Ein Jahr MiFID II
Beitrag aus dem Jahresbericht 2018 der BaFin
„Mehr Transparenz, besserer Anlegerschutz“ – mit vier Worten lasse sich zusammenfassen, „was allein in der MiFID II1 auf hunderten von Seiten ausbuchstabiert worden“ sei, stellte BaFin-Präsident Felix Hufeld nur wenige Tage nach dem Start der Richtlinie am 3. Januar 2018 fest und verortete die Richtlinie in der „regulatorischen Superschwergewichtsklasse“.
Positives Gesamtfazit
Umso bemerkenswerter ist es, dass die BaFin in ihren Marktuntersuchungen für das erste Jahr unter MiFID II insgesamt ein positives Fazit ziehen kann. Zwar stellten sich am 3. Januar 2018 vereinzelt Schwierigkeiten bei der Umsetzung ein. Und auch ein Jahr nach Inkrafttreten der neuen Regelungen bestand in einigen Bereichen weiterer Umsetzungsbedarf. Beides ist aber angesichts des Umfangs der neuen Regulierung nicht überraschend.
Zwei Marktuntersuchungen zu Wohlverhaltenspflichten
Schon unmittelbar nach Inkrafttreten der MiFID II nahm die BaFin eine erste Marktuntersuchung bei Kreditinstituten zu verschiedenen neuen Wohlverhaltensregeln in Angriff. Die Aufsicht wollte sich damit frühzeitig einen Überblick über den Stand der Umsetzung verschaffen. An der Untersuchung beteiligten sich freiwillig insgesamt 20 Privat- und Auslandsbanken und jeweils zehn Sparkassen und Genossenschaftsbanken aus den jeweiligen Regionalverbänden. Im zweiten Halbjahr 2018 weitete die BaFin die Untersuchung in einer weiteren Marktuntersuchung auf Finanzdienstleistungsinstitute aus, um einen marktweiten Überblick zu erhalten. Daran nahmen 25 Finanzdienstleistungsinstitute und fünf Wertpapierhandelsbanken teil.
Die beiden Marktuntersuchungen zu den Wohlverhaltenspflichten konzentrierten sich auf die Aufzeichnungspflichten (Taping), die Geeignetheitserklärung und die Ex-ante-Kosteninformationen und damit auf neue Wohlverhaltensregeln, die für Verbraucher besonders relevant sind. Die Institute haben beachtliche finanzielle und personelle Ressourcen eingesetzt und einen erheblichen Aufwand betrieben, um die neuen Vorgaben der MiFID II umzusetzen. Dies lässt sich für den gesamten Markt feststellen, und zwar unabhängig von der Größe und den Geschäftsmodellen der einzelnen Institute.
Erfreulich war, dass die Institute ihrer Pflicht, Telefongespräche aufzuzeichnen (Taping), nachkommen und die technische Umsetzung weitgehend geglückt ist. Es war aber auch zu beobachten, dass Institute Gesprächsteile nicht oder nicht vollständig aufgezeichnet hatten, die sie hätten aufzeichnen müssen. Vereinzelt fiel auch auf, dass lediglich nachträgliche Zusammenfassungen der Gespräche aufgezeichnet worden waren, was nicht ausreicht. Die stichprobenhafte Auswertung der Kostenausweise zeigte Schwachstellen, was deren Vollständigkeit und rechnerische Richtigkeit anging.
Marktuntersuchung zur Product Governance
Im zweiten Halbjahr 2018 fand eine Marktuntersuchung zu den neuen Product-Governance-Vorgaben nach MiFID II statt. Darin befragte die BaFin 55 Institute nach dem Stand der Umsetzung: 25 Finanzdienstleistungsinstitute, fünf Wertpapierhandelsbanken sowie 25 Banken und Sparkassen. Im Fokus standen die Prozesse, welche die Institute in ihrer Rolle als Konzepteure und Vertriebsunternehmen eingerichtet hatten.
Auch hier ein insgesamt positives Bild: Die Umsetzung der Product-Governance-Vorgaben ist im Wesentlichen erfolgreich verlaufen. Was die Bestimmung des Zielmarkts angeht, erscheinen zwar vereinzelt die Ausführungen zu bestimmten Zielmarktkategorien verbesserungswürdig. Viele Stichproben über alle Klassen von Finanzinstrumenten hinweg ergaben, dass die Institute die Anlageziele des Kunden mit „Vermögensbildung bzw. Optimierung“ angegeben hatten. Bei einigen Produkten wäre eine stärkere Differenzierung wünschenswert gewesen. Die BaFin geht aber davon aus, dass die Bestimmung des Zielmarkts in der kommenden Zeit zunehmend an Kontur gewinnen wird.
Die Marktuntersuchung zeigte, dass es kleineren Instituten immer schwerer fällt, die komplexen und umfangreichen neuen Vorgaben neben ihrem Tagesgeschäft umzusetzen. Die größeren Häuser hingegen standen vor der Herausforderung, die neuen Prozesse in das Gefüge bereits bestehender Prozesse einzufügen. Die BaFin bietet daher Hilfestellung an – etwa in Gestalt der MaComp, der Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und die weiteren Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen.2 Sie wird sich auch bei der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA für Handreichungen einsetzen.
Fußnoten:
- 1 Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive – MiFID II), Richtlinie 2014/65/EU, ABl. EU L 173/349. Die MiFID II wurde umgesetzt durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 23.6.2017, BGBl. I S. 1693.
- 2 Rundschreiben 5/2018 (WA) – Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und weitere Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten – MaComp.