BaFin - Navigation & Service

Erscheinung:04.12.2015 | Thema Solvabilität Methodenwahl und -Anwendung für Gruppen mit horizontalen Verbindungen – VvaG und Gleichordnungskonzernen

Methoden für Gruppen mit horizontalen Verbindungen

Einleitung

Die Beaufsichtigung als Gruppe erfolgt nicht nur bei Unternehmen, die vertikal durch eine Kapitalbeziehung miteinander verbunden sind, sondern nach § 245 Abs. 2 i.V.m. § 7 Nr. 4, 15 und 30 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) auch bei Unternehmen, die horizontal miteinander verbunden sind. Dies betrifft in Deutschland im Wesentlichen Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG), die mit einer vertikal strukturierten Versicherungsteilgruppe verbunden sind oder zwei VVaG, die dann eine Gruppe bilden (meist Gleichordnungskonzerne). Die Definition dieser horizontalen Beziehung findet sich in § 7 Nr. 15 VAG:
Horizontale Unternehmensgruppe: eine Gruppe, in der ein Unternehmen mit einem
oder mehreren anderen Unternehmen in der Weise verbunden ist, dass

a) sie gemeinsam auf Grund einer Satzungsbestimmung oder eines Vertrags unter einheitlicher Leitung stehen oder

b) sich ihre Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane mehrheitlich aus denselben Personen zusammensetzen, die während des Geschäftsjahres und bis zum Ablauf der in § 290 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs jeweils bestimmten Zeiträume im Amt sind, unabhängig davon, ob sie einen konsolidierten Abschlussaufzustellen haben oder nicht.

Die folgenden Auslegungen befassen sich mit den Möglichkeiten und Anforderungen für die betroffenen Unternehmen in Bezug auf die Gruppensolvabilitätsberechnung. Grundlage sind neben dem VAG auch die delegierte Verordnung (EU) 2015/35 (DVO) zu Solvency II und die EIOPA Leitlinien für die Gruppensolvabilität (EIOPA-BoS-14/181 DE). Die erläuternden Texte zu diesen Leitlinien sind im finalen EIOPA-Bericht zur Konsultation (Public Consultation No. 14/036) verfügbar.

Nicht diskutiert werden die Abgrenzung der Gruppe oder die generelle Einbeziehung in die Gruppe, da die Regelungen unter Solvency II nahezu wortgleich zum geltenden Recht sind. Daher geht die BaFin auch davon aus, dass sich das bisher für die Berechnung und Einreichung verantwortliche Unternehmen und die entsprechenden Ansprechpartner nicht ändern. Es wird allerdings angeregt, dieses unter Berücksichtigung aller Solvency II-Anforderungen und der damit verbundenen Auswirkungen zu prüfen und ggf. mit dem für die Gruppenaufsicht zuständigen Aufseher zu diskutieren. Zu beachten ist, dass Befreiungen von der Gruppenaufsicht unter geltendem Recht mit Inkrafttreten von Solvency II ihre Gültigkeit verlieren und ggf. erneut genehmigt werden müssen. Themen der Säulen 2 und 3 des Solvency II-Regelwerks werden hier ebenfalls nicht aufgegriffen.

Generelle Aussagen zu Verbindungen nach § 7 Nr. 15 VAG

In Punkt 2.4. des erläuternden Textes zu Leitlinie 1 wird klargestellt, dass Unternehmen, die horizontal miteinander verbunden sind, nicht als Tochterunternehmen gelten.

Im Folgenden werden die Regelungen zu horizontal verbundenen Unternehmen am für den deutschen Versicherungsmarkt typischen Anwendungsfall „VVaG“ behandelt.

Methodenwahl

§ 252 VAG sieht generell die Anwendung der Konsolidierungsmethode vor, um die Gruppensolvabilität zu berechnen, bietet aber weiterhin die Möglichkeit – nach entsprechender Festlegung durch den Gruppenaufseher - die Abzugs- und Aggregationsmethode oder eine Kombination aus Konsolidierungsmethode und Abzugs- und Aggregationsmethode zu nutzen. Hierbei sind die in Art. 328 DVO genannten Kriterien zu beachten. Für VVaG gibt es keine Ausnahmetatbestände oder abweichende Regelungen in Bezug auf die Methodenwahl oder in der Anwendung der Methoden. Art. 335 Abs. 2 DVO stellt klar, dass bei der Konsolidierung VVaG voll konsolidiert, anteilsmäßig konsolidiert oder mit der adjusted equity Methode zu berücksichtigen sind. Sie sind im Regelfall zu 100% einzubeziehen. Dies bedeutet aber nicht, dass die Unternehmen immer voll zu konsolidieren sind (sie sind keine Tochterunternehmen), sondern nur, dass sie in der gewählten Methode zu 100% zu berücksichtigen sind. Favorisiert wird eine volle Konsolidierung, allerdings gibt es in Bezug auf die Verwendung dieser Methode keinen Genehmigungstatbestand oder Erlaubnisvorbehalt. Soll ein solches Unternehmen mit weniger als 100% in die konsolidierten Daten eingehen, dann sieht die Leitlinie 9 eine Diskussion der Gruppe mit dem Gruppenaufseher und eine Diskussion der Aufseher im College vor, bevor der Gruppenaufseher seine Entscheidung fällt. Die weitere Behandlung bei der Ermittlung der Gruppen Solvabilitätskapitalanforderung (SCR) und der Berücksichtigung der Eigenmittel hängt von der gewählten Art der Einbeziehung ab.

Konsolidierungsmethode

Bei voll- oder anteilsmäßig konsolidierten Unternehmen werden bei der SCR Berechnung Diversifikationseffekte berücksichtigt. Für die Eigenmittel gilt die Annahme, dass der Überschuss der Vermögenswerte über die Verbindlichkeiten Gruppeneigenmittel sind. Bei der Transferierbarkeitsprüfung wird geprüft, ob spezielle Eigenmittelbestandteile, die in Art. 330 DVO genannt werden, nicht zur Verlustabdeckung innerhalb der Gruppe zur Verfügung stehen. Hierbei kommt es auf die Art des Eigenmittelbestandteils an, nicht auf die Rechtsform des Einzelversicherungsunternehmens, das diesen Bestandteil in die Gruppe einbringt.

Werden diese horizontal verbundenen Unternehmen nach der adjusted equity Methode einbezogen, wird das SCR anteilig hinzugerechnet, es werden keine Diversifikationseffekte berücksichtigt. Die Leitlinie 13 stellt klar, dass bei verbundenen Unternehmen, die keine Töchter (hier wird auf die Art der Einbeziehung – adjusted equity – abgestellt) sind, eine Verfügbarkeitsprüfung der Eigenmittel nur erfolgen soll, wenn diese die Gruppeneigenmittel materiell beeinflussen. In den Auswirkungen entspricht dieses Vorgehen prinzipiell der Abzugs- und Aggregationsmethode.

Abzugs-und Aggregationsmethode

Bei der Abzugs- und Aggregationsmethode werden keine Diversifikationseffekte berücksichtigt, da die SCR-Beträge anteilig berücksichtigt werden. Für die Eigenmittel gilt ebenfalls eine anteilige Berücksichtigung. Zu beachten ist, dass bei der Abzugs- und Aggregationsmethode alle gruppeninternen Transaktionen, die eine Auswirkung auf die Eigenmittel haben, bereinigt werden müssen, während beim SCR keine Bereinigung um gruppeninterne Transaktionen erfolgt.

Die BaFin unterstützt generell das mit Solvency II verfolgte Ziel, möglichst große Teile des Gruppen-SCR mit der Konsolidierungsmethode zu berechnen.

Teilgruppen

Zwei Teilgruppen (mit Kapitalbeziehungen), die an ihrer Spitze ohne Kapitalbeziehung verbunden sind (2 VVaG), können ebenfalls nach den oben beschriebenen Methoden die Gruppensolvabilität berechnen. Entweder werden alle zur Gruppe gehörenden Unternehmen konsolidiert, oder die beiden Teilgruppen werden über die Abzugs- und Aggregationsmethode miteinander verbunden. Denkbar ist auch die Abzugs- und Aggregationsmethode für die gesamte Gruppe. Welches Vorgehen für die Gruppe am geeignetsten ist, hängt von der Gruppenstruktur ab; die Verwendung der Abzugs- und Aggregationsmethode kann unter Beachtung der in Art. 228 DVO genannten Kriterien festgelegt werden.

Fanden Sie den Beitrag hilfreich?

Wir freuen uns über Ihr Feedback

Es hilft uns, die Webseite kontinuierlich zu verbessern und aktuell zu halten. Bei Fragen, für deren Beantwortung wir Sie kontaktieren sollen, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular. Hinweise auf tatsächliche oder mögliche Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften richten Sie bitte an unsere Hinweisgeberstelle.

Wir freuen uns über Ihr Feedback