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Beitrag aus dem Emittentenleitfaden der BaFin

Eine Führungskraft darf nach Art. 19 Abs. 11 MAR weder direkt noch indirekt Eigengeschäfte oder Geschäfte für Dritte im Zusammenhang mit den Anteilen oder Schuldtiteln des Emittenten oder mit Derivaten oder anderen mit diesen in Zusammenhang stehenden Finanzinstrumenten während eines geschlossenen Zeitraums von 30 Kalendertagen vor Ankündigung eines Zwischenberichts oder eines Jahresabschlussberichts tätigen, zu deren Veröffentlichung der Emittent gemäß den Vorschriften des Handelsplatzes, auf dem die Anteile des Emittenten zum Handel zugelassen sind oder nach nationalem Recht verpflichtet ist.

Art. 19 Abs. 11 MAR erwähnt zwar nicht ausdrücklich mit der Führungskraft in enger Beziehung stehende bzw. „eng verbundene“ Personen gem. Art. 3 Abs. 1 Nr. 26 MAR. Jedoch gilt das Handelsverbot nach dieser Vorschrift auch für indirekt getätigte Eigengeschäfte bzw. für Dritte getätigte Geschäfte. Darunter können nach Umständen des Einzelfalls auch solche Transaktionen fallen, die über oder für eine eng verbundene Person ausgeführt werden.

Das für Führungskräfte geltende Verbot, Geschäfte für Dritte vorzunehmen, gilt jedoch nicht für Geschäfte, die eine Führungskraft als Organ oder Vertreter des Emittenten vornimmt1 (z.B. bei Anleiheemissionen für den Emittenten).

Unter “Ankündigung” ist nach Ansicht der ESMA bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen die Veröffentlichung von vorläufigen Geschäftsergebnissen zu verstehen. In Bezug auf den Jahresabschlussbericht ist danach Voraussetzung, dass in der „Ankündigung“ alle Schlüsselzahlen veröffentlicht werden, die im Jahresabschlussbericht enthalten sein werden und die vom Geschäftsführungsorgan des Emittenten verabschiedet worden sind.2 Diese Ankündigung markiert dann das Ende des in Art. 19 Abs. 11 MAR angeordneten Handelsverbots. Die ESMA hebt hervor, dass es nach der MAR nur einen einzigen Handelsverbotszeitraum gebe.

Bei der Berechnung der Frist nach Art. 19 Abs. 11 MAR wird der Tag der Veröffentlichung eines relevanten Finanzberichts selbst nicht mitgerechnet. Die 30-tägige Frist beginnt demnach am 30. Tag vor der Veröffentlichung des relevanten Finanzberichts. Mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung eines relevanten Finanzberichts endet das Handelsverbot.

Beispiel:

Tag der Veröffentlichung:15.08.201807:00 Uhr
Beginn des Handelsverbots:16.07.201800:00 Uhr
Ende des Handelsverbots:15.08.2018unmittelbar nach der Veröffentlichung

Ein vor Beginn des Handelsverbotszeitraums unbedingt geschlossenes schuldrechtliches Geschäft kann innerhalb des Handelsverbotszeitraums vollzogen werden. Dies ergibt sich aus dem Rückgriff auf die Wertung des Art. 9 Abs. 3 Buchst. a) MAR. Vgl. ferner Abschnitt II.2.2 und II.3.9.7.2.

Eine Quartalsmitteilung mit inhaltlichen Anforderungen, wie sie nach § 53 der Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse (Stand: 27. Januar 2020) vorgeschrieben sind, ist nicht als „Zwischenbericht“ i. S. v. Art. 19 Abs. 11 MAR anzusehen. In anderen Fällen verpflichtender quartalsweiser Berichterstattung ist jedoch – abhängig von den inhaltlichen Anforderungen gemäß den Vorschriften eines Handelsplatzes oder gemäß nationalem Recht – eine abweichende rechtliche Bewertung nicht ausgeschlossen.

Ein Quartalsfinanzbericht mit den inhaltlichen Anforderungen, wie sie in § 53 Abs. 6 der Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse (Stand: 27. Januar 2020) vorgesehen sind, löst kein Handelsverbot aus. Da diese Vorschrift dem Emittenten lediglich ein Wahlrecht einräumt, handelt es sich hierbei nicht um eine Veröffentlichung, zu der der Emittent aufgrund der Vorschriften des Handelsplatzes „verpflichtet“ ist, was Voraussetzung für ein Handelsverbot nach Art. 19 Abs. 11 Buchst. a) MAR wäre.

Ein Halbjahresbericht mit den inhaltlichen Anforderungen, wie er in § 21 Abs. 1 Buchst. b) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutsche Börse AG für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse (Stand: 9. Dezember 2019) vorgesehen ist, löst ein Handelsverbot nach Art. 19 Abs. 11 MAR aus. Es handelt sich hierbei um einen Zwischenbericht, zu dessen Veröffentlichung der Emittent aufgrund der Vorschriften des Handelsplatzes verpflichtet ist.

Transaktionen, die sich u.a. auf „Belegschaftsaktien“, „Arbeitnehmersparplan“ und „Bezugsberechtigungen auf Aktien“ beziehen, unterliegen bei Vorliegen der in Art. 19 Abs. 12 Buchst. b) MAR genannten Voraussetzungen nicht dem Handelsverbot. Ergänzt wird Art. 19 Abs. 12 Buchst. b) MAR durch Art. 9 der DelVO (EU) 2016/522, der beispielhaft Fälle nennt, in denen der Emittent einer Führungskraft erlauben darf, Eigengeschäfte oder Geschäfte für Dritte während des Handelsverbotszeitraums vorzunehmen. Nicht als Erlaubnis i. S. v. Art. 19 Abs. 12 Buchst. b) MAR reicht aus, wenn der Emittent das entsprechende Programm, bei dem es zu einer Zuteilung, Ausübung, Erwerb etc. innerhalb des Handelsverbotszeitraums kommen kann, so bereits zuvor beschlossen hat. Denn der Wortlaut des Art. 9 Abs. 1 der DelVO (EU) 2016/522 stellt darauf ab, der Emittent dürfe unter bestimmten Umständen die Vornahme von Eigengeschäften gestatten. Er spricht also dagegen, in dem vorangegangenen Beschluss gleichzeitig eine vorab erteilte Erlaubnis zu sehen.

Fußnoten:

  1. 1 ESMA Question & Answers On the Market Abuse Regulation (ESMA70-145-111), Q7.10.
  2. 2 ESMA Question & Answers On the Market Abuse Regulation (ESMA70-145-111), Q7.2.

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