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Erscheinung:28.11.2008 Vorliegen einer wesentlichen Reduzierung des relevanten Indikators; unterjährige Erweiterung einer Instituts- bzw. Finanzholding-Gruppe

Rechtsnorm (Stand 01.01.2007)

§ 271 (5) Satz 4 SolvV:
Der für die Berechnung des Anrechnungsbetrags für das operationelle Risiko zugrunde liegende Konsolidierungskreis kann dem verwendeten Rechnungslegungsstandard entsprechen und insofern vom Kreis der nach § 10a des Kreditwesengesetzes zusammenzufassenden gruppenangehörigen Unternehmen abweichen, wenn plausibel dargelegt werden kann, dass dies die Höhe des relevanten Indikators nicht wesentlich reduziert.

Leitsatz

Bei der Ermittlung des relevanten Indikators kann grundsätzlich der IFRS- bzw. HGB-Konsolidierungskreis zu Grunde gelegt werden.

Eine wesentliche Reduzierung des relevanten Indikators durch Verwendung des IFRS- bzw. HGB-Konzernabschlusses liegt lediglich dann vor, wenn unterjährig die bankaufsichtsrechtliche Gruppe um ein nachgeordnetes Unternehmen erweitert wird, dessen Bilanzsumme 1 % der Bilanzsumme der aufnehmenden Instituts- bzw. Finanzholding-Gruppe übersteigt.

Auslegung (Stand: 20.10.2008)

Nach § 271 Abs. 5 SolvV kann bei der Ermittlung des relevanten Indikators der HGB- bzw. IFRS-Konsolidierungskreis statt dem bankaufsichtsrechtlichen Konsolidierungskreis zu Grunde gelegt werden, wenn plausibel dargelegt werden kann, dass dies die Höhe des relevanten Indikators nicht wesentlich reduziert. Eine wesentliche Reduzierung des relevanten Indikators durch die Verwendung des HGB- bzw. IFRS-Konzernabschlusses ist dabei grundsätzlich ausgeschlossen, da der testierte Konzernabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Ertragslage des Konzerns zeigt und der relevante Indikator aus dieser abgeleitet wird.

Wird allerdings unterjährig die Instituts- bzw. Finanzholding-Gruppe um ein bankaufsichtsrechtlich zu konsolidierendes nachgeordnetes Unternehmen erweitert, so ist zu prüfen, ob der auf Basis des Konzernabschlusses ermittelte relevante Indikator im Vergleich zu dem relevanten Indikator der erweiterten bankaufsichtsrechtlichen Gruppe als wesentlich reduziert anzusehen ist.

Eine wesentliche Reduzierung in diesem Zusammenhang liegt vor, wenn die Bilanzsumme des neuen nachgeordneten Unternehmens 1 % der Bilanzsumme der aufnehmenden Instituts- oder Finanzholding-Gruppe übersteigt. Ist dies der Fall, so ist das neue Unternehmen nach § 10a Abs. 7 Satz 6 KWG in dem nach § 270 SolvV (Basisindikatoransatz) oder § 273 SolvV (Standardansatz) auf Gruppenebene zu ermittelnden Anrechnungsbetrag zu berücksichtigen. Hierzu wird der relevante Indikator des neuen nachgeordneten Unternehmens für alle Jahre, die in die Ermittlung des Dreijahresdurchschnittes eingehen, zu dem relevanten Indikator der Instituts- bzw. Finanzholding-Gruppe addiert.

Liegen insbesondere für Minderheitsbeteiligungen keine durch Abschlussprüfer geprüften Werte zur Ermittlung des relevanten Indikators vor, können Schätzungen dieser Werte herangezogen werden.

Begründung

Nach § 271 Abs. 5 SolvV darf der HGB- bzw. IFRS-Konsolidierungskreis anstelle des bankaufsichtsrechtlichen Konsolidierungskreises nach § 10a KWG für die Ermittlung des relevanten Indikators verwendet werden, wenn plausibel dargelegt werden kann, dass dies die Höhe des relevanten Indikators nicht wesentlich reduziert.

Der handelsrechtliche bzw. der IFRS-Konsolidierungskreis ist im Regelfall weiter als der bankaufsichtsrechtliche Konsolidierungskreis gefasst und umfasst auch Unternehmen, die nicht zum bankaufsichtsrechtlichen Konsolidierungskreis zählen und somit über den relevanten Indikator im Anrechnungsbetrag für das operationelle Risiko berücksichtigt werden. Daher ist es entsprechend der Regelung des § 271 Abs. 5 SolvV hinzunehmen, wenn unwesentliche bankaufsichtsrechtliche gruppenangehörige Unternehmen nicht im handelsrechtlichen Konsolidierungskreis und somit auch nicht im relevanten Indikator enthalten sind. Allein hierdurch liegt keine wesentliche Reduzierung des relevanten Indikators vor.

Die Höhe des relevanten Indikators basiert auf der Ertragslage des Unternehmens. Durch das Testat des Abschlussprüfers wird bestätigt, dass der aufgestellte Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Ertragslage des Unternehmens zeigt. Insofern ist eine wesentliche Reduzierung des relevanten Indikators durch Verwendung des testierten Konzernabschlusses grundsätzlich ausgeschlossen.

Eine Reduzierung des relevanten Indikators kann sich jedoch insbesondere dann ergeben, wenn die bankaufsichtsrechtliche Instituts- bzw. Finanzholding-Gruppe unterjährig um ein nachgeordnetes Unternehmen erweitert wird, da dieses Unternehmen nicht in den vorangegangenen HGB- bzw. IFRS-Konzernabschlüssen enthalten ist.

Bei jeder Erweiterung der bankaufsichtsrechtlichen Gruppe ist daher zu prüfen, ob die Anforderungen des § 271 Abs. 5 SolvV weiterhin erfüllt sind. In Anlehnung an § 31 Abs. 3 Nr. 2 KWG ist von einer wesentlichen Reduzierung des relevanten Indikators dann auszugehen, wenn die Bilanzsumme des neuen gruppenangehörigen Unternehmens 1% der Bilanzsumme der aufnehmenden Instituts- und Finanzholding-Gruppe übersteigt. Ist dies der Fall, ist der relevante Indikator des neuen gruppenangehörige Unternehmens zu dem relevanten Indikator der Instituts- bzw. Finanzholding-Gruppe für die einzelnen, in die Berechnung eingehenden Jahre zu addieren. Somit ist sichergestellt, dass dieses hinzukommende Unternehmen auch bei der Ermittlung des Anrechnungsbetrags in den folgenden Jahren angemessen berücksichtigt wird, indem es zum einen aller Voraussicht nach in die kommenden Konzernabschlüsse einbezogen und zum anderen der relevante Indikator für vergangene Perioden berücksichtigt wird.

Die Verwendung von Schätzungen bei der Ermittlung des relevanten Indikators ist nach § 270 Abs.2. SolvV bzw. § 273 Abs. 1 SolvV zulässig, sofern keine durch Abschlussprüfer geprüften Werte vorliegen. Dies ermöglicht zum einen die Verwendung der aufgestellten Jahresabschlüsse, zum anderen die Verwendung von Überleitungsrechnungen bei ausländischen Jahresabschlüssen. Bei Minderheitsbeteiligungen können zudem erforderliche Angaben auf Kontenebene fehlen, so dass kleinere Ungenauigkeiten bei der Ermittlung des relevanten Indikators entstehen, da in diesen Fällen z.B. eine Bereinigung von gruppeninternen Kontobewegungen nicht möglich ist.

Hinweise

EU Richtlinie 2006/48/EG Anhang X, Teil 1
Verwendet eine Instituts- bzw. Finanzholding-Gruppe das Aggregationsverfahren nach § 10 a Abs. 6 KWG, ist diese Auslegung nicht anwendbar.

s.a. andere Auslegungen zum relevanten Indikator

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