Was genau wird bei einem kritischen IKT-Drittdienstleister bewertet?
Die Bewertung des kritischen IKT-Drittdienstleisters durch die europäischen Aufsichtsbehörden beschränkt sich auf den abschließenden Katalog des Art. 33 Abs. 3 DORA. Dieser umfasst unter anderem IKT-Anforderungen zur Gewährleistung der Sicherheit, Verfügbarkeit, Kontinuität, Skalierbarkeit und Qualität der Dienste, die physische Sicherheit, Risikomanagementprozesse, Governance-Regelungen, Tests von IKT-Systemen, Infrastrukturen und Kontrollen oder IKT-Audits.
Welche Rechte erhalten europäische Aufsichtsbehörden bei der Überwachung?
Europäische Aufsichtsbehörden haben gegenüber kritischen IKT-Drittdienstleistern insbesondere das Recht,
- Informationen anzufordern,
- allgemeine Untersuchungen und Prüfungen, einschließlich Vor-Ort-Prüfungen, durchzuführen,
- Empfehlungen auszusprechen zur IKT-Sicherheit (z.B. bzgl. Patching, Updates, Verschlüsselung), zu den Geschäftsbedingungen und zur geplanten Vergabe von Unteraufträgen einschließlich des Verzichts auf weitere Unteraufträge und
- öffentlich bekanntzugeben, wenn ein kritischer IKT-Drittdienstleister diese Empfehlungen nicht einhält und wenn Sanktionen verhängt wurden.
Von Finanzunternehmen können die nationalen Aufsichtsbehörden verlangen, die Nutzung oder den Einsatz von Diensten des kritischen IKT-Drittdienstleisters auszusetzen oder die Kündigung dieser zu verlangen, wenn sich der IKT-Drittdienstleister hinsichtlich der ausgesprochenen Empfehlungen nicht kooperativ zeigt.
Gibt es, wenn eine Überwachung des Dienstleisters vorliegt, Erleichterungen für die Prüfung des Dienstleisters durch das Finanzunternehmen?
Die Überwachung kritischer IKT-Drittdienstleister durch die Aufsichtsbehörden hat Risiken für den gesamten Finanzmarkt im Blick, wohingegen der Fokus der Prüfungen des einzelnen Finanzunternehmens auf dem eigenen Unternehmen liegt. Daher entbindet die Prüfung des kritischen IKT-Drittdienstleisters durch die Aufsicht die Finanzunternehmen nicht davon, selbst Prüfungen durchzuführen, sofern es diese nach den regulatorischen Anforderungen notwendig sind. Dabei können sie jedoch Anhaltspunkte aus den Mitteilungen der Aufsicht über ausgesprochene oder nicht-umgesetzte Empfehlungen entnehmen. Sofern sich nach Beginn der Überwachung Synergiemöglichkeiten zeigen, ist die BaFin bestrebt, diese auch im Interesse des Finanzmarktes zu nutzen.
Werden den Finanzunternehmen die Berichte der Aufsicht über die Überwachung des kritischen IKT-Drittdienstleisters zur Verfügung gestellt, damit es diese im Rahmen des Drittparteienrisikomanagements verwenden kann?
Ergebnisse aus der Überwachung kritischer IKT-Drittdienstleister werden Aufsichtsbehörden grundsätzlich nicht mit dem Finanzmarkt teilen, da diese ebenso vertraulich sind wie die Ergebnisse aus der Aufsicht der Finanzunternehmen. Eine Ausnahme besteht nur im Hinblick auf Empfehlungen gegenüber dem kritischen IKT-Drittdienstleister, die den Finanzunternehmen gemäß Art. 42 Abs. 3 DORA zum Zwecke des Risikomanagements mitgeteilt werden, die mit diesem Dienstleister in einem Vertragsverhältnis stehen. Sofern der kritische IKT-Drittdienstleister Empfehlungen nicht nachkommt, wird dies grundsätzlich gemäß Art. 42 Abs. 2 DORA ebenso für die Allgemeinheit veröffentlicht, wie wenn gegen ihn ein Zwangsgeld erlassen wird.
Wie erfahre ich als Finanzunternehmen von den Empfehlungen, die von der federführenden Überwachungsbehörde gegenüber dem von mir genutzten kritischen IKT-Drittdienstleister ausgesprochen wurden?
Gem. Art. 42 Abs. 3 und 4 DORA unterrichten die national zuständigen Behörden die Finanzunternehmen über Empfehlungen der federführenden Überwachungsbehörde gegenüber kritischen IKT-Drittdienstleistern, zu denen diese in einem Vertragsverhältnis stehen. Dadurch sollen die Finanzunternehmen die in den Empfehlungen festgestellten spezifischen Risiken bei seinem Management des IKT-Drittparteienrisikos berücksichtigen können.
Wo werden die Aufsichtsbehörden die öffentlich zugänglichen Informationen über die von kritischen IKT-Drittdienstleistern nicht umgesetzten Empfehlungen oder gegen diese verhängten Zwangsgelder veröffentlichen?
Die DORA-Verordnung sieht in Art. 42 Abs. 2 bzw. Art. 35 Abs. 10 DORA nur vor, dass eine Veröffentlichung durch die federführenden Aufsichtsbehörden erfolgt, macht jedoch keine Angaben dazu, wo dies genau sein wird. Anders ist dies im Hinblick auf verwaltungsrechtliche Sanktionen der zuständigen Behörden gegenüber Finanzunternehmen vorgesehen, da diese gemäß Art. 54 Abs. 1 DORA auf den amtlichen Websites erfolgen wird. Sobald hier Näheres bekannt ist, wird die BaFin dies mitteilen.
Kann sich das Finanzunternehmen darauf verlassen, dass keine Risiken in der Nutzung des kritischen IKT-Drittdienstleisters bestehen, solange es keinen Hinweis auf Empfehlungen von der Aufsicht bekommt?
Nein. Das Finanzunternehmen, das mit einem Dienstleister in einem Vertragsverhältnis über die Nutzung von IKT-Dienstleistungen steht, ist im Rahmen des Drittparteienrisikomanagements gemäß Art. 28 Abs. 1 lit. a DORA jederzeit in vollem Umfang für die Einhaltung und Erfüllung aller regulatorischen Verpflichtungen verantwortlich. Daran ändert auch die Überwachung des IKT-Drittdienstleisters als kritischer IKT-Drittdienstleister nichts.
Bemisst sich die Höhe des Zwangsgeldes gegen kritische IKT-Drittdienstleister, die Teil einer Gruppe sind, auf Grundlage des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes der Gesellschaft oder der Unternehmensgruppe?
Die Regelung des Art. 35 Abs. 8 DORA, die die Höhe des Zwangsgeldes normiert, macht dazu keine Angaben. Da gem. Art. 31 Abs. 3 DORA bei der Einstufung von IKT-Drittdienstleistern, die Teil einer Gruppe sind, die Kritikalitätskriterien in Bezug auf die von der Gruppe als Ganzes bereitgestellten IKT-Dienstleistungen angewandt werden, geht die BaFin derzeit davon aus, dass auch bei der Berechnung des Zwangsgeldes auf die Gruppe abgestellt werden wird.
Werden auf alle kritischen IKT-Drittdienstleister in jedem Jahr Überwachungsmaßnahmen durch die Aufsicht zukommen?
Die federführende Überwachungsbehörde übermittelt jährlich den Überwachungsplan an den kritischen IKT-Drittdienstleister gemäß Art. 33 Abs. 4 DORA. Darin werden diesem für das Jahr die für ihn vorgesehenen Überwachungsziele und wichtigsten Überwachungsmaßnahmen beschrieben. Grundlage dafür ist die Bewertung der federführenden Überwachungsbehörde, inwieweit der kritische IKT-Drittdienstleister über umfassende, fundierte und wirksame Vorschriften, Verfahren, Mechanismen und Vorkehrungen für das Management der IKT-Risiken verfügt.