Aufsicht über Finanzdienstleistungsinstitute


4 Aufsicht über Finanzdienstleistungsinstitute

Das Bundesaufsichtsamt beaufsichtigt seit Inkrafttreten der 6. KWG-Novelle am 1. Januar 1998 auch Finanzdienstleistungsinstitute und Wertpapierhandelsbanken.

4.1 Erlaubnisverfahren

Nach der gesetzlichen Übergangsregelung konnten Unternehmen, die bereits vor dem 2. Januar 1998 zulässigerweise tätig waren, weiterhin Finanzdienstleistungen anbieten. Diese Institute mußten zunächst lediglich anzeigen, daß sie erlaubnispflichtige Tätigkeiten ausübten und die Absicht hatten diese fortzuführen (Erstanzeige). Die üblicherweise bei einem Erlaubnisverfahren nach § 32 KWG vorgesehenen umfangreicheren Überprüfungen wurden und werden bei den unter die Übergangsregelung fallenden Instituten durch die Einreichung weiterer Unterlagen nachgeholt. Erst durch die Überprüfung dieser sogenannten Ergänzungsanzeigen kann das BAKred abschließend klären, ob die Institute tatsächlich eine erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung anbieten und die Markteintrittsvoraussetzungen des Kreditwesengesetzes erfüllen. Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit erst nach dem 1. Januar 1998 aufnahmen oder nicht fristgerecht eine Erstanzeige abgaben, fallen nicht unter diese Übergangsregelung. Sie benötigen die für alle Institute übliche Erlaubnis nach § 32 KWG. Die Tätigkeit des Aufsichtsamtes war auch noch im Jahr 1999 zu einem erheblichen Teil auf die Bearbeitung der Erst- und Ergänzungsanzeigen konzentriert.

Im April 1998 gingen insgesamt 7.141 Erstanzeigen beim Bundesaufsichtsamt ein. Das KWG sah die Bestätigung dieser Anzeigen innerhalb einer Frist von drei Monaten vor. Diese Frist konnte angesichts der zum Teil sehr aufwendigen Sachverhaltsermittlung und wegen erheblicher personeller Engpässe nicht eingehalten werden. Dennoch konnte das BAKred bis zum Jahresende 1999 die Prüfung von 7.045 der insgesamt 7.141 Erstanzeigen abschließen.

Erstanzeigen

Die Bearbeitung der Ergänzungsanzeigen ist mit einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden, da die Überprüfung der Anzeigen neben einer Vielzahl von Rechtsfragen eine umfangreiche Sachverhaltsermittlung voraussetzt.

In einigen Fällen wurde festgestellt, daß nicht nur die angezeigten Finanzdienstleistungen, sondern auch unerlaubte Bankgeschäfte betrieben wurden. Einige Unternehmen betrieben beispielsweise das Einlagengeschäft, ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis zu besitzen. Das Bundesaufsichtsamt untersagte diesen Unternehmen die weitere Entgegennahme

Ergänzungs-
anzeigen

   

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von Einlagen und ordnete gleichzeitig die Abwicklung des unerlaubt betriebenen Geschäftes an. Die betroffenen Unternehmen mußten daraufhin die Rückzahlung der Einlagen an die Kunden nachweisen. In einigen Fällen mußte das BAKred einen "fremden" Abwickler einsetzen, um eine ordnungsgemäße Abwicklung sicherzustellen.

Außerdem stellte das BAKred bei der Überprüfung der Ergänzungsanzeigen fest, daß einige Unternehmen gar keine erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistungen erbrachten. Dazu gehörten insbesondere Vermittler von Bausparverträgen, Darlehen oder Immobilien, deren Tätigkeit nicht vom Kreditwesengesetz erfaßt wird.

Das Bundesaufsichtsamt überprüft die fachliche Eignung und die persönliche Zuverlässigkeit der Geschäftsleiter. Die persönliche Zuverlässigkeit konnte in verschiedenen Fällen nicht bejaht werden. Manche Geschäftsleiter konnten nicht nachweisen, daß sie in ausreichendem Maße über die erforderlichen Fachkenntnisse und die vorgeschriebene Leitungserfahrung verfügen. Sie waren beispielsweise nicht lange genug tätig oder hatten nicht ausreichende Erfahrungen in den erlaubnispflichtigen Geschäftsfeldern sammeln können. In einigen Fällen konnten auch ehemalige Geschäftsleiter von Kreditinstituten nicht nachweisen, daß sie im Bereich des Finanzdienstleistungsgeschäfts ausreichende Erfahrungen besaßen.

4.2 Laufende Aufsichtstätigkeit

Die laufende Aufsicht über die Finanzdienstleistungsinstitute stellt das Aufsichtsamt immer wieder vor schwierige juristische Fallgestaltungen. Das hängt insbesondere damit zusammen, daß die Solvenzaufsicht über die Institute erst seit relativ kurzer Zeit existiert. Weder die betroffenen Unternehmen noch das BAKred konnten daher umfangreiche Erfahrungen mit dieser neuen Rechtsmaterie sammeln. Unabhängig davon werden auch auf dem zunehmend international agierenden Finanzdienstleistungssektor immer wieder neue Produkte oder Vertriebsmethoden entwickelt, auf deren Risiken das Aufsichtsamt zeitnah reagieren muß.

Gebundene Agenten

Seit 1999 beobachtet das BAKred, daß Finanzdienstleistungsinstitute vermehrt die Dienste sogenannter "gebundener Agenten" in Anspruch nehmen. Die gebundenen Agenten werden nach § 2 Abs. 10 KWG ausdrücklich nicht von der Aufsicht erfaßt, soweit die im Gesetz bestimmten Institute eine umfassende Haftung für die Tätigkeit der gebundenen Agenten übernehmen und diese keine weiteren Finanzdienstleistungen für andere Institute erbringen. Institute, die sog. gebundene Agenten für sich tätig werden lassen wollen, haben dies dem Bundesaufsichtsamt anzuzeigen. Mit der Freistellung der Agenten von der Aufsicht bezweckte

   

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der Gesetzgeber eine Entlastung des Finanzdienstleistungssektors. Ende 1999 waren insgesamt 1.615 gebundene Agenten für Wertpapierhandelsunternehmen und Einlagenkreditinstitute tätig.

Da diese Institute für die Aktivitäten der gebundenen Agenten haftbar gemacht werden können, gehen sie zum Teil erhebliche Haftungsrisiken ein. Das Bundesaufsichtsamt setzt sich deshalb mit Nachdruck dafür ein, daß sich die betroffenen Institute gegen diese Haftungsrisiken in geeigneter Weise versichern.

In einigen Fällen wurde von Instituten - zum Teil auch in der Rechtsform des Einzelunternehmers - die Haftung für Personengesellschaften oder sogar Kapitalgesellschaften angezeigt. Aufgrund der Größenunterschiede war regelmäßig nicht zu erwarten, daß die Ausübung der Kontroll- und Weisungsrechte der Institute gegenüber den gebundenen Agenten noch effektiv wahrgenommen werden kann. Das Bundesaufsichtsamt beobachtet auch diese Entwicklung kritisch. Soweit ein Institut allein schon wegen seiner Größe keine Gewähr für die Ausübung der Kontroll- und Weisungsrechte bietet, wird das Aufsichtsamt die bislang großzügige Handhabung der Regelung des § 2 Abs. 10 KWG verschärfen.

Im Jahr 1999 nutzten Marktteilnehmer verstärkt alternative Transaktionssysteme, um Wertpapiere zu erwerben oder weiter zu handeln. Diese Transaktionssysteme werden von den Börsenaufsichtsbehörden der Länder nicht als amtliche Börsen anerkannt, da in der Regel keine satzungsmäßige Verfassung für die Handelssysteme vereinbart wurde und auch keine Preisfestsetzung nach den für Börsen geltenden Regularien beabsichtigt ist. Ob die Betreiber derartiger Systeme im Einzelfall ein erlaubnispflichtiges Finanzdienstleistungsgeschäft erbringen und damit der Aufsicht unterliegen, ist auch vom Umfang ihrer Tätigkeit abhängig.

Alternative Transaktionsysteme

Bulletin Boards sind vergleichbar mit "schwarzen Brettern", die Systembetreiber auf einer Internetplattform implementieren und auf diese Weise interessierten Kunden zugänglich machen. Die Kunden können eigene Kauf- oder Verkaufsgebote auf den Bulletin Boards inserieren.

Beim "passiven" Bulletin Board bieten interessierte Kunden anderen Nutzern lediglich Informationen über beabsichtigte Käufe und Verkäufe bestimmter Finanzinstrumente an. Die Anbahnung und Abwicklung eines Geschäftes findet außerhalb des Systems statt. Der Betreiber des "schwarzen Bretts" erbringt keine erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistungen, da es sich beim passiven Bulletin Board um ein reines Inseratsystem handelt. Er wird daher auch nicht vom BAKred beaufsichtigt.

Bulletin Boards

   

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Dagegen erbringen die Betreiber von sogenannten "aktiven" Bulletin Boards Finanzdienstleistungen nach dem KWG. In diesen Fällen verwaltet der Systembetreiber Informationen über die Anbieter und Nachfrager der Finanzinstrumente. Der interessierte Kunde kann so nur über das Bulletin Board erfahren, wer der hinter der jeweiligen Offerte stehende Kontrahent ist. Der Betreiber der Internetplattform vermittelt damit den Nachweis zum Abschluß eines Geschäfts über die Anschaffung oder die Veräußerung von Finanzinstrumenten auf Nachfrage eines Interessenten; er wird deshalb als Finanzdienstleister eingestuft. Teilweise nehmen die Systemverwalter auch bindende Offerten der Kunden entgegen, führen Angebot und Nachfrage zusammen und übernehmen die Abwicklung der Geschäfte. Der Betreiber des Systems erbringt in diesen Fällen die Abschlußvermittlung, denn er handelt als Vertreter der beteiligten Parteien.

Proprietäre Transaktions-
systeme

Diese Handelssysteme sind weitgehend vergleichbar mit den elektronischen Börsenhandelssystemen, die die Börsenaufsichtsbehörden der Bundesländer zulassen. Sie werden i.d.R. von Wertpapierhändlern betrieben und ermöglichen den Abschluß von Geschäften für eine Vielzahl von angemeldeten Teilnehmern. Für den Kauf- und Verkauf von Finanzinstrumenten sind systemseitig eindeutige Regelungen implementiert. Die Betreiber derartiger Handelssysteme handeln als Anlagevermittler, da sie durch das "matching" deckungsgleicher Orders die einzelnen Aufträge der Teilnehmer zusammenführen. Sofern der Systembetreiber selbst als Kontrahent zwischen den Parteien auftritt, erbringt er zusätzlich den Eigenhandel für andere. Aufsichtsrechtlich ergab sich jedoch ein Abgrenzungsproblem im Hinblick auf die bei Börsen üblichen Handelssysteme, da weder das BAKred noch das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel Börsen beaufsichtigt. Vertreter beider Aufsichtsbehörden einigten sich schließlich auf eine rein formale Abgrenzung: Soweit ein System als staatliche Börse zugelassen ist, sind die Börsenaufsichtsbehörden der Bundesländer zuständig. Liegt keine staatliche Zulassung vor, beaufsichtigt das BAKred die Systembetreiber.

Beratung der Institute

Bei den Finanzdienstleistungsinstituten ist ein erheblicher Beratungsbedarf erkennbar, der von den Interessenvertretungen der Institute nur teilweise abgedeckt werden kann. Aus diesem Grunde wenden sich viele Finanzdienstleister an das Bundesaufsichtsamt und bitten um Unterstützung. Das Aufsichtsamt versucht den Anliegen der Institute im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben entgegenzukommen.

Ein erheblicher Informationsbedarf besteht auch bei den Wirtschaftsprüfern. Das liegt insbesondere daran, daß die Prüfer der Institute noch nicht in dem Maße mit den Vorschriften des Kreditwesengesetzes vertraut sind, wie dies bei langjährigen Prüfern von Kreditinstituten der Fall ist.

   

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