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Standpunkt des Präsidenten

Beitrag aus dem Jahresbericht 2017 der BaFin

Die BaFin feierte im Mai 2017 ein kleines Jubiläum: 15 Jahre zuvor war sie als integrierte Aufsicht aus den drei Bundesaufsichtsämtern für das Kreditwesen, das Versicherungswesen und den Wertpapierhandel hervorgegangen. Es hatte sich herausgestellt, dass die Aufteilung der Aufsicht auf mehrere Behörden nicht mehr zeitgemäß war.

Dass der deutsche Gesetzgeber noch immer vom Modell der integrierten Aufsicht überzeugt ist, hat er auch dadurch gezeigt, dass er die BaFin 2016 im kollektiven Verbraucherschutz noch einmal deutlich gestärkt und sie Anfang 2018 zudem zur nationalen Abwicklungsbehörde gemacht hat.

Die BaFin ist also in mehrfacher Hinsicht integriert: Sie vereint die Aufsicht über alle Sektoren des Finanzmarkts, sie verzahnt Mikro- und Makroaufsicht, betreibt prudenzielle und Verhaltensaufsicht (wozu auch der kollektive Verbraucherschutz zählt), und sie ist – siehe oben – nationale Abwicklungsbehörde. Neben der offensichtlichen Kostenersparnis – etwa durch die Nutzung einer Verwaltung, einer IT und gemeinsamer Kompetenzzentren – bietet diese Integration signifikante Vorteile:

Sektorübergreifende Aufsicht

Die Mutter in einem Sektor, die Tochter in einem anderen, Vertriebskooperationen, Garantien und so weiter – die Sektoren des Finanzmarktes sind auf vielfältige Weise miteinander verbunden. Schneller als Spartenaufseher kann eine integrierte Aufsicht Risiken und Verflechtungen erkennen und deren Auswirkungen in den verschiedenen Sektoren einschätzen. Vereint in einer Behörde, können die Bereiche einander ohne Verzögerung informieren, ihr Vorgehen abstimmen und rasch handeln.

Zudem erstrecken sich immer mehr Phänomene auf dem Finanzmarkt über mehrere Sektoren. Das Niedrigzinsniveau, die Digitalisierung, Geldwäsche und der Brexit sind nur wenige herausragende Beispiele, die zeigen, dass Aufsicht einen ganzheitlichen Blick braucht.

Eine sektorübergreifende Aufsicht hat auch den Vorteil, dass sie Recht einheitlich auslegen und Ermessensspielräume in vergleichbarer Weise ausschöpfen kann. Da, wo es möglich und geboten ist, kann die BaFin einheitliche Standards vorgeben und eine konsistente Verwaltungspraxis entwickeln. Ein aktuelles Beispiel sind die BAIT, die Bankaufsichtlichen Anforderungen an die IT, in denen die BaFin 2017 konkretisiert hat, welche Erwartungen sie in puncto IT-Sicherheit an Banken stellt. Das Pendant für Versicherer – die VAIT – will die BaFin 2018 veröffentlichen. Dass eine Aufsicht vergleichbar hohe Anforderungen an die IT von Banken und Versicherern stellen muss, liegt auf der Hand.

Nicht nur Auslegung und Vollzug, auch das Aufsichtsrecht selbst sollte, wo es um gleiche Risiken geht, konsistent gestaltet werden – auch um Aufsichtsarbitrage und Wettbewerbsverzerrungen einzudämmen. Die BaFin hat das im Blick, wenn sie in den europäischen und globalen Gremien an der Regulierung des Finanzmarktes mitwirkt.

Mikro- und Makroprudenzielle Aufsicht

Befasst sich mikroprudenzielle Aufsicht mit dem einzelnen Unternehmen und seinem Sektor, geht es bei makroprudenzieller Aufsicht darum, die Stabilität des gesamten Finanzsystems zu sichern. Die BaFin hat einen gut bestückten mikroprudenziellen Instrumentenkasten, verfügt aber auch über makroprudenzielle Instrumente wie etwa den antizyklischen Kapitalpuffer. Erkenntnisse aus Mikro- und Makroaufsicht müssen ungehindert ausgetauscht und gebündelt werden, damit die Aufsicht systemische Risiken frühzeitig erkennen kann. Unter einem Dach ist das leichter möglich, zumal die Grenzen zwischen Mikro- und Makroaufsicht fließend sind. Mikroprudenzielle Instrumente können auch makroprudenziell wirken – vor allem, wenn sie flächendeckend angewendet werden. Die Zusammenarbeit von Bundesfinanzministerium, Deutschen Bundesbank und BaFin im Ausschuss für Finanzstabilität ist dabei von großer Bedeutung.

Prudenzielle vs. Verhaltensaufsicht

Neben der prudenziellen Aufsicht hat spätestens nach der Finanzkrise 2007/2008 ein weiterer Aufsichtszweig stark an Bedeutung gewonnen: die Verhaltensaufsicht. Ihr Ziel ist es, gleiche, faire und transparente Verhältnisse für alle Marktteilnehmer durchzusetzen. Davon profitieren auch Verbraucher – ebenso wie von der prudenziellen Aufsicht, denn diese befasst sich mit der Solvenz der Unternehmen und ihrer Fähigkeit, ihre Verpflichtungen jederzeit erfüllen zu können. Gerade in der jüngeren Vergangenheit sind auch viele Vorgaben erlassen worden, die sich direkt dem Schutz der Verbraucher widmen. Indirekt profitiert auch die Finanzindustrie: Wenn die Anbieter sich ihren Kunden gegenüber korrekt verhalten, wächst deren Vertrauen, was wiederum der Stabilität des Finanzmarktes zugutekommt. Diesem Zusammenhang gerecht zu werden, gelingt am besten einer integrierten Aufsicht.

Sind prudenzielle Aufsicht und Verhaltensaufsicht unter einem Dach angesiedelt, bedeutet das nicht nur, dass Informationen zwischen beiden Bereichen ungestört fließen und die Aufsicht sich ein umfassendes Bild von Unternehmen und Anbietern des Finanzmarktes machen kann. Das allein wäre Grund genug für eine Integration. Hinzu kommt, dass beide Aufsichtszweige ihr Handeln abstimmen können. Und sollten prudenzielle und Verhaltensaufsicht in ein Spannungsfeld geraten, ist eine integrierte Aufsicht besonders gut geeignet, ausgewogene Entscheidungen zu treffen.

Abwicklung vs. Aufsicht

Auch Abwicklung und Aufsicht profitieren davon, zwar eigenständig, aber doch unter einem Dach vereint – und damit effizienter – agieren zu können. Gerät eine Bank in Schieflage, kann die BaFin sie nun leichter restrukturieren oder – falls erforderlich und die Voraussetzungen vorliegen – abwickeln und so Schaden von der Allgemeinheit abwenden. In einem solchen Fall zählt jede Minute. Aufseher, Sanierer und Abwickler müssen als perfekt eingespieltes Team handeln, was sich innerhalb einer Institution besser bewerkstelligen lässt – zumal die nationale Instanz BaFin, auch was das angeht, eher als Teil eines europäischen Orchesters auftreten und selten Soloauftritte absolviert. Aber nicht nur in den dramatischen Stunden rund um eine Abwicklung, auch bei der laufenden Aufsicht müssen Abwicklung, Sanierung und Aufsicht reibungslos zusammenarbeiten, sei es bei der Abwicklungsplanung oder bei eventuell erforderlichen Restrukturierungen.

Gerät eine Bank ins Trudeln, sind auch Wertpapier- und Versicherungsaufsicht gefragt. Die BaFin muss nicht erst eine andere Behörde fragen, wenn sie wissen will, ob die Risiken einer Bank auf einen Versicherer oder eine Fondstochter durchschlagen können. Zudem stellen sich auch Fragen der Ad-hoc-Publizität. Solche und andere Zusammenhänge lassen sich in einer integrierten Aufsicht sehr viel schneller analysieren und unter Kontrolle bringen.

Die BaFin hat als integrierte Aufsicht weitreichende Eingriffsbefugnisse, aber auch sie bewegt sich – wie in einem Rechtsstaat üblich – nur auf dem Boden konkreter Ermächtigungsgrundlagen. Für steuerrechtliche Fragen etwa ist sie nicht zuständig. Was wir gegebenenfalls prüfen, sind die aufsichtsrechtlich relevanten Implikationen steuerschädlicher oder strafbewehrter Tatbestände.

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