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Stand:geändert am 29.05.2020 | Thema Fintech, Verbraucherschutz Digitalisierung, Big Data Analytics & Fintechs

Der gesamtgesellschaftliche Trend zur Digitalisierung und Individualisierung von Dienstleistungen wirkt sich auch sehr stark auf den Finanzsektor aus. Das breite Angebot an neuen Finanzdienstleistungen bietet Verbrauchern viele Chancen. Welche sind das? Welche neuen Möglichkeiten bestehen? Und welche Risiken sind damit verbunden?

Wo begegne ich der Digitalisierung im Finanzsektor?

Seit Jahren etabliert ist das Online-Banking, das Kunden die Möglichkeit bietet, bequem von zu Hause aus Überweisungen in Auftrag zu geben. Seit Einführung des Online-Bankings ist die Digitalisierung des Finanzsektors sehr viel weiter fortgeschritten. So zahlen Kunden heute längst nicht mehr nur bar oder per Überweisung, Lastschrift und Kreditkarte. Mehr und mehr nutzen sie auch alternative Bezahlverfahren. Dazu zählen Onlinedienste, die eine Überweisung vom eigenen Konto auslösen (Zahlungsauslösedienste) und digitale Geldbörsen (E-Wallets), die im Internet zur Bezahlung bei Online-Händlern genutzt werden können, nachdem man sie aufgeladen oder eine Zahlungsquelle hinterlegt hat. Innovative Bezahlmethoden setzen sich auch immer mehr im stationären Handel durch, man denke nur an die kontaktlose Bezahlung an der Kasse – über einen Funk-Chip in der Bankkarte oder im Smartphone.

Fintech – technologiebasierte Finanzinnovation – kommt mittlerweile im gesamten Finanzsektor zum Einsatz. Im Bereich der Kapitalanlagen gibt es zum Beispiel den sogenannten Robo Advice, eine automatisierte Anlageberatung und Portfolioverwaltung. Junge Unternehmen, die sich auf die Erbringung von Finanzdienstleistungen mit Hilfe von Fintech spezialisiert haben, werden als Fintechs bezeichnet. Im Versicherungsbereich spricht man auch von Insurtechs. Die Erfüllung dieser Definition lässt allerdings keine Rückschlüsse zu, ob das entsprechende Unternehmen der Aufsicht der BaFin unterliegt oder nicht. Die BaFin hat in ihrem BaFinJournal Artikel über die Einordnung von Insurtech in der Versicherungswirtschaft und den Einfluss von Fintechs auf die Finanzbranche veröffentlicht.

Welche Chancen bietet die Digitalisierung?

Digitale Anwendungen bieten den Verbrauchern die Möglichkeit, Dienstleistungen kundenfreundlich und schnell in Anspruch zu nehmen. So zum Beispiel das Onlinebanking: Heute kann man eine Überweisung bequem von zu Hause aus in Auftrag geben. Der Gang in die nächste Bankfiliale ist nicht mehr nötig. Man ist auch nicht mehr auf die Öffnungszeiten der Bank angewiesen. Finanzprodukte können jederzeit und von jedem Ort aus erworben oder verkauft werden. Auch tummeln sich mehr Anbieter auf dem Markt. Verbrauchern steht dadurch ein breiteres Angebot zur Verfügung, so dass sie die Möglichkeit haben, kostengünstigere oder passendere Produkte zu erwerben. Ein weiterer Vorteil der Digitalisierung ist, dass Dienstleistungen häufig günstiger in Anspruch genommen werden können. Dies trifft zum Beispiel auf den Robo Advice zu: Aufgrund des automatisierten Ablaufs kann die Anlageberatung günstiger angeboten werden als bei dem persönlichen Gespräch mit einem Berater.

Welche generellen Risiken bestehen?

Die Digitalisierung führt auch im Finanzsektor zu einer zunehmenden Schnelllebigkeit. Dies ist nicht nur und nicht immer von Vorteil, sondern kann sich auch nachteilig für Verbraucher auswirken. Das zeigt sich daran, dass neue Anbieter, die heute mit innovativen Angeboten an den Markt gehen, morgen vielleicht schon nicht mehr existieren. Es kann außerdem sein, dass ein Geschäftsmodell nicht der Erlaubnis der BaFin bedarf. Bei Produkten des Grauen Kapitalmarkts wird es dubiosen Anbietern häufig erleichtert, ihre Produkte zu vertreiben oder eingezahlte Gelder zu veruntreuen. Sie sollten daher bei risikobehafteten Produkten und zweifelhaften Anbietern stets das Risiko eines Totalverlusts von Ihnen investierter Beträge im Auge behalten.

Ein wichtiges Stichwort ist auch der „Datenschutz“: Verbraucher sollten stets abwägen, welche Daten sie online zur Verfügung stellen und ob der individuelle Nutzen eines Produkts die Preisgabe persönlicher Daten rechtfertigt. Hier gilt der Grundsatz: „Das Internet vergisst nicht.“ Um einem möglichen Datenmissbrauch entgegenzuwirken, sind Verbraucher selbst gefragt und sollten sparsam mit ihren Daten umgehen. Denn nur Daten, die sie zur Verfügung gestellt haben, können Hackern in die Hände fallen und missbraucht werden.

Hinzu kommt: Verbraucher sind davon abhängig, dass die IT des Dienstleisters funktioniert. Kommt es bei diesem zu Systemkomplikationen oder Ausfällen, geht häufig erst einmal nichts mehr. Dies gilt unabhängig davon, ob Verbraucher zum Beispiel das Onlinebanking ihrer Bank nutzen oder nicht. Wenn die IT der Bank versagt, können Überweisungen möglicherweise nicht mehr ausgeführt und Gutschriften nicht eingelöst werden.

Digitale Geschäftsmodelle auf einen Blick

Die hier dargestellten Informationen helfen Ihnen dabei, einen ersten Überblick über einige bekannte Formen neuer digitaler Geschäftsmodelle im Finanzdienstleistungsbereich zu gewinnen. Sie helfen Ihnen auch, die damit einhergehenden Chancen und Risiken zu verstehen.

Was bedeutet Big Data Analytics?

Verbraucher verwenden im Zeitalter der Digitalisierung immer häufiger digitale Anwendungen. Wenn Sie zum Beispiel im Internet einkaufen, Apps auf Ihrem Smartphone verwenden oder mit einer Karte bezahlen, werden vielfältige Daten erzeugt und verarbeitet. Als „Big Data“ werden stetig wachsende Datenmengen bezeichnet, die durch den Einsatz neuer technischer Möglichkeiten analysiert und ausgewertet werden, um daraus unter anderem Rückschlüsse auf individuelle Eigenschaften von Verbrauchern, zum Beispiel zum Kaufverhalten, abzuleiten.

Auch Unternehmen der Finanzbranche, wie zum Beispiel Banken und Versicherer, setzen immer häufiger auf die Nutzung solcher Daten. Erkenntnisse aus einer Datenanalyse über das persönliche Zahlungsverhalten, aber auch über Lebensgewohnheiten oder den Gesundheitsstatus können sich beispielsweise positiv wie auch negativ auf Kreditkonditionen oder Versicherungsprämien auswirken.

Hinsichtlich weiterer Informationen zum Thema Big Data wird auf die Studie „Big Data trifft auf künstliche Intelligenz“ der BaFin verwiesen.

Welche Vorteile kann Big Data Analytics haben?

Durch die Verwendung von Big Data Analytics können Bedürfnisse von Verbrauchern relativ genau vorhergesagt werden. Unternehmen können daher Finanzprodukte und Dienstleistungen anbieten, die auf Verbraucher zugeschnitten sind.

Datenanalysen aus Big Data ermöglichen es Unternehmen, individuelle, verhaltensbasierte Bewertungen und Entscheidungen für Kunden zu treffen, zum Beispiel bei der Kreditvergabe oder der Berechnung von Versicherungstarifen. Versicherer können so Versicherungstarife anbieten, bei denen das individuelle Verhalten von Versicherten maschinell gemessen und bewertet wird. Dies gilt zum Beispiel für den Fitness-Tracker oder das Telematik-Gerät im Auto. Durch einen gesunden Lebensstil oder vorausschauendes und diszipliniertes Autofahren können Versicherte damit von günstigeren Versicherungstarifen oder Beitragserstattungen in der Kranken- bzw. Kfz-Versicherung profitieren.

Mit Hilfe automatisierter Big-Data-Anwendungen können Verwaltungsabläufe zwischen Unternehmen und Kunden vereinfacht und beschleunigt werden. Die Entscheidung über einen Kreditantrag bei einer Bank kann zum Beispiel schneller erfolgen, wenn die dafür notwendigen Informationen und Dokumente elektronisch verarbeitet werden.

Mit Big Data Analytics lassen sich auch Unregelmäßigkeiten und Muster besser erkennen. Prozesse bei der Betrugsprävention werden dadurch effektiver und effizienter. Damit kann ein Unternehmen Betrugsversuche, zum Beispiel nicht autorisierte Kreditkartentransaktionen, schneller feststellen oder verhindern.

Was sind Risiken von Big Data Analytics?

Da immer mehr Daten erzeugt und bereitgestellt werden, kann es für den Verbraucher schwer sein einzuschätzen, wer über welche Daten zu seiner Person verfügt und wie diese ausgewertet werden. Das steigert die Gefahr, dass Daten missbräuchlich verwendet werden. Daten, die in Big-Data-Anwendungen verarbeitet werden, können auch falsch sein oder falsch interpretiert werden. Dies kann zu Fehlentscheidungen für Verbraucher führen, ohne dass eine menschliche Kontrolle stattfindet. Damit besteht die Gefahr, dass fehlerhafte (automatisierte) Entscheidungen negative Konsequenzen für Verbraucher haben, zum Beispiel in Form einer abgelehnten Vertragsanfrage.

Je nach Risikoprofil und Bereitschaft zur Nutzung neuartiger Angebote können sich Nachteile für ganze Verbrauchergruppen oder einzelne Verbraucher ergeben, zum Beispiel in Form erhöhter Versicherungsprämien oder eines erschwerten Zugangs zu Finanzprodukten oder Dienstleistungen.

Durch das umfangreiche Wissen aus Big Data können Verbraucher auch Angebote für Finanzprodukte und Dienstleistungen erhalten, die sie gar nicht benötigen. Ein Verbraucher, der sich in sozialen Netzwerken über ein fernes Reiseziel informiert hat, könnte zum Beispiel dazu verleitet werden einen Kredit aufzunehmen oder eine Reiseversicherung abzuschließen, über die er bereits im Rahmen einer Kreditkarte oder eines anderen Versicherungspakets verfügt.

Das Angebot maßgeschneiderter Finanzprodukte und Dienstleistungen kann es Verbrauchern erschweren, diese miteinander zu vergleichen und zu entscheiden, welche wirklich für sie geeignet sind. Anhand von Big Data Analytics könnte es Unternehmen zudem teilweise möglich sein, die Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit von Verbrauchern abzuschätzen. Dies macht es leichter, auch individuelle Preise für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu verlangen. Eine solche (unsichtbare) Preisanpassung ist aufgrund von (Massen-)Individualisierung von Produkten und Dienstleistungen unter Umständen schwer zu bemerken.

Wie können Sie Ihre Daten schützen?

  • Denken Sie genau darüber nach, welche Informationen Sie einem Dienstleister zur Verfügung stellen bzw. welche Sie im Internet und in sozialen Netzwerken verbreiten.
  • Checken Sie bewusst Ihre Privatsphäre- und Datenschutzeinstellungen bei Apps auf dem Smartphone oder sonstigen digitalen Dienstleistungen. Achten Sie darauf, dass das Sicherheitsniveau Ihrem Bedürfnis entspricht.
  • Lesen Sie Datenschutzinformationen stets genau durch. Hinterfragen Sie, ob Sie alles verstanden haben. Wenn nicht: Fragen Sie bei dem jeweiligen Dienstleister nach. Die Einwilligung in die Verarbeitung Ihrer Daten sollten Sie nur dann erteilen, wenn Sie mit dem Dienstleister und damit, wie er Ihre Daten verwendet, einverstanden sind.
  • Wenn Sie glauben, dass Ihre persönlichen Rechte missachtet werden, sollten Sie Beschwerde bei Ihrem Dienstleister einreichen. Wenn der Dienstleister Ihnen nicht weiterhilft, können Sie Ihre Beschwerde an die für den Dienstleister örtlich zuständige Landesdatenschutzbehörde richten.

Ein gemeinsamer Ausschuss der europäischen Finanzaufsichtsbehörden „ESA“ hat ein Informationsdokument über die Verwendung von Big Data durch Finanzinstitute veröffentlicht, um Verbraucher von Finanzdienstleistungen über die Auswirkungen von Big Data zu informieren. Die deutsche Version finden Sie hier.

Aufsicht und Regulierung

Je nach Ausgestaltung des Geschäftsmodelles, können Fintechs und Insurtechs unter die Aufsicht der BaFin fallen. Welche Unternehmen eine Erlaubnis der BaFin besitzen, können Sie in der Unternehmensdatenbank recherchieren.

Bei der Aufsicht über Fintechs und Insurtechs gilt dabei der Grundsatz: „Gleiche Regeln für gleiches Geschäft.“ Dieser technologieneutrale Ansatz besagt, dass Fintechs und Insurtechs denselben Regeln unterliegen wie etablierte Unternehmen und diese Regeln an den erbrachten Dienstleistungen und nicht der Technologie anknüpfen. Das heißt unter anderem auch, dass die BaFin beispielsweise Anwendungen von Big Data Analytics in Entscheidungsprozessen genauso wie menschliche Entscheidungsprozesse beaufsichtigt.

Bei Verstößen gegen Aufsichtsrecht schreitet die BaFin somit auch bei algorithmenbasierten Prozessen zum Schutz der Verbraucher zum Beispiel durch die Beschränkung oder das Verbot von Vermarktung oder den Vertrieb und Verkauf von Finanzprodukten ein.

Für etliche Fintechs ist derzeit allerdings der Regelungsbereich der Gewerbeordnung (GewO) von Bedeutung. Diese Unternehmen werden daher von den jeweils zuständigen Länderbehörden beaufsichtigt.

Ansprechpartner für Informationen und Beschwerden

Wenn Sie sich von einem Unternehmen nicht korrekt behandelt fühlen, haben Sie verschiedene Möglichkeiten, weitere Informationen einzuholen bzw. sich zu beschweren. An welche Stellen Sie sich wenden können, wie diese Ihnen helfen können und was Sie dabei beachten müssen, erfahren Sie auf der Internetseite der BaFin.

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