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Stand:geändert am 05.07.2021 | Thema Governance Governance

Die zweite Säule von Solvency II legt die qualitativen Anforderungen an das Governance-System der betroffenen Erst- und Rückversicherer fest. Jedes betroffene Unternehmen muss dabei die Vorgaben der Art. 41-49 der Solvency-II-Richtlinie (Rahmenrichtlinie 2009/138/EG) erfüllen. Zum 1. Januar 2016 ist die Solvency II Rahmenrichtlinie in die nationale Gesetzgebung umgesetzt worden.

Die Vorgaben zur Geschäftsorganisation (Governance-System) sind in den §§ 23 – 32 Versicherungsaufsichtsgesetz vom 1. April 2015 (VAG) geregelt. Diese Vorgaben umfassen sowohl allgemeine Anforderungen gemäß § 23 VAG (Art. 41 SII RRL) als auch weitere Anforderungen, die in §§ 24, 26, 27, 29-32 VAG (Art. 42, 44-49 SII RRL) festgelegt werden.

Folgende Anforderungen ergeben sich aus dem VAG an die Geschäftsorganisation von Versicherern:

  • § 23 VAG (Art. 41 SII RRL) enthält unter anderem die Anforderung einer angemessenen, transparenten Organisationsstruktur mit einer klaren Zuweisung und angemessenen Trennung der Zuständigkeiten und eines wirksamen Systems zur Gewährleistung der Übermittlung von Informationen. Die Geschäftsorganisation muss wirksam und angemessen sein und ist regelmäßig zu überprüfen. Die Unternehmen haben über schriftliche Leitlinien, unter anderem zum Risikomanagement, zu verfügen. Zudem gibt es Anforderungen an Vorkehrungen zur Gewährleistung der Kontinuität und Ordnungsmäßigkeit der Tätigkeiten der Unternehmen.

  • § 24 VAG (Art. 42 SII RRL) betrifft Anforderungen hinsichtlich der fachlichen Eignung und Zuverlässigkeit der Personen, die das Unternehmen tatsächlich leiten oder andere Schlüsselaufgaben wahrnehmen. Die Qualifikationsanforderungen gelten somit für die Geschäftsleiter, die Mitglieder des Aufsichtsrates und die Personen, die für weitere Schlüsselaufgaben wie insbesondere die vier vorgeschriebenen Schlüsselfunktionen tätig sind. Dies umfasst die Person, die für die Schlüsselaufgabe verantwortlich ist, sowie die Mitarbeiter der Schlüsselaufgabe.
  • § 26 VAG (Art. 44 SII RRL) regelt Anforderungen an das Risikomanagementsystem und die unabhängige Risikocontrollingfunktion (URCF). Das Risikomanagementsystem beinhaltet unter anderem a. Strategien, Prozesse und Meldeverfahren. Die URCF ist auf die Erleichterung der Umsetzung des Risikomanagementsystems gerichtet und hat im Rahmen der Verwendung Interner Modelle zusätzliche Aufgaben.
  • § 27 VAG (Art. 45 SII RRL) betrifft die unternehmenseigene Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung und dient u. a. der Überprüfung des Gesamtsolvabilitätsbedarfs mit Blick auf das eigene Risikoprofil.
  • § 29 VAG (Art. 46 SII RRL) stellt Anforderungen an das interne Kontrollsystem und die Compliance-Funktion auf. Als Mindestelemente des internen Kontrollsystems sind Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren, ein interner Kontrollrahmen, eine angemessene unternehmensinterne Berichterstattung auf allen Unternehmensebenen und die Compliance-Funktion vorgeschrieben. Die Compliance-Funktion überwacht die Einhaltung der Anforderungen. Sie berät den Vorstand in Bezug auf die Einhaltung der Anforderungen, beurteilt Auswirkungen von Rechtsänderungen auf das Unternehmen und identifiziert und beurteilt die mit der Nichteinhaltung rechtlicher Vorgaben verbundenen Risiken.
  • § 30 VAG (Art. 47 SII RRL) betrifft die Funktion der internen Revision. Sie umfasst unter anderem die Bewertung, ob das interne Kontrollsystem und die anderen Bestandteile der Geschäftsorganisation angemessen und wirksam sind.
  • § 31 VAG (Art. 48 SII RRL) sieht eine versicherungsmathematische Funktion vor, die unter anderem die Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen koordiniert.
  • Bei jeder Ausgliederung – auch von nicht wichtigen Funktionen oder Versicherungstätigkeiten – bleiben die Unternehmen für die Einhaltung der Anforderungen verantwortlich. § 32 VAG (Art. 49 SII RRL) legt außerdem besondere Anforderungen an die Ausgliederung von wichtigen Funktionen oder Versicherungstätigkeiten fest.
    Die Europäische Kommission hat die Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 erlassen, die die Anforderungen der genannten Artikel der Solvency II Rahmenrichtlinie näher bestimmt (Art. 50 SII RRL in der Fassung der Omnibus-II-RL). Die Delegierte Verordnung gilt unmittelbar in allen Mitgliedstaaten.
    Außerdem gibt es Leitlinien von EIOPA, die die Anforderungen der SII RRL und der Delegierten Verordnung weiter konkretisieren.

Die BaFin veröffentlicht Rundschreiben zu den aufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation.

Das Rundschreiben 2/2017 (VA) „Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von Versicherungsunternehmen (MaGo)“ richtet sich an alle Unternehmen, die unter Solvabilität II fallen. Systematisch tritt das Rundschreiben an die Stelle des mit Ablauf des 31.12.2015 aufgehobenen Rundschreibens 3/2009 zu den aufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk VA). Aber anders als die MaGo richtete sich die MaRisk VA an alle beaufsichtigten Unternehmen.

Dementsprechend enthält das Rundschreiben 01/2020 (VA) „Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von kleinen Versicherungsunternehmen nach § 211 VAG (MaGo für kleine VU)“ und das Rundschreiben 08/2020 (VA) „Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (MaGo für EbAV)“.

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Veröffentlichungen zum Thema

Rund­schrei­ben 10/2023 (VA) - Fach­li­che Eig­nung und Zu­ver­läs­sig­keit von Mit­glie­dern von Ver­wal­tungs- oder Auf­sichts­or­ga­nen ge­mäß VAG

Das Rundschreiben gibt Erläuterungen zu den fachlichen und persönlichen Anforderungen, die an die Mitglieder eines Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans gestellt werden und den damit verbundenen Anzeigepflichten auf der Grundlage des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG).

Rund­schrei­ben 11/2023 (VA) - Fach­li­che Eig­nung und Zu­ver­läs­sig­keit von Per­so­nen, die für Schlüs­sel­funk­tio­nen ver­ant­wort­lich oder für Schlüs­sel­funk­tio­nen tä­tig sind, ge­mäß VAG

Dieses Rundschreiben gibt Erläuterungen zu den Qualifikationsanforderungen an Personen, die Schlüsselfunktionen wahrnehmen (also für die Schlüsselfunktion verantwortlich sind oder für diese tätig sind) und den damit verbundenen Anzeigepflichten auf der Grundlage des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG).

Rund­schrei­ben 9/2023 (VA) - Fach­li­che Eig­nung und Zu­ver­läs­sig­keit von Mit­glie­dern der Ge­schäfts­lei­tung ge­mäß VAG

Dieses Rundschreiben gibt Erläuterungen zu den fachlichen und persönlichen Anforderungen an Personen, die als Mitglied der Geschäftsleitung eines Unternehmens bestellt werden sollen und den damit verbundenen Anzeigepflichten auf der Grundlage des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG).

An­la­ge „Per­sön­li­che Er­klä­rung mit An­ga­ben zur Zu­ver­läs­sig­keit“

Persönliche Erklärung mit Angaben zur Zuverlässigkeit und zu weiteren Mandaten des Mitglieds der Geschäftsleitung, der/s Hauptbevollmächtigten, der/s Vertreterin/s für die Schadenregulierung, des Mitglieds des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans, der Verantwortlichen Person für eine Schlüsselfunktion oder für eine eventuell von dem Unternehmen identifizierte weitere Schlüsselaufgabe

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