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Erscheinung:07.09.1999 | Geschäftszeichen I 3 - 238 - 3/95 Ergänzendes Schreiben vom 07.09.1999 zum Rundschreiben 2/99

Anrechnungserleichterungen für gewerbliche Realkredite im Grundsatz I und den Großkreditvorschriften - Anforderungen an die Eignung der Gutachter für die Wertermittlung nach den Richtlinien nach § 20 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 KWG

Zu den aufgeworfenen Fragen nehme ich wie folgt Stellung:

Ich teile die von Ihnen ... vertretene Auffassung, daß die Wertermittlungen für die Zwecke des § 20 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 KWG und der entsprechenden Anrechnungserleichterung im Grundsatz I auch von institutseigenen Gutachtern durchgeführt werden können, sofern ihre unabhängige Urteilsfähigkeit sichergestellt ist.

Von der Unabhängigkeit bankeigener Sachverständiger gehe ich in ständiger Verwaltungspraxis im Realkreditgeschäft aus (vgl. auch das ... Schreiben I 3 - 238 - 4/86 vom 6. November 1987), wenn gewährleistet ist, daß die Gutachter die nötige organisatorische Selbständigkeit haben und alle Faktoren, die die Objektivität des Gutachters beeinflussen könnten, ausgeschaltet sind. Die nötige innere Selbständigkeit, eigene Urteilsfähigkeit und Souveränität der institutseigenen Gutachter setzt deshalb voraus, daß das Schätzwesen - nach den gleichen Prinzipien wie die Innenrevision - als besondere Organisationseinheit nur dem Vorstand verantwortlich ausgestaltet ist. Des weiteren verbietet sich beim Einsatz bankangehöriger Gutachter, diese gleichzeitig zur Kreditbearbeitung heranzuziehen. Eine strenge Funktionstrennung zwischen Gutachter und Kreditbearbeiter ist deshalb zwingende Voraussetzung für den Einsatz institutseigener Schätzer. Daß die Tätigkeit institutseigener Gutachter im übrigen auch frei von jeglichen Beeinflussungen oder Beeinflussungsmöglichkeiten der Kreditnehmer sein muß, versteht sich ebenso wie bei selbständigen Gutachtern von selbst. Dies dürfte bei bankeigenen Gutachtern - zumal im vorliegenden Sachzusammenhang - zwar in der Regel eher weniger von Bedeutung sein, völlig ausschließen läßt sich dies indes nicht. Werden - was vermutlich der Regelfall sein wird - für die Zwecke der Anrechnungserleichterungen die schon für die eigentliche Kreditgewährung maßgeblichen Gutachten herangezogen, wird das Institut auch diesen Aspekt nicht unberücksichtigt lassen können, um von der Objektivität der Gutachten ausgehen zu können.

Neben der Unabhängigkeit müssen die Gutachter über die notwendige Sachkunde verfügen.

Die fachliche Eignung zur Durchführung der Wertermittlungen setzt unter diesem Aspekt fundierte, durch entsprechende Berufserfahrungen auf dem Grundstücks- und Immobilienmarkt erworbene bautechnische Kenntnisse ebenso voraus wie die Fähigkeit zur Beurteilung der Marktverhältnisse. Gerade bei gewerblichen Realkrediten erfordern die Sachkundeerfordernisse auch verstärkt das Wissen um technisch-wirtschaftliche Zusammenhänge und Erfordernisse. Weitere Voraussetzung der fachlichen Eignung sind vertiefte Erfahrungen bei der Wertermittlung. Dabei ist zwischen der Ermittlung von Beleihungswerten und von Verkehrswerten zu unterscheiden.

Wie ich im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Anerkennung der Sachverständigenausschüsse nach § 10 Abs. 4b KWG deutlich gemacht habe - vgl. Anschreiben zur Verlautbarung an die Spitzenverbände des Kreditgewerbes vom 3. Juni 1993 zum 4. KWG-Änderungsgesetz - I 3 - 5 - 1/92, sind Beleihungswert und Verkehrswert nicht miteinander vergleichbar und mithin auch die Methoden der Wertermittlung wesensmäßig verschieden. Für die fachliche Eignung der Gutachter für die Wertermittlungen im Hinblick auf die Anrechnungserleichterungen folgt aus den - in vorgenanntem Schreiben näher spezifizierten - prinzipiellen Unterschieden, daß insoweit Erfahrungen allein auf dem Gebiet der Verkehrswertermittlung nur dann ausreichen, wenn ein Institut nach der Alternative B des Rundschreibens 2/99 vom 21. Januar 1999 - I 3 - 238 - 3/95 verfährt. Entscheidet sich ein Institut hingegen für Alternative A, sind Erfahrungen sowohl auf dem Gebiet der Beleihungswertermittlung als auch der Verkehrswertermittlung unabdingbar. Verkehrswertermittler, die erstmals im vorliegenden Sachzusammenhang mit der Ermittlung auch von Beleihungswerten betraut werden, erfüllen die notwendige fachliche Eignung im Sinne der Alternative A der Richtlinien also nicht, selbst wenn sie in der bisherigen Funktion als Verkehrswertermittler langjährig tätig waren.

Was die ... im übrigen gewünschte Präzisierung des auch im Rundschreiben verwandten Begriffs "langjährig" anbelangt, so habe ich darauf bewußt verzichtet, um den Ermessensspielraum, der den Instituten insoweit notwendigerweise einzuräumen ist, nicht durch exakte Vorgaben ohne Not zu beschneiden. An dieser Position halte ich prinzipiell fest. Ich gehe aber davon aus, daß auch ohne ausdrückliche bankaufsichtliche Vorgaben ausreichende Erkenntnisquellen zur Verfügung stehen, die den Instituten eine tragfähige eigene Beurteilung der fachlichen Eignung auch in dieser Hinsicht ermöglichen sollten.

So können die Institute sich beispielsweise an den vom Institut für Sachverständigenwesen e.V. (IfS) herausgegebenen fachlichen Bestellungsvoraussetzungen als Sachverständiger auf dem Gebiet der Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, auf welche die Industrie- und Handelskammern zurückgreifen, oder den Zertifizierungsvoraussetzungen, welche die 1996 gegründete hyp Zert Gesellschaft für Zertifizierung von Immobiliensachverständigen für Beleihungswertermittlungen mbH gemäß DIN EN 45013 fordert, orientieren.

Nach den mir insoweit zur Verfügung stehenden Unterlagen - Irrtum ausdrücklich vorbehalten - ist nach den IfS-Bestellungsvoraussetzungen im Falle eines abgeschlossenen Hochschulstudiums der Fachrichtungen Architektur, Bauingenieurwesen, Vermessungswesen oder anderer einschlägiger Fachrichtungen an einer Hochschule oder Fachhochschule der Nachweis einer mindestens fünfjährigen praktischen Tätigkeit erforderlich, die ihrer Art nach geeignet war, die erforderlichen - in den IfS-Bestellungsvoraussetzungen weiter spezifizierten - Kenntnisse wirtschaftlicher, technischer und rechtlicher Art sowie die Beherrschung der Bewertungsmethoden und ihrer Anwendung im Einzelfall nachzuweisen. Liegt kein Hochschulabschluß vor, muß eine mindestens zehnjährige praktische Tätigkeit auf dem Gebiet der Grundstückswirtschaft nachgewiesen werden, die ihrer Art nach geeignet war, die genannten Kenntnisse zu vermitteln. Bei beiden Konstellationen muß zudem nachgewiesen werden, daß der Bewerber sich mindestens drei Jahre in der jeweiligen praktischen Tätigkeit auf dem Sachgebiet "Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken" intensiv als Gutachter betätigt hat, wobei diese Tätigkeit nicht länger als drei Jahre zurückliegen darf.

Die Zulassungsvoraussetzungen der hyp Zert unterscheiden ebenfalls nach Akademikern und Praktikern. Akademiker müssen neben dem abgeschlossenen und anerkannten einschlägigen Hochschulstudium mindestens über drei Jahre Praxis in der Wertermittlung innerhalb der letzten fünf Jahre, Praktiker über mindestens zehn Jahre Berufserfahrung in der Immobilienwirtschaft (z.B. als Makler) und mindestens fünf Jahre Praxis in der Wertermittlung während der letzten zehn Jahre verfügen.

Bei Gutachtern, die als Sachverständige durch die IHK bestellt worden sind oder über eine Zertifizierung durch hyp Zert verfügen, kann ein Institut ohne weiteres von der fachlichen Eignung auch für den hier zu beurteilenden Sachzusammenhang ausgehen. Da diese Zertifizierungen im übrigen mit einer Überwachung der Zertifikationsinhaber durch die Zertifizierungsstelle verbunden sind und in regelmäßigen Abständen von dieser überprüft werden, kann ein Institut bei einem zertifizierten Gutachter auch von einem Fortbestand der fachlichen Eignung ohne weitere eigene Prüfung ausgehen, solange die Zertifizierung besteht.

Eine Zertifizierung ist indes für die Zwecke des § 20 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 KWG und der Anrechnungserleichterungen im Grundsatz I nicht zwingend erforderlich. Erfüllen Gutachter die Zertifizierungsvoraussetzungen ohne zertifiziert zu sein oder diese anzustreben, dürften sie im Regelfall ebenfalls fachlich geeignet sein. Dies hat das jeweilige Institut jedoch im Einzelfall festzustellen und das Fortbestehen der fachlichen Eignung fortlaufend zu überprüfen. Dies gilt für externe wie institutseigene Gutachter gleichermaßen.

Aber auch wenn die Voraussetzungen für eine Zertifizierung nicht vollständig vorliegen - namentlich wenn es an den nach IfS und hyp Zert erforderlichen Mindestzeiten praktischer Tätigkeit auf dem Gebiet der Grundstückswirtschaft fehlt -, führt dies bankaufsichtlich nicht zwangsläufig zu einem Ausschluß der fachlichen Eignung. Auch Sachverständige, die diese strengen Zulassungsvoraussetzungen (noch) nicht erfüllen, können durchaus als im hier maßgeblichen Sinne fachlich geeignet sein. Dies abschließend zu beurteilen, ist jedoch wiederum allein Aufgabe des betroffenen Kreditinstituts. Es wird dabei neben der Dauer der Tätigkeit maßgeblich auch die Anzahl und die Qualität der bisher erstellten Gutachten zu berücksichtigen haben. Bei Gutachtern, bei denen die für eine Zertifizierung notwendigen Mindestzeiten einer praktischen Tätigkeit im Bereich des Grundstücks- und Immobilienmarktes nicht vorliegen, halte ich allerdings den Nachweis einer ununterbrochenen praktischen Tätigkeit in der Wertermittlung mindestens während der letzten fünf Jahre für unverzichtbar, um das Kriterium der langjährigen Erfahrung auf dem Grundstücks- und Immobilienmarkt und bei der Wertermittlung von Immobilien bejahen zu können.

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