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Stand:geändert am 18.01.2021 Brexit: Hinweise zu Prospekten für Wertpapieren

Der Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland („Vereinigtes Königreich“) aus der EU und dem EWR ist vollzogen und die Übergangsfrist, binnen derer die meisten europarechtlichen Bestimmungen anwendbar blieben, abgelaufen.

Dies hat sowohl Folgen für die grenzüberschreitende Geltung gebilligter Wertpapierprospekte als auch für den Status des Vereinigten Königreichs als sogenannter "Herkunftsstaat" i.S.v. Art. 2 lit. m) EU-Prospekt-VO (VO (EU) 2017/1129).

(1) Das Vereinigte Königreich wurde zum Drittstaat

Bei der Billigung von Aktienprospekten gilt für Emittenten mit Sitz im EWR das sogenannte "Herkunftsstaatsprinzip". Dieses besagt, dass für die Billigung von Prospekten grundsätzlich die Aufsichtsbehörde des EWR-Sitzstaates zuständig ist.

Emittenten, die ihren Sitz außerhalb des EWR haben, sind sogenannte Drittstaatenemittenten. Sie haben grundsätzlich ein einmaliges Wahlrecht. Sie können für ihre Emissionen zwischen dem EWR-Staat wählen, in welchem die Wertpapiere erstmals öffentlich angeboten werden sollen, und dem EWR-Staat, in welchem der erste Antrag auf Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt gestellt werden soll. Wurde dieses Wahlrecht einmal ausgeübt, so ist auch bei weiteren Emissionen die Aufsichtsbehörde des gewählten EWR-Staates zuständig.

Da sich das Vereinigte Königreich dazu entschlossen hat, sowohl aus der EU als auch dem EWR auszuscheiden, wurde es zum Drittstaat. Emittenten aus dem Vereinigten Königreich und Drittstaatenemittenten, die bislang das Vereinigte Königreich als ihren EWR-Staat gewählt haben, können ihre Prospekte nicht mehr dort billigen lassen, um sie innerhalb des EWR anzubieten. Diese Emittenten müssen für weitere Emissionen innerhalb des EWR ihr Wahlrecht (erneut) ausüben und eine neue Aufsichtsbehörde für ihre Prospektprüfungsverfahren wählen.

(2) Wegfall der grenzüberschreitenden Geltung gebilligter Wertpapierprospekte

Ein gebilligter Wertpapierprospekt kann auf Antrag in anderen EWR-Staaten für ein öffentliches Angebot oder die Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem geregelten Markt verwendet werden. Hierzu bescheinigt die Prospektbilligungsbehörde anderen europäischen Aufsichtsbehörden die Billigung. Durch ein solches sogenanntes "Notifizierungsverfahren" ist es möglich, Wertpapiere in mehreren EWR-Staaten öffentlich anzubieten und/oder zum Handel an einem geregelten Markt zuzulassen, ohne jeweils ein zusätzliches Prospektbilligungsverfahren zu durchlaufen.

Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU und dem EWR, hat für die grenzüberschreitende Geltung von Wertpapierprospekten folgende Konsequenzen:

  • Ein im Vereinigten Königreich gebilligter Prospekt kann nicht mehr in einen EWR-Staat notifiziert werden und umgekehrt.
  • Die grenzüberschreitende Gültigkeit bereits aus dem Vereinigten Königreich heraus notifizierter Prospekte entfällt. Laufende öffentliche Angebote müssen daher eingestellt werden.
  • Neue öffentliche Angebote sowie Zulassungen zum Handel an geregelten Märkten können auf der Grundlage notifizierter Prospekte nicht mehr erfolgen.
  • Bereits zugelassene Wertpapiere behalten sowohl in Deutschland als auch im Vereinigten Königreich ihre Zulassung.

    Emittenten aus dem Vereinigten Königreich und Drittstaatenemittenten, die bislang das Vereinigte Königreich als EWR-Staat gewählt haben, müssen neue Prospekte bei einer Behörde im EWR billigen lassen, um weiterhin Wertpapiere im EWR öffentlich anbieten bzw. zum Handel an einem geregelten Markt zulassen zu können.

(3) Wegfall des prospektfreien Zweitlistings

Emittenten aus EWR-Staaten können für Zweitlistings die Ausnahmeregelung des Art. 1 Abs. 5 lit. j der EU-Prospekt-VO in Anspruch nehmen. Die Regelung ermöglicht ein Zweitlisting von Wertpapieren, die bereits zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, ohne dass hierfür ein Wertpapierprospekt erforderlich ist. Durch den Brexit entfällt diese Erleichterung sowohl für Emittenten aus EWR-Staaten, die ein Zweitlisting im Vereinigten Königreich beabsichtigen, als auch für Emittenten aus dem Vereinigten Königreich, die ein Zweitlisting im EWR anstreben.

Hinweis auf Brexit Q&As von ESMA

Die European Securities and Markets Authority (ESMAhttps://www.esma.europa.eu/) hat weitere Hinweise in Form sogenannter Q&As zum Brexit veröffentlicht. Diese finden sich in den „Questions and Answers on the Prospectus Regulation” (ESMA31-62-1258) unter 16.1 und 16.2.

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