BaFin - Navigation & Service

Erscheinung:17.02.2022, Stand:geändert am 11.03.2022 | Thema Verbraucherschutz Anhörung zur geplanten Allgemeinverfügung bezüglich Futures mit Nachschusspflichten

Inhalt

Anhörung zur geplanten Maßnahme nach Artikel 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (MiFIR)

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beabsichtige, eine Maßnahme nach Art. 42 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (MiFIR) zu erlassen. Gemäß § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) gebe ich hiermit Gelegenheit, sich dazu bis zum

17.03.2022

(Update: Frist verlängert bis zum 25.03.2022)

(Eingang bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht)

zu äußern. Stellungnahmen können auch in elektronischer Form an das Postfach
Anhoerung-Produktintervention@bafin.de gerichtet werden.

Die von mir beabsichtigte Maßnahme soll folgenden Wortlaut haben:

„Hiermit ergeht folgende

Allgemeinverfügung:

  1. Ich ordne eine Beschränkung der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Futures mit Nachschusspflichten im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (MiFID II) in Verbindung mit Anhang I Abschnitt C Nr. 4 bis 7 und 10 MiFID II an Kleinanleger in Deutschland gegenüber Wertpapierfirmen im Sinne von Art. 1 Abs. 1 MiFID II in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID II an.

    Die Vermarktung, der Vertrieb und der Verkauf von Futures mit Nachschusspflichten an Kleinanleger im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 11 MiFID II in Deutschland wird Wertpapierfirmen untersagt. Die Beschränkung wird mit Wirkung zum XX.XX.2022 (3 Monate nach Erlass) wirksam.

  2. Bei Nachschusspflichten im Sinne von Ziffer 1 handelt es sich um die Aufforderung, einen Verlust nach erfolgter Zwangsschließung auch anderer Handels-Positionen durch Leistung weitere finanzieller Mittel aus dem sonstigen Vermögen auszugleichen. Die freiwillige Erhörung der Margin zur Vermeidung einer Zwangsschließung durch den Kleinanleger stellt keine Nachschusspflicht im vorliegenden Sinne dar. Nachschusspflichten liegen vor, wenn Kleinanleger Verluste erleiden können, die über das von ihnen investierte Kapital hinausgehen.

  3. Die Allgemeinverfügung gilt an dem auf die öffentliche Bekanntmachung folgenden Tag als bekanntgegeben.

  4. Ich behalte mir den Widerruf dieser Allgemeinverfügung vor.

1. Sachverhalt

Als „Broker“ oder „Intermediäre“ werden vorliegend Wertpapierfirmen im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID II bezeichnet, die Kleinanlegern den Zugang zu Termingeschäften ermöglichen und somit auch Anbieter dieser Produkte sind.

„Wertpapierfirmen“ sind Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 10 Wertpapierhandelsgesetzt (WpHG).

Bei „Kleinanlegern“ handelt es sich um Privatkunden im Sinne von § 67 Abs. 3 Nr. 2 WpHG.

Als „Konzepteur“ im vorliegenden Sinne wird bezeichnet, wer Futures herstellt, schafft, entwickelt oder begibt und somit vornehmlich die Terminbörsen.

1.1 Allgemeine Funktionsweise von Futures

Futures sind unbedingte Termingeschäfte. Bei Futures besteht somit für alle Vertragspartner eine bindende Erfüllungsverpflichtung. Sowohl Käufer als auch Verkäufer müssen ihrer Liefer- bzw. Abnahme- und Zahlungsverpflichtung nachkommen.1 Insbesondere sogenannte Financial-Futures (Futures mit Basiswerten wie Devisen oder Aktien) werden in der Regel nicht durch effektive Lieferung und Abnahme erfüllt. Die eingegangene Verpflichtung wird in diesen Fällen meistens durch ein Gegengeschäft aufgehoben.2

Futures sind standardisierte Terminkontrakte unter anderem auf Finanzinstrumente und Rohstoffe mit der vertraglichen Verpflichtung, eine bestimmte Menge eines Basiswertes (Kontraktgegenstand) zu einem bei Vertragsabschluss festgelegten Preis zu einem bei Vertragsabschluss vereinbarten späteren Zeitpunkt zu liefern (Short-Position) oder abzunehmen (Long-Position).3 Das Gewinnpotenzial ist bei Long-Futures theoretisch unbegrenzt und der maximale Verlust ist auf die Höhe des Futures (Kontraktwert) begrenzt. Bei Short-Positionen ist das Verlustrisiko jedoch in der Höhe unbegrenzt.4

Futures werden im Regelfall an einer Börse (Terminbörse) gehandelt. Diese (in Deutschland beispielsweise die European Exchange - EUREX Frankfurt AG (EUREX)) legt einheitliche Merkmale für Future-Kontrakte, wie beispielsweise die Kontraktgröße fest, um einen Handel zu ermöglichen.5

Die Kontraktgröße legt fest, welche Menge eines Basiswertes für einen Kontrakt geliefert werden muss. Die meisten an der EUREX gehandelten Aktien-Futures haben eine Kontraktgröße von 100 Aktien. Im Gegensatz dazu wird etwa bei Indizes der Kontraktwert pro Index-Punkt angegeben. So hat ein DAX-Future beispielsweise einen Kontraktwert von 25 Euro pro Punkt und bei einem Indexstand von 16.000 Punkten somit einen Kontraktwert von 400.000 Euro.

Um Futures handeln zu können, verlangen die Terminbörsen von den Handelsteilnehmern die Hinterlegung von Sicherheiten in Form von Kapitaleinschüssen (Margin).6 Die Terminbörse fordert von den Handelsteilnehmern die Hinterlegung dieser Sicherheiten, um die zukünftige Erfüllung des abgeschlossenen Geschäftes sicherzustellen. Theoretisch sollen die Sicherheiten so hoch sein, dass die Terminbörse, welche auch als Zentrale Gegenpartei (Central Counterparty - CCP) agiert, am nächsten Handelstag die betreffende Position schließen kann und die dabei entstehenden Verluste durch die hinterlegten Sicherheiten gedeckt sind.7 Die Höhe der erforderlichen Sicherheitsleistung wird von der Terminbörse selbst festgelegt. Grundsätzlich gilt: Umso höher das Risiko bzw. die Volatilität eines Basiswertes des Future-Kontraktes ist, desto höher ist auch die zu hinterlegende Margin.

Kleinanleger können jedoch Futures nicht unmittelbar über die Terminbörse handeln, sondern lediglich über einen zwischengeschalteten Intermediär. Aus diesem Grund wird im Weiteren der Handel von Kleinanlegern unter Einbeziehung von Intermediären beschrieben.

Zu Beginn (Eröffnung des Future-Kontrakts bzw. Erwerb des Futures) ist seitens des Anlegers ein Mindestkapitaleinschuss (Initial Margin) auf ein sogenanntes Margin-Konto beim Intermediär zu leisten. Dieser wird grundsätzlich zum Ende jedes Börsentages neu bewertet. Diese Bewertung wird auch als „Marking to Market“ (Bewertung zu Marktpreisen) bezeichnet.8

Zusätzlich zur Initial Margin wird von der Terminbörse ein bestimmter Margin-Kontobetrag festgelegt, der niemals unterschritten werden darf (Maintenance Margin).9 Die Maintenance Margin liegt dabei leicht unter der Initial Margin. Die Broker übernehmen die Margin-Anforderungen der Terminbörse zumindest als Untergrenze für die Höhe der durch den Kleinanleger zu stellenden Sicherheiten. Unterschreitet der Saldo des Marginkontos die Maintenance Margin, erhält der Anleger in der Regel eine Nachschussforderung (Margin Call). Er muss das Konto - teilweise innerhalb eines bestimmten festgelegten Zeitrahmens - bis auf das Niveau der Initial Margin aufstocken. Diese Nachschusszahlung wird auch als Variation Margin bezeichnet. Leistet der Anleger keinen Nachschuss, schließt der Broker die Position durch Glattstellung des Kontrakts.10 Dies wird auch als Zwangsglattstellung oder Zwangsschließung bezeichnet.

Anleger können nach erfolgtem Margin-Call selbst entscheiden, ob sie ihren „Einsatz“ erhöhen möchten oder ob der Kontrakt vom Broker (zwangs-) geschlossen werden soll. Wird der durch die Glattstellung des Kontrakts entstandene Verlust nicht durch die Margin gedeckt, kann der Intermediär den Anleger zur Leistung eines Nachschusses (Ausgleich des Verlustes durch weitere finanzielle Mittel) verpflichten.

Eine Nachschusspflicht im vorliegenden Sinne entsteht, wenn das vom Anleger vorgehaltene Kapital (beim Intermediär im Zusammenhang mit dem Future-Handel eingezahltes Kapital) auch nach möglicherweise erfolgten Zwangsschließungen bzw. Auflösung anderer Positionen nicht ausreicht, um eingetretene Verluste auszugleichen und der Anleger diese Verluste aus seinem sonstigen Vermögen ausgleichen muss. Die freiwillige Erhöhung der Sicherheitsleistung (Variation Margin) durch den Anleger zur Vermeidung einer Zwangsschließung offener Positionen stellt somit vorliegend keine Nachschusspflicht dar.

Zwar haben viele Intermediäre ein solches Margin-Call-Verfahren implementiert und informieren den Anleger aktiv über mögliche Unterdeckungen bzw. bevorstehende Unterdeckungen des Margin-Kontos, jedoch ist dies nicht bei allen Intermediären der Fall. Auch verpflichten sich die Intermediäre regelmäßig in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nicht zur Absetzung eines Margin-Calls, sondern sehen dies als (optionales) Service-Angebot für Anleger. Zudem kann es insbesondere bei starken Kursbewegungen sein, dass die Absetzung eines Margin-Calls zeitlich nicht möglich ist und die Position noch vor einer Information des Kleinanlegers zwangsgeschlossen werden muss.

Teilweise werden die Margin-Verpflichtungen von den Intermediären auf Portfolio-Ebene ermittelt. In diesen Fällen erfolgt eine Verrechnung aller Margin-Anforderungen im Future- oder Options-Handel untereinander. Im Falle einer Unterdeckung beispielsweise eines Future-Kontrakts, könnte der Intermediär dann nicht nur Future-Positionen zwangsschließen, sondern auch andere Positionen, bis die Pflicht (zum Nachschuss) durch Schließung anderer Geschäfte ausgeglichen ist.

In der Vergangenheit zeigte sich vor allem bei besonderen Marktereignissen und damit einhergehenden, unerwarteten und erheblichen Kursschwankungen, welche den Erwartungen der Anleger widersprachen, dass Nachschusspflichten in einem beträchtlichen Umfang entstehen können. Als Beispiele für solche „Black-Swan“-Ereignisse sind prominent der Kurssturz von Rohöl im Frühjahr 2020 oder der „Schweizer-Franken-Crash“ im Januar 2015 zu nennen.

In diesen Situationen reichten die von Anlegern hinterlegten Sicherheiten oft nicht aus, um die entstandenen Verluste zu decken. Durch starke Kursschwankungen blieb den Anlegern meist auch keine Zeit, freiwillig ihre Sicherheiten zu erhöhen und Broker schlossen Positionen zwangsweise. Da auch die Auflösung anderer Positionen - sofern diese bestanden - die Verluste teilweise nicht decken konnten, mussten Anleger die ausstehenden Beträge aus ihrem privaten Vermögen begleichen. Die Verluste aus den betreffenden Geschäften überstiegen in diesen Fällen den investierten Betrag regelmäßig um ein Vielfaches. Die Höhe einer möglichen Nachschusspflicht und des dann erstattungspflichtigen Betrages ist der Höhe nach nicht auf den ursprünglichen Betrag begrenzt, sondern kann weitaus mehr betragen. Daraus resultiert die Gefahr, dass sich insbesondere Kleinanleger des Ausmaßes der tatsächlichen Verlustrisiken nicht bewusst sind bzw. diese deutlich unterschätzen.

Aufgrund der Ausgestaltung von Futures besteht auch bei gewöhnlicher Entwicklung des Gesamtmarktes das Risiko von Nachschusspflichten, beispielsweise, wenn einzelne Basiswerte wie Aktien oder auch Rohstoffe sich erheblich entgegen den Anleger-Erwartungen entwickeln. Nachschusspflichten entstehen daher nicht ausschließlich bei den oben beschriebenen besonderen Marktereignissen, sondern etwa auch bei basiswertspezifischen Volatilitäten oder Marktentwicklungen.

Dabei resultiert der Multiplikator (Verlust kann eingezahltes Kapital um ein Vielfaches übersteigen) aus dem Hebeleffekt, da nur ein Bruchteil des Kontraktwertes des Futures vom Anleger über die Margin-Anforderungen vorzuhalten ist. Bei einem EUREX-Kontrakt muss für einen DAX-Future mit einem angenommenen Punktestand des Basiswertes von 16.000 Punkten nicht die gesamte Kontraktsumme von 400.000 Euro investiert werden, sondern es sind lediglich 31.200 Euro zu hinterlegen. Dies entspricht einer Margin in Höhe von 7,8 % des Kontraktwertes (siehe dazu auch Beispiel Tabelle 1). Das Verhältnis von Kontraktwert und verlangter (Initial) Margin gibt zugleich die Höhe des Hebels an. Anleger haben nicht den gesamten Betrag zu investieren, sondern spekulieren quasi auf Kredit. Teilweise sind dabei Hebel von mehr als 1.000 möglich.

Motive von Kleinanlegern für den Kauf von Futures sind Absicherungsgeschäfte (Hedging) und Spekulation. Anleger können Kursverluste in Basiswerten (Kassamarkt) durch Futures neutralisieren. Zudem können Anleger aufgrund des geringen Kapitaleinsatzes (Margin) und dem daraus folgenden Hebeleffekt mit nur geringem Einsatz Marktänderungen des Basiswertes ausnutzen.11

Futures haben grundsätzlich durch ein vorgegebenes Fälligkeitsdatum eine definierte Laufzeit. Anleger können Kontrakte jederzeit über Intermediäre handeln. Zudem haben Anleger die Möglichkeit, vor oder bei Fälligkeit des Futures ihre Investition durch sogenanntes „Rollen“ zu verlängern. Die Investition wird durch Eintritt in einen neuen Kontrakt mit dem gleichen Basiswert verlängert. Aus dem Rollen des Futures können je nach Marktentwicklung (Contango oder Backwardation) Verluste oder Gewinne generiert werden.

1.2 Handel von Futures in Deutschland - Marktuntersuchung

Futures werden an Terminbörsen wie beispielsweise in Deutschland der EUREX gehandelt. Handelsteilnehmer, die direkt an der EUREX handeln wollen, müssen als EUREX-Handelsteilnehmer zugelassen sein. Eine EUREX-Mitgliedschaft für Privatpersonen ist nicht möglich.12 Anleger sind daher auf ein Börsenmitglied angewiesen, um über diesen Intermediär an der EUREX zu handeln. Die Anschaffung bzw. Veräußerung der Futures durch den Intermediär erfolgt dabei im Rahmen eines Finanzkommissionsgeschäftes.

In Deutschland bieten derzeit Intermediäre (Wertpapierfirmen) auch Kleinanlegern den Handel mit Futures an. Da die Kontraktgrößen im Future-Handel regelmäßig sechsstellig sind, bietet beispielsweise die EUREX13 auch sogenannte Mini- oder Micro-Future-Kontrakte an. Diese wurden von Terminbörsen eingeführt, um den Future-Handel auch für Kleinanleger attraktiver zu machen.14 Die EUREX wirbt beispielsweise in Bezug auf den Mini-DAX-Future15 damit, dass diese speziell für erfahrene Privatanleger und kleinere Wertpapierdepots geeignet sind.16

Die Bundesanstalt führte eine Marktuntersuchung zum Future-Handel in Deutschland durch, um weitere Informationen als Grundlage der Bewertung erheblicher Anlegerschutzbedenken im Hinblick auf Kleinanleger zu erlangen. Zu diesem Zweck erfragte die Bundesanstalt bei einer Auswahl von als wesentlich erachteten Intermediären in Deutschland Informationen zu Kunden und Handelsverhalten. Darüber hinaus erbat die Bundesanstalt Informationen zum Marketing und Vertrieb von Futures. Der Untersuchungszeitraum der Marktuntersuchung erstreckte sich von Juli 2019 bis Juni 2020.17 Zudem geht die Bundesanstalt davon aus, dass weitere Intermediäre, auch aus anderen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR), die nicht Gegenstand der Marktuntersuchung waren, Kleinanlegern in Deutschland den Zugang zu Futures mit Nachschusspflichten ermöglichen.

Die Marktuntersuchung zeigte, dass das Futures-Handelsvolumen von Kleinanlegern bei den befragten Intermediären im Zeitraum der Befragung durchschnittlich pro Quartal insgesamt rund 20 Mrd. Euro betrug. Durchschnittlich erlitten mehr als die Hälfte der Kleinanleger Verluste im Future-Handel. Dabei schwankt die Verlustquote der Anleger stark in Abhängigkeit vom jeweiligen Betrachtungszeitraum und dem Anbieter. Teilweise sind jedoch auch Verlustquoten von über 75 % zu erkennen. Dies lässt den Schluss zu, dass teilweise drei von vier Kleinanleger Verluste im Future-Handel erleiden.18 Dabei entstehen erhebliche Verluste nicht nur in Bezug auf einzelne Future-Positionen, sondern auch bei Betrachtung des gesamten Future-Portfolios von Kleinanlegern.

Das Angebot von Termingeschäften für Kleinanleger stellt in der Regel nur ein Nebengeschäft für die Anbieter dar. Oft bieten diese eine breite Palette an Finanzinstrumenten (unter anderem auch CFD) für Kleinanleger an.

Generell ist aber bereits jetzt zu erkennen, dass Kleinanleger, auch aufgrund der Konzeption von Future-Produkten, in einem gewissen Umfang mit entsprechenden Produkten handeln. Dabei zeigt sich auch, dass die Anzahl an professionellen Kunden, die Futures bei den entsprechenden Intermediären handeln, erheblich unter der Anzahl der handelnden Kleinanleger liegt.

Zudem lässt sich ein Trend hin zu einer höheren Anzahl an Kleinanlegern und der Beliebtheit von Futures erkennen. So ist sowohl das Handelsvolumen von Kleinanlegern als auch die Anzahl der aktiven Kleinanleger, die Futures in Deutschland handeln, über die letzten Jahre gestiegen. Im Beobachtungszeitraum der Marktuntersuchung sind sowohl das von Kleinanlegern gehandelte Volumen als auch die absolute Anzahl an Kleinanlegern, die Futures handelten, um rund 15 % gewachsen.

Die Intermediäre gehen teilweise von einer weiteren Steigerung der Kundenanzahl aus. Zu einem weiteren Wachstum und einer zunehmenden Attraktivität von Termingeschäften für Kleinanleger trägt auch die Konzeption von Mini- bzw. Micro-Future-Kontrakten bei. Diese erleichtern Kleinanlegern den Markteintritt, da die regelmäßig hohen Kontraktgrößen und damit auch vergleichsweise hohen zu hinterlegenden Sicherheiten vermieden werden können.

Dies wird an dem nachfolgenden Beispiel von DAX-Future-Kontrakten mit einer Initial Margin von 7,8 %19 und einem angenommenen DAX-Punktestand von 16.000 Punkten deutlich:

Future-KontraktKontraktwertKontraktgegenwertInitial Margin
DAX-Future25 Euro400.000 Euro31.200 Euro
Mini-DAX-Future5 Euro80.000 Euro6.240 Euro
Micro-DAX-Future1 Euro16.000 Euro1.248 Euro

Tabelle 1: Beispiel Vergleich verschiedener DAX-Future-Kontrakte20

So haben basierend auf dem obigen Beispiel, Kleinanleger beim Handel mit einem Micro-Future absolut gesehen nur 4 % der Margin zu hinterlegen, die beim Handel eines herkömmlichen DAX-Futures erforderlich wäre.21 Diese Konstruktionen machen den Future-Handel daher auch für Anleger attraktiv, die nur relativ geringe Volumen investieren wollen bzw. können.

Zwar zeigte die Abfrage bei den Intermediären, dass in der Regel Futures von Kleinanlegern mit Hebeln von unter 50 gehandelt werden, aber teilweise sind in Abhängigkeit zum jeweiligen Basiswert Hebel von bis zu 1.600 möglich. Deutlich wird zudem, dass Kleinanleger insbesondere sogenannte Mini- oder Micro-Kontrakte handeln, bei denen - absolut gesehen - geringere Margin-Anforderungen gängig sind.

In dem Beobachtungszeitraum der Marktuntersuchung gaben die befragten Intermediäre an, dass derzeit insgesamt eine niedrige Anzahl von Anlegern zur Leistung von Nachschüssen verpflichtet wurde. Teilweise handelte es sich bei den geforderten Nachschüssen jedoch um sechsstellige Euro-Beträge.

Die Marktuntersuchung zeigte, dass einige Anbieter Mechanismen etabliert haben, die sich positiv auf den Anlegerschutz auswirken. So schließt beispielsweise ein Anbieter eine Nachschusspflicht für Kleinanleger im Future-Handel in den AGB aus. Andere Anbieter erhöhen die von der Terminbörse vorgegebenen Margin-Anforderungen gegenüber dem Kunden, um eine Art Sicherheitspuffer zu erzeugen. Das heißt, der Anleger hat gegenüber dem Anbieter eine höhere Margin zu hinterlegen, als die Margin, die von der Terminbörse verlangt wird. Damit soll das Risiko von Nachschusspflichten reduziert werden, da bereits ein höheres Sicherheitsniveau als von der Terminbörse verlangt besteht. Jedoch konnte keine Markthomogenität dahingehend beobachtet werden.

Futures werden von Intermediären vor allem seit Inkrafttreten der CFD-Produktinterventionsmaßnahme regelmäßig als Alternative zum CFD-Handel für Kleinanleger beworben. Die Marktuntersuchung zeigte zudem, dass auch in Bezug auf den Future-Handel von den Intermediären Partner- oder Affiliate-Marketing zur Neukundengewinnung eingesetzt wird.

1.3 Bereits geltende Beschränkungen von Nachschusspflichten

Mit Allgemeinverfügung vom 23.07.2019 beschränkte die Bundesanstalt die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von sogenannten Differenzgeschäften („Contracts for Difference / CFD“). In Deutschland dürfen nur noch CFD an Kleinanleger vermarktet, vertrieben und verkauft werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Eine dieser Bedingungen ist, dass sichergestellt werden muss, dass Anleger keine Nachschusszahlungen leisten müssen und der Verlust auf den investierten Betrag begrenzt ist (sogenannter Negativsaldoschutz). Dies wird mittlerweile von den CFD-Anbietern in ihren AGB ausgeschlossen.

Bereits mit Allgemeinverfügung vom 08.05.2017 verbot die Bundesanstalt die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von CFD mit Nachschusspflicht an Privatkunden in Deutschland. Hintergrund dieser Produktinterventionsmaßnahme waren die teilweise erheblichen Nachschusszahlungsverpflichtungen im Zusammenhang mit dem „Schweizer-Franken-Crash“ im Januar 2015.

Zudem sind Nachschusspflichten bei verschiedenen Finanzinstrumenten qua Gesetz ausgeschlossen: So sind Vermögensanlagen mit Nachschusspflicht nach § 5b Abs. 1 Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) nicht zugelassen. Auch § 152 Abs. 1 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) schließt eine Nachschusspflicht für Kommanditisten einer Investmentkommanditgesellschaft aus.

2. Rechtliche Würdigung

Nach der hier gegenständlichen Sach- und Rechtslage stellt sich die vorliegende Beschränkung der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Futures mit Nachschusspflichten in Deutschland als recht- und zweckmäßig sowie verhältnismäßig dar.

2.1 Tatbestandsvoraussetzungen der Befugnisnorm (Art. 42 MiFIR)

Die vorliegende Beschränkung der Bundesanstalt beruht auf Art. 42 Abs. 1 MiFIR. Gemäß Art. 42 Abs. 2 Satz 1 MiFIR kann die Bundesanstalt die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Finanzinstrumenten mit bestimmten Merkmalen verbieten oder beschränken, wenn sie sich begründetermaßen vergewissert hat, dass das Finanzinstrument erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz aufwirft, bestehende regulatorische Anforderungen nach Unionsrecht, die auf das Finanzinstrument anwendbar sind, den in Art. 42 Abs. 2 Satz 1 MiFIR genannten Risiken nicht hinreichend begegnen und das Problem nicht besser durch eine stärkere Aufsicht oder Durchsetzung der vorhandenen Anforderungen gelöst würde, sowie dass die Maßnahme unter Berücksichtigung der Wesensart der ermittelten Risiken, des Kenntnisniveaus der betreffenden Anleger oder Marktteilnehmer und der wahrscheinlichen Auswirkungen der Maßnahme auf Anleger oder Marktteilnehmer verhältnismäßig ist.

Diese oben genannten Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

2.1.1 Finanzinstrument mit bestimmten Merkmalen

Bei Futures mit Nachschusspflichten handelt es sich um Finanzinstrumente mit bestimmten Merkmalen. Sie sind in Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 MiFID II in Verbindung mit Anhang I Abschnitt C Nr. 4 bis 7 und 10 MiFID II bzw. nach dem diese MiFID II-Vorschriften ins deutsche Recht umsetzenden § 2 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 WpHG in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Nr. 4 WpHG als Finanzinstrumente definiert.

2.1.2 Erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz

Die Vermarktung, der Vertrieb und der Verkauf von Futures mit Nachschusspflichten an Kleinanleger werfen erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz im Sinne des Art. 42 MiFIR auf. Die erheblichen Bedenken für den Anlegerschutz ergeben sich vorliegend aus den produktimmanenten Eigenschaften der Futures und dem Umstand, dass die sich aus der Nachschussverpflichtung ergebenden rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen für die Kundengruppe der Kleinanleger besonders nachteilig und mit unkalkulierbaren Verlustrisiken verbunden sind.

Durch die MiFIR wurde ab dem 03.01.2018 ein in den EU-Mitgliedstaaten direkt anwendbares Produktinterventionsrecht eingeführt. Die Europäische Kommission hat, gestützt auf Art. 42 Abs. 7 MiFIR in Art. 21 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/567 vom 18.05.2016 (Delegierte Verordnung), Kriterien und Faktoren niedergelegt, welche von den zuständigen Behörden bei Ausübung ihrer Produktinterventionsbefugnisse zu berücksichtigen sind. Auf Grundlage des Art. 42 MiFIR greife ich auf diesen (nicht abschließenden) Kriterienkatalog zurück. Aufgrund einer Analyse der in Art. 21 Abs. 2 der Delegierten Verordnung genannten Kriterien und Faktoren habe ich mich begründetermaßen vergewissert, dass Futures mit Nachschusspflichten für Kleinanleger erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz im Sinne des Art. 42 Abs. 2 lit. a) Ziffer i) MiFIR aufwerfen.

Bei der Ermittlung, ob diese Finanzinstrumente erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz aufwerfen, habe ich insbesondere folgende in Art. 21 Abs. 2 der Delegierten Verordnung angeführten Kriterien und Faktoren herangezogen:

  • Grad der Komplexität des Finanzinstruments in Bezug zu der Art von Kunden, an die das Finanzinstrument vermarktet oder verkauft wird, insbesondere unter Berücksichtigung der Komplexität der Berechnung der Wertentwicklung und der Art und des Umfangs etwaiger Risiken (Art. 21 Abs. 2 lit. a) Delegierte Verordnung);

  • Ausmaß möglicher negativer Auswirkungen, insbesondere unter Berücksichtigung der Zahl der beteiligten Kunden, Anleger oder Marktteilnehmer, des relativen Anteils des Produkts in den Portfolios der Anleger, der Wahrscheinlichkeit, des Umfangs und der Art negativer Auswirkungen, einschließlich der Höhe des möglicherweise erlittenen Verlustes, des Volumens der Emission, des Wachstums des Marktes und des von jedem Kunden in das Finanzinstrument investierten durchschnittlichen Betrags (Art. 21 Abs. 2 lit. b) Delegierte Verordnung);

  • Art der Kunden, an die ein Finanzinstrument vermarktet oder verkauft wird, insbesondere unter Berücksichtigung, ob es sich bei dem Kunden um einen Kleinanleger, einen professionellen Kunden oder eine geeignete Gegenpartei handelt (Art. 21 Abs. 2 lit. c) Delegierte Verordnung);

  • Besondere Merkmale oder Komponenten des Finanzinstruments, einschließlich eines eingebetteten Leverage-Effekts, insbesondere unter Berücksichtigung des produktinhärenten Leverage-Effekts (Art. 21 Abs. 2 lit. e) Delegierte Verordnung);

  • Existenz und Grad der Diskrepanz zwischen der erwarteten Rendite oder dem erwarteten Gewinn für Anleger und dem Verlustrisiko, das dem Finanzinstrument innewohnt, insbesondere unter Berücksichtigung des Rendite-Risiko-Profils (Art. 21 Abs. 2 lit. f) Delegierte Verordnung);

  • Verkaufspraktiken in Verbindung mit dem Finanzinstrument, insbesondere die verwendeten Kommunikations- und Vertriebskanäle und des Informations-, Marketing- oder sonstigen Werbematerials in Verbindung mit der Anlage (Art. 21 Abs. 2 lit. j) Delegierte Verordnung).

Nach Berücksichtigung der relevanten Kriterien und Faktoren komme ich zu dem Schluss, dass Futures mit Nachschusspflichten aus den nachfolgenden Gründen für Kleinanleger erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz aufwerfen.

Insbesondere aufgrund des Risikos, dass Kleinanleger quasi unbegrenzt und damit auch mehr als ihr investiertes Kapital verlieren können, liegen hinsichtlich Futures mit Nachschusspflichten erhebliche Anlegerschutzbedenken vor. In der Gesamtschau werden diese darüber hinaus durch den produktinhärenten Leverage-Effekt bzw. der Spekulation quasi auf Kredit sowie durch die Vertriebs- und Verkaufspraktiken im Zusammenhang mit dem Future-Handel verstärkt.

2.1.2.1 Risiko eines unbeschränkten Verlustes

Das Ausmaß möglicher negativer Auswirkungen und die Diskrepanz zwischen dem zu erwartenden Gewinn und dem Verlustrisiko ist bei Futures mit Nachschusspflichten erheblich. Aufgrund der Tatsache, dass der Verlust aus der Investition in ein solches Finanzinstrument den investierten Betrag überschreiten kann, wird das Rendite-Risiko-Verhältnis als äußerst nachteilig für Anleger erachtet. Der mögliche Verlust kann unbegrenzt sein und ist nicht auf den investierten Betrag beschränkt.

Die Marktuntersuchung der Bundesanstalt zeigte zwar, dass Nachschusspflichten in einem herkömmlichen Marktumfeld relativ selten vorkommen, jedoch verwirklicht sich das Risiko von Nachschusspflichten vor allem bei untypischen, besonderen Marktereignissen („Black-Swan“-Ereignisse). In solch hoch-volatilen Marktphasen oder im Falle starker Kursbewegungen besteht die Gefahr, dass Anleger die Nachschüsse aus ihrem sonstigen privaten Vermögen begleichen müssen. Dabei zeigte die Marktuntersuchung, dass teilweise sechsstellige Beträge von den Kleinanlegern nach einer Zwangsschließung gefordert wurden.

Zudem erhöhen insbesondere hohe Hebel die Wahrscheinlichkeit, Kapital ausgleichen zu müssen bzw. Verluste zu erleiden.

Ferner ist die Versendung eines Margin-Calls nicht verpflichtend für die Intermediäre, sondern wird von diesen freiwillig durchgeführt. Anleger können sich daher nicht darauf verlassen, bei drohender Unterdeckung eine Information initiativ vom Intermediär zu erhalten.

Zudem kann es sein, dass dem Anleger selbst nach Empfang eines Margin-Calls nur wenige Minuten bleiben, um die Sicherheiten freiwillig zu erhöhen. Damit muss der Anleger theoretisch sicherstellen, jederzeit erreichbar zu sein, um auf einen Margin-Call reagieren zu können sowie auch die Möglichkeit haben, die finanziellen Mittel zeitnah zur Verfügung zu stellen.

Der Intermediär wird bei einer Unterdeckung des Margin-Kontos versuchen, den Kontrakt zu schließen. Sollten die vom Anleger hinterlegten Sicherheiten nicht ausreichen, um die Verluste auszugleichen, fordert der Intermediär den darüberhinausgehenden noch ausstehenden Betrag vom Anleger.

Die Zwangsglattstellung erfolgt grundsätzlich nicht im Interesse des Anlegers, sondern wird vom Intermediär im eigenen Interesse durchgeführt. Zwar werden meist zunächst bei Unterdeckung bis zur Erreichung des erforderlichen Margin-Niveaus weitere bestehende Positionen aufgelöst, jedoch besteht gerade das Risiko von Nachschusspflichten, wenn Anleger nur wenige oder gar nur eine einzige Position eröffnet haben. Auch die Auflösung bzw. Schließung von anderen Positionen über den betreffenden nachschusspflichtigen Kontrakt hinaus, kann nachteilig für den Kleinanleger sein. Möglicherweise werden dadurch Verluste in Geschäften realisiert, die nicht unmittelbar mit dem Future-Handel in Verbindung stehen.

Insbesondere bei sehr hohen Kursausschlägen kann die ausstehende Margin den bereits investierten Betrag überschreiten. Eine Obergrenze für die Nachschusszahlung gibt es nicht. Theoretisch kann der Nachschuss und damit auch der mögliche Verlust unbegrenzt sein.

2.1.2.2 Art der Kunden und Marktentwicklung

Über Intermediäre erlangen Kleinanleger einen Zugang zu einem Markt, der ihnen sonst verwehrt bliebe. Ein direkter Handel von Futures an einer Terminbörse ist für Kleinanleger grundsätzlich ausgeschlossen. Lediglich unter Einbindung von Intermediären, welche wiederum direkt an Terminbörsen agieren, können Kleinanleger Futures handeln.

Es ist trotz bestehender Regelungen (Zielmarktbestimmung, Angemessenheits- bzw. Geeignetheitsprüfung) jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch Kleinanleger Futures handeln, die nicht oder nur unzureichend über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen.

Zudem können selbst erfahrene Anleger das Risiko einer Nachschusspflicht nur selten bestimmen und sind nicht vor den Gefahren von „Black-Swan“-Ereignissen bzw. den sich daraus möglicherweise ergebenen negativen finanziellen Folgen geschützt. Insbesondere für Anleger, die keine weitgehenden Erfahrungen und Kenntnisse im Handel an Terminbörsen haben, sind die Funktionsweise sowie das Rendite-Risikoprofil von Futures mit Nachschusspflicht in der Regel zu komplex und nicht nachvollziehbar. Erhöhte Komplexität geht dabei vor allem von dem Risiko einer Nachschusspflicht aus. Zusätzliche Komplexität entsteht darüber hinaus durch die Margin-Anforderungen und das damit oft verbundene Erfordernis einer dauerhaften Erreichbarkeit bzw. Beobachtung des Depots oder der Margin-Konten, um eine Zwangsschließung zu vermeiden. Im Handel mit Futures ist eine fortlaufende Marktbeobachtung notwendig. Es handelt sich nicht um „buy-and-hold“-Investitionen. Für Kleinanleger regelmäßig komplex sind auch die oben beschriebenen Rollvorgänge sowie deren Auswirkungen auf die Rendite des Anlegers.

Sowohl in Bezug auf das Future-Handelsvolumen von Kleinanlegern als auch auf deren Anzahl sind jedoch zumindest im Zeitraum der von der Bundesanstalt durchgeführten Marktuntersuchung zweistellige positive Wachstumsraten zu erkennen. Insbesondere bedingt durch das vermehrte Angebot von Mini-und Micro-Future-Kontrakten ist von einer Zunahme und einer steigenden Verbreitung des Future-Handels bei Kleinanlegern auszugehen.

Gerade aufgrund der Werbeaktivitäten und der zunehmenden Verbreitung bzw. Einführung von Micro- und Mini-Future-Kontrakten werden auch weiter Kleinanleger an den Future-Handel herangeführt, die gegebenenfalls nicht über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen im Handel mit solch komplexen Produkten verfügen. Insbesondere vor dem Hintergrund einer Niedrigzinsphase und dem Wunsch von Anlegern, eine Rendite am Kapitalmarkt oberhalb des Marktniveaus zu erzielen, suchen Anleger zunehmend neue Investitionsmöglichkeiten. Damit steigt auch die Gefahr, dass sich Kleinanleger aufgrund von Werbeaussagen und Renditeversprechen von dem überdurchschnittlich hohen Risiko (der Nachschussverpflichtung) ablenken lassen und in hochriskante Produkte investieren, die für sie grundsätzlich nicht geeignet sind. Dabei sind Futures explizit nicht für eine langfristige (Geld-) Anlage geeignet, sondern höchstens zur Absicherung (Hedging) bzw. als Spekulationsinstrument.

2.1.2.3 Komplexität der Wertentwicklung und Spekulation quasi auf Kredit

Hebelprodukte an sich sind als äußerst komplex einzustufen, da Kleinanleger regelmäßig nur schwer die Wertentwicklung solcher Produkte insbesondere aufgrund der erhöhten Volatilität einschätzen können. Durch die Nachschusspflicht wird die Komplexität der Wertermittlung weiter erhöht und intensiviert sich. Der maximale Verlust bzw. die maximale Höhe des Verlustes und damit das Risiko einer solchen Anlage kann aufgrund der Nachschusspflicht nicht vom Anleger bestimmt werden, da der Verlust nicht ausschließlich auf den investierten Betrag begrenzt ist. Die tatsächlichen Verlustrisiken einer solchen Anlage können daher von Anlegern bei Futures mit Nachschusspflicht nicht eingeschätzt werden. Dies ist insbesondere bei Short-Positionen der Fall, bei welchen der Verlust nicht zumindest auf den Kontraktwert begrenzt ist.

Da Anleger nur eine Sicherheitsleistung und damit einen Bruchteil des gehandelten Kontraktwertes hinterlegen müssen, handelt es sich bei dem Margin-Handel um eine Art Spekulation auf Kredit. Anleger müssen nicht über den gesamten Kontraktgegenwert verfügen, sondern ein Bruchteil davon reicht schon aus. Der Anleger ist dadurch den wirtschaftlichen Folgen aus der Spekulation mit einem Anlagebetrag ausgesetzt, den er nur zu einem geringen Teil tatsächlich aufbringen muss. Dies kommt damit einer kreditfinanzierten Anlagestrategie gleich und kann für Kleinanleger sogar mit existenziellen Risiken (Privatinsolvenz) einhergehen.

Der Gesetz- und Verordnungsgeber hat dieser Form von kreditfinanzierter Spekulation ein besonders hohes Risikopotential zugemessen. Das zeigt sich etwa daran, dass in Art. 62 Abs. 2 VO (EU) 2017/565 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU bei einem kreditfinanzierten Finanzportfolio eine besondere Berichtspflicht des Vermögensverwalters besteht. Hat die Führung von Kleinanlegerkundenkonten ein Geschäft zum Gegenstand, das eine ungedeckte Position bei einem Geschäft mit Eventualverbindlichkeiten enthält, so muss ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen dem Kleinanleger auch die nicht bzw. nicht voll gedeckten Verluste aus Eventualverbindlichkeiten mitteilen.

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber die Gewährung von Krediten an andere nach § 2 Abs. 9 Nr. 2 WpHG als überwachungsbedürftige Wertpapiernebendienstleistung einstuft, wenn sie für die Durchführung von Wertpapierdienstleistungen gewährt wird, an denen das den Kredit gewährende Unternehmen selbst beteiligt ist. Daraus wird ersichtlich, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber das Ermöglichen von kreditfinanzierter Spekulation von Kleinanlegern nur unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig erachtet, was die Schaffung von besonderen Vorkehrungen zum Schutz von Kleinanlegern erforderlich macht. Diese Wertungen des Gesetz- und Verordnungsgebers rechtfertigen es, den insoweit wirtschaftlich einem Kreditnehmer gleichstehenden Anleger eines Futures mit Nachschusspflichten durch Erlass einer Produktinterventionsmaßnahme vor solchen Verlusten zu schützen, die über den investierten Betrag hinausgehen und damit auf das sonstige Vermögen des Kleinanlegers übergreifen können. Um Kleinanleger vor Verlusten zu schützen, die über den von dem Kleinanleger auf ihren Handelskonten eingezahlten Betrag hinausgehen und damit auf das sonstige Vermögen des Kleinanlegers übergreifen, ist die vorliegende Allgemeinverfügung angezeigt.

Denn bei Futures sind auch für Kleinanleger Hebel von über 1.000 möglich. Hier hat der Anleger nur ein Tausendstel der eigentlichen Investitionssumme als Sicherheit zu hinterlegen. Kleinanleger können auf diese Weise mit nur geringem Einsatz enorme Investitionssummen bewegen, da lediglich ein Bruchteil der eigentlichen Investitionssumme eingezahlt bzw. nicht über das Kapital in Höhe des gesamten Kontraktwertes verfügt werden muss. Für den Anleger besteht daher das Risiko, Kapital zu verlieren, welches er zu Beginn der Investition nicht vorhalten musste und über welches er gegebenenfalls gar nicht verfügt.

Mit einem Ausschluss der Nachschusspflicht wird das Risiko der Kleinanleger aus der quasi kreditfinanzierten Spekulation, welches entsprechend der aufgezeigten Wertung des Gesetzgebers in § 2 WpHG ein besonders hohes Risikopotenzial birgt, auf den tatsächlich investierten (bzw. eventuell freiwillig nachgeschossenen) Betrag begrenzt und damit reduziert.

2.1.2.4 Verkaufspraktiken und zur Verfügung gestellte Informationen

Erhebliche Anlegerschutzbedenken ergeben sich in der Gesamtschau zudem aus den Verkaufspraktiken in Bezug auf Futures mit Nachschusspflichten.

Insbesondere seit Inkrafttreten der CFD-Produktinterventionsmaßnahme ist zu beobachten, dass Futures regelmäßig als Alternative zum CFD-Handel für Kleinanleger beworben werden. Nicht selten wird dabei auf den teilweise höheren und theoretisch unbegrenzten Hebel im Future-Handel verwiesen bzw. mit diesem geworben. Dieser Unterschied zu CFDs wird dabei positiv hervorgehoben, oft ohne dass auf das unbegrenzte Verlustrisiko hingewiesen wird.

Wie auch beim CFD-Handel setzen einige Intermediäre im Zusammenhang mit Futures auf sogenanntes Partner- oder Affiliate-Marketing. Ferner werden regelmäßig Bonus- bzw. Rabatt-Aktionen eingesetzt, um Neukunden zu gewinnen. Affiliate-Partner werben quasi mittelbar im Auftrag der Intermediäre für den Handel mit Futures. Im Gegenzug erhalten Affiliate-Partner eine Provision oder Prämie für jeden an den Intermediär weitergeleiteten Kunden. Teilweise ist die Zahlung dieser Provision an verschiedene Kriterien wie die Anzahl der eröffneten Kontrakte oder die Höhe des eingezahlten Kapitals des Anlegers gebunden.

Im Fokus von Affiliate-Werbenden stehen regelmäßig Anleger, die nicht über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen mit Termingeschäften verfügen. Selten wird auch auf das Risiko von Nachschusspflichten hingewiesen bzw. die Darstellung von Risiken ist unzureichend. Meist ist diese Affiliate-Werbung auch nicht als solche gekennzeichnet, sondern in den Mantel eines informativen Beitrags oder eines Vergleichsportals gekleidet.

Aktiv beworben werden Mini- und Micro-Future-Kontrakte. Oft werden diese als geeignet für Kleinanleger bezeichnet. Diese Eignung für Kleinanleger wird dabei regelmäßig hervorgehoben. Bei Anlegern könnte daher der Eindruck entstehen, dass diese Produkte grundsätzlich für sie bzw. für den herkömmlichen Kleinanleger geeignet sind. In der Regel erfolgt jedoch auch hier kein Hinweis auf das Risiko einer Nachschusspflicht.

Insgesamt wird ein Bild gezeichnet, welches insbesondere die Vorteile für den Anleger beim Futures-Handel herausstellt und diesen unter Berücksichtigung der Markt- und Produktentwicklung von Mini- und Micro-Futures gerade für den Kleinanleger als Investitionsalternative attraktiv machen soll. Damit geht jedoch zugleich die gesteigerte Gefahr einher, dass das produktimmanente und im Vergleich zu anderen Anlageprodukten völlig untypische unbegrenzte Verlustrisiko gerade von dieser weniger erfahrenen Kundengruppe regelmäßig übersehen bzw. unterschätzt wird.

Zwar haben gemäß Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte (PRIIPs-VO) Konzepteure von Futures ein Basisinformationsblatt zu erstellen, bzw. ist dieses von Anbietern von Futures den Anleger zur Verfügung zu stellen, jedoch beseitigt dies nicht das Risiko, dass Anleger aufgrund der Nachschusspflicht einen Verlust über ihren investierten Betrag hinausgehend erleiden können.

Der Hinweis auf mögliche Verluste, die aus dem privaten Vermögen beglichen werden müssen, verhindert nicht, dass Anleger Nachschüsse leisten müssen. Gerade aufgrund der oben ausgeführten Verkaufspraktiken ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Kleinanleger, die Futures mit Nachschusspflicht handeln und damit auch potentiell mehr als ihr investiertes Kapital verlieren können, steigen wird. Trotz Hinweisen auf das Risiko einer Nachschusspflicht wird diese Gefahr von Kleinanlegern regelmäßig unterschätzt.

2.2 Keine hinreichende andere Möglichkeit, den in Art. 42 Abs. 2 Satz 1 lit. a) MiFIR genannten Risiken zu begegnen und das Problem durch eine stärkere Aufsicht oder Durchsetzung der vorhandenen Anforderungen zu lösen (Art. 42 Abs. 2 Satz 1 lit. b) MiFIR)

Bestehende regulatorische Anforderungen nach Unionsrecht, die auf die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Futures mit Nachschusspflicht anwendbar sind, begegnen den in Art. 42 Abs. 2 Satz 1 lit. a) Ziffer i) MiFIR genannten Risiken nicht hinreichend. Weder unionsrechtliche Anforderungen noch nationale Bestimmungen - niedergelegt etwa im WpHG - können den dargestellten Risiken für Anleger im Zusammenhang mit Nachschusspflichten bei Futures in ausreichender Weise begegnen.

Die Bundesanstalt hat entsprechend den Vorschriften in Art. 42 Abs. 2 Satz 1 lit. b) MiFIR geprüft, ob andere hinreichende Möglichkeiten bestehen, den in Art. 42 Abs. 2 Satz 1 lit. a) MiFIR genannten Risiken zu begegnen und das Problem durch eine stärkere Aufsicht oder Durchsetzung der vorhandenen regulatorischen Anforderungen nach Unionsrecht zu lösen. Die anwendbaren bestehenden regulatorischen Anforderungen sind in der MiFID II, der delegierten Richtlinie zur MiFID II (EU) 2017/593, der delegierten Verordnung zur MIFID II (EU) 2017/565, der MiFIR und der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie nationaler Umsetzungsakte im WpHG und der Verordnung zur Konkretisierung der Verhaltensregeln und Organisationsanforderungen für Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WpDVerOV) festgelegt.

Unter anderem sind dies die folgenden Anforderungen:

2.2.1 Angemessene Informationsbereitstellung

Die Bundesanstalt hat überprüft, ob die Vorschriften zur redlichen Kundeninformation nach § 63 Abs. 1, 6 und 7 WpHG22 den in Art. 42 Abs. 2 Satz 1 lit. b) MiFIR genannten Risiken hinreichend begegnen und das Problem besser durch eine stärkere Aufsicht oder Durchsetzung der Anforderungen aus diesen Vorschriften gelöst würde.

Die auf Transparenz gegenüber dem Kunden beruhenden Vorschriften sind jedoch ungeeignet, um dem unbegrenzten Verlustrisiko, welches Futures mit Nachschusspflicht beinhalten, zu begegnen. Eine transparente und verständliche Darstellung der unbegrenzten Verlustrisiken verhindert nicht, dass Kleinanleger dem Risiko einer Nachschusspflicht im Future-Handel ausgesetzt sind. Die vom Gesetzgeber vorgeschriebene angemessene Informationsbereitstellung im Sinne der oben genannten Normen können die Gefahr einer verpflichtenden Nachschusszahlung und damit das Risiko eines Verlustes, den Kleinanleger über ihren investierten Betrag hinausgehend aus ihrem sonstigen Vermögen begleichen müssen, nicht verhindern.

2.2.2 Anforderungen an Geeignetheit und Angemessenheit

In § 64 Abs. 3 WpHG wird Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei Erbringung von Anlageberatung oder Finanzportfolioverwaltung vorgeschrieben, die erforderlichen Informationen über die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden oder potenziellen Kunden in Bezug auf Geschäfte mit bestimmten Arten von Finanzinstrumenten, über seine finanziellen Verhältnisse, einschließlich seiner Fähigkeit, Verluste zu tragen, und über seine Anlageziele, einschließlich seiner Risikotoleranz, einzuholen (Geeignetheitsprüfung).

Da aber die Vermarktung, der Vertrieb und der Verkauf von Futures mit Nachschusspflicht in aller Regel ohne die Erbringung von Anlageberatung und Finanzportfolioverwaltung über elektronische Plattformen erfolgt und Kleinanleger damit gerade im Bereich der sehr riskanten Futures mit Nachschusspflichten in aller Regel ohne den Schutz durch Anlageberatung oder Finanzportfolioverwaltung bleiben, bietet ein Rückgriff auf § 64 Abs. 3 WpHG keine hinreichende anderweitige Möglichkeit, den in Art. 42 Abs. 2 Satz 1 lit. a) MiFIR genannten Risiken zu begegnen.

Gemäß § 63 Abs. 10 WpHG ist beim Angebot von Futures über elektronische Handelsplattformen, ohne die Erbringung von Anlageberatung oder Finanzportfolioverwaltung (sogenanntes beratungsfreies Geschäft), eine Bewertung der Angemessenheit des Finanzinstruments für den Kunden erforderlich (Angemessenheitsprüfung).

Zur Bewertung der Angemessenheit ist es gemäß § 63 Abs. 10 Satz 1 WpHG zwar notwendig, dass die Wertpapierdienstleistungsunternehmen ihre Kunden oder potenziellen Kunden um Angaben zu ihren Kenntnissen und Erfahrungen in Bezug auf den speziellen Typ der angebotenen oder angeforderten Produkte oder Dienstleistungen bitten, um beurteilen zu können, ob die in Betracht gezogenen Wertpapierdienstleistungen oder Produkte für den Kunden angemessen sind. Der Handel der Finanzinstrumente mit dem Kunden kann aber gleichwohl nach Erteilung eines Warnhinweises gemäß § 63 Abs. 10 Satz 3 WpHG erfolgen, selbst wenn die Bewertung der Angemessenheit zuvor zum Ergebnis geführt hat, dass das Finanzinstrument für den Kunden oder potenziellen Kunden nicht angemessen ist. Ebenso kann der Handel mit dem Kunden gemäß § 63 Abs. 10 Sätze 3 und 4 WpHG auch in den Fällen nach einer einfachen Warnung des Kunden erfolgen, in denen die Kunden oder potenziellen Kunden zuvor gar keine oder nur unzureichende Angaben gemacht haben und eine Bewertung der Angemessenheit damit nicht möglich ist. In diesen Fällen hat lediglich eine entsprechende Information des Kunden zu erfolgen.

Im Ergebnis kann selbst eine ordnungsgemäß erfolgte Angemessenheitsprüfung nicht das Risiko einer Nachschusspflicht und damit einen potenziellen Verlust, der den investierten Betrag übersteigt, verhindern. Auch Kleinanleger, die über entsprechende Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, haben das Risiko zu tragen, zu unbegrenzten Nachschüssen verpflichtet zu werden, welche sie gegebenenfalls aus ihrem sonstigen privaten Vermögen leisten müssen. Eine Beurteilung der Angemessenheit des Finanzinstruments für den Kleinanleger reduziert somit nicht die potenzielle Gefahr von Verlusten, die den investierten Betrag überschreiten. Ferner führt eine nicht festgestellte Angemessenheit nicht zu einem automatischen Ausschluss des Anlegers von dem beabsichtigten Geschäft.

Es besteht deshalb keine hinreichende andere Möglichkeit, den genannten Risiken zu begegnen und das Problem durch eine stärkere Aufsicht oder Durchsetzung der vorhandenen Anforderungen durch eine wirksame Geeignetheits- oder Angemessenheitsprüfung zu lösen.

2.2.3 Produktüberwachung

Die Bundesanstalt hat zudem überprüft, ob die Vorschriften zur Produktüberwachung nach den §§ 63 Abs. 4 und 5, 80 Abs. 9 bis 13, 81 Abs. 4 WpHG und §§ 11 und 12 WpDVerOV23 den in Art. 42 Abs. 2 Satz 1 lit. b) MiFIR genannten Risiken hinreichend begegnen und das Problem besser durch eine stärkere Aufsicht oder Durchsetzung der Anforderungen aus diesen Vorschriften gelöst würde.

Im Rahmen der Bestimmung eines Zielmarktes durch Konzepteure und Vertriebsunternehmen für Finanzinstrumente muss, neben anderen Merkmalen, insbesondere die Kundengattung (Kleinanleger, professioneller Kunde oder geeignete Gegenpartei) angegeben werden, mit denen das Finanzinstrument kompatibel ist. Die Bundesanstalt ist angesichts der Merkmale von Futures mit Nachschusspflichten der Ansicht, dass bei der Bestimmung des Zielmarktes für diese Finanzinstrumente im Hinblick auf die Kundenkategorie Kleinanleger auszuschließen sind.

Nach Auffassung der Bundesanstalt würde auch das Bemühen der Bundesanstalt um eine konsequente Durchsetzung der Anforderungen an die Produktüberwachung nicht in gleicher Weise wie die mit dieser Allgemeinverfügung ausgesprochene Beschränkung geeignet sein, zu verhindern, dass Kleinanleger durch Futures mit Nachschusspflichten mehr als ihr eingesetztes Kapital verlieren können. Zwar könnte über die Zielmarktbestimmung, das heißt den Ausschluss von Kleinanlegern aus dem positiven Zielmarkt bzw. die Aufnahme von Kleinanlegern in den negativen Zielmarkt24, darauf hingewirkt werden, dass Futures mit Nachschusspflichten nicht an Kleinanleger vertrieben werden.

Jedoch handelt es sich dabei um eine nicht hinreichende, mittelbare mehrere Zwischenschritte erfordernde Einwirkungsmöglichkeit der Bundesanstalt, welche in jedem Einzelfall in weiteren diversen Zwischenschritten überwacht und gegebenenfalls durch Einzelmaßnahmen durchgesetzt werden müsste, wenn die eigenverantwortliche Einhaltung der betroffenen Unternehmen fehlschlägt. Zudem wäre zu erwarten, dass zwischenzeitlich weitere Kleinanleger Futures mit Nachschusspflichten erwerben und das Risiko weiterhin besteht, dass Kleinanleger über ihren investierten Betrag hinausgehende Verluste erleiden.

Mit der vorliegenden Allgemeinverfügung schafft die Bundesanstalt unmittelbar einheitliche Vorgaben und ein einheitliches Schutzniveau für Kleinanleger in Deutschland vor dem Risiko, verpflichtende Nachschüsse im Future-Handel zu leisten, die aus dem sonstigen privaten Vermögen beglichen werden müssen. Die Allgemeinverfügung stellt die effizienteste Möglichkeit zur Erreichung des erforderlichen Schutzniveaus und zur Beseitigung der oben ausgeführten erheblichen Anlegerschutzbedenken dar.

2.2.4 Basisinformationsblätter

Die Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 (PRIIPs-VO), enthält in Art. 5 bis 14 Offenlegungsanforderungen. In ihr werden einheitliche Vorschriften zum Format und zum Inhalt der Basisinformationsblätter festgelegt, die Hersteller von verpackten Anlageprodukten und Versicherungsanlageprodukten Kleinanlegern bereitstellen müssen, damit diese die wichtigsten Merkmale und Risiken eines PRIIP (Packaged Retail and Insurance based Investment Product) verstehen und vergleichen können.

Insbesondere in Art. 5 der PRIIPs-VO, der in der Delegierten Verordnung der Kommission (EU) 2017/653 weiter konkretisiert worden ist, wird unter anderem eine Methodik für die Präsentation des Gesamtrisikoindikators und begleitender Erläuterungen festgelegt, einschließlich Informationen darüber, ob der Kleinanleger das gesamte angelegte Kapital verlieren kann oder ob ihm zusätzliche finanzielle Verpflichtungen entstehen. Durch diese Art der Offenlegung wird jedoch nicht verhindert, dass für Kleinanleger das Risiko von Nachschusspflichten besteht.

Damit stellt auch eine transparentere Darstellung des Nachschusspflichtrisikos kein geeignetes Mittel dar. Darüberhinausgehende Regulierungen, die das Problem beseitigen bzw. ausreichend lösen würden, sieht die PRIIPs-VO nicht vor.

2.2.5 Freiwillige Maßnahmen der Intermediäre

Auch die bereits teilweise von den Intermediären etablierten Maßnahmen, wie die Erhöhung der von der Terminbörse vorgegebene Margin-Anforderung in der Beziehung zum Kunden um einen bestimmten Prozentsatz, können in der Gesamtschau nicht die erheblichen Anlegerschutzbedenken in dem Maße ausräumen, dass eine Produktinterventionsmaßnahme nicht erforderlich ist.

Das Margin-Call-Verfahren kann die Gefahr einer Nachschusspflicht nur bedingt und nicht verlässlich begrenzen. Insbesondere in Situationen, in denen die Kursausschläge eines Basiswertes so hoch sind, dass dem Intermediär keine Zeit für eine Nachschussaufforderung bleibt und die Position zwangsweise geschlossen werden muss, schützt dieses Instrument den Kleinanleger nicht hinreichend. Denn selbst die Schließung einer bestehenden Position zur Begrenzung von Verlusten kann bei erheblichen Marktfluktuationen zum Nachteil des Kunden deutlich verzögert erfolgen. Zudem sind die Intermediäre nicht zu einem Margin-Call-Verfahren verpflichtet und gestalten diesbezügliche Bestimmungen in ihren AGB unterschiedlich aus.

2.2.6 Zwischenergebnis

Die erheblichen Bedenken für den Anlegerschutz können nach Auffassung der Bundesanstalt ohne eine Beschränkung des Futures-Handels durch eine Produktintervention nach Art. 42 MiFIR auch nicht durch eine kumulative Durchsetzung der vorstehend aufgeführten Anforderungen in gleicher Weise ausgeräumt werden.

Nach Auffassung der Bundesanstalt besteht damit keine hinreichende andere Möglichkeit, den in Art. 42 Abs. 2 Satz 1 lit. a) MiFIR genannten Risiken zu begegnen und das Problem durch eine stärkere Aufsicht oder eine stärkere Durchsetzung der vorhandenen Anforderungen zu lösen. Die mit der vorliegenden Allgemeinverfügung vorgenommenen Einschränkungen von Vermarktung, Vertrieb und Verkauf von Futures mit Nachschusspflichten an Kleinanleger sind deshalb notwendig, um die dargelegten erheblichen Bedenken für den Anlegerschutz abzuwenden.

Auch die anlegerschützenden freiwilligen Maßnahmen der Intermediäre können die Risiken von Nachschusspflichten nicht in dem Maße begrenzen, dass keine erheblichen Anlegerschutzbedenken bestehen.

2.3 Anhörung zuständiger Behörden anderer Mitgliedstaaten

Zuständige Behörden anderer Mitgliedstaaten sind von der Bundesanstalt zu der vorliegenden Maßnahme nach Art. 42 Abs. 2 lit. d) MiFIR ebenfalls angehört worden, soweit diese von der Maßnahme erheblich betroffen sein könnten.

Eine erhebliche Betroffenheit kann sich aus dem Sitz von Intermediären bzw. Futures-Anbietern in anderen Mitgliedstaaten ergeben. Die Maßnahme beschränkt jedoch ausschließlich die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Futures an Kleinanleger in Deutschland. Das Angebot in anderen Mitgliedstaaten ist damit zumindest unmittelbar nicht betroffen.

2.4 Keine Diskriminierung

Die Produktinterventionsmaßnahme beschränkt die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Futures mit Nachschusspflichten, in dem sie die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Futures mit Nachschusspflicht an Kleinanleger in Deutschland untersagt und wirkt nicht diskriminierend auf die von einem anderen (EU-) Staat aus erbrachten bzw. angebotenen Dienstleistungen (Art. 42 Abs. 2 lit. e) MiFIR). In Bezug auf Futures mit Nachschusspflichten liegen erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz vor, die im gesamten räumlichen Anwendungsbereich eine Produktinterventionsmaßnahme nach Art. 42 MiFIR rechtfertigen. Eine Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit findet nicht statt.

2.5 Kein Vorliegen einer erheblichen Gefahr für die landwirtschaftlichen Warenmärkte

Nach Art. 42 Abs. 2 lit. f) MiFIR sind vor Erlass einer Produktinterventionsmaßnahme nach Art. 42 MiFIR die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 für die Beaufsichtigung, Verwaltung und Regulierung der landwirtschaftlichen Warenmärkte zuständigen Stellen angemessen von der Bundesanstalt anzuhören, wenn von einem Finanzinstrument, einer Finanztätigkeit oder Finanzpraxis eine erhebliche Gefahr für das ordnungsgemäße Funktionieren und die Integrität der landwirtschaftlichen Warenmärkte ausgeht.

Nach Einschätzung der Bundesanstalt ist von dieser Gefahr vorliegend nicht auszugehen.

2.6 Ermessensausübung

2.6.1 Ermessen bezüglich Erlass und Inhalt der Maßnahme

Das mir nach Art. 42 Abs. 1 MiFIR eingeräumte Ermessen habe ich im Sinne des Erlasses der oben genannten Maßnahme ausgeübt. Die Maßnahme ist verhältnismäßig, weil sie geeignet, erforderlich und angemessen ist.

2.6.1.1 Geeignetheit der Maßnahme

Die Beschränkung der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Futures mit Nachschusspflichten ist geeignet, den mit der Maßnahme verfolgten legitimen Zweck zu erreichen. Art. 42 MiFIR dient dem Schutz kollektiver Anlegerschutzinteressen. Die Maßnahme ist geeignet, den oben dargestellten erheblichen Bedenken für den Anlegerschutz Rechnung zu tragen. Die Beschränkung der Vermarktung, des Vertriebs und Verkaufs von Futures mit Nachschusspflichten an Kleinanleger in Deutschland verhindert, dass ein Finanzinstrument, auf das die oben im Einzelnen dargelegten erheblichen Anlegerschutzbedenken zutreffen, Kleinanlegern in Deutschland angeboten werden kann.

2.6.1.2 Erforderlichkeit der Maßnahme

Die Beschränkung ist in dem im Tenor genannten Umfang auch erforderlich. Mir steht kein milderes Mittel zur Verfügung, das in gleicher Weise geeignet wäre, die vorliegenden erheblichen Bedenken für den Anlegerschutz auszuräumen.

Insbesondere stellt die Beschränkung ein milderes Mittel als ein komplettes Verbot der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Futures an Kleinanleger dar. Im Gegensatz zu einem vollumfänglichen Verbot ermöglicht die Beschränkung Kleinanlegern, weiterhin am Handel mit Futures ohne Nachschusspflichten teilzunehmen, sorgt jedoch dafür, dass die dargelegten erheblichen Anlegerschutzbedenken hinreichend begrenzt werden.

Eine bloße Intensivierung der allgemeinen Aufklärung von Kleinanlegern über die mit dem Handel von Futures verbundenen Risiken, insbesondere der Gefahr von Verlusten, die über den investierten Betrag hinausgehen, durch die Anbieter bzw. Konzepteure von Futures, kommt nicht als milderes Mittel in Betracht. Selbst eine vollständige Transparenz über mögliche Nachschusspflichten und deren Kenntnis beseitigt nicht das Risiko für Kleinanleger, mehr als ihr investiertes Kapital zu verlieren. Auch eine vollumfängliche Aufklärung über die Funktionsweise, Wirkung und Gefahren eines Produktes kann nichts an dessen konkreter Ausgestaltung und den sich daraus ergebenden Risiken ändern. Aus diesem Grund ist auch eine intensivierte Aufklärung nicht geeignet, den aufgezeigten Risiken einer Nachschusspflicht zu begegnen. Dies würde auch auf eine entsprechende Warnung durch die Bundesanstalt zutreffen.

Auch eine etwaige Verpflichtung, Futures ausschließlich im Rahmen der Anlageberatung oder Finanzportfolioverwaltung zu verkaufen und zu vertreiben, wäre nicht gleich geeignet, um zu verhindern, dass Kleinanleger das produktimmanente Risiko der Nachschussverpflichtung und dadurch ein unbegrenztes Verlustrisiko zu tragen haben.

Ebenso wäre eine Reduzierung der Hebel im Future-Handel bzw. alternativ eine Erhöhung der von der Terminbörse geforderten Margin nicht geeignet, dem Risiko von unbegrenzten und verpflichtenden Nachschüssen zu begegnen. Zwar würde eine Höchstgrenze der für Kleinanleger möglichen Hebel durch damit einhergehende höhere Margin-Zahlungen das Risiko von Nachschusspflichten reduzieren, aber nicht völlig ausschließen. Bei höherer Volatilität und höherem Einsatz kann die Nachschusspflicht auch bei einem begrenzten Hebel unkalkulierbare Verlustrisiken für den Anleger mit sich bringen. Eine regulatorisch eingeführte Hebelbegrenzung würde darüber hinaus ebenfalls in die Berufsfreiheit der Anbieter eingreifen und Anleger in ihren Anlagemöglichkeiten beschränken. Gleiches gilt auch für eine Erhöhung der Sicherheitsleitung, die bestenfalls das Risiko des Eintritts von Nachschusspflichten verzögert, da ein Sicherheitspuffer hinterlegt ist, auf den zurückgegriffen werden kann. Beide Alternativen sind mithin nicht in gleicher Weise wie die tenorierte Beschränkung geeignet, eine hinreichende Begrenzung der produktimmanenten Risiken zu bewirken, welche sich aus der Nachschussverpflichtung ergeben können und zu verhindern, dass Kleinanleger weitaus mehr Geld verlieren können, als diese tatsächlich investiert und für den Handel zur Verfügung haben.

Auch ein verpflichtendes Margin-Call-Verfahren würde den Anlegern lediglich die Möglichkeit eröffnen, eine Zwangsschließung durch Einzahlung weiteren Geldes zu vermeiden bzw. zu verzögern, wäre jedoch nicht geeignet, ihn vor der Nachschussverpflichtung generell zu bewahren. Im Falle plötzlicher extremer Kursausschläge ist zudem zu erwarten, dass der Margin-Call regelmäßig ins Leere liefe, da - wenn überhaupt - nur wenige Sekunden Zeit blieben, um zu reagieren und weiteres Kapital bereitzustellen. Gelingt es nicht, die Margin-Anforderungen rechtzeitig zu erfüllen, hat dies die automatische Schließung der Future-Position zufolge. Diese garantiert jedoch gerade nicht, dass die Verluste des Anlegers auf sein Handelsguthaben beschränkt bleiben. Des Weiteren müsste auch ein solches Verfahren von der Bundesanstalt eingeführt, geregelt und überwacht werden.

Eine Vermarktungsbeschränkung beispielsweise in Form eines Verbots der aktiven Vermarktung von Futures mit Nachschusspflicht stellt auch kein gleich effektives Mittel dar. Futures werden überwiegend im Internet beworben und verkauft, auch grenzüberschreitend. Ein solches Verbot würde sich ausschließlich auf Werbemaßnahmen erstrecken, die den deutschen Markt und die Kundengruppe der Kleinanleger zum Ziel haben. Es wäre jedoch mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, eine Werbung, die auf den deutschen Markt gerichtet ist, von einer Werbemaßnahme zu unterscheiden, die beispielsweise auf den österreichischen Markt gerichtet ist. So wären Anbieter weiterhin in der Lage, Demo-Accounts, Werbevideos, Erfolgsberichte etc. in deutscher Sprache im Internet zu verbreiten. Insgesamt würde eine solche Werbebeschränkung bzw. -untersagung allein eine nur sehr geringe anlegerschützende Wirkung entfalten, wenn der Erwerb von Futures mit Nachschusspflichten für Kleinanleger weiterhin zulässig bleibt.

Eine Beschränkung der Maßnahme auf ausschließlich weniger erfahrene Kleinanleger kommt grundsätzlich als mildere Maßnahme in Betracht. Sie wäre jedoch bei der Erreichung des verfolgten Zwecks nicht gleich effektiv. Auch Anleger, die bereits über einige Handelserfahrung verfügen, sind vor den aus der Nachschusspflicht resultierenden unkalkulierbaren Verlustrisiken zu schützen. Ereignisse extremer Volatilität können in diskontinuierlichen zeitlichen Abständen vorkommen und damit außerhalb des Erfahrungshorizonts des Kleinanlegers liegen. Der Gesetzgeber hat durch die Kriterien in § 67 Abs. 6 Nr. 1 und 3 WpHG die Erfahrung von Kunden bereits berücksichtigt. Wenn diese, die Erfahrung betreffenden Kriterien, erfüllt sind, ist eine Einstufung zum professionellen Kunden möglich. Es besteht daher kein Anlass, sich über diese gesetzliche Wertung hinwegzusetzen und eine zusätzliche Unterteilung der Gruppe von Kleinanlegern einzuführen.

Eine weitreichende Abdeckung des Marktes dahingehend, dass Anbieter aus Anlegerschutzgesichtspunkten den Ausschluss der Nachschusspflichten selbstverpflichtend vorgenommen haben, dadurch den erheblichen Anlegerschutzbedenken Rechnung tragen würden und ein Zurückstellen der Maßnahme rechtfertigen könnte, liegt nicht vor.

2.6.1.3 Verhältnismäßigkeit der Maßnahme im engeren Sinne (Angemessenheit)

Die Beschränkung der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Futures mit Nachschusspflicht an Kleinanleger in Deutschland in dem im Tenor genannten Umfang ist auch angemessen.

Sie begegnet den dargelegten erheblichen Anlegerschutzbedenken durch die Ermöglichung eines angemessenen und einheitlichen Schutzniveaus durch garantierte Absicherung der Höhe der Verluste für Kleinanleger, die in Deutschland mit Futures handeln. Sie hat keine nachteiligen Auswirkungen auf die Effizienz der Finanzmärkte, Anbieter, Intermediäre oder auf Anleger, die außer Verhältnis zu ihren Vorteilen stehen.

Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung ist im Wege einer Gesamtschau eine Abwägung aller betroffenen Interessen vorzunehmen. Insbesondere sind bei dieser Abwägung gemäß Art. 42 Abs. 2 lit. c) MiFIR das Ausmaß und die Wesensart der festgestellten erheblichen Bedenken hinsichtlich des Anlegerschutzes, das Kenntnisniveau der betroffenen Anleger oder Marktteilnehmer und das wirtschaftliche Interesse der Adressaten sowie die wahrscheinliche Wirkung der Maßnahme auf Anleger und Marktteilnehmer zu berücksichtigen.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber dem Schutz der kollektiven Verbraucherinteressen eine besondere Bedeutung beimisst. So ist die Bundesanstalt nach § 4 Abs. 1a Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG) innerhalb ihres gesetzlichen Auftrags dem Schutz der kollektiven Verbraucherinteressen verpflichtet. Dieser gesetzliche Auftrag ist im Lichte der volkswirtschaftlichen Bedeutung des kollektiven Verbraucherschutzes zu sehen.

Nach den im Rahmen der Aufsichtstätigkeit gemachten Beobachtungen der Bundesanstalt, ist die Anzahl an Kleinanlegern, die Futures handeln, erheblich höher als die Anzahl an professionellen Kunden. Sowohl das Handelsvolumen als auch die Anzahl der Kleinanleger, die Futures handeln, ist über den Beobachtungszeitraum der durchgeführten Marktuntersuchung um rund 15 % angestiegen. Insgesamt wurden über ein Jahr Futures in einem Volumen von rund 78 Mrd. Euro von Kleinanlegern in Deutschland gehandelt.25

Wie unter 2.1.2.3 ausgeführt, ist die Berechnung der Wertentwicklung bei Futures sehr komplex und entspricht nicht typischerweise dem vorzufindenden Kenntnisniveau von Kleinanlegern. Es besteht die dargelegte, insbesondere aus der Nachschussverpflichtung resultierende, erhebliche Diskrepanz zwischen dem zu erwartenden Gewinn und dem Verlustrisiko bei einem unbeschränkten Futures-Handel.

Das öffentliche Interesse am kollektiven Verbraucherschutz überwiegt aus nachfolgenden Gründen das wirtschaftliche Interesse der Intermediäre an der uneingeschränkten Vermarktung, dem uneingeschränkten Vertrieb und dem uneingeschränkten Verkauf von Futures mit Nachschusspflicht an Kleinanleger in Deutschland.

Im Einzelnen:

2.6.1.3.1 Auswirkungen der Maßnahme auf die Adressaten

Durch die Allgemeinverfügung wird das wirtschaftliche Interesse der Intermediäre an der Vermarktung, dem Vertrieb und Verkauf von Futures mit Nachschusspflichten an Kleinanleger in Deutschland beeinträchtigt. Insbesondere können Kosten auf Seiten der Intermediäre bei der Umsetzung der Allgemeinverfügung entstehen, wie zum Beispiel IT-Kosten, Beratungskosten sowie Kosten im Zusammenhang mit der Aktualisierung von Geschäftsbedingungen. Zudem ist zu erwarten, dass sich die Intermediäre bei einem Ausschluss der Nachschussflicht im Vertragsverhältnis mit dem Kleinanleger gegen das in der Höhe der Nachschusspflicht übernommene Marktrisiko absichern werden und dies für die Intermediäre zusätzlich Kosten verursachen könnte. Diese Kosten sind jedoch nicht im beachtlichen Umfang zu erwarten und müssen deshalb vor dem Hintergrund des verbesserten Anlegerschutzes zurückstehen.

Zudem zeigte die Marktuntersuchung der Bundesanstalt, dass ein Ausschluss der Nachschusspflichten auf Ebene der Geschäftsbeziehung zwischen Kleinanleger und Intermediär durchaus möglich ist und auch ein Angebot von Futures ohne Nachschusspflicht für Intermediäre weiterhin wirtschaftlich erscheint.

Auch können die von der Beschränkung im Tenor dieser Allgemeinverfügung erfassten Futures mit Nachschusspflichten weiterhin uneingeschränkt an professionelle Anleger im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Ziffer 10 MiFID II vertrieben werden. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Allgemeinverfügung auf bestimmte Futures, nämliche solche mit einer Nachschussverpflichtung, beschränkt ist und damit die Vermarktung, der Vertrieb und der Verkauf von Futures an Kleinanleger in Deutschland nicht komplett untersagt ist. Futures ohne Nachschusspflichten können Kleinanlegern in Deutschland weiterhin vermarktet, vertrieben und verkauft werden. Eine Umstellung des Geschäftsmodells der Intermediäre ist daher nicht erforderlich, sondern beschränkt sich auf die Vornahme konzeptioneller und rechtsgeschäftlicher Anpassungen betreffend Futures mit Nachschusspflichten in Bezug auf die Kundengruppe der Kleinanleger.

Eine Beschränkung oder ein Verbot von Vermarktung, Vertrieb und Verkauf sind die vom Gesetzgeber in Art. 42 Abs. 1 lit. a) MiFIR vorgesehenen Interventionsmöglichkeiten der Bundesanstalt. Dem Gesetzgeber war bei Einführung dieser Interventionsmöglichkeiten bewusst, dass eine Intervention für betroffene Anbieter wirtschaftlich nachteilige Folgen haben kann. Der Gesetzgeber hat diese möglichen Folgen bewusst zu Gunsten eines besseren Verbraucherschutzes in Kauf genommen. Nach der gesetzgeberischen Wertung treten insoweit finanzielle Interessen der Anbieter hinter den Schutzinteressen der Kleinanleger zurück.

Darüber hinaus besteht ein Hauptgrund dafür, dass der Finanzsektor in hohem Maße reguliert ist, darin, dass er übergeordneten Interessen und Zielen dient. Der Gesetzgeber räumt dem Anlegerschutz einen hohen Stellenwert ein. In diesem Zusammenhang wird dem Schutz der Anleger besondere Beachtung gewidmet. Die Vermarktung, der Vertrieb und der Verkauf eines Finanzinstruments sollen nach dieser gesetzgeberischen Wertung nur insoweit möglich sein, als ein Produkt zumindest potenziell in der Lage ist, diesen übergeordneten Interessen und Zielen zu dienen, und dass die Notwendigkeit, ein Mindestmaß an Anlegerschutz zu gewährleisten, durch das Produkt nicht in unverhältnismäßiger Weise gefährdet wird. Mit der Teilnahme am Kapitalmarkt verfolgt der typische Kleinanleger in erster Linie den Zweck der Kapitalbildung. Dieser Prozess stellt sich grundsätzlich als ein Spar- bzw. Investitionsvorgang dar. Finanzinstrumente, denen sowohl ein unkalkulierbares als auch unbegrenztes Verlustpotenzial innewohnt, sind damit grundlegend nicht vereinbar und als anlegerschutzgefährdend anzusehen.

Die oben dargelegten erheblichen Bedenken für den Anlegerschutz zeigen jedoch deutlich auf, dass für Kleinanleger das Risiko besteht, mehr als ihr investiertes Kapital zu verlieren.

Aus diesen Gründen ist das wirtschaftliche Interesse der Wertpapierfirmen an einer unbeschränkten Vermarktung, einem unbeschränkten Vertrieb und einem unbeschränkten Verkauf von Futures mit Nachschusspflichten an Kleinanleger in Deutschland gegenüber dem öffentlichen Interesse am kollektiven Verbraucherschutz als weniger schutzwürdig zu erachten und muss wegen der dargelegten erheblichen Bedenken für den Anlegerschutz hinter diesem zurückstehen.

2.6.1.3.2 Auswirkungen der Maßnahme auf andere Marktteilnehmer

Die gegenständliche Maßnahme ist auch im Hinblick auf andere Marktteilnehmer verhältnismäßig.

Die Verfügung betrifft einen begrenzten Adressatenkreis und richtet sich an Wertpapierfirmen im Sinne des Art. 1 Abs. 1 MiFID II in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID II, die Futures mit Nachschusspflichten an Kleinanleger in Deutschland vermarkten, vertreiben oder verkaufen. Jedoch können auch weitere Marktteilnehmer zumindest mittelbar von der Produktinterventionsmaßnahme betroffen sein, bei denen es sich nicht um Wertpapierfirmen handelt.

Insbesondere kommen hier die Marktbetreiber als auch Konzepteure von Futures in Betracht. Bislang pflegen die Terminbörsen keine direkte rechtsgeschäftliche Beziehung zu Kleinanlegern, sodass diese nicht gehindert sind, Futures mit Nachschusspflicht - wie bisher - ihren professionellen Kunden (und geeigneten Gegenparteien) anzubieten. Darüber hinaus macht der Futures-Handel von Kleinanlegern, die mittelbar über Intermediäre Futures an Terminbörsen handeln, nur einen Bruchteil des Gesamthandelsvolumens aus, sodass selbst im Falle einer sinkenden Nachfrage nach Futures-Kontrakten die wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen Beschränkung marginal wären.

Auch etwaige Kosten, welche sich deshalb ergeben können, dass die Informations- und Werbematerialien im Hinblick auf die Zielgruppe der Kleinanleger anzupassen wären, fallen im Vergleich zu dem durch die gegenständliche Maßnahme geschaffenen einheitlichen Schutzniveau durch Begrenzung des Verlustrisikos nicht ausschlaggebend ins Gewicht.

Erhebliche Auswirkungen der Verfügung auf die Finanzbranche als Ganzes können ausgeschlossen werden. Auch, weil der Anteil von Futures, die von Kleinanleger gehandelt werden, zumindest derzeit im Verhältnis zum Gesamtmarkt nicht bedeutend ins Gewicht fällt und Futures ohne Nachschusspflicht weiterhin an Kleinanleger in Deutschland vermarktet, vertrieben und verkauft werden dürfen. Die Interdependenz des Kleinanleger-Marktes für Futures mit Nachschusspflichten mit anderen Kapitalmärkten und die Auswirkungen auf den Börsenhandel sind gering.

Dabei konnte die Bundesanstalt bereits bei dem Verbot von Nachschusspflichten im CFD-Handel mit der Verfügung vom 08.05.2017 erkennen, dass keine solchen Auswirkungen auf den Markt eingetreten sind. Es konnten seit Inkrafttreten der weitestgehend einheitlichen europäischen CFD-Produktinterventionsmaßnahme vom 23.07.2019 weder in Deutschland noch in der EU relevante Auswirkungen auf andere Kapitalmärkte festgestellt werden. Dies ist auch vorliegend anzunehmen.

2.6.1.3.3 Auswirkung der Maßnahme auf Anleger

Die Auswirkungen der Maßnahme auf Kleinanleger sind verhältnismäßig.

Die Beschränkung betrifft die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Futures in Deutschland, sofern diese eine Nachschusspflichten für Kleinanleger begründen können. Zwar ist zu berücksichtigen, dass jeder Kleinanleger unter Berücksichtigung seiner individuellen Lebenssituation und Finanzlage für sich selbst entscheiden muss, ob Futures mit Nachschusspflichten eine für ihn geeignete Anlage darstellen. Die Verfügung schränkt diese Autonomie ein, weil sie zumindest mittelbar auch den Handlungsspielraum des Kleinanlegers begrenzt. Diese Einschränkung ist jedoch verhältnismäßig, da die Auswirkungen der Verfügung für den Kleinanleger sehr eng begrenzt bleiben.

Futures ohne Nachschusspflichten dürfen weiterhin Kleinanlegern in Deutschland zugänglich gemacht werden. Kleinanlegern im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Nr. 11 MiFID II wird somit der Zugang zu Futures nicht komplett versperrt.

Es ist hingegen nicht auszuschließen, dass die Maßnahme zu Modifikationen beim Future-Handel (in weiteren Sinne) führt, da Intermediäre sich erwartungsgemäß gegen das in Höhe der Nachschusspflicht übernommene Marktrisiko absichern werden. Den Intermediären würden als Teil ihres Risikomanagements vor allem laufende Kosten aufgrund zusätzlicher Kapitalanforderungen oder Absicherungsgeschäfte entstehen, welche teilweise an die Anleger weitergegeben werden könnten. Dies kann in manchen Fällen neben der Begrenzung der Auswahl an Basiswerten auch zu einem höheren Mindestguthaben auf dem Handelskonto, einer Hebelbegrenzung oder höheren Produktkosten führen. Insofern könnte die Beschränkung zumindest indirekt Auswirkungen auf Kleinanleger haben. Bereits auf dem Markt angebotene Futures ohne Nachschusspflichten zeigen jedoch, dass das Produkt weiterhin Kleinanlegern zur Verfügung stehen wird und ihre Freiheiten bei der Anlageentscheidung durch die Maßnahme nicht wesentlich eingeschränkt werden. Kleinanleger können also weiter mittelbar am Terminmarkt teilnehmen, ohne unkalkulierbare Verlustrisiken durch die Nachschusspflicht in Kauf nehmen zu müssen.

Eine Produktinterventionsmaßnahme führt allerdings zwangsläufig zu einer gewissen Beschränkung der Anlagemöglichkeiten. Dies entspricht jedoch dem Willen des Gesetzgebers. Der Bundesanstalt sollte durch Art. 42 MiFIR bei Vorliegen erheblicher Bedenken für den Anlegerschutz eine Eingriffsmöglichkeit an die Hand gegeben werden.

Im Übrigen kann sich ein Kleinanleger bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen als professioneller Anleger einstufen lassen und nach der Erlangung dieses Status den Zugang zu unbeschränkten Futures erhalten. Die Einstufung als professioneller Kunde nach § 67 Abs. 6 WpHG steht dem Kleinanleger offen, wenn er aufgrund seiner Erfahrungen, Kenntnisse und seines Sachverstandes in der Lage ist, eine Anlageentscheidung zu treffen und die damit verbundenen Risiken angemessen zu beurteilen. Eine Änderung der Einstufung kommt nach dem Willen des Gesetzgebers in Betracht, wenn mindestens zwei der in § 67 Abs. 6 Nr. 1 bis 3 WpHG genannten Kriterien erfüllt sind. Diese Unterteilung ist sachgerecht, da bei solchen Anlegern vorausgesetzt werden kann, dass diese über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen als auch hinreichend finanzielle Mittel verfügen, um die mit Finanzinstrumenten verbundenen Risiken, insbesondere die Risiken bzw. die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß einer Nachschusspflicht, angemessen beurteilen und tragen zu können.

Insgesamt überwiegen die Vorteile, die sich aus der Abwendung der festgestellten Bedenken hinsichtlich des Anlegerschutzes ergeben, die potenziell negativen Auswirkungen der Maßnahme für die Anleger.

Die garantierte Absicherung für die Höhe der Verluste, denen Kleinanleger ausgesetzt sein können, indem Futures mit Nachschusspflichten für diese nicht mehr zugänglich sind, zielt darauf ab, Kleinanleger bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zu schützen. Das Vorliegen solcher Umstände ist insbesondere dann anzunehmen, wenn es zu einer unvorhergesehenen Kursänderung des Basiswerts kommt, die von einem solchen Ausmaß ist, dass dem Anbieter eine (erfolgsneutrale) Glattstellung der Position nicht mehr möglich ist. Zudem muss das Konto des Kleinanlegers durch die Kursänderung einen Negativsaldo aufweisen, sodass die Kunden nach solchen Ereignissen erheblich mehr schuldeten, als sie ursprünglich investiert hatten.

Mit der gegenständlichen Beschränkung soll gewährleistet werden, dass die maximalen Verluste, die einem Kleinanleger aus dem Handel mit Futures entstehen, samt aller damit verbundenen Kosten auf den Gesamtbetrag der mit dem Future-Handel verbundenen Gelder auf dem Future-Handelskonto des Kleinanlegers begrenzt werden. Einem Kleinanleger dürfen im Zusammenhang mit seinem Futures-Handel keine zusätzlichen Verbindlichkeiten entstehen, da sich daraus ein erheblicher Verbrauchernachteil ergäbe. Eine solche Situation ist für Kleinanleger ohne nennenswertes liquides Vermögen besonders nachteilig. Insoweit bietet die Maßnahme ein „Auffangnetz“ bzw. hohes Maß an Schutz für Kleinanleger vor potenziellen Verlusten, auch in Zeiten erheblicher Marktschwankungen.

Daher ist es angemessen, einen Ausschluss der Nachschusspflicht anzuordnen, um die Ursache für solche potenziellen erheblichen Nachteile abzuwenden, die durch eine Nachschusspflicht für Kleinanleger im Future-Handel entstehen können.

Auch unter Berücksichtigung und Abwägung aller betroffenen Interessen ist die Maßnahme somit angemessen.

2.6.2 Adressatenauswahl

Die Produktinterventionsmaßnahme mit der Beschränkung der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Futures an Kleinanleger in Deutschland wird in Form einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 VwVfG angeordnet.

Adressaten der Verfügung sind sowohl Wertpapierfirmen im Sinne des Art. 1 Abs. 1 MiFID II in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID II, die ihren Sitz in Deutschland haben und Futures mit Nachschusspflichten an Kleinanleger in Deutschland vermarkten, vertreiben oder verkaufen oder dies zukünftig beabsichtigen, als auch solche, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR haben und Futures mit Nachschusspflichten an Kleinanleger in Deutschland vermarkten, vertreiben oder verkaufen oder dies zukünftig beabsichtigen.

Die Beschränkung gilt damit nicht für Wertpapierfirmen, die ihren Sitz in Deutschland haben und Futures mit Nachschusspflichten an Kleinanleger ausschließlich in anderen Mitgliedstaaten des EWR vermarkten, vertreiben oder verkaufen.

Von der Beschränkung ebenfalls nicht umfasst sind Marktbetreiber bzw. Konzepteure von Futures. Diese fallen zwar in den Anwendungsbereich von MiFID II und MiFIR und könnten mithin auch Adressat einer Produktinterventionsmaßnahme nach Art. 42 MiFIR sein. Vorrangig sind jedoch die Intermediäre als Adressaten auszuwählen, da nur diese der Kundengruppe der vorliegend zu schützenden Kleinanleger den Zugang zum Future-Handel im Rahmen des Finanzkommissionsgeschäfts ermöglichen und allein durch die Beschränkung der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Futures mit Nachschusspflichten gegenüber den Wertpapierfirmen das Regelungsziel erreicht wird. Damit ist der Erlass der tenorierten Maßnahme gegenüber den Wertpapierfirmen die effizienteste Maßnahme zur Erreichung des angestrebten Verbraucherschutzniveaus im Hinblick auf den Future-Handel von Kleinanlegern in Deutschland.

Die Allgemeinverfügung richtet sich an einen bestimmbaren, jedoch zum Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme objektiv nicht feststehenden Adressatenkreis. Zwar sind der Bundesanstalt mehrheitlich die in Deutschland ansässigen Intermediäre bereits aus der Marktuntersuchung bekannt, allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass sich der Kreis zwischenzeitlich erweitert hat, zukünftig erweitern wird und weitere Intermediäre Kleinanlegern Futures mit Nachschusspflichten anbieten bzw. diese an ihre Kunden im Rahmen des Finanzkommissionsgeschäfts vertreiben. Dies trifft insbesondere auf ausländische Wertpapierfirmen zu, die grenzüberschreitend im Wege des freien Dienstleistungsverkehrs im EWR Futures an Kleinanleger vermarkten, vertreiben oder verkaufen.

Nur so wird ein einheitliches Verbraucherschutzniveau für Kleinanleger in Deutschland gewährleistet. Kleinanleger in Deutschland können - unabhängig von der Herkunft des Anbieters und Aufnahme der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Futures - keine Futures mit Nachschusspflichten in Deutschland erwerben.

2.7 Umsetzungsfrist

In Ziffer 1 des Tenors ist eine Umsetzungsfrist von drei Monaten nach Erlass der Maßnahme festgelegt. Diese Frist ist angemessen.

Unter Berücksichtigung einer gegebenenfalls notwendigen Anpassung der Geschäftsmodelle von Intermediären bzw. der Geschäftsbedingungen an die hier gegenständliche Beschränkung, ist es den Adressaten zumutbar, die Verpflichtung bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten nach der Bekanntgabe der Allgemeinverfügung zu erfüllen. In Abwägung zwischen den Interessen der Anbieter und dem Anlegerschutz erscheint die Umsetzungsfrist als angemessen.

Die Schaffung eines Übergangszeitraums ist vorliegend aus Gründen der Verhältnismäßigkeit aber geboten. Die oben genannte Frist läuft auch dem Zweck der Maßnahme nicht zuwider. Vielmehr soll dadurch den Adressaten die Möglichkeit gegeben werden, ihre Geschäftsmodelle und Geschäftsbedingungen an die vorgesehene Beschränkung anzupassen.

2.8 Begründung des Widerrufsvorbehalts

Ich behalte mir den Widerruf insbesondere vor, um im Falle der Regulierung von Futures mit Nachschusspflicht auf europäischer Ebene verhindern zu können, dass diese Produktinterventionsmaßnahme einer einheitlichen, europäischen Regulierung von Futures mit Nachschusspflicht entgegensteht. Darüber hinaus soll durch den Widerrufsvorbehalt auf eine Veränderung der Marktlage reagiert werden können.

Hinweise:

Nach § 15 Abs. 2 WpHG haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach Art. 42 MiFIR keine aufschiebende Wirkung.

Nach § 120 Abs. 2 Nr. 2b WpHG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder leichtfertig einer vollziehbaren Anordnung nach Art. 42 Abs. 1 MiFIR zuwiderhandelt.“

Im Auftrag

Geßler / Michel

Fußnoten:

  1. 1 Vgl. Grill, W.; Perczynski, H., Wirtschaftslehre des Kreditwesens, 2021, S. 353.
  2. 2 Vgl. Grill, W.; Perczynski, H., Wirtschaftslehre des Kreditwesens, 2021, S. 357.
  3. 3 Vgl. Grill, W.; Perczynski, H., Wirtschaftslehre des Kreditwesens, 2021, S. 354.
  4. 4 Vgl. Grill, W.; Perczynski, H., Wirtschaftslehre des Kreditwesens, 2021, S. 357.
  5. 5 Vgl. Hull, J., Optionen, Futures und andere Derivate, 2019, S. 31 f.
  6. 6 Anmerkung: Kleinanlegern ist der direkte Handel an den Terminbörsen verwehrt. Grundsätzlich werden nur institutionelle Anleger als Clearing Member bzw. Non-Clearing Member als Handelsteilnehmer einer Terminbörse zugelassen.
  7. 7 Vgl. Bösch, M., Derivate - Verstehen, anwenden und bewerten, 2020, S. 178.
  8. 8 Vgl. Hull, J., Optionen, Futures und andere Derivate, 2019, S. 58.
  9. 9 Vgl. Möhl, E., Optionen und Futures, 2002, S. 33.
  10. 10 Vgl. Hull, J., Optionen, Futures und andere Derivate, 2019, S. 58.
  11. 11 Vgl. Grill, W.; Perczynski, H., Wirtschaftslehre des Kreditwesens, 2021, S. 359.
  12. 12 Vgl. EUREX, https://www.eurexchange.com/exchange-de/handel/boersenmitgliedschaft, Abruf: 26.01.2022.
  13. 13 Anmerkung: Mini- oder Micro-Future-Kontrakte werden von einigen Terminbörsen angeboten.
  14. 14 Vgl. Hull, J., Optionen, Futures und andere Derivate, 2019, S. 55.
  15. 15 Anmerkung: Dabei ist zu beachten, dass es sich im Gegensatz zu diesen Mini-Kontrakten bei von anderen Marktteilnehmern angebotenen sogenannten "Mini-Futures" nicht um Futures, sondern um Hebel-Zertifikate und damit um Inhaberschuldverschreibungen handelt.
  16. 16 Vgl. EUREX, https://www.eurex.com/ex-de/maerkte/idx/mini-dax, Abruf: 26.01.2022.
  17. 17 Anmerkung: Zudem wurden teilweise von den Anbietern weitere Informationen zu Nachschusspflichten zwischen Januar 2018 und Juni 2021 erfragt.
  18. 18 Anmerkung: Bezogen auf einzelne Positionen, keine Portfolio-Betrachtung.
  19. 19 Angelehnt an: https://www.eurex.com/ex-de/maerkte/idx/mini-dax.
  20. 20 Vgl. https://www.eurex.com/ex-de/maerkte/idx/dax/Micro-DAX-Futures-2627906, Abruf: 26.01.2022.
  21. 21 Anmerkung: Im Verhältnis zum Kontraktgegenwert bleibt die Margin (hier mit 7,8 %) gleich.
  22. 22 Anmerkung: Als nationale Umsetzungsakte des Art. 24 Abs. 3 und 4 MiFID II.
  23. 23 Anmerkung: Ausgelegt entsprechend BT 5 des Rundschreibens 05/2018 (WA) Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und weitere Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten - MaComp (als nationale Umsetzungsakte der Art. 16 Abs. 3 und Art. 24 Abs. 2 MiFID II bzw. Art. 9 und 10 der delegierten Richtlinie (EU) 2017/593).
  24. 24 Vgl. BT 5.4.1 des Rundschreibens 05/2018 (WA) Mindestanforderungen an die Compliance-Funktion und weitere Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten - MaComp.
  25. 25 Anmerkung: Summe der vier im Rahmen der Marktuntersuchung abgefragten Quartale bei den betreffenden Intermediären, nicht Handelsvolumen des Gesamtmarktes.

Zusatzinformationen

Fanden Sie den Beitrag hilfreich?

Wir freuen uns über Ihr Feedback

Es hilft uns, die Webseite kontinuierlich zu verbessern und aktuell zu halten. Bei Fragen, für deren Beantwortung wir Sie kontaktieren sollen, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular. Hinweise auf tatsächliche oder mögliche Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften richten Sie bitte an unsere Hinweisgeberstelle.

Wir freuen uns über Ihr Feedback