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Erscheinung:17.07.2018 Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Betrieb des Rückversicherungsgeschäfts durch Erstversicherungsunternehmen in der EU und dem EWR sowie in Drittstaaten

Auslegungsentscheidung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Betrieb des Rückversicherungsgeschäfts

I. Anwendungsbereich

1 Diese Auslegungsentscheidung richtet sich an alle inländischen Erstversicherungsunternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 7 Nr. 33 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) soweit sie nicht Sterbekassen gemäß § 218 Abs. 1 VAG oder Pensionskassen gemäß § 232 Abs. 1 VAG sind.

II. Vorbemerkungen

2 Erstversicherungsunternehmen dürfen Rückversicherungsgeschäft betreiben, sofern diese Tätigkeit von ihrer Erlaubnis umfasst ist. Diese Auslegungsentscheidung stellt die aufsichtsrechtlichen Anforderungen für die Aufnahme und den Betrieb des Rückversicherungsgeschäfts in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bzw. einem Staat, der nicht Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR (Drittstaat) ist, dar.

III. Betrieb des Rückversicherungsgeschäfts in der EU oder dem EWR

3 Unternehmen, die nur die Erstversicherung oder die Erst- und Rückversicherung betreiben wollen, wird die Erlaubnis für jede der in der Anlage 1 des VAG genannten Versicherungssparten gesondert erteilt. Inwiefern ein Erstversicherungsunternehmen Rückversicherungsgeschäft betreiben darf, bestimmt sich nach der Reichweite der erteilten Erlaubnis. Die Erlaubnis gilt für das Gebiet aller Mitglied- oder Vertragsstaaten. In den §§ 57 – 59 VAG sind die Voraussetzungen normiert, die für den Geschäftsbetrieb in der EU bzw. dem EWR zu beachten sind. Erstversicherungsunternehmen dürfen nach Maßgabe der §§ 58 und 59 VAG das Versicherungsgeschäft in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaaten über Niederlassungen oder im Dienstleistungsverkehr betreiben. Vor Beginn des Geschäftsbetriebs im Wege des Niederlassungs- oder Dienstleistungsverkehrs haben Erstversicherungsunternehmen der Aufsichtsbehörde diese Absicht unter Angabe des betreffenden Mitglied- oder Vertragsstaats anzuzeigen. Die vorzunehmenden Angaben ergeben sich aus § 58 Abs. 1 bzw. § 59 Abs. 1 VAG.
Bei Unbedenklichkeit des geplanten Vorhabens informiert die BaFin die Aufsichtsbehörde des anderen Mitglied- oder Vertragsstaats (sog. Notifikationsverfahren).
(Siehe dazu Merkblatt "Hinweise für die Tätigkeit in den EU/EWR-Staaten" vom 15.05.2018 und BaFinJournal 5/2018, S. 37 ff.)

4 Der Betrieb des Versicherungsgeschäfts umfasst sowohl den Betrieb des Erst- als auch des Rückversicherungsgeschäfts. Demnach betrifft die Anzeigepflicht auch die Rückversicherungstätigkeiten in einem Mitglied- oder Vertragsstaat, unabhängig davon, ob Erst- und Rückversicherungsgeschäft oder ausschließlich Rückversicherungsgeschäft in dem jeweiligen Mitglied- oder Vertragsstaat getätigt werden soll. Das Notifikationserfordernis ist mithin auch in diesen Fällen einschlägig.
Des Weiteren ist das Anzeigeverfahren und Notifikationserfordernis zu beachten, wenn ein Erstversicherungsunternehmen bereits in einem Mitglied- oder Vertragsstaat Erstversicherungsgeschäft betreibt und dort für bestimmte Versicherungssparten notifiziert ist und sich darüber hinaus entscheidet, im Rahmen dieser Versicherungssparten Rückversicherungsgeschäft zu betreiben.

5 Dienstleistungsverkehr im Sinne des VAG liegt vor, wenn das Erstversicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitglied- oder Vertragsstaat von seinem Sitz oder einer Niederlassung in einem Mitglied- oder Vertragsstaat aus Risiken deckt, die in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat belegen sind, ohne dass das Unternehmen dort von einer Niederlassung Gebrauch macht. Im Fall der Rückversicherungsaktivitäten ist in Bezug auf die Bestimmung der Risikobelegenheit i. S. d. § 57 Abs. 3 VAG auf den Sitz des Zedenten abzustellen.

6 Betreibt das Erstversicherungsunternehmen bereits in einem Mitglied- oder Vertragsstaat Rückversicherungsgeschäft, ohne dass in der Vergangenheit eine Anzeige bzw. Notifikation erfolgt ist, ist die Anzeige nachzuholen, wenn weiterhin Rückversicherungsgeschäft i. S. d. § 57 Abs. 1 VAG betrieben wird. Wer vorsätzlich oder fahrlässig, eine Anzeige bezüglich der Aufnahme des Dienstleistungsverkehrs nach § 59 Abs. 1 VAG oder § 59 Abs. 4 VAG nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig erstattet, handelt gemäß § 332 Abs. 3 Nr. 1 VAG ordnungswidrig.

IV. Betrieb des Rückversicherungsgeschäfts in Drittstaaten

7 Die Erlaubnis zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts für ein Erstversicherungsunternehmen umfasst in Abhängigkeit des Antrags und des Geschäftsplans die Erlaubnis zum Betrieb des Erst- und Rückversicherungsgeschäfts. Des Weiteren bestimmt die Erlaubnis das Gebiet des erlaubten Geschäftsbetriebs. Jede Erweiterung des Gebiets des Geschäftsbetriebs seitens eines Erstversicherungsunternehmens ist genehmigungspflichtig.
Eine Genehmigung ist auch dann erforderlich, wenn ein Erstversicherungsunternehmen ausschließlich aktives Rückversicherungsgeschäft in einem Drittstaat betreiben will. Auch dann liegt ein Geschäftsbetrieb im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 3 VAG vor.
Soll die Geschäftstätigkeit auf Drittstaaten ausgedehnt werden, ist daher die Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforderlich. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens muss das Erstversicherungsunternehmen u.a. nachweisen, dass es nach der Ausdehnung des Geschäftsgebietes die Vorschriften über die Kapitalausstattung einhält. Dazu sind Schätzungen zum geplanten Geschäftsumfang vorzulegen, um die Risiken der Geschäftsausweitung abschätzen zu können.

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