaFin beispielsweise auch in folgenden Fällen grundsätzlich eine nur mittelbare Betroffenheit des Emittenten an:

  • Informationen über allgemeine Wirtschaftsdaten, politische Ereignisse, Arbeitslosenzahlen, Naturereignisse oder z.B. die Ölpreisentwicklung,
  • Information über eine für den Emittenten relevante Veränderung der Situation des Konkurrenten (z.B. bevorstehende Insolvenz eines Konkurrenten),
  • Informationen, die nur das Finanzinstrument selbst betreffen wie z.B. Erwerb oder Veräußerung eines größeren Aktienpakets im Rahmen von außerbörslichen Transaktionen ohne strategische Zielsetzungen.

Eine den Emittenten nur mittelbar betreffende Insiderinformation ist zwar nicht veröffentlichungspflichtig, löst aber dennoch die Verbote des Art. 14 MAR (Verbot von Insidergeschäften und unrechtmäßiger Offenlegung von Insiderinformationen) aus. Hat sie jedoch Folgen, die den Emittenten unmittelbar betreffen, sind diese Folgen veröffentlichungspflichtig, wenn sie ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial aufweisen.

Bei den zum Börsenhandel zugelassenen Finanzinstrumenten, die sich unmittelbar oder mittelbar auf einen anderen Basiswert beziehen (z.B. Optionsscheine, Derivate), ist zu beachten, dass der Emittent des derivativen Finanzinstruments nur solche Informationen zu veröffentlichen hat, die ihn selbst unmittelbar betreffen und ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial bezüglich des derivativen Finanzinstruments besitzen. Er ist daher nicht verpflichtet, ihm bekannte Insiderinformationen zu veröffentlichen, die lediglich den Basiswert betreffen. Anders ist der Fall jedoch gelagert, wenn der Emittent des derivativen Finanzinstruments auch der Emittent des Basiswerts ist.

Umgekehrt ist der Emittent einer Aktie oder Anleihe nicht unmittelbar von solchen Insiderinformationen betroffen, die keine erhebliche Reaktion des Aktien- oder Anleihekurses erwarten lassen, auch wenn eine solche Reaktion bei einzelnen, von Dritten emittierten Derivaten, die auf diese Aktien oder Anleihen bezogen sind, gegeben ist (vgl. Abschnitt I.2.1.4.2).

Ad-hoc-pflichtige Insiderinformationen im Zusammenhang mit Werturteilen

Im Hinblick auf Einschätzungen/Bewertungen Dritter ist wie folgt zu unterscheiden:

Grundsätzlich ist die Einschätzung professioneller Marktteilnehmer z.B. in Ratings (für Anleihen) bzw. in Analysen/Researchberichten (betreffend Aktien) als ein den Emittenten nur mittelbar betreffender Umstand zu werten, und zwar auch dann, wenn sie konkrete Schätzungen zu Geschäftszahlen oder ein Kursziel für die Finanzinstrumente enthält und zu einer Änderung der Markterwartung führt. Der Emittent hat aber zu prüfen, ob sich durch das Ergebnis des Ratings oder der Empfehlung Änderungen in der Geschäftsentwicklung ergeben können, etwa weil Refinanzierungskosten steigen werden. Diese Information wiederum betrifft den Emittenten unmittelbar und löst bei Kurserheblichkeit eine Ad-hoc-Mitteilungspflicht aus.

Vorliegen einer Insiderinformation im Falle des Antrags auf Zulassung

Inlandsemittenten und MTF-Emittenten sind bereits dann verpflichtet, Insiderinformationen gemäß Art. 17 MAR zu veröffentlichen, wenn sie lediglich einen Antrag auf Zulassung ihrer Finanzinstrumente gestellt haben. Dabei stellt sich die Frage, welche Kriterien in diesen Fällen für die Bewertung des erheblichen Kursbeeinflussungspotenziales im Hinblick auf den Begriff der Insiderinformation heranzuziehen sind. Die Frage lässt sich häufig nur im Einzelfall beantworten. Soweit die Finanzinstrumente bereits in einem anderen Handelssegment einbezogen sind oder ein Handel an einer außerbörslichen Handelsplattform stattfindet, kann das Kursbeeinflussungspotenzial auf der Basis dieser Preisinformationen bewertet werden. Soweit bereits ein (Basis-)Prospekt veröffentlicht wurde und ggf. im Rahmen der Zeichnungsfrist eine Preisspanne genannt wurde, kann im Einzelfall eine Pflicht zur Veröffentlichung einer Ad-hoc-Meldung bei wesentlichen Änderungen vorliegen, wenn die Änderungen z.B. die Verpflichtung zur Erstellung eines Nachtrags zum Prospekt auslösen würden oder ggf. eine Änderung der Preisspanne im Zeichnungsverfahren zur Folge hätten und in diesen Änderungen eine ad-hoc-pflichtige Insiderinformation zu sehen ist. Ferner können Markteinschätzungen für die zu erwartende Preisspanne oder Bewertungen für das Unternehmen vorliegen, auf deren Grundlage eine hypothetische Bewertung des erheblichen Kursbeeinflussungspotenzials möglich ist.17 In allen anderen Fällen ist eine abschließende Bewertung der Ad-hoc-Publizitätspflicht an dieser Stelle nicht möglich.

Konkurrenzverhältnis der Ad-hoc-Publizität zu anderen Transparenzvorschriften

Viele andere Rechtsvorschriften enthalten für Emittenten, deren Finanzinstrumente zum Börsenhandel zugelassen sind, Pflichten zur Kapitalmarkttransparenz bzw. -kommunikation (z.B. Mitteilung bedeutender Stimmrechtsveränderungen, Publizitätsvorschriften nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) oder dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG), Veröffentlichungspflichten im Zusammenhang mit Aktienrückkaufprogrammen und Transparenzvorschriften hinsichtlich der Erhebung einer Anfechtungsklage). Diese Veröffentlichungs- und Hinweispflichten stellen keine der Ad-hoc-Publizität vorrangigen oder sie gar ersetzenden Transparenzvorschriften dar. Eine Ausnahme hierzu ist in Anwendung von Erwägungsgrund 27 der MAR gemäß § 10 Abs. 6 WpÜG für den Fall gegeben, dass Entscheidungen zur Abgabe eines Übernahmeangebots Gegenstand des Sachverhaltes sind. Ein Emittent, der seine Entscheidung, ein Angebot zum Erwerb von Wertpapieren abzugeben, oder eine etwaige Kontrollerlangung im Wege des § 10 Abs. 1 i. V. m. § 35 Abs. 1 Satz 4 WpÜG veröffentlicht, muss danach keine zusätzliche gleichlautende Ad-hoc-Mitteilung veröffentlichen. Die Veröffentlichung der Insiderinformation nach Art. 17 MAR entfällt jedoch lediglich in dem Umfang, in dem die Veröffentlichung nach § 10 WpüG vorgenommen wurde. Auch Umstände im Vorfeld der Entscheidung werden nicht von § 10 Abs. 6 WpÜG erfasst. Keine Anwendung findet § 10 Abs. 6 WpÜG schließlich auf die Zielgesellschaft; Adressat der Veröffentlichungspflicht des § 10 WpÜG ist allein der Bieter. Emittenten können jedoch prüfen, inwieweit die Voraussetzungen für einen Aufschub der Veröffentlichung nach Art. 17 Abs. 4 MAR vorliegen.

Der Emittent muss in allen Fällen jeweils zusätzlich prüfen, ob eine Insiderinformation vorliegt. Ist dies der Fall und sieht die jeweilige Vorschrift nicht ausdrücklich vor, dass eine Ad-hoc-Publizitätspflicht in diesem Fall nicht besteht, ist ebenfalls eine unverzügliche Veröffentlichung der Insiderinformation durch eine Ad-hoc-Mitteilung erforderlich. Die Ad-hoc-Mitteilung ist auch dann unverzüglich zu veröffentlichen, wenn in dem jeweiligen Gesetz hinsichtlich der dort geregelten Transparenzvorschrift eine andere Veröffentlichungsfrist genannt wird.

Teilnehmer am Emissionszertifikatemarkt sind unter Umständen zugleich zur Veröffentlichung von Insiderinformationen nach Art. 17 Abs. 2 MAR und nach Art. 4 der VO (EU) 1227/2011 (REMIT) verpflichtet. Art. 2 Abs. 2 DVO (EU) 2016/1055 eröffnet nach Art. 4 der VO (EU) 1227/2011 (REMIT) verpflichteten Teilnehmern am Markt für Emissionszertifikate jedoch die Möglichkeit, die dort vorgesehenen technischen Mittel auch zur Veröffentlichung nach Art. 17 MAR zu nutzen, sofern die offenzulegenden Insiderinformationen im Wesentlichen den gleichen Inhalt haben und die für die Offenlegung verwendeten technischen Mittel gewährleisten, dass die Insiderinformationen an die einschlägigen Medien übermittelt werden. Weitere Informationen zur Veröffentlichungspflicht für Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate finden sich in Abschnitt I.3.10.4.

Verhältnis der Ad-hoc-Publizität zur Regelpublizität

Ebenfalls von erheblicher praktischer Relevanz ist das Verhältnis der Ad-hoc-Publizität zur Regelpublizität. Wie die BaFin bereits in der Vergangenheit klargestellt hatte, kann die Regelpublizität die Ad-hoc-Publizität nicht ersetzen. Daher lösen Geschäftsvorfälle, sofern es sich um Insiderinformationen handelt, schon vor der Veröffentlichung im Rahmen der Regelpublizität die Ad-hoc-Publizitätspflicht aus. Gleiches gilt für Geschäftsergebnisse.

Beispiele veröffentlichungspflichtiger Insiderinformationen

Für Beispiele publizitätspflichtiger Insiderinformationen wird auf Abschnitt I.2.1.5 verwiesen. Ein allgemeinverbindlicher und vollständiger Katalog publizitätspflichtiger Insiderinformationen lässt sich nicht aufstellen. Auch die dort genannten Beispiele können nur als Empfehlung verstanden werden. Die Emittenten haben bei Vorliegen der genannten Sachverhalte zu prüfen, ob im Einzelfall eine zu veröffentlichende Insiderinformation vorliegt. Die Beispiele sind also nicht dahingehend zu verstehen, dass bei ihrem Vorliegen automatisch die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung besteht. Vielmehr kommt es auch bei diesen Tatbeständen stets auf die konkreten Umstände an. So scheidet ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial aus, wenn eine Information in der konkreten Situation ohne besondere Bedeutung für den Emittenten als Gesamtunternehmen ist (z.B. Verschmelzung einer unbedeutenden Konzerntochter). Ferner ist die Frage, ob eine Information ein erhebliches Kursbeeinflussungspotenzial besitzt, von Faktoren wie Größe und Struktur des Unternehmens, Branche, Wettbewerbssituation, Markterwartungen etc. abhängig, d.h. die Information muss für den Emittenten wesentlich sein. Schließlich muss die Insiderinformation den Emittenten unmittelbar betreffen (vgl. Abschnitt I.3.2.2.2).

Fußnoten:

  1. 1 Die bloße Übersendung eines Legal Entity Identifier (LEI) durch den Emittenten an einen Handelsplatz ist in der Regel nicht als Genehmigung für die Zulassung/Einbeziehung zum Handel an einem MTF oder OTF zu werten. Durch Hinzutreten weiterer Umstände - etwa durch Abgabe bestimmter zusätzlicher Erklärungen des Emittenten gegenüber dem Handelsplatz oder durch entsprechende Werbemaßnahmen des Emittenten - kann dies im Einzelfall auch anders zu bewerten sein.
  2. 2 Listen zugelassener MTFs und OTFs können auf der ESMA-Website unter folgendem Link abgerufen werden: https://registers.esma.europa.eu/publication/searchRegister?core=esma_registers_upreg.
  3. 3 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz - TUG), BGBl I 2007 S. 10 vom 10.1.2007.
  4. 4 Listen geregelter Märkte können auf der ESMA-Website unter folgendem Link abgerufen werden: https://registers.esma.europa.eu/publication/searchRegister?core=esma_registers_upreg.
  5. 5 Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EU Nr. L 390, S. 38, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2013/50/EU vom 22. Oktober 2013, ABl. EU Nr. 294, S. 13.
  6. 6 Siehe auch Begründung zum Regierungsentwurf eines Ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Erstes Finanzmarktnovellierungsgesetz – 1. FiMaNoG) B. Besonderer Teil, Zu Nummer 3 (§ 2) Buchst. b) (Abs. 7a), BT-Drucks. 18/7482, S. 57.
  7. 7 Siehe auch Begründung zum Regierungsentwurf eines Ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (Erstes Finanzmarktnovellierungsgesetz – 1. FiMaNoG) B. Besonderer Teil, Zu Nummer 3 (§ 2) Buchst. b) (Abs. 7a), BT-Drucks. 18/7482, S. 57.
  8. 8 Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, ABl. EU Nr. L 182, S. 19, zuletzt geändert durch Richtlinie 2014/102/EU, ABl. EU Nr. L 334, S. 86.
  9. 9 Questions and Answers On the Market Abuse Regulation (ESMA70-145-111), Q.11.2, Q.11.3.
  10. 10 Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates, ABl. EU Nr. L 275, S. 32, zuletzt geändert durch Richtlinie 2018/410/EU, ABl. EU Nr. L 76, S. 3.
  11. 11 Final Report - ESMA´s technical advice on possible delegated acts concerning the Market Abuse Regulation (ESMA/2015/224), Rz. 39.
  12. 12 Megawatt.
  13. 13 ESMA Questions and Answers On the Market Abuse Regulation (ESMA70-145-111), Q.11.1.
  14. 14 Vgl. insoweit auch CESR-Beispiele für eine unmittelbare Betroffenheit – CESR Market Abuse Directive, Level 3 – second set of guidance and information on the common operation of the Directive to the market (CESR/06-562b Rz. 1.15), abrufbar unter https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/2015/11/06_562b.pdf.
  15. 15 CESR, Market Abuse Directive, Level 3 – second set of CESR guidance and information on the common operation of the Directive to the market (CESR/06-562b), Rz. 1.16; Fundstelle Fn. 14.
  16. 16 Siehe hierzu aber auch Ausführungen zu Umplatzierungen.
  17. 17 Vgl. auch Abschnitt I.2.2.5.

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