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Erscheinung:20.09.2013 | Thema Verbraucherschutz Sammelverfügung: Beschwerdemanagementfunktion und Beschwerdebearbeitung bei Versicherungsunternehmen

Anordnungen betreffend die Einrichtung einer Beschwerdemanagementfunktion und die aufsichtlichen Informationspflichten der Versicherungsunternehmen im Bereich der Beschwerdebearbeitung

Geschäftszeichen: VA 43 – I 2512 – 2013/0007

A. Anordnungen

Anordnungen gegenüber allen zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Erstversicherungsunternehmen

a) mit Sitz im Inland,
b) im Sinne des § 105 Versicherungsaufsichtsgesetz,
c) im Sinne des § 110a Versicherungsaufsichtsgesetz und
d) im Sinne des § 110d Versicherungsaufsichtsgesetz

mit Ausnahme der Pensionskassen. Pensionsfonds und Rückversicherer fallen ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich dieser Sammelverfügung.

Gemäß § 81 Abs. 2 Satz 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) i.V.m. § 64a Abs. 1 Satz 1 bis Satz 3 VAG und § 81 Abs. 2 Satz 1 VAG i.V.m. § 7 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 19 und Nr. 20 der hierzu erlassenen Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-InfoV) ordne ich an:

  1. Die Versicherungsunternehmen haben eine Beschwerdemanagementfunktion einzurichten, die Beschwerden rechtlich korrekt und fair untersucht sowie mögliche Interessenkonflikte identifiziert und bestmöglich vermeidet bzw. managt.
  2. Die Versicherungsunternehmen haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gegenüber jährlich, jeweils zum 01.03. für das vergangene Kalenderjahr, einen Beschwerdebericht schriftlich oder über die Meldeplattform einzureichen, der zumindest folgende Angaben enthält:

    1. Die dem Bericht zugrundegelegte Definition der Begriffe „Beschwerde“ und „Beschwerdeführer“;
    2. Die Anzahl der Beschwerden (gesamt und aufgeschlüsselt nach den Versicherungszweigen: Leben (unterteilt in Beschwerden zu Verträgen mit und ohne Garantien), Kranken, Kraftfahrt, Unfall, Haftpflicht, Rechtsschutz, Gebäude/Hausrat, Sonstige Zweige) und jeweils in zusammengefasster Form deren Bearbeitungsstand und -dauer;
    3. Eine Übersicht über die verschiedenen Beschwerdegründe unter Angabe der Fallzahlen;
    4. Aussagen dazu, wie viele Beschwerden im Berichtszeitraum für die Beschwerdeführer jeweils zumindest teilweise erfolgreich verlaufen sind.


Begründung:

Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 VAG kann die BaFin gegenüber den Unternehmen u. a. Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um Missstände zu vermeiden. Die Versicherungsunternehmen müssen gemäß § 64a Abs. 1 Satz 1 VAG über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, welche die Einhaltung der von ihnen zu beachtenden Gesetze und Verordnungen sowie der aufsichtsbehördlichen Anforderungen gewährleistet. Eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation setzt insbesondere ein angemessenes Risikomanagement voraus (§ 64a Abs. 1 Satz 3 VAG). Eine gut funktionierende und transparente Beschwerdebearbeitung, einschließlich deren angemessener Dokumentation, gehört zu den Bausteinen eines wirksamen Risikomanagementsystems. Das VVG i.V.m. der auf Grundlage von § 7 Abs. 2 VVG erlassenen VVG-InfoV stellen ebenfalls Anforderungen an diesen Bereich. Am 14. Juni 2012 hat die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersvorsorge (European Insurance and Occupational Pensions Authority – EIOPA) ihre Leitlinien zur Beschwerdebearbeitung durch Versicherungsunternehmen (Guidelines on Complaints-Handling by Insurance Undertakings, EIOPA-BoS-12/069) veröffentlicht und hierdurch in Kraft gesetzt.

Diese Sammelverfügung dient der Sicherstellung der genannten gesetzlichen Anforderungen und damit dem rechtlich korrekten und fairen Umgang der Versicherungsunternehmen mit ihren Kunden. Durch diese Sammelverfügung entspricht die BaFin auch ihrer Verpflichtung aus Artikel 16 Abs. 3, Unterabs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission (EIOPA-Verordnung), alle erforderliche Anstrengungen zu unternehmen, um den EIOPA-Leitlinien zur Beschwerdebearbeitung durch Versicherungsunternehmen nachzukommen.

Die Anforderung der Einrichtung einer Beschwerdemanagementfunktion stellt eine organisatorische Vorgabe dar, die den gesetzlich bereits geforderten strukturierten Umgang mit Beschwerden und deren Bearbeitung sicherstellen soll. Eine klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten im Bereich der Beschwerdebearbeitung beugt der Gefahr vor, Risiken aus diesem Bereich nicht oder nicht rechtzeitig zu identifizieren. Zudem stellt sie sicher, dass die Beschwerdebearbeitung für den jeweiligen Betroffenen angemessen transparent und zeitgerecht erfolgt.

Die BaFin benötigt jährlich Informationen über die Anzahl der Beschwerden, deren Bearbeitungsstand und -dauer, die Beschwerdegründe und die Erfolgsquote, um prüfen zu können, ob die Versicherungsunternehmen in der Lage sind, mit ihrem jeweiligen Beschwerdeaufkommen aufgegliedert nach den Versicherungszweigen in angemessener Weise umzugehen. Durch das Vorliegen solcher Daten wird die BaFin in die Lage versetzt, Missstände im Beschwerdewesen zu erkennen und erforderlichenfalls aufsichtsrechtliche Maßnahmen einzuleiten.

Auch wenn Versicherungsunternehmen ihre Beschwerdebearbeitung teilweise oder voll-ständig ausgliedern, sind sie weiterhin für die ordnungsgemäße Entgegennahme und Bearbeitung von Beschwerden verantwortlich (§ 64a Abs. 1 Satz 2 VAG).

B. Hinweis auf Rundschreiben 3/2013 (VA) – Mindestanforderungen an die Beschwerdebearbeitung durch Versicherungsunternehmen

Diese Sammelverfügung wird ergänzt durch das Rundschreiben 3/2013 (VA) – Mindestanforderungen an die Beschwerdebearbeitung durch Versicherungsunternehmen (Geschäftszeichen: VA 43-I 2512-2013/0007). Das Rundschreiben dient der Erläuterung der aufsichtlichen Erwartungshaltung im Bereich der Beschwerdebearbeitung.

C. Inkrafttreten und Übergangsregelung

Die Anordnung zur Einrichtung einer Beschwerdemanagementfunktion unter A.1. tritt am 01.01.2014 in Kraft.
Die Einreichung des Beschwerdeberichtes gemäß der Anordnung unter A.2. hat erstmals zum Stichtag 01.03.2015 zu erfolgen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Anordnungen kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Graurheindorfer Str. 108, 53117 Bonn, oder Marie-Curie-Str. 24-28, 60439 Frankfurt am Main, schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.

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