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Erscheinung:10.06.2013 | Geschäftszeichen VA 54-I 3201-2013/0002 | Thema Kapitalanlagen von Versicherern Hinweise zum Rundschreiben 4/2011 (VA) Abschnitt B.4.3 Buchstabe d zur Anlage in Unternehmensdarlehen

Diese ersetzen die „Hinweise zum Rundschreiben 15/2005 (VA) Teil A.III.3.c) zur Anlage in Unternehmensdarlehen“ vom 22. März 2010

1. Aufsichtsrechtliche Grundlagen

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a AnlV kann das gebundene Vermögen der Versicherer angelegt werden in „Darlehen an Unternehmen …, sofern aufgrund der bisherigen und der zu erwartenden künftigen Entwicklung der Ertrags- und Vermögenslage des Unternehmens die vertraglich vereinbarte Verzinsung und Rückzahlung gewährleistet erscheinen [i] und die Darlehen ausreichend … gesichert sind [ii].“ Dementsprechend sind bei der Darlehensvergabe zwei Prüfungen durchzuführen, die Bonitätsprüfung (i) und die Besicherungsprüfung (ii).

Nach dem Rundschreiben 4/2011 (VA) und den vom GDV herausgegebenen und mit der BaFin abgestimmten „Grundsätzen für die Vergabe von Unternehmenskrediten durch Versicherungsgesellschaften – Schuldscheindarlehen“ (vormals „Kreditleitfaden“) hat ein Versicherungsunternehmen für die Bonitätsprüfung (i) zwei Möglichkeiten:

  1. Prüfung nach den Unternehmenskennzahlen im „Kreditleitfaden“, die den dort gestellten Mindestanforderungen genügen und eingehalten werden müssen, oder
  2. Prüfung anhand des Langfristratings anerkannter Ratingagenturen, das bei Darlehensvergabe mindestens Investment-Grade-Qualität innehaben muss.

Der „Kreditleitfaden“ führt hierzu unter den Vorbemerkungen aus, dass sich die Finanzrelationen an den zum Erhalt eines „Investment Grade“ erforderlichen Ratios der Ratingagenturen orientieren, um eine Analogie zur Zulassung externer Investment Grade Ratings als Voraussetzung zur Eignung eines Darlehen für das Sicherungsvermögen herzustellen. Ein gleicher Härtegrad beider Prüfungsmöglichkeiten für die Bonität wird somit angestrebt.

Der „Kreditleitfaden“ findet damit im Wesentlichen für nicht marktüblich geratete Unternehmen Anwendung, bei denen die Einschätzung der Bonität durch das Versicherungsunternehmen selbst vorgenommen werden muss.

Die Besicherung (ii) kann gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a Doppelbuchstaben aa - cc AnlV auf drei verschiedene Arten erfolgen:

aa) durch erstrangige Grundpfandrechte,

bb) durch verpfändete oder zur Sicherung übertragene Forderungen oder zum Handel zugelassene oder an einem anderen organisierten Markt nach § 2 Abs. 5 Wertpapierhandelsgesetz zugelassene oder in diesen einbezogene Wertpapiere oder

cc) in vergleichbarer Weise …; eine Verpflichtungserklärung des Darlehensnehmers gegenüber dem Versicherungsunternehmen (Negativerklärung) kann eine Sicherung des Darlehens nur ersetzen, wenn und solange der Darlehensnehmer bereits aufgrund seines Status die Gewähr für die Verzinsung und Rückzahlung des Darlehens bietet;“

Dabei stellt der Verordnungsgeber bei der Besicherung durch Negativerklärung nach Doppelbuchstabe cc besonders hohe Anforderungen an den Darlehensnehmer, da diese Sicherungsart nur zulässig und damit als gleichrangig zu Doppelbuchstaben aa und bb angesehen wird, „wenn und solange der Darlehensnehmer bereits aufgrund seines Status die Gewähr für die Verzinsung und Rückzahlung des Darlehens bietet“. Ohne diese besonders hohe Anforderung an die Bonität unter Doppelbuchstabe cc wären die Sicherungsmöglichkeiten nach den Doppelbuchstaben aa und bb in der Anlageverordnung überflüssig, da sie niemand nutzen würde.

Im Rundschreiben 4/2011 (VA) Abschnitt B.4.3 Buchstabe d hat die BaFin entsprechend ausgeführt, dass es sich bei dem Darlehensnehmer um eine so genannte „erste Adresse“ handeln muss (vgl. a. Regierungsentwurf zu § 54a VAG vom 4.3.1994, BT-Drucksache 12/6959, S. 76).

2. Verwaltungspraxis der Aufsichtsbehörde zur Besicherung mit Negativerklärung

Bis 1995 bestand für Darlehen ohne Grundschuldbesicherung, für die nur die Negativklausel und die Einhaltung der Finanzrelationen vereinbart wurden, eine Genehmigungspflicht durch die Versicherungsaufsicht.

Danach hat die Versicherungsaufsicht auf Basis der Formulierung „erste Adresse“ im Regierungsentwurf (s.o.), in Verlautbarungen und Rundschreiben bei der Besicherung mit Negativklausel einen Nachweis verlangt, dass die Darlehensnehmer eine herausragende Stellung in ihrer Branche haben, die Kennzahlen nach dem „Kreditleitfaden“ eine besonders gute Bonität erkennen lassen und die Einhaltung der Finanzrelationen während der gesamten Darlehenslaufzeit vertraglich vereinbart wird. Bei der Bewertung anhand der Unternehmenskennzahlen muss der besondere Status des Darlehensnehmers gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe cc AnlV erkennbar sein. Dieser wird insbesondere durch

  • die erhöhten Anforderungen bei den Kennzahlen zur Kapitalstruktur Risk Bearing Capital (27% gegenüber 20% bei besicherten Darlehen) und Total Debt/Capital (höchstens 50% gegenüber bis zu 60% bei besicherten Darlehen),
  • den Ausschluss von Kompensationsmöglichkeiten zwischen den Kernkennzahlen und
  • die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung im Falle der Kennzahlenverletzung bei vertraglicher Vereinbarung über die Einhaltung der Finanzrelationen während der gesamten Darlehenslaufzeit

begründet.

Als im Vorgängerrundschreiben 15/2005 (VA) die zweite Möglichkeit der Bonitätsprüfung mit Hilfe des Langfristratings hinzutrat, hat die Aufsichtsbehörde auch auf dieser Basis überprüft, ob bei einem Darlehensnehmer eine Besicherung mit Negativklausel erfolgen kann. Hierzu hat sie Langfristratings von z.B. AA und AAA (S&P) herangezogen, um der Formulierung „erste Adresse“ gerecht zu werden. In der Folge hielt es die BaFin für vertretbar, die Grundsätze weiter zu lockern, so dass auch Darlehensnehmer mit einem Langfristrating von z.B. A- (Fitch, S&P) oder A3 (Moody’s) als besonders bonitätsstark angesehen werden können. Es dürfen jedoch keine anderen Umstände oder Risiken eine abweichende negative Beurteilung nahelegen (vgl. R 4/2011 (VA) Abschnitt B.4.3 Buchstabe d). Liegt bei einem Darlehensnehmer ein Splitrating diesbezüglich vor, so ist das schlechtere Rating ausschlaggebend.

Das Rundschreiben 4/2011 (VA) definiert „erste Adressen“ - unter Berücksichtigung beider Möglichkeiten der Bonitätsprüfung - als besonders bonitätsstarke Unternehmen (die Unternehmenskennzahlen lassen eine besonders gute Bonität erkennen bzw. Langfristrating mindestens z.B. A- (Fitch, S&P) oder A3 (Moody’s)), die eine herausragende Stellung in ihrer Branche haben. Das Versicherungsunternehmen hat dieses bei Darlehensvergabe entsprechend zu dokumentieren.


Daneben erwartet die Aufsicht bei Darlehensnehmern, die nicht gleichzeitig mit notierten Schuldverschreibungen am Kapitalmarkt vertreten sind (siehe 264 d HGB), weiterhin eine uneingeschränkte Negativklausel, bei der die Zusage des Darlehensnehmers, keinen anderen Gläubigern bessere Rechte oder Sicherheiten einzuräumen als der Darlehensgeberin, sich auf alle Darlehensverbindlichkeiten bezieht und nicht auf „Kapitalmarktverbindlichkeiten“ oder „Finanzverbindlichkeiten“ begrenzt ist (vgl. R 4/2011 (VA) Abschnitt B.4.3 Buchstabe d). Die Musterverträge im „Kreditleitfaden“ können zwar individuell angepasst werden, damit dürfen jedoch keine Einschränkungen in der Sicherheit der Darlehen einhergehen. Die Einschränkung auf „Kapitalmarktverbindlichkeiten“ würde einem Darlehensnehmer erlauben, zusätzlich unbegrenzt Bankkredite aufzunehmen oder künftig fällig werdende Kapitalmarktverbindlichkeiten als Bankkredit neu aufzunehmen. Das Versicherungsunternehmen würde in diesem Fall mit seinem Darlehen im Rang hinter die Bankkredite zurückfallen, ohne dass sich der Gesamtverschuldungsgrad des Darlehensnehmers verändert.

Nur bei Darlehensnehmern, die gleichzeitig mit notierten Schuldverschreibungen am Kapitalmarkt aktiv sind, nimmt die Aufsicht von der harten Negativerklärung Abstand, um eine Benachteiligung der Darlehensgeber gegenüber den Erwerbern von notierten Schuldverschreibungen zu verhindern.

3. Beimischung von Anlagen, die die vorgenannten Anforderungen nicht erfüllen

Die vorstehenden Anforderungen an die Sicherheit gemäß § 54 Abs. 1 VAG bei der Darlehensvergabe nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a AnlV sind so hoch, da bis zu 50% der Anlagen des gebundenen Vermögens in Darlehen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4 Buchstabe a AnlV und Vermögensanlagen nach § 2 Abs. 1 Nr. 11 AnlV erfolgen können (vgl. R 4/2011 (VA) Abschnitt B.3.4 Buchstabe d).

Im Bereich der marktüblich gerateten Anlagen erlaubt das Rundschreiben 4/2011 (VA) Abschnitt B.3.1 Buchstabe e, bei ausreichender Risikotragfähigkeit auch bis zu 5% des gebundenen Vermögens in sogenannte High Yield Anleihen anzulegen, die mindestens über ein Rating von z.B. B- (Fitch, S&P) oder B3 (Moody’s) verfügen.

Parallel hierzu wird es die Versicherungsaufsicht nicht beanstanden, wenn innerhalb der 50%-Mischungsquote für Darlehen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4 Buchstabe a AnlV und Vermögensanlagen nach § 2 Abs. 1 Nr. 11 AnlV bis zu 5% des gebundenen Vermögens in Schuldscheindarlehen angelegt werden, die die unter 2. genannten Anforderungen für die Besicherung mit der Negativklausel nicht vollumfänglich erfüllen (insbesondere ein Mindestrating des Darlehensnehmers von beispielsweise A-, A3 und/oder uneingeschränkte Negativklausel bei nicht kapitalmarktorientierten Darlehensnehmern). Diese müssen aber mindestens ein Investmentgrade Rating (beispielsweise BBB-/Baa3) des Darlehensnehmers aufgrund der Bonitätsprüfung aufweisen. Folglich ist die 5% Darlehensquote - anders als die High Yield Quote nicht zusätzlich der Risikokapitalanlagenquote zu unterwerfen.

Wird die Bonität des Darlehensnehmers anhand der Unternehmenskennzahlen im „Kredit-leitfaden“ geprüft, muss bei einer Besicherung mit Negativklausel die Einhaltung der Finanzrelationen während der gesamten Darlehenslaufzeit vertraglich vereinbart werden. Im Falle einer Kennzahlenverletzung hat der Darlehensgeber ein außerordentliches Kündigungsrecht (s.o.). Dieses wird von einigen Darlehensnehmern erstklassiger Bonität jedoch nur ungern oder gar nicht akzeptiert, da die Kündigung eines Darlehens alle anderen Darlehensgeber zur außerordentlichen Kündigung ihrer Darlehen berechtigt („Cross-Default-Kündigungsgrund“) und somit ggf. die gesamte Unternehmensfinanzierung zusammenbricht. Aus diesem Grund eröffnet die Versicherungsaufsicht künftig die Möglichkeit, Darlehen mit Negativerklärung auch ohne vertragliche Vereinbarung über die Einhaltung der Finanzrelationen während der gesamten Darlehenslaufzeit zu vergeben. Diese Darlehen sind auf die oben genannte 5% Darlehensquote anzurechnen und in der Nachweisung 670 Seite 1 Zeile 21 zur Sammelverfügung vom 21.06.2011 auszuweisen. Die Unternehmenskennzahlen sind dabei weiterhin einzuhalten, auch wenn sie nicht explizit vertraglich vereinbart werden und somit die Möglichkeit einer entsprechenden außerordentlichen Kündigung entfällt. Bei Verletzung einer Kennzahl können die Darlehen bei hinreichender Sicherheit nur noch über die Öffnungsklausel (§ 2 Abs. 2 AnlV) gehalten werden und sind zum Quartalsende in der Nachweisung 670 Seite 6 Zeile 12 und 16 auszuweisen.

Die Anforderungen für Schuldscheindarlehen an Unternehmen bleiben in der Gesamtbetrachtung höher als für Schuldverschreibungen.

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