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Erscheinung:15.03.2012, Stand:geändert am 08.09.2021Welche Beratungspflichten hat der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer bei Vertragsabschluss und während der Laufzeit des Versicherungsvertrags? Muss in diesem Zusammenhang immer ein Beratungsprotokoll erstellt werden und an welche Form ist dieses gebunden?

Die Pflicht zur Beratung ist in § 6 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) niedergelegt. Diese Vorschrift trat mit der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes zum 1. Januar 2008 in Kraft. Hiernach trifft den Versicherer die Pflicht, den Versicherungsnehmer vor Vertragsabschluss anlassbezogen zu beraten und ihm den erteilten Rat und die Gründe hierfür entsprechend § 6a VVG in Papierform, über einen anderen dauerhaften Datenträger oder über eine Website zu übermitteln. Auch hierdurch soll im Interesse des Versicherungsnehmers sichergestellt werden, dass dieser einen an seinen Wünschen und Bedürfnissen optimal orientierten Versicherungsschutz erhält.

Insgesamt sollte sich eine optimale Beratung aus vier Phasen zusammensetzen. Zunächst muss der Versicherungsnehmer vom Versicherer über seine Bedürfnisse, Wünsche und persönlichen Verhältnisse befragt werden. Dies bildet die Grundlage für den dann in der zweiten Phase zu erteilenden Rat zum Abschluss eines Versicherungsvertrages. In der dritten Phase müssen dem Versicherungsnehmer die Gründe für den ihm erteilten Rat mitgeteilt werden. So soll sichergestellt werden, dass der Versicherungsnehmer auch nochmals überprüfen kann, ob das angebotene Versicherungsprodukt seinen persönlichen Bedürfnissen gerecht wird. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass Umfang und Ausmaß dieser ersten drei Phasen nicht immer gleich sein müssen. Entscheidend hierfür sind vielmehr die persönlichen Verhältnisse des Versicherungsnehmers sowie der von ihm konkret begehrte Versicherungsschutz. So können dessen vorhandene Vorkenntnisse oder die Einfachheit des gewünschten Versicherungsprodukts dazu führen, dass die Beratung nicht so intensiv oder umfangreich wie in anderen Fällen stattfinden muss. Dahingegen kann ein wenig transparentes Versicherungsprodukt, welches evtl. sogar mit Risikoausschlüssen verbunden ist, auch bei einem erfahrenen Versicherungsnehmer umfangreiche Beratungspflichten mit sich bringen. In der abschließenden Phase ist der gesamte Verlauf des Beratungsgesprächs in einem Beratungsprotokoll zu dokumentieren und dem Versicherungsnehmer zur Verfügung zu stellen. Hierbei ist umstritten, ob das Beratungsprotokoll unterschrieben werden muss. Aus Beweisgründen sollte ein Versicherungsnehmer jedoch darauf bestehen, dass das Beratungsprotokoll von beiden Seiten (Versicherer und Versicherungsnehmer) unterschrieben wird. Werden die Pflichten zur Beratung vom Versicherer schuldhaft verletzt, ist er dem Versicherungsnehmer gemäß § 6 Abs. 5 VVG zum Schadensersatz verpflichtet.

Ausnahmen von der Beratungspflicht bestehen gemäß § 6 Abs. 6 VVG bei Großrisiken im Sinne des § 210 Abs. 2 VVG und bei von einem Versicherungsmakler vermittelten Versicherungsverträgen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Versicherungsnehmer durch gesonderte schriftliche Erklärung auf Beratung und Dokumentation verzichten (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG). Bei Fernabsatzverträgen im Sinne des § 312c BGB (Verträge unter ausschließlicher Verwendung von Kommunikationsmitteln wie zum Beispiel Fax, SMS oder über das Internet) kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 2 VVG).

Auch während der Dauer des Versicherungsverhältnisses ist ein Versicherer zur Beratung verpflichtet, soweit für diesen ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist (vgl. § 6 Abs. 4 VVG). Insbesondere können sich derartige Beratungspflichten dann ergeben, wenn ein Versicherungsnehmer anzeigt, dass der Versicherungsfall eingetreten ist.

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