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Erscheinung:23.06.2017 | Geschäftszeichen VBS 1-Wp 1000-2016/0095 | Thema Verbraucherschutz Anhörung zur Allgemeinverfügung zur Einreichung von Berichten über Kundenbeschwerden durch CRR-Kreditinstitute

Anhörung nach § 28 Abs. 1 VwVfG zu einer Allgemeinverfügung zur Einreichung von Berichten über Kundenbeschwerden durch CRR-Kreditinstitute

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beabsichtige eine Allgemeinverfügung zu erlassen, nach der CRR-Kreditinstitute i.S.v. § 1 Abs. 3d Satz 1 Kreditwesengesetz (KWG), Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz im Ausland i.S.v. § 53 Abs. 1 KWG, die das Einlagen- und das Kreditgeschäft betreiben, sowie Zweigniederlassungen deutscher CRR-Kreditinstitute im Ausland jährlich einen Bericht über Kundenbeschwerden bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einreichen müssen.
Nach § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) gebe ich allen betroffenen Instituten Gelegenheit bis zum

04.08.2017
(Eingang bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht)

zu dem folgenden Verwaltungsakt schriftlich Stellung zu nehmen, dessen Erlass ich beabsichtige. Nach Ablauf der Frist werde ich über den Erlass der Maßnahme entscheiden:

„Allgemeinverfügung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Einreichung von Berichten über Kundenbeschwerden durch CRR-Kreditinstitute i.S.v. § 1 Abs. 3d Satz 1 Kreditwesengesetz (KWG), Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz im Ausland i.S.v. § 53 Abs. 1 KWG, die das Einlagen- und das Kreditgeschäft betreiben, sowie Zweigniederlassungen deutscher CRR-Kreditinstitute im Ausland

VBS 1-Wp 1000-2016/0095

[Datum]

Verfügung:

  1. CRR-Kreditinstitute i.S.v. § 1 Abs. 3d Satz 1 Kreditwesengesetz (KWG), Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz im Ausland i.S.v. § 53 Abs. 1 KWG, die das Einlagen- und das Kreditgeschäft betreiben, sowie Zweigniederlassungen deutscher CRR-Kreditinstitute im Ausland haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend auch „Bundesanstalt“ genannt) einen Bericht über Beschwerden ihrer Kunden (nachfolgend auch „Beschwerdebericht“ genannt) schriftlich zu erstatten.
    Sofern es sich bei einem Institut zugleich um ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen i.S.d. § 2 Abs. 4 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) handelt, sind Beschwerden, die sich auf eine Wertpapierdienstleistung oder eine Wertpapiernebendienstleistung beziehen, von der verfügungsgegenständlichen Berichtspflicht ausgenommen.

  2. Der Beschwerdebericht ist sowohl auf Ebene des oder der einzelnen Institute als auch konsolidiert auf Gruppenebene zu erstatten.


  3. Der Beschwerdebericht hat auch Beschwerden zu umfassen, die bei vertraglich gebundenen Vermittlern i.S.v. § 2 Abs. 10 Satz 1 KWG eingehen.


  4. Der Beschwerdebericht ist einmal jährlich bis zum 01.03. für das vorangegangene Kalenderjahr zu erstatten.

  5. Der Beschwerdebericht enthält mindestens die nachfolgenden Angaben:


    a) Die Anzahl der Beschwerden, gesamt und aufgeschlüsselt nach den folgenden Geschäftsarten/Kategorien: Zahlungskonto/Girokonto, Abwicklung Zahlungsverkehr, Geldanlage (Spar-, Tages- und Termineinlagen), Grundpfandrechtlich gesicherte Kredite, Sonstige Kredite (einschließlich Dispositionskredite), Zahlungskarten (Debitkarte/Kreditkarte), Zahlungsdienste, Bausparen (unterteilt nach Bausparguthaben und Bauspardarlehen), Leasing/Factoring, Sonstige Geschäftsarten sowie Datenschutz/Schufa;

    b) Jeweils in zusammengefasster Form die Angabe des Bearbeitungsstands und der Bearbeitungsdauer;

    c) Jeweils eine Übersicht über die verschiedenen Beschwerdegründe unter Angabe der Fallzahlen;

    d) Jeweils Angaben dazu, wie viele Beschwerden für die Beschwerdeführer zumindest teilweise erfolgreich verlaufen sind, Anzahl und Umfang von Kulanzzahlungen und Gerichtsverfahren, die aus Beschwerden resultieren;

    e) Angaben zu mit Beschwerden zusammenhängenden personellen und organisatorischen Konsequenzen.


  6. Die Allgemeinverfügung gilt an dem auf die öffentliche Bekanntmachung folgenden Tag als bekanntgegeben. Die Einreichung des Beschwerdeberichts hat erstmals zum 01.03.2018 für das Kalenderjahr 2017 zu erfolgen.


Begründung:

Die Verfügung beruht auf § 24 Abs. 3b KWG. Danach kann die Bundesanstalt Instituten zusätzliche Anzeige- und Meldepflichten auferlegen, insbesondere um vertieften Einblick in die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Institute, deren Grundsätze einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung und in die Fähigkeiten der Mitglieder der Organe des Instituts, zu erhalten, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der Bundesanstalt erforderlich ist.

Die Grundsätze der ordnungsgemäßen Geschäftsführung umfassen eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation i.S.d. § 25a Abs. 1 Satz 1 KWG, welche ihrerseits nach § 25a Abs. 1 Satz 3 KWG auch ein angemessenes und wirksames Risikomanagement umfasst. Eine gut funktionierende und transparente Beschwerdebearbeitung, einschließlich deren angemessener Dokumentation, gehört zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation und ist auch ein Baustein eines wirksamen Risikomanagementsystems. Kundenbeschwerden können u.a. Indikator für die Risikobewertung sein und liefern auch darüber hinaus sehr wichtige Informationen im Kontext des Risikomanagements und der weiteren Geschäftsorganisation. Eine erhöhte Anzahl von Kundenbeschwerden in Bezug auf einzelne Geschäftsarten kann beispielsweise auf Defizite interner Kontrollsysteme hindeuten. Vor dem Hintergrund, dass die Bundesanstalt das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation und auch eines angemessenen und wirksamen Risikomanagements beaufsichtigt, und gegenüber einem Institut beispielsweise nach § 25a Abs. 2 Satz 2 KWG im Einzelfall auch Anordnungen treffen kann, die geeignet und erforderlich sind, die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation i.S.d. § 25a Abs. 1 Satz 3 KWG sicherzustellen, ist die verfügungsgegenständliche Berichtspflicht schon zur Erfüllung dieser Aufgabe der Bundesanstalt erforderlich.

Darüber hinaus ist die verfügungsgegenständliche Berichtspflicht auch erforderlich, damit die Bundesanstalt ihre Verpflichtung aus § 7b Abs. 1 Satz 4 KWG i.V.m. Art. 16 Abs. 3, Unterabs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.11.2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (nachfolgend auch „EBA-Verordnung“ genannt), alle erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, um von der Europäische Bankenaufsichtsbehörde herausgegebenen Leitlinien nachzukommen, erfüllen kann. Denn am 27.05.2014 hat der Gemeinsame Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden seine „Leitlinien zur Beschwerdeabwicklung für den Wertpapierhandel (ESMA) und das Bankwesen (EBA)“ (Dokumentennummer JC 2014 43, nachfolgend auch „Beschwerdeleitlinien“ genannt) veröffentlicht und hierdurch in Kraft gesetzt. Nach Leitlinie Nr. 4 (Informationspflicht) der Beschwerdeleitlinien hat die Bundesanstalt als zuständige Behörde sicherzustellen, dass u.a. Kreditinstitute i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, d.h. CRR-Kreditinstitute i.S.v. § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG, sie über Beschwerden und deren Bearbeitung informieren. Dabei sind auch Angaben zur Anzahl der Beschwerden zu machen, die gegebenenfalls nach nationalen oder eigenen Kriterien zu unterscheiden sind.

Die Beschwerdeleitlinien sollen des Weiteren einen angemessenen Verbraucherschutz sicherstellen. Nach § 4a Abs. 1a FinDAG ist die Bundesanstalt innerhalb ihres gesetzlichen Auftrags auch dem Schutz der kollektiven Verbraucherinteressen verpflichtet. Sie kann gegenüber Instituten und anderen Unternehmen, die u.a. nach dem Kreditwesengesetz beaufsichtigt werden, alle Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um verbraucherschutzrelevante Missstände zu verhindern oder zu beseitigen, wenn eine generelle Klärung im Interesse des Verbraucherschutzes geboten erscheint. Auch zur Erfüllung dieser Aufgaben ist die verfügungsgegenständliche Berichtspflicht erforderlich. Denn aufgrund des verlangten jährlichen Beschwerdeberichts, der eine nähere Aufschlüsselung der Beschwerden entsprechend der tenorierten Mindestanforderungen (Nr. 5) enthält, ist es der Bundesanstalt möglich zu prüfen, ob die CRR-Kreditinstitute, Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz im Ausland i.S.v. § 53 Abs. 1 KWG, die das Einlagen- und das Kreditgeschäft betreiben, sowie Zweigniederlassungen deutscher CRR-Kreditinstitute im Ausland in der Lage sind, mit ihren jeweiligen Kundenbeschwerden in angemessener Weise umzugehen. Durch das Vorliegen solcher Daten wird die Bundesanstalt in die Lage versetzt, verbraucherschutzrelevante Missstände im Beschwerdewesen zu erkennen und erforderlichenfalls aufsichtsrechtliche Maßnahmen zu treffen.

Die verfügungsgegenständliche Berichtpflicht ist zudem auch geeignet, erforderlich und angemessen:

Die verfügungsgegenständliche Berichtspflicht ist zunächst geeignet, Hinweise in Bezug auf die gesetzlich geforderte Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsorganisation und Angemessenheit und Wirksamkeit des Risikomanagements eines CRR-Kreditinstituts, einer Zweigstelle eines Unternehmens mit Sitz im Ausland i.S.v. § 53 Abs. 1 KWG, welches das Einlagen- und das Kreditgeschäft betreibt, oder einer Zweigniederlassung eines deutschen CRR-Kreditinstituts im Ausland zu erlangen. Eine erhöhte Anzahl von Kundenbeschwerden in Bezug auf einzelne Geschäftsarten kann beispielsweise auf Defizite interner Kontrollsysteme hindeuten. Darüber hinaus ist die verfügungsgegenständliche Berichtpflicht auch geeignet, der Verpflichtung der Bundesanstalt aus § 7b Abs. 1 Satz 4 KWG i.V.m. Art. 16 Abs. 3, Unterabs. 1 der EBA-Verordnung zur Anwendung der Leitlinie Nr. 4 (Informationspflicht) der Beschwerdeleitlinien nachzukommen. Auch sind die verfügungsgegenständlichen Berichtspflichten geeignet verbraucherschutzrelevante Missstände aufzudecken.

Die verfügungsgegenständliche Berichtspflicht ist auch erforderlich, um die vorgenannten Aufgaben der Bundesanstalt erfüllen zu können. Es ist kein milderes, gleichermaßen wirksames Mittel ersichtlich. Insbesondere kann die Verpflichtung der Bundesanstalt aus § 7b Abs. 1 Satz 4 KWG i.V.m. Art. 16 Abs. 3, Unterabs. 1 der EBA-Verordnung zur Anwendung der Leitlinie Nr. 4 (Informationspflicht) der Beschwerdeleitlinien nur durch die Anordnung einer entsprechenden Berichtspflicht erfüllt werden. Eine weniger detaillierte Berichtspflicht oder eine Berichtspflicht in größeren zeitlichen Abständen würde ferner die Aufdeckung von Defiziten in der Geschäftsorganisation und im Risikomanagement eines CRR-Kreditinstituts, einer Zweigstelle eines Unternehmens mit Sitz im Ausland i.S.v. § 53 Abs. 1 KWG, welches das Einlagen- und das Kreditgeschäft betreibt, oder einer Zweigniederlassung eines deutschen CRR-Kreditinstituts im Ausland oder die Aufdeckung von verbraucherschutzrelevanten Missständen im Beschwerdewesen dieser erheblich beeinträchtigen und effektive, zeitnahe Maßnahmen der Bundesanstalt zur Beseitigung der Defizite bzw. Missstände erschweren. Auch eine u.U. anlassbezogene Einzelabfrage von Beschwerdeberichten bei CRR-Kreditinstituten, Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz im Ausland i.S.v. § 53 Abs. 1 KWG, die das Einlagen- und das Kreditgeschäft betreiben, sowie Zweigniederlassungen deutscher CRR-Kreditinstitute im Ausland kann die erforderliche Aufgabenerfüllung durch die Bundesanstalt nicht gewährleisten.

Da die CRR-Kreditinstitute, Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz im Ausland i.S.v. § 53 Abs. 1 KWG, die das Einlagen- und das Kreditgeschäft betreiben, sowie Zweigniederlassungen deutscher CRR-Kreditinstitute im Ausland bereits über ein Beschwerdemanagement verfügen bzw. verfügen müssen und die zur Erfüllung der verfügungsgegenständlichen Berichtspflicht erforderlichen Daten entsprechend vorhanden sind, belastet die Berichtspflicht die Institute auch nicht unangemessen. Den berechtigten Interessen der CRR-Kreditinstitute, Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz im Ausland i.S.v. § 53 Abs. 1 KWG, die das Einlagen- und das Kreditgeschäft betreiben, sowie Zweigniederlassungen deutscher CRR-Kreditinstitute im Ausland wird u.a. dadurch Rechnung getragen, dass die Berichtpflicht nur jährlich zu erfüllen ist und die Angaben nur grob gegliedert und zusammenfassend abzubilden sind.

Die Bekanntgabe erfolgt nach § 17 Abs. 2 Satz 1 FinDAG öffentlich. Die öffentliche Bekanntgabe erfolgt durch elektronische Bekanntmachung auf der Internetseite der Bundesanstalt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 FinDAG i.V.m. § 41 Abs. 4 Satz 1 VwVfG).

Hinweis auf das Gemeinsame Rundschreiben BA und WA „Mindestanforderungen an das Beschwerdemanagement“ vom [Datum]

Diese Allgemeinverfügung wird ergänzt durch das Gemeinsame Rundschreiben BA und WA „Mindestanforderungen an das Beschwerdemanagement“ vom [Datum] (Geschäftszeichen: VBS 1-Wp 1000-2016/0095). Das Rundschreiben dient der Erläuterung der aufsichtlichen Erwartungshaltung im Bereich der Beschwerdebearbeitung.“


Mit freundlichen Grüßen


(Roegele)

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