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Erscheinung:29.03.2018 | Geschäftszeichen WA 12-Wp 7410-2018/0005 Anhörung zur Festsetzung eines Positionslimits für Dutch Financial Power Future (Base) Kontrakte

Anhörung zur Festsetzung eines Positionslimits für Dutch Financial Power Future (Base) Kontrakte, §§ 54 Abs. 1, 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 14 Buchstabe a der Delegierten Verordnung (EU) 2017/591 der Kommission vom 1. Dezember 2016 - Frist: 17. April 2018

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beabsichtige, die nachfolgend im Entwurf dargestellte Allgemeinverfügung nach §§ 54 Abs. 1, 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 14 Buchstabe a Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 der Kommission vom 1. Dezember 2016 zu erlassen. Gemäß § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes (VwVfG) gebe ich hiermit vorab Gelegenheit, sich dazu bis zum 17. April 2018 (Eingang bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) zu äußern. Nach Ablauf der Frist werde ich über den Erlass der Maßnahme entscheiden.

Entwurf:

„Allgemeinverfügung:

Bekanntmachung einer Allgemeinverfügung – Festsetzung eines Positionslimits nach §§ 54 Abs. 1, 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 14 Buchstabe a Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 der Kommission vom 1. Dezember 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für die Anwendung von Positionslimits für Warenderivate

I. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht legt nach §§ 54 Abs. 1, 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG in Verbindung mit Art. 14 Buchstabe a u. Art. 15 Abs. 1 Buchstabe b Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 das Positionslimit für Warenderivatekontrakte der Art Dutch Financial Power Future (Base) der European Energy Exchange AG (EEX) auf 4.660.649 MWh für den Spot-Monat und 3.078.107 MWh für die anderen Monate fest.

II. Diese Allgemeinverfügung wird mit Wirkung zum 19. April 2018 wirksam.

III. Die sofortige Vollziehung von Ziffer I. wird angeordnet.

Begründung:

I.

Zum 3. Januar 2018 traten die Regelungen der §§ 54 ff. WpHG in Bezug auf Positionslimits für Warenderivate in Kraft. Danach haben für alle Warenderivate, die an deutschen Handelsplätzen gehandelt werden, Positionslimits zu gelten. Das Positionslimit erstreckt sich auf alle Maturitäten des Dutch Financial Power Future (Base) Kontrakts. Es findet Anwendung auf die aggregierte und genettete Position eines Positionshalters in Positionen an einem Handelsplatz sowie Positionen in ökonomisch gleichwertigen OTC-Kontrakten.

Bei den Dutch Financial Power Future (Base) der EEX in Leipzig handelt es sich um Warenderivate, deren Underlying der durchschnittliche Spot-Preis für Strom im Liefergebiet der Niederlande für Lieferzeitpunkte in der Zukunft bildet. Für die Dutch Financial Power Future (Base) Kontrakte werden eine Vielzahl verschiedener Fälligkeiten angeboten. Terminkontrakte mit dem Spot-Preis für Strom im Liefergebiet der Niederlande als Underlying werden außerdem an der ICE Endex angeboten.

Als handelbare Einheiten für Stromkontrakte gelten dabei Monatskontrakte, da Kontrakte mit monatlicher Fälligkeit die in diesem Segment gebräuchlichste Wareneinheit darstellen. Da es sich bei Stromkontrakten um Warenderivate handelt, denen eine durchgängig zu liefernde Ware zugrunde liegt, werden handelbare Einheiten und Positionslimits in MWh angegeben. Eine handelbare Einheit besteht daher aus 720 MWh.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) geht in ihrer Entscheidung von einer lieferbaren Menge in Höhe von 25.892.492 MWh für den Kalendermonat aus. Sie stützt sich dabei auf Zahlen von ENTSO-E (European System of Transmission System Operators for Electricity) für das Liefergebiet der Niederlande. Zugrunde gelegt wurde zum einen die jeweilige Netto-Erzeugungskapazität (Net Generating Capacity – NGC) für das Jahr 2016 und zum anderen die durchschnittliche Netto-Importkapazität des Liefergebiets im Jahr 2017. Die Zahlen von ENTSO-E wurden in MWh umgerechnet und anschließend durch den Faktor zwölf dividiert um den Wert für den maßgeblichen Zeitraum eines Kalendermonats zu ermitteln.

Die Bundesanstalt legt ihrer Entscheidung außerdem offene Kontraktpositionen in Höhe von 8.794.591 MWh für alle Fälligkeiten zugrunde. Sie stützt sich dabei auf Angaben der EEX zur Höhe der offenen Kontraktpositionen in den Monaten Oktober, November und Dezember 2017. Aus den angegebenen Werten für die einzelnen Handelstage wurde ein Durchschnitt gebildet und dieser in MWh umgerechnet.

Der dem Warenderivat zugrundeliegende Strommarkt der Niederlande wurde nach 1998 liberalisiert und ist heute durch eine moderate Marktkonzentration gekennzeichnet. Die vier größten Stromerzeuger sind Essent/RWE, Nuon/Vattenfall, E.ON and Electrabel/GDF Suez, wobei Essent/RWE der größte Stromerzeuger ist. Der Markt wird ergänzt um ca. 40 kleinere Anbieter, die hauptsächlich regional tätig sind. Die Stromerzeugung basiert immer noch vorrangig auf öl- und gasbetriebenen Großkraftwerken. Allerdings nimmt die Erzeugung durch alternative Energien immer weiter zu und wird staatlich forciert. Die Niederlande sind gut vernetzt mit dem restlichen europäischen Strommarkt und importieren Strom aus anderen Ländern, wie Deutschland (Strom aus Wind-und Solarkraft) und Norwegen (Strom aus Wasserkraft). Seit 2004 können Verbraucher ihren Stromanbieter frei auswählen. Die Niederlande haben sich für eine strikte eigentumsrechtliche Entflechtung (Ownership-Unbundling) entschieden. Energieerzeuger und Übertragungsnetzbetreiber sind vollständig voneinander getrennt. TenneT, der Übertragungsnetzbetreiber, steht unter staatlicher Kontrolle.

II.

Die Allgemeinverfügung stützt sich auf §§ 54 Abs. 1, 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 14 Buchstabe a Delegierte Verordnung (EU) 2017/591, wonach für Warenderivate, die an einem inländischen Handelsplatz gehandelt werden, ein quantitativer Schwellenwert für die maximale Größe einer Position in diesem Derivat, die eine Person halten darf (Positionslimit), festzulegen ist.

Die formellen Voraussetzungen der Allgemeinverfügung sind gegeben. Die Bundesanstalt ist die zuständige Behörde. Sie legt nach § 54 Abs. 1 WpHG für jedes Warenderivat, das an einem inländischen Handelsplatz gehandelt wird, ein Positionslimit fest.

Die materiellen Voraussetzungen der Allgemeinverfügung liegen ebenfalls vor, insbesondere ist sie von §§ 54 Absatz 1 und 2, 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG i.V.m. Art. 14 Buchstabe a Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 gedeckt.

Nach § 54 Abs. 2 WpHG dient das Positionslimit dazu, Marktmissbrauch im Sinne des Art. 1 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 zu verhindern und zu geordneten Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen beizutragen. Zu geordneten Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen trägt es insbesondere bei, indem es marktverzerrende Positionen verhindert und eine Konvergenz zwischen dem Preis des Derivats im Monat der Lieferung und dem Preis für die zugrunde liegende Ware an den entsprechenden Spotmärkten sicherstellt, ohne dass die Preisbildung am Markt für die zugrunde liegende Ware davon berührt wird.

Um diesen Zweck zu erfüllen, sehen die Art. 9 ff. Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 eine bestimmte Methodologie zur Berechnung des Positionslimits durch die zuständige Behörde vor. Zunächst hat die zuständige Behörde Richtwerte in Höhe von 25% der lieferbaren Menge für den Spot-Monat und 25% der offenen Kontraktpositionen am Handelsplatz für die anderen Monate zu ermitteln. Anschließend hat die Behörde weitere, in den Art. 16 bis 20 Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 aufgelistete individuelle Faktoren bei ihrer Entscheidung darüber zu berücksichtigen, ob sie von den Richtwerten abweicht. Als Spot-Monat werden vorliegend der laufende Kalendermonat für die Futures und der nächstfolgende Kalendermonat für die Options zugrunde gelegt.

Lediglich dann, wenn das Warenderivat für einen Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Monaten im Spot-Monat und in anderen Monaten offene Kontraktpositionen von durchschnittlich nicht mehr als 10.000 handelbaren Einheiten aufweist, hat die zuständige Behörde immer ein Positionslimit von 2.500 handelbaren Einheiten festzulegen. Ein derartiger Fall liegt hier jedoch nicht vor. Kontrakte der Art Dutch Financial Power Future (Base) der European Energy Exchange AG (EEX) weisen höhere Werte an offenen Kontraktpositionen auf.

Art. 14 Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 räumt der zuständigen Behörde das Ermessen ein, in Abhängigkeit von den Auswirkungen, die die in den Art. 16 bis 21 Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 genannten Faktoren auf die Integrität des Markts für dieses Derivat und die ihm zugrunde liegende Ware haben könnten, den Richtwert von 25% der lieferbaren Menge bzw. der offenen Kontraktpositionen umzuändern. Nach Art. 15 Abs. 1 Buchstabe b Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 kann die Behörde außerdem dann, wenn sich die Zahl der offenen Kontraktpositionen über einen Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Monaten zwischen 10.000 und 20.000 handelbaren Einheiten bewegt, das Positionslimit auf bis zu 40% anheben. Dieser Fall liegt hier vor. Die Zahl der offenen Kontraktpositionen ist im Durchschnitt zwar höher als 10.000 handelbare Einheiten, liegt aber unter 20.000 handelbaren Einheiten, so dass die Bundesanstalt das Positionslimit auf bis zu 40% der lieferbaren Menge bzw. der offenen Kontraktpositionen anheben darf.

Diese Allgemeinverfügung dient den von § 54 Abs. 2 WpHG geschützten Zwecken, die Positionslimits berücksichtigen die Auswirkungen der in § 56 Abs. 1 Satz 2 WpHG in Verbindung mit den Art. 16 bis 20 Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 genannten Faktoren und sind in ihrer Höhe verhältnismäßig.

Für das Spot-Monat-Limit ist zunächst ein Richtwert von 6.473.123 MWh anzusetzen, also 25% der lieferbaren Menge. Die Bundesanstalt geht grundsätzlich im Sinne des Art. 20 Abs. 2 Buchstabe c und e Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 davon aus, dass es sich beim Strommarkt der Niederlande um einen Markt mit moderater Konzentration mit vier großen Stromanbietern und eine Vielzahl kleinerer Marktteilnehmer handelt. Diese Faktoren sprechen grundsätzlich für eine geringe Anpassung des Positionslimits nach unten, da die Marktmacht der großen Erzeuger zwar immer weiter schwindet, aber noch existiert. Zu berücksichtigen ist auf der anderen Seite jedoch die strikte Umsetzung der eigentumsrechtlichen Entflechtung (Ownership Unbundling).

Als entscheidenden Faktor hat die Bundesanstalt nach Art. 18 Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 allerdings einzubeziehen, dass die lieferbare Menge wesentlich größer als die Zahl der offenen Kontraktpositionen ist, was zu einer Anpassung des Positionslimits nach unten führt. Diese Anpassung hat deutlich auszufallen, da Marktteilnehmer ansonsten große Anteile an Kontraktpositionen auf sich vereinigen könnten.

Insgesamt und nach Abwägung aller vorgenannten Faktoren erachtet die Bundesanstalt daher ein Positionslimit von 18% der lieferbaren Menge als angemessen.

Für das Andere-Monate-Limit ist zunächst ein Richtwert von 2.198.648 MWh anzusetzen, also 25% der offenen Kontraktpositionen. Auch für das Andere-Monate-Limit gilt die grundsätzliche Einschätzung, dass es sich beim Strommarkt der Niederlande um einen moderat konzentrierten Markt handelt, der von vier großen Stromanbietern und einer Vielzahl kleinerer Marktteilnehmer beherrscht wird. Dieser Umstand hat grundsätzlich zu einer Herabsenkung des Positionslimits zu führen.

Darüber hinaus ist nach Art. 18 Abs. 3 Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 jedoch zu berücksichtigen, dass die Gesamtheit der offenen Kontraktpositionen im Dutch Financial Power Future (Base) Kontrakt wesentlich geringer ist als die lieferbare Menge. Dies führt dazu, dass das Positionslimit für die anderen Monate heraufzusetzen ist. Die Bundesanstalt kann sich dabei in einer Spanne bis zu 40% bewegen. Insgesamt handelt es sich immer noch um einen relativ neuen Kontrakt ohne besonders großes Handelsvolumen. Ebenfalls hat die hohe Zahl verschiedener Fälligkeiten in die Abwägung miteinzufließen, was nach Artikel 16 Abs. 2 Delegierte Verordnung (EU) 2017/591 der Kommission vom 1. Dezember 2016 ebenfalls zu einem höheren Limit führen soll.

Die Bundesanstalt sieht daher ein Positionslimit von 35% der offenen Kontraktpositionen als angemessen an. Von einer Heraufsetzung des Limits auf das Maximum von 40% wurde auf Grund der moderaten Marktkonzentration abgesehen.

Es ist kein anderes Mittel ersichtlich, das in gleicher oder besserer Weise geeignet ist, den Ausgleich dieser Interessen herzustellen. Die Verfügung ist damit auch erforderlich.

III.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist für sämtliche Teile der Anordnung nach Ziffer I. des Tenors im öffentlichen Interesse notwendig, weil der europäische Gesetzgeber angeordnet hat, dass mit der Umsetzung der Richtlinie 2014/65/EU des europäischen Parlaments und Rates in nationales Recht in den Mitgliedsstaaten einheitliche Positionslimits festzulegen sind, um Marktmissbrauch zu verhindern und zu geordneten Preisbildungs- und Abwicklungsbedingungen beizutragen. Daher hat die Bundesanstalt mit Geltung des § 54 WpHG Positionslimits zu setzen.

Die verpflichtend festzulegenden Positionslimits sollen insbesondere verhindern, dass marktverzerrende Positionen entstehen können, und eine Konvergenz zwischen den Preisen von Derivaten im Monat der Lieferung und den Spotpreisen für die zugrunde liegende Ware sicherstellen, ohne dass die Preisbildung am Markt für die zugrunde liegende Ware davon berührt wird. Diese abzuwehrenden Gefahren betreffen den gesamten Markt. Eine Entscheidung über mögliche Rechtsbehelfe kann daher nicht abgewartet werden. Das öffentliche Interesse an der Verhinderung der genannten Gefahren überwiegt das Interesse des einzelnen Positionshalters, die Geltung der Positionslimits erst nach einer rechtskräftigen Entscheidung hinzunehmen, weil das Interesse der Allgemeinheit an geordneten Preisbildungsmechanismen an den Märkten und am Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Märkte das Partikularinteresse des Einzelnen, unbeschränkt Positionen in Warenderivaten einzugehen, jedenfalls überwiegt. Nach § 54 WpHG muss in jedem Fall ein Positionslimit gelten, sodass ein öffentliches Interesse daran besteht, dass das von der Bundesanstalt gesetzte Positionslimit unmittelbar gilt.“

Die Bundesanstalt weist darauf hin, dass sie nach § 54 Abs. 5 WpHG befugt ist, von der Möglichkeit des Widerrufs dieser Allgemeinverfügung Gebrauch zu machen, um gegebenenfalls flexibel auf neue Tatsachen reagieren zu können, die eine Anpassung des Positionslimits rechtfertigen oder notwendig machen.

Elisabeth Roegele

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