Kundenbeschwerden


Kapitel VIII

Kundenbeschwerden

Wie bereits in den Vorjahren sind auch 1999 viele Beschwerden enttäuschter Kunden von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten im Bundesaufsichtsamt eingegangen. Den meisten Kunden konnte jedoch vom Aufsichtsamt nicht weitergeholfen werden, da ihre Eingaben die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Kunde und Bank betrafen. In diesen Fällen kann das Bundesaufsichtsamt die Kunden nur auf den Zivilrechtsweg oder auf die Beratung durch die Verbraucherschutzverbände verweisen. Das Aufsichtsamt wird nur dann gegenüber den Instituten tätig, wenn Anhaltspunkte für Verstöße gegen bankaufsichtliche Pflichten oder Hinweise auf Fehlentwicklungen im Bereich der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute erkennbar sind. In diesen Fällen fordert das Aufsichtsamt die Institute auf, die Mängel abzustellen. Soweit Beanstandungen bei mehreren Instituten auftreten, werden auch die Verbände der Kreditinstitute bzw. der Finanzdienstleistungsinstitute auf die Mängel aufmerksam gemacht.

Der überwiegende Anteil der im Aufsichtsamt eingehenden Eingaben wird von einem zentralen Beschwerdereferat bearbeitet. Beschwerden, die das Bauspar- , Investment- und Depotgeschäft betreffen, werden von den zuständigen Fachreferaten bearbeitet.

Im Jahr 1999 gingen 3.088 Beschwerden im Bundesaufsichtsamt ein. In weiteren 38 Fällen bat der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages um Stellungnahme. Bei 30 Eingaben sah sich das Bundesaufsichtsamt zu kritischen Anmerkungen oder Beanstandungen gegenüber dem betroffenen Institut gezwungen. Bei 168 Beschwerden kamen die Institute den Kunden - teilweise aus Kulanzgründen – entgegen, nachdem das Aufsichtsamt die Institute um Stellungnahme gebeten hatte. Die Beschwerden hatten vor allem folgende Sachverhalte zum Gegenstand.

Anzahl der Beschwerden

Zahlreiche Kunden beschwerten sich über Entgelte, die bspw. bei der Rückgabe von Schecks bzw. Lastschriften und den mangels Deckung nicht ausgeführten Daueraufträgen und Überweisungen erhoben wurden. Der BGH hatte in seinen Entscheidungen vom 21. Oktober 1997 (Az. XI ZR 5/97 und 296/96) klargestellt, daß eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegte Pauschalierung derartiger Entgelte gegen die Vorschriften das AGB-Gesetz verstößt. Das Gericht hatte allerdings offengelassen, ob Banken im Einzelfall Ersatz für zusätzliche Aufwendungen verlangen können. Der genaue Wortlaut des Urteils war vielen Kunden nicht bekannt. Bei einigen Kunden entstand daher der Eindruck, daß die in

Spezielle Entgelte

   

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Rechnung gestellten Entgelte generell unzulässig seien. Sie wandten sich daher auch gegen die Kostenerstattung, die Institute für die Benachrichtigung der Kunden über die Nichteinlösung von Schecks geltend machten. Verschiedene Amtsgerichte haben jedoch die Zulässigkeit derartiger Kostenerstattungen inzwischen bestätigt.

Gegenstand anderer Beschwerden war die Erhebung von Entgelten für die Bearbeitung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen. Auch das Bundesaufsichtsamt äußerte in der Vergangenheit Zweifel an der Rechtmäßigkeit derartiger Entgelte. Der BGH stellte in seiner Entscheidung vom 18. Mai 1999 XI ZR 219/98 und einer weiteren, bisher nicht veröffentlichten Entscheidung klar, daß die Erhebung von Entgelten für die Bearbeitung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen einen Verstoß gegen § 9 des AGB-Gesetzes beinhaltet. Damit sind die Zweifel des Aufsichtsamtes an der Zulässigkeit dieser Entgelte bestätigt worden.

Wie auch in den Vorjahren wandten sich viele Beschwerdeführer mit der Bitte an das Aufsichtsamt, die ihnen für die Kontoführung, Depotverwaltung und anderen Geschäftsvorfälle berechneten Gebühren zu überprüfen. Da das Bundesaufsichtsamt auf die Preisgestaltung der Kreditinstitute nur einen sehr geringen Einfluß hat, konnte lediglich darauf hingewirkt werden, daß die Kunden über die Einführung oder Erhöhung dieser Entgelte zutreffend und rechtzeitig informiert werden.

Entgelte und die Einführung des EURO

Einige Bankkunden sind nach der Einführung des EURO davon ausgegangen, daß die Kreditinstitute Auslandszahlungen und den Umtausch von Sorten unentgeltlich ausführen. Zwar ist für die Euro-Mitgliedswährungen das Wechselkursrisiko weggefallen; jedoch entstehen bei den Instituten weiterhin Personalkosten für den Bargeldumtausch und den Zahlungsverkehr mit dem Ausland, die an die Kunden weitergegeben werden. Für viele Kunden und auch das Aufsichtsamt war nicht nachvollziehbar, daß trotz Wegfalls des Wechselkursrisikos höhere Entgelte als vor der Einführung des EURO verlangt wurden. Da das Bundesaufsichtsamt keinen Einfluß auf die Preisgestaltung im Sortengeschäft der Kreditinstitute hat, konnte es nicht auf die Änderung dieser kritikwürdigen Praxis hinwirken.

Direktbanken

Aufgrund technischer Probleme beim Telefon-, Online- und Internet-Banking waren einige Direktbanken zeitweise nicht in der Lage, die Aufträge ihrer Kunden ordnungsgemäß abzuwickeln. Bis Ende 1999 traten nur vereinzelt Probleme auf, die nicht als Ausdruck tiefgreifender organisatorischer Mängel gedeutet werden konnten. Wegen der rasant ansteigenden Anzahl von Wertpapierhandelsaufträgen im ersten Quartal 2000 wurden die technischen Probleme der Direktbanken jedoch auf breiter Basis erkennbar. Mehrere Direktbanken waren des öfteren für die Kunden nicht

   

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oder nur sehr schwer erreichbar, so daß deren Aufträge nicht mehr ordnungsgemäß abgewickelt werden konnten. Dies führte zu zahlreichen Beschwerden. Das Bundesaufsichtsamt machte sich anhand der eingehenden Beschwerden ein Bild über die Situation und forderte mehrere Direktbanken zu einer Stellungnahme auf. Soweit es aus Sicht des Aufsichtsamtes erforderlich war, wurden Sonderprüfungen nach § 44 KWG angeordnet.

Das fortlaufend niedrige Zinsniveau für Baufinanzierungsdarlehen veranlasste zahlreiche Kreditnehmer dazu, ein zugesagtes Darlehen nicht abzunehmen oder den ihnen gewährten Kredit durch einen Kredit mit einem niedrigeren Zinssatz abzulösen. Die dafür von Seiten der Institute in Rechnung gestellten Vorfälligkeitsentschädigungen erschienen vielen Kunden als zu hoch. Die Kreditinstitute beachteten jedoch nach den Erkenntnissen des Aufsichtsamtes in aller Regel die vom Bundesgerichtshof (BGH) in seinen Entscheidungen vom 1. Juli 1997 (Az. XI ZR 197/96 und XI ZR 267/96) aufgestellten Grundsätze für die Ermittlung von Vorfälligkeitsentschädigungen. Bei den Berechnungen kann es allerdings zum Streit bei Rechengrößen kommen, über deren Höhe der BGH nicht entschieden hat. Strittig war insbesondere die Höhe der ersparten Risiko- und Verwaltungskosten, wenn dem Wiederanlagezins die Rendite von Schuldverschreibungen öffentlicher Schuldner zugrunde gelegt wurde. Diese Größe kann je nach Bonität des Kreditnehmers und Höhe des Darlehens variieren. Über derartige Streitfälle haben allein die Gerichte zu entscheiden; das Aufsichtsamt kann hier nicht tätig werden.

Vorfälligkeitsent-
schädigungen

Verschiedene Anbieter, die bisher die vertraglich festgelegten Gebühren für den Auslandseinsatz der Kreditkarte in den Wechselkurs eingerechnet hatten, weisen - auch aufgrund der Intervention des BAKred - diese Gebühren nun gesondert aus. Trotzdem gingen beim Aufsichtsamt Beschwerden unzufriedener Bankkunden ein, die sich auf die zugrunde gelegten Wechselkurse bezogen. In vielen Fällen hatten die Kreditinstitute die Kurse an ausländischen Börsenplätzen für die Berechnung herangezogen. Die Notierungen an ausländischen Börsenplätzen stimmten jedoch oft nicht mit denen an deutschen Plätzen überein. Für die Kunden bestand auch keine Möglichkeit, die zugrunde gelegten Notierungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Das Bundesaufsichtsamt ist gegen derartige Verfahrensweisen vorgegangen. Soweit der Kunde jedoch bei Abschluß des entsprechenden Vertrages über die Art und Weise der Berechnung informiert wurde, bestand aus Sicht des Aufsichtsamtes kein Anlaß für bankaufsichtliche Schritte.

Kreditkarten-
einsatz im Ausland

   

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Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse

Einige in finanzielle Schwierigkeiten geratene Kreditnehmer beanstandeten gegenüber dem Aufsichtsamt, daß sich kreditgewährende Institute bei der Kreditvergabe die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht hätten offenlegen lassen. Die Kreditinstitute hätten damit gegen den § 18 KWG verstoßen, der sie zu einer sorgfältigen Prüfung der Bonität ihrer Kreditnehmer verpflichtet. Diese hätte zu einer Verweigerung der Darlehensgewährung führen müssen. Bei derartigen Fällen kann das Bundesaufsichtsamt nur darauf hinweisen, daß ein Kreditnehmer selbst dann nicht von seiner Rückzahlungsverpflichtung befreit wird, wenn eine Bank die Regelungen des § 18 KWG nicht erfüllt haben sollte. Denn ein Verstoß gegen § 18 KWG läßt die Wirksamkeit des abgeschlossenen Kreditvertrages unberührt.

Andere Kreditnehmer beklagten sich über den Umfang der nach § 18 KWG einzureichenden Unterlagen und Informationen. Sie hielten die Offenlegungsspflichten gegenüber den Instituten für zu weitgehend. Das Aufsichtsamt setzte sich mit den Einwänden der Beschwerdeführer auseinander, in es ihnen den Zweck der Offenlegungspflichten des § 18 KWG erläuterte.

Verletzung von Beratungs-
pflichten

Kunden von Bausparkassen beschwerten sich wiederholt über Beratungsfehler, die zum Abschluß von Verträgen mit überhöhten Bausparsummen geführt und darüber hinaus hohe Abschlußgebühren nach sich gezogen hätten. Auch im Zusammenhang mit der Finanzierung von "Steuersparimmobilien" wurde verschiedenen Kreditinstituten die Verletzung von Beratungspflichten vorgeworfen. Wenn die von Vermittlern versprochenen Steuervorteile nicht eintraten und der Marktpreis der beliehenen Objekte zurückging, führte dies oftmals zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Kunden. Die enttäuschten Kunden versuchten daraufhin mit Hilfe des Bundesaufsichtsamtes etwaige Ansprüche gegenüber ihren Vertragspartnern - den Immobilienvermittlern und den finanzierenden Kreditinstituten - durchzusetzen. Das Bundesaufsichtsamtes kann in der Regel nicht beurteilen, ob die Beschwerden im Einzelfall berechtigt sind, da es den Inhalt der Beratungsgespräche im Nachhinein nicht feststellen kann. Es kennt auch nicht die Motivation der Kunden, die letztlich ausschlaggebend für den Vertragsschluß war.

Abrechnung variabel verzinslicher Kredite

Einige Kunden, für deren Kredite eine variable Verzinsung vereinbart worden war, beklagten sich darüber, daß Zinsanpassungen zu ihren Gunsten nicht vertragsgemäß vorgenommen worden seien. Ob diese von den Kunden geltend gemachten Ansprüche begründet sind, ist eine zivilrechtliche Frage und kann daher nicht vom Bundesaufsichtsamt beurteilt werden.

   

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In einzelnen Fällen entstand allerdings der Eindruck, daß Kreditinstitute durch Vereinbarung eines neuen Zinssatzes versuchten, sich der vertraglich erforderlichen Zinsanpassung zu entziehen. Das OLG Köln hatte in seinem Urteil vom 9. Juli 1993 (Az. 20 U 6/93) entschieden, daß bei einer Neuvereinbarung des Zinssatzes kein Anspruch des Kunden auf eine Zinssenkung für die vorherige Kreditlaufzeit besteht, sofern der Kreditnehmer Abrechnungen mehrfach unbeanstandet gelassen hat und sich gleichzeitig etwaige Zinsrückforderungen bei Abschluß der Neuvereinbarung nicht vorbehalten hat.

In einzelnen Fällen finanzierten Kreditinstitute ihren Kunden die Durchführung riskanter Anlagegeschäfte. Dazu zählten z. B. der Kauf von Optionsscheinen ohne Einsatz von Eigenkapital und sogenannte "Zinsdifferenzgeschäfte". Bei dieser Anlageform werden Investitionen in "Weichwährungen" durch "Hartwährungskredite" finanziert. Die riskanten Anlagegeschäfte können leicht zum Ruin der Kunden führen, wenn sich der Marktzinssatz gegen dessen Position entwickelt und die finanzierenden Kreditinstitute nicht rechtzeitig die "Notbremse" ziehen. Wenn eine unzureichende Beratung und Risikobelehrung nachgewiesen werden kann, steht den Kunden ein Schadensersatzanspruch gegenüber den Instituten zu.

Finanzierung riskanter Anlagegeschäfte

Bestimmte Kreditinstitute informierten insbesondere Existenzgründer nicht oder nur unzureichend über mögliche zinsgünstige Darlehen aus öffentlichen Förderprogrammen. Wenn Förderkredite in ein Finanzierungskonzept eingebunden wurden, erfolgte die Bearbeitung der entsprechenden Anträge sowohl bei der Hausbank als auch bei dem die Fördermittel ausreichenden Institut manchmal schleppend. Die langsame Kreditvergabe führte in einigen Fällen dazu, daß Kreditnehmer übergangsweise teure Zwischenfinanzierungsmittel in Anspruch nehmen mußten. Die Hausbanken hielten der Kritik der Kunden entgegen, daß die derzeitige Ausgestaltung der Vergabe von Förderdarlehen wegen des Bearbeitungs-aufwandes und der geringen Zinsmargen kaum noch eine kostendeckende Bearbeitung der Kundenanträge zulasse. Darüber hinaus würden die Hausbanken mit der Kreditvergabe auch Haftungsrisiken übernehmen. Das Bundesaufsichtsamt konnte in diesen Fällen aufgrund seines eingeschränkten Aufgabenbereiches keinen Einfluß auf die generelle Bearbeitungsdauer nehmen.

Existenzgründungs-
darlehen/
Förderkredite

Eine steigende Anzahl von Beschwerden und Anfragen bezog sich auf die Erfüllung von vertraglichen Vereinbarungen in Bürgschaftsverträgen. Verschiedene Beschwerdeführer reklamierten, daß einzelne Kreditinstitute ihren Verpflichtungen aus übernommenen Bürgschaften entweder gar nicht oder nur zögerlich nachgekommen seien. Auf der anderen Seite fühlten sich Personen, die sich gegenüber einem Kreditinstitut

Bürgschaften

   

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für ein Darlehen verbürgt oder mitverpflichtet hatten, zu Unrecht aus den Bürgschaften in Anspruch genommen; andere verlangten in falscher Einschätzung der vertraglichen Verpflichtungen die Entlassung aus der Bürgschaft. Zur Begründung wurde dabei häufig die vermutete Sittenwidrigkeit des Bürgschaftsvertrages wegen finanzieller Überforderung des Bürgen angeführt. Das BAKred konnte den Beschwerdeführern regelmäßig nicht helfen, da es keine Kompetenz in zivilrechtlichen Streitfragen besitzt.

Beschwerden zum Depotgeschäft

Zum Depotbereich gingen 1999 insgesamt 123 schriftliche Anfragen und Beschwerden ein. Gegenstand der Eingaben waren bspw. die Höhe der Gebühren, die Modalitäten der Erhebung und Abrechnung und Fragen zum Verfahren und zu Gebühren bei der Umstellung von Inhaberaktien auf Namensaktien. In verschiedenen Fällen wurden organisatorische Probleme bei der Geschäftsabwicklung unter anderem auch bei Direktbanken beanstandet. Eine Reihe von Beschwerden betraf die Dauer von Depotübertragungen und die hierbei erhobenen Gebühren. In einem Fall nahm ein Institut eine Kundeneingabe zum Anlaß, die Angabe zu Preisen für Depotübertragungen im Preisverzeichnis aufzunehmen.

   

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