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Stand:geändert am 24.11.2023 Referenzwerte-Verordnung

Die EU Referenzwerte-VO betrifft Indizes, die

  • bei Finanzinstrumenten als Referenzwert
  • bei Finanzkontrakten als Referenzwert oder
  • zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden.

Ziele der EU Referenzwerte-VO sind insbesondere

  • die transparente Ermittlung von Referenzwerten,
  • die Vermeidung von Interessenskonflikten sowie Manipulationsspielräumen bei der Bereitstellung von Referenzwerten,
  • die Schaffung eines präventiven Regulierungsrahmens sowie
  • die Vermeidung von Systemrisiken für das Finanzsystem in der Europäischen Union sowie die Vermeidung einer Störung des Funktionierens der Finanzmärkte in der Europäischen Union im Fall einer Einstellung oder Abwicklung bestimmter für die Europäische Union systemrelevanter Referenzwerte.

1. Rechtsgrundlage und Level 3 Maßnahmen

Die Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU sowie der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 („EU Referenzwerte-VO“ oder „Benchmark Regulation“ oder „BMR“) wurde am 29.06.2016 im Europäischen Amtsblatt veröffentlicht.

Durch die folgenden Verordnungen ist die EU Referenzwerte-VO geändert worden:

  • Verordnung (EU) 2019/2089 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/1011 hinsichtlich EU-Referenzwerten für den klimabedingten Wandel, hinsichtlich auf das Übereinkommen von Paris abgestimmter EU-Referenzwerte sowie hinsichtlich nachhaltigkeitsbezogener Offenlegungen für Referenzwerte („Änderungsverordnung (EU) 2019/2089“).
  • Verordnung (EU) 2019/2175 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde, EBA), der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung, EIOPA), der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, ESMA), der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 über Märkte für Finanzinstrumente, der Verordnung (EU) 2016/1011 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und der Verordnung (EU) 2015/847 über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers („Änderungsverordnung (EU) 2019/2175“). Die relevanten Teile der Änderungsverordnung (EU) 2019/2175 die Referenzwert-VO betreffend traten ab dem 01.01.2022 in Kraft.

  • Verordnung (EU) 2021/168 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Februar 2021 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/1011 im Hinblick auf die Ausnahme bestimmter Devisenkassakurs-Referenzwerte aus Drittstaaten und die Bestimmung von Ersatz-Referenzwerten für bestimmte eingestellte Referenzwerte und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 („Änderungsverordnung (EU) 2021/168“).

Es ist eine konsolidierte Fassung der EU Referenzwerte-VO verfügbar, die die Änderungen durch die Änderungsverordnungen (EU) 2019/2089 und (EU) 2021/168 berücksichtigt.

Des Weiteren sind die relevanten Level 2 Delegierten Rechtsakte der Europäischen Kommission zur EU Referenzwerte-VO sowie die ESMA Leitlinie zu nicht signifikanten Referenzwerten im Rahmen der Referenzwerte-Verordnung (ESMA70-145-1209) zu berücksichtigen. Seit dem 31. Mai 2022 gilt außerdem die ESMA Leitlinie zur Methodik, Aufsichtsfunktion und Aufzeichnungspflichten im Rahmen der Benchmark-Verordnung (ESMA81-393-239), welche auch Änderungen zur ESMA Leitlinie zu nicht signifikanten Referenzwerten im Rahmen der Referenzwerte-Verordnung enthält. Ergänzend veröffentlicht ESMA die „Questions and Answers On the Benchmarks Regulation (BMR) (ESMA70-145-11)". Diese können als Auslegungs- und Anwendungshinweise für Administratoren, Kontributoren und Verwender von Referenzwerten dienen.

2. Inkrafttreten und Übergangsregime

Am 01.01.2018 ist die EU Referenzwerte-VO vollumfänglich in Kraft getreten.

Art. 51 Abs. 4a und 4b BMR enthalten Übergangsregelungen für die Bereitstellung und Verwendung eines durch die Europäische Kommission anerkannten kritischen Referenzwertes bis zum 31.12.2021.

Art. 51 Abs. 5 BMR enthält Übergangsregelungen für die Verwendung von Referenzwerten, die von einem in einem Drittstaat ansässigen Administrator bereitgestellt werden. Nach Inkrafttreten der Änderungsverordnung (EU) 2021/168 ist die weitere Verwendung solcher Referenzwerte gestattet, sofern die betreffenden Finanzprodukte vor dem 31.12.2023 bereits auf den Drittstaatenreferenzwert Bezug nehmen. Davon ausgenommen sind jedoch EU Administratoren, die ihren Standort von einem EU Mitgliedsstaat in einen Drittstaat verlagern. Die Europäische Kommission hat nun diesen Zeitraum nach Art. 54 Abs. 7 BMR bis Ende 2025 durch Delegierte Verordnung (EU) 2023/2222 verlängert, da der vorgesehene Ablauf des Übergangszeitraums hinsichtlich der fortgesetzten Verwendung von Referenzwerten aus Drittstaaten in der Union abträglich ist und möglicherweise die Finanzstabilität bedroht.

3. Referenzwerte

Ein Referenzwert im Sinne der EU Referenzwerte-VO ist jeder Index, auf den Bezug genommen wird, um den für ein Finanzinstrument oder einen Finanzkontrakt zahlbaren Betrag oder den Wert eines Finanzinstruments zu bestimmen, oder ein Index, der verwendet wird, um die Wertentwicklung eines Investmentfonds zwecks Rückverfolgung der Rendite dieses Indexes oder der Bestimmung der Zusammensetzung eines Portfolios oder der Berechnung der Anlageerfolgsprämien (Performance Fees) zu messen (Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 BMR).

Ein Index ist jede Zahl, die veröffentlicht oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, die regelmäßig, ganz oder teilweise durch Anwendung einer Formel oder einer anderen Berechnungsmethode oder durch Bewertung bestimmt wird und auf der Grundlage des Werts eines oder mehrerer Basisvermögenswerte oder Basispreise, einschließlich geschätzter Preise, tatsächlicher oder geschätzter Zinssätze, Quotierungen und verbindlicher Quotierungen oder sonstiger Werte oder Erhebungen erfolgt (Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BMR).

Die EU Referenzwerte-VO unterscheidet zwischen kritischen, signifikanten und nicht-signifikanten Referenzwerten:

Kritischer Referenzwert Art. 20 BMRSignifikanter Referenzwert Art. 24 BMRNicht-Signifikanter Referenzwert Art. 26 BMR
Referenzwert wird als Bezugsgrundlage in einem
Gesamtwert von min. 500 Mrd. EUR verwendet
ODER
Referenzwert wird als Bezugsgrundlage in einem
Gesamtwert von min. 50 Mrd. EUR verwendet
ODER
Referenzwert, der nicht die Voraussetzungen
der Art. 20 und Art. 24 BMR erfüllt
Referenzwert wird als Bezugsgrundlage in einem
Gesamtwert von min. 400 Mrd. EUR verwendet und hat
keinen oder geringen Ersatz und der Ausfall würde erhebliche
nachteilige Auswirkungen haben
ODER
Referenzwert hat keinen oder geringen Ersatz und der
Ausfall würde erhebliche nachteilige Auswirkungen haben
Referenzwert beruht auf Beiträgen von aus mehrheitlich
in einem Mitgliedsstaat angesiedelten Kontributoren
und ist als kritisch eingestuft

Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission
Aufsicht durch ein Kollegium nach Art. 46 BMR

für die erstgenannten Varianten

Besondere Bestimmungen gelten für Rohstoff-Referenzwerte (Art. 19, Annex II BMR), Referenzzinssätze (Art. 18, Annex I BMR), Referenzwerte aus regulierten Daten (Art. 17 BMR) sowie für EU-Referenzwerte für den klimabedingten Wandel sowie Paris-abgestimmte EU-Referenzwerte (Kapitel 3a, Annex III).

4. Administratoren von Referenzwerten

Ein Administrator ist eine natürliche oder juristische Person, die die Kontrolle über die Bereitstellung eines Referenzwertes ausübt (Art. 3 Abs. 1 Nr. 6 BMR).

Administratoren mit Sitz in der EU sind verpflichtet, bei der zuständigen nationalen Behörde ihre Zulassung oder Registrierung gemäß Art. 34 BMR zu beantragen.

Gemäß Art. 34 Abs. 4 BMR liefert der Antragsteller alle notwendigen Informationen, um der zuständigen Behörde gegenüber nachzuweisen, dass er zum Zeitpunkt seiner Zulassung oder Registrierung alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen hat, um die Anforderungen der EU Referenzwerte-VO zu erfüllen.

Seit dem 01.01.2022 liegt die Zuständigkeit für Administratoren kritischer Referenzwerte im Sinne von Art. 20 Abs. 1 Buchstaben a) und c) BMR bei der ESMA [Art. 34 Abs. 1a, Art. 48n, Art 40 Abs. 1 Buchstabe a) BMR].

Seit dem 01.01.2022 ist die ESMA auch zuständig für die Anerkennung von Administratoren mit Sitz außerhalb der Union (sog. Drittstaatenadministratoren) gemäß Art. 32 Abs. 1 BMR [Art. 48n, Art 40 Abs. 1 Buchstabe b) BMR]. Referenzwerte von Drittstaatenadministratoren dürfen nur dann verwendet werden, wenn entweder ein Beschluss der Europäischen Kommission über ihre Gleichwertigkeit gemäß Art. 30 Abs. 2 oder 3 BMR gefasst wurde, eine Anerkennung im Sinne des Art. 32 BMR durch die zuständige Behörde des Referenzmitgliedsstaates vorliegt, oder wenn ein in der Union angesiedelter Administrator oder geeignetes beaufsichtigtes Unternehmen die Drittstaaten-Referenzwerte gemäß Art. 33 BMR übernommen hat. Dies gilt seit dem 01.01.2022.

Nach positiver Bescheidung eines Antrages auf Zulassung, Registrierung oder Anerkennung wird der Administrator in das ESMA Register gemäß Art. 36 der EU Referenzwerte-VO aufgenommen. Handelt es sich um einen Administrator aus einem Drittstaat, werden zusätzlich die von ihm in der EU bereitgestellten Referenzwerte in das Register eingetragen.

Allerdings können bestimmte Drittstaatenreferenzwerte derzeit noch von der Übergangsbestimmung des Art. 51 Abs. 5 BMR profitieren. Dieses Übergangsregime ist durch die Änderungsverordnung (EU) 2021/168 bis zum 31.12.2023 verlängert worden und wird nun nochmals durch die Delegierte Verordnung (EU) 2023/2222 bis zum 31.12.2025 verlängert (Art. 54 Abs. 7 BMR). Drittstaatenadministratoren und deren Referenzwerte, die unter dem Übergangsregime in der EU aktiv sind, sind nicht Bestandteil des ESMA Registers.

4.1. Klima-Benchmarks

Die Änderungsverordnung (EU) 2019/2089 hat zwei weitere Arten von Referenzwerten eingeführt:

  • Art. 3 Abs. 1 Nr. 23a BMR: EU-Referenzwert für den klimabedingten Wandel (“EU Climate Transition Benchmark“, “CTB“)
  • Art. 3 Abs. 1 Nr. 23b BMR: Paris-abgestimmter EU-Referenzwert (“EU Paris-aligned Benchmark“, “PAB“).

Für diese sog. “Klima-Benchmarks“ gelten gemäß Art. 19a Abs. 1, 3 BMR zusätzlich die speziellen Anforderungen des Annex III zur EU Referenzwerte-VO. Die Mindeststandards für CTBs und PABs hat die Europäische Kommission in der folgenden Delegierten Verordnung näher bestimmt:

  • Delegierte Verordnung (EU) 2020/1818 der Europäischen Kommission vom 17. Juli 2020 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Mindeststandards für EU-Referenzwerte für den klimabedingten Wandel und für Paris-abgestimmte EU-Referenzwerte.

Des Weiteren müssen alle Administratoren die Vorgaben für nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungen für Referenzwerte erfüllen:

Gemäß Art. 13 Abs. 1d BMR müssen alle Referenzwert-Administratoren eine Erläuterung darüber veröffentlichen oder zur Verfügung stellen, wie bei allen Referenzwerten, abgesehen von Zins- und Wechselkurs-Referenzwerten, die wichtigsten Elemente der Methodik den ESG-Faktoren Rechnung tragen (Transparenz der Methodik). Auf die folgende Delegierte Verordnung der Europäischen Kommission wird hingewiesen:

  • Delegierte Verordnung (EU) 2020/1817 der Europäischen Kommission vom 17. Juli 2020 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des Mindestinhalts der Erläuterung, wie Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren in der Referenzwert-Methodik berücksichtigt werden.

Gemäß Art. 27 Abs. 2a BMR ist in der jeweiligen Referenzwert-Erklärung für jeden Referenzwert zu erläutern, wie ESG-Faktoren Rechnung getragen wird. Werden keine ESG-Ziele verfolgt, muss eine dahingehende eindeutige Angabe erfolgen. Wenn ein Administrator keinerlei CTBs, PABs oder Referenzwerte bereitstellt, die ESG-Faktoren berücksichtigen, ist eine Negativerklärung in den Referenzwert-Erklärungen aller Referenzwerte des Administrators erforderlich.

Außerdem müssen alle Administratoren für jeden Referenzwert, mit Ausnahme von Wechselkurs- und Zinssatz-Referenzwerten, in der jeweiligen Referenzwert-Erklärung erläutern, inwiefern ihre Methodik dem Ziel der Verringerung der CO2-Emissionen dient oder die Ziele des Übereinkommens von Paris verwirklicht.

Eine nähere Bestimmung der Angaben sowie ein Standardformat finden sich in der folgenden Delegierten Verordnung der Europäischen Kommission:

  • Delegierte Verordnung (EU) 2020/1816 der Europäischen Kommission vom 17. Juli 2020 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Erläuterung in der Referenzwert-Erklärung, wie Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren in den einzelnen Referenzwerten, die zur Verfügung gestellt und veröffentlicht werden, berücksichtigt werden.

Schließlich sollen sich nach Art. 19d BMR alle Administratoren signifikanter Referenzwerte bemühen, einen oder mehrere CTBs bereitzustellen.

5. Kontributoren

Ein Kontributor ist eine natürliche oder juristische Person, die Eingabedaten beiträgt (Art. 3 Abs. 1 Nr. 9 BMR). Eingabedaten sind die von einem Administrator zur Bestimmung eines Referenzwerts verwendeten Daten in Bezug auf den Wert eines oder mehrerer Basisvermögenswerte oder Preise, einschließlich geschätzter Preise, Quotierungen, verbindlicher Quotierungen oder anderer Werte (Art. 3 Abs. 1 Nr. 14 BMR). Als Beitragen von Eingabedaten definiert die EU Referenzwerte-VO die Übermittlung von nicht ohne weiteres verfügbaren Eingabedaten an einen Administrator oder an eine andere Person zur Weiterleitung an einen Administrator, die im Zusammenhang mit der Bestimmung eines Referenzwerts erforderlich ist und zu diesem Zweck erfolgt (Art. 3 Abs. 1 Nr. 8 BMR).

Für Kontributoren gilt Art. 16 in Verbindung mit Art. 15 der EU Referenzwerte-VO, entsprechend erlassene delegierte Rechtsakte und, wenn es sich um einen Kontributor für einen Referenzzinssatz handelt, die speziellen Regelungen des Annex I zur EU Referenzwerte-VO.

6. Verwender von Referenzwerten

Eine Verwendung eines Referenzwertes im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 7 BMR ist bei den folgenden Aktivitäten gegeben:

  • die Ausgabe eines Finanzinstruments, für das ein Index oder eine Indexkombination als Bezugsgrundlage dient;
  • die Bestimmung des im Rahmen eines Finanzinstruments oder -kontrakts zahlbaren Betrags unter Bezugnahme auf einen Index oder eine Indexkombination;
  • der Umstand, Vertragspartei eines Finanzkontrakts zu sein, für den ein Index oder eine Indexkombination als Bezugsgrundlage dient;
  • die Bereitstellung eines Sollzinssatzes im Sinne von Artikel 3 Buchstabe j der Richtlinie 2008/48/EG, der als Spread oder Aufschlag auf einen Index oder eine Indexkombination berechnet wird und ausschließlich für einen Finanzkontrakt als Bezugsgrundlage verwendet wird, bei dem der Kreditgeber Vertragspartei ist;
  • die Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds anhand eines Indexes oder einer Indexkombination zwecks Rückverfolgung der Rendite dieses Indexes oder dieser Indexkombination, Bestimmung der Zusammensetzung eines Portfolios oder Berechnung der Anlageerfolgsprämien (Performance Fees). 

Für beaufsichtigte Unternehmen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 17 BMR, die einen Referenzwert verwenden, gelten die Bestimmungen der Art. 28 Abs. 2 und Art. 29 der EU Referenzwerte-VO.

6.1. Notfallpläne gemäß Art. 28 Abs. 2 BMR

Gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 2 BMR müssen beaufsichtigte Unternehmen, die Referenzwerte verwenden, robuste schriftliche Pläne aufstellen und pflegen, in denen sie Maßnahmen darlegen, die sie ergreifen würden, wenn ein Referenzwert sich wesentlich ändert oder nicht mehr bereitgestellt wird (sog. „Notfallpläne“ oder „fallback provision“). Soweit möglich und angemessen, werden in diesen Notfallplänen ein oder mehrere alternative Referenzwerte benannt, die anstelle des nicht mehr bereitgestellten Referenzwerts als Bezugsgrundlage verwendet werden könnten (sog. „Rückfallraten“ oder „fallback rates“). Des Weiteren soll dann angegeben, warum es sich bei solchen Referenzwerten um geeignete Alternativen handeln würde.

Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 2 BMR begründet eine Organisationspflicht von beaufsichtigten Unternehmen als Verwender von Referenzwerten. Die ESMA Questions and Answers On the Benchmarks Regulation (BMR) (ESMA70-145-11) (Frage Q8.2: „When are the written plans robust?“) erläutern näher, dass Notfallpläne dann robust sind, wenn sie schriftlich Betriebsverfahren festlegen, detaillierte Abläufe und Kommunikationswege aufzeigen sowie Vorkehrungen für verschiedene Szenarien und Eventualitäten beinhalten. Die Notfallpläne sollen sorgfältig und adäquat ausgestaltet sein, wobei die Art, Risiko und Vulnerabilität des jeweiligen Referenzwertes sowie das Ausmaß seiner Verwendung zu berücksichtigen sind. Beaufsichtigte Unternehmen als Verwender von Referenzwerten sind gehalten, die zur Pflege der Notfallpläne relevanten Faktoren fortwährend zu kontrollieren und die Notfallpläne soweit erforderlich zu aktualisieren.

Auf Anfrage legen sie der zuständigen Behörde die Notfallpläne und eventuelle Aktualisierungen unverzüglich vor.

Nach Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BMR müssen beaufsichtigte Unternehmen, die Verwender von Referenzwerten sind, sich außerdem in ihrer Vertragsbeziehung mit Kunden an ihren Notfallplänen orientieren.

Beaufsichtigte Unternehmen, die Referenzwerte verwenden, haben nach Art. 28 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BMR dementsprechend Informationspflichten gegenüber ihren Kunden. Form, Umfang und Ausgestaltung der Kundeninformation können abhängig von dem betroffenen Referenzwert variieren. Zu berücksichtigen sind oben aufgeführte Faktoren nämlich Art, Risiko und Vulnerabilität des jeweiligen Referenzwertes. Laut ESMA Questions and Answers On the Benchmarks Regulation (BMR) (ESMA70-145-11) (Frage Q8.3: “How should users reflect written plans in the contractual relationship with clients?”) sollen beaufsichtigte Unternehmen, die Verwender von Referenzwerten sind, in der Lage sein, der zuständigen Behörde zu demonstrieren, dass sie ihre Kunden über die Notfallpläne informiert haben und dass die Notfallpläne nach dem jeweiligen nationalen Recht verbindlich sind.

6.2. Verwendung von Referenzwerten in der Union

Gemäß Art. 29 Abs. 1 BMR darf ein beaufsichtigtes Unternehmen einen Referenzwert in der Union grundsätzlich nur dann verwenden, wenn der relevante Administrator mit Sitz in der Union, oder im Falle eines Drittstaatenadministrators der Referenzwert selbst, in das ESMA Register eingetragen ist.

Ausnahmen hierzu ergeben sich aus den Übergangsbestimmungen des Art. 51 BMR, insbesondere betreffend die Verwendung von Referenzwerten von einem in einem Drittstaat ansässigem Administrator.

Nach Art. 51 Abs. 4 BMR kann darüber hinaus in bestimmten Fällen auch die weitere Verwendung eines mit der Referenzwerte-Verordnung nicht konformen Referenzwertes, der von einem in der Union angesiedelten Administrator bereitgestellt wird, gestattet werden. Die Gestattung muss bei der zuständigen Behörde beantragt werden.

7. Gesetzliche Ersetzung eines Referenzwertes

Durch die Änderungsverordnung EU VO 2021/168, die am 13.02.2021 in Kraft trat, wurde die Möglichkeit einer gesetzlichen Ersetzung eines Referenzwertes in der Referenzwerte-VO (Art. 23a ff. BMR) geschaffen.

Danach kann die Europäische Kommission bei drohender Einstellung oder Abwicklung

  • eines kritischen Referenzwertes gem. Art. 20 Abs. 1 Buchstabe a und c BMR oder
  • eines signifikanten Referenzwertes, der auf Eingabedaten beruht, sofern seine Einstellung oder Abwicklung die Funktionsweise der Finanzmärkte in der Union erheblich stört oder
  • eines Referenzwertes aus Drittstaaten, wenn die Einstellung oder Abwicklung das Funktionieren der Finanzmärkte in der Union erheblich stören oder ein Systemrisiko für das Finanzsystem in der Union darstellen würde,

und bei Vorliegen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für einen solchen Referenzwert, einen oder mehrere Ersatz-Referenzwerte mittels Durchführungsrechtsakt bestimmen.

Der Ersatz-Referenzwert ersetzt sodann alle Bezugnahmen in Verträgen und Finanzinstrumenten im Sinne von Art. 23 a BMR auf diesen Referenzwert, sofern diese Verträge oder Finanzinstrumente keine oder keine geeigneten Rückfallklauseln enthalten.

Ein von der Europäischen Kommission bestimmter Ersatz für einen Referenzwert kommt dann nicht zur Anwendung, wenn alle Parteien oder die erforderliche Mehrheit der Parteien eines Vertrages oder eines Finanzinstruments im Sinne von Art. 23 a BMR vor oder nach dem Geltungsbeginn des Durchführungsrechtsaktes vereinbart haben, einen anderen Ersatz für einen Referenzwert anzuwenden (Art. 23 b Abs. 11 BMR).

Weiterhin kann eine zuständige nationale Behörde eines Mitgliedstaats, in dem die Mehrheit der Kontributoren angesiedelt ist, unter den Voraussetzungen des Art. 23 c BMR einen oder mehrere Ersatz-Referenzwerte bestimmen.

8. Reformen der Referenzzinssätze und Überleitung zu alternativen Referenzwerten

2014 hat das Financial Stability Board (FSB) den Bericht „Reforming Major Interest Rate Benchmarks“ mit Empfehlungen zur Reform der Interbank Offered Rates (IBORs) sowie zur Etablierung von und Überleitung auf neue sog. risikofreie Referenzwerte („Risk-Free Rates“, „RFRs“) veröffentlicht. Zur Identifikation von RFRs wurden Arbeitsgruppen, etwa die Arbeitsgruppe zu risikofreien Euro-Zinssätzen (Working Group on Euro Risk-Free Rates), eingerichtet.

Die bis dato größtenteils und in einer Vielzahl von verschiedensten Verträgen und Finanzinstrumenten verwendeten IBORs wurden reformiert, so etwa die Euro Interbank Offered Rate (EURIBOR), andere wurden eingestellt.

8.1. Einstellung von Referenzwerten

Zum 3. Januar 2022 wurde etwa der Euro Overnight Index Average (EONIA) und sukzessive bis zum Juli 2023 auch die London Interbank Offered Rate (LIBOR) in allen Währungen und Laufzeitensätzen eingestellt.

Sowohl die Europäische Kommission als auch die UK-FCA haben hier Maßnahmen ergriffen, um die Auswirkungen der Einstellungen zu minimieren.

So hat die Europäische Kommission am 22.10.2021 zwei Durchführungsrechtsakte zur Bestimmung gesetzlicher Ersatzzinssätze veröffentlicht und zwar für bestimmte Anwendungen des Schweizer Franken LIBOR (Durchführungsverordnung (EU) 2021/1847) und für den Referenzwert EONIA (Durchführungsverordnung (EU) 2021/1848).

Die UK FCA hat am 10.09.2021 gegenüber der ICE Benchmark Administration als Administrators des LIBOR Anordnungen erlassen, wonach diese für bestimmte LIBOR-Sätze synthetische Raten für eine Übergangszeit bereitzustellen hat bzw. hatte. Dabei hat die UK FCA stets klargestellt, dass die synthetischen Raten nur zeitlich befristet zur Verfügung stehen werden – und dass diese ausschließlich zur Abwicklung bestimmter Altverträge genutzt werden dürfen. Bei einer synthetischen Rate basiert die Berechnungsmethodik nicht auf den Eingabedaten von Kontributoren, sondern auf den risikofreien Zins (sog. Risk-free Rate) der jeweiligen Währungsräume.

Aktuell bestehen solche Verpflichtungen der ICE noch in den Währungen Britisches Pfund und US-Dollar.

So ist ICE bis zum 30. September 2024 verpflichtet, für die einmonatigen, dreimonatigen und sechsmonatigen Laufzeitensätze in US-Dollar einen synthetischen US-Dollar-LIBOR bereitzustellen.

Eine solche Übergangslösung hatte die UK-FCA auch für den LIBOR-Satz Britisches Pfund mit einer Laufzeit von drei Monaten vorgesehen – ursprünglich bis zum 31. Dezember 2022. Diese Frist hatte sie Ende des Jahres 2022 bis zum 28. März 2024 verlängert. Danach wird es keine synthetische Rate für den Britischen Pfund-LIBOR mehr geben.

8.2. Empfehlung der BaFin und Veröffentlichungen anderer Institutionen

Die BaFin hat in einem Beitrag im BaFin Journal vom August 2021 bereits eine Empfehlung zum Umgang mit bestimmten IBORs, die vor der Einstellung stehen, abgegeben. Diese Empfehlung hat die BaFin im Mai 2023 mit Blick auf die bevorstehende komplette Einstellung des LIBOR zum Juli 2023 wiederholt.

Darin hat die BaFin unter anderem beaufsichtigten Unternehmen dringend empfohlen, die Verwendung von synthetischen Raten bei Bezug auf LIBOR möglichst gering zu halten, da es sich hierbei nur um eine Übergangslösung handle.

Auch der Finanzstabilitätsrat (FSB) hat im April 2023 erneut Empfehlungen zur Einstellung des LIBOR veröffentlicht: Er rief Marktteilnehmer ausdrücklich dazu auf, Altverträge mit Bezug auf den LIBOR jetzt umzustellen und stattdessen alternative risikofreie Zinssätze (Risk Free Rates) zu nutzen.

9. Vorvertragliche Informationspflichten bei Verbraucherdarlehensverträgen für Verwender

In Umsetzung des Art. 57 BMR besteht gemäß Art. 247 § 4 Abs. 3 EGBGB seit dem 01.07.2018 eine vorvertragliche Informationspflicht für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge i.S.d. § 491 Abs. 2 BGB, sofern darin auf einen Referenzwert i.S.d. EU Referenzwerte-VO Bezug genommen wird. Danach teilt der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer in einem gesonderten Dokument, das dem Formular „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“ beigefügt werden kann, die Bezeichnung des Referenzwerts, den Namen des Administrators sowie die möglichen Auswirkungen auf den Darlehensnehmer mit. Eine entsprechende Informationspflicht gilt ebenfalls seit dem 01.07.2018 gemäß Art. 247a § 1 Nr. 14 EGBGB für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge (Umsetzung des Art. 58 BMR).

10. Kontakt und Informationen

Die BaFin ist die zuständige deutsche Behörde für die Aufsicht nach der EU Referenzwerte-VO.

Es wird darauf hingewiesen, dass die BaFin überprüfen kann, ob die jeweils einschlägigen Anforderungen der EU Referenzwerte-VO erfüllt werden. Die BaFin kontrolliert jedoch weder die rechnerische Richtigkeit noch die Eignung eines Referenzwertes bei Verwendung für das jeweilige Finanzprodukt.

Kontakt: EU-Benchmark-Regulation@bafin.de.

Weitere Informationen zum Thema EU Referenzwerte-VO finden Sie auf der Website der European Securities and Markets Authority (ESMA) sowie der Webseite der EU Kommission.

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