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Erscheinung:24.04.2020 | Thema Kapitalanlagen von Versicherern Auslegungsentscheidung zur Erklärung zu den Grundsätzen der Anlagepolitik gemäß §§ 234i, 239 Abs. 2 VAG (EGA)

Erklärung zu den Grundsätzen der Anlagepolitik gemäß §§ 234i, 239 Abs. 2 VAG (EGA)

I. Anwendungsbereich

1 In den Anwendungsbereich dieser Auslegungsentscheidung fallen alle unter der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht stehenden Pensionskassen und Pensionsfonds sowie separate Abrechnungsverbände der öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtungen, die im Wege der freiwilligen Versicherung Leistungen der Altersvorsorge anbieten, mit Sitz im Inland gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 5 und § 2 Abs. 1, § 7 Nr. 33 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) in Verbindung mit §§ 232, 236 VAG (im Folgenden Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung – EbAV).

II. Vorbemerkungen

2 Gemäß §§ 234i, 239 Abs. 2 VAG hat die EbAV der Aufsichtsbehörde eine Erklärung zu den Grundsätzen ihrer Anlagepolitik (im Folgenden „Erklärung“) vorzulegen

1. spätestens vier Monate nach Ende eines Geschäftsjahres und

2. unverzüglich nach einer wesentlichen Änderung der Anlagepolitik.

In dieser Erklärung ist zumindest einzugehen auf das Verfahren der Risikobewertung und der Risikosteuerung, auf die Strategie, sofern zutreffend, in Bezug auf den jeweiligen Pensionsplan, insbesondere die Aufteilung der Vermögenswerte je nach Art und Dauer der Altersversorgungsleistungen, sowie auf die Frage, wie die Anlagepolitik ökologischen, sozialen und die Unternehmensführung betreffenden Belangen (im Folgenden „ESG-Belange“) Rechnung trägt. Die EbAV muss die Erklärung öffentlich zugänglich machen. Spätestens nach drei Jahren ist die Erklärung zu überprüfen.

3 Diese Auslegungsentscheidung dient der Konkretisierung dieser Pflichten.

4 Bei der Umsetzung dieser Pflichten kann die EbAV dem Schutz vertraulicher Informationen, insbesondere Geschäftsgeheimnissen gem. § 2 Nr. 1 GeschGehG, Rechnung tragen. Dies gilt beispielsweise in Bezug auf die Granularität von Daten oder bei der Beschreibung von vertraulichen Prozessen.

5 Soweit das VAG und diese Auslegungsentscheidung keine oder keine abschließende Definition von Elementen, die Teil der Erklärung sind, beinhalten, obliegt es der EbAV diese unternehmensindividuell, entsprechend der Größenordnung, der Art, dem Umfang und der Komplexität der Tätigkeiten der EbAV festzulegen.

6 Die Benennung von Beispielen in dieser Auslegungsentscheidung ist nicht abschließend. Je nach der Größenordnung, der Art, dem Umfang und der Komplexität der Tätigkeiten der EbAV, können auch weitere Sachverhalte relevant sein.

III. Struktur und Mindestinformationsgehalt der Erklärung

7 Die Erklärung muss kohärent, logisch und strukturiert abgefasst werden.

8 Die Erklärung muss die Merkmale sowie die Art des Altersversorgungssystems bzw. der Altersversorgungssysteme berücksichtigen.

9 Die Erklärung hat sich auf die wesentlichen Angaben zu konzentrieren.

10 Identische Informationen zu allen Altersversorgungssystemen i. S. d. VAG-Informationspflichtenverordnung können in einem allgemeinen Teil der Erklärung zusammengefasst werden. Darüber hinaus können inhaltsgleiche Informationen zu Altersversorgungssystemen, die eine identischen Anlagepolitik haben, zusammengefasst werden. Die übrigen Elemente sind gesondert für jedes Altersversorgungssystem in der Erklärung anzugeben.

11 Elemente der Erklärung:

  • Anwendungsbereich der Anlagepolitik;
  • messbare Ziele (z. B. ein implizites oder explizites Renditeziel);
  • Beschränkungen wie Liquiditätsbedarf, Bedeckung bzw. Mittelausstattung, Regulierung (z. B. Hinweis, dass die Anlage des Sicherungsvermögens nach den qualitativen und quantitativen Vorgaben der Anlageverordnung für Pensionskassen, Sterbekassen und kleine Versicherungsunternehmen oder gemäß Kapitel 4 Pensionsfonds-Aufsichtsverordnung erfolgt; eine Wiederholung des Wortlauts der Vorgaben der vorgenannten Verordnungen ist nicht erforderlich);
  • wie ökologische, soziale und die Unternehmensführung betreffende Belange einbezogen sind (s. Ziff. IV);
  • Datum der Genehmigung durch die Geschäftsleitung/des Inkrafttretens der Grundsätze der Anlagepolitik
  • Vorgaben zur Anlagepolitik seitens der Arbeitgeber (bei nicht-versicherungsförmigen Pensionsplänen) oder Tarifparteien (bei der reinen Beitragszusage);
  • Entscheidung über den Vermögensverwaltungsstil, der z. B. folgende Herangehensweisen beinhalten kann: stringente Ausrichtung an den Ergebnissen von ALM-Studien bzw. ALM-basierte Vermögensverwaltung, Trennung in direkte und indirekte Anlagen mit differenzierten Anlagezielen, buy-and-hold-Strategien);
  • strategische Allokation der Vermögensanlagen, sofern zutreffend in Bezug auf den jeweiligen Pensionsplan, insbesondere die Aufteilung der Vermögenswerte je nach Art und Dauer der Altersversorgungsleistungen;
  • Verfahren der Anlagerisikobewertung;
  • Verfahren der Risikosteuerung;
  • Zeitplan für die Überprüfung der Anlagepolitik, einschließlich potenzieller Auslöser (s. Ziff. V).
  • Leistungsstruktur (ob und durch wen Leistungen garantiert werden);
  • Nennung, ob die EbAV Renten- und/oder Kapitalleistungen erbringt und welche biometrischen Risiken übernommen werden;
  • zu jeder Anlageoption einschließlich der Standardanlageoption für Altersversorgungssysteme, die Versorgungsanwärtern Wahlmöglichkeiten bei der Anlage einräumen;
  • zu jedem Trägerunternehmen, nur dann, wenn Unterschiede in der Anlagepolitik bestehen;
  • zum Anlagehorizont (z. B. langfristig und auf Verbindlichkeiten/Passivseite abgestimmt) sowie, soweit einschlägig, absehbaren Änderungen der strategischen Allokation der Vermögensanlagen bei Eintritt bestimmter Ereignisse oder Erreichen bestimmter Limite (z. B. bei Lebenszyklus-Modellen)

IV. Transparenz hinsichtlich der ESG-Informationen in der Erklärung

12 Die EbAV muss in der Erklärung klar angeben, wie die Anlagepolitik ESG-Belangen Rechnung trägt. Soweit sie ESG-Belangen Rechnung trägt, muss die Erklärung beschreiben, welchen ESG-Belangen sie Rechnung trägt und wie dies für die adressierten ESG-Belange erfolgt. ESG-Belangen kann beispielsweise auf Ebene des gesamten Portfolios oder nur in Bezug auf bestimmte Anlageklassen oder einige Anlageoptionen Rechnung getragen werden.

13 Sofern die EbAV beschließt allgemein anerkannte ESG-Rahmenwerke zu verwenden und teilweise oder vollständig einzuhalten, die von internationalen Organisationen und Standardsetzungsgremien (z. B. Europäische Investitionsbank, Internationale Organisation für Normung, Vereinte Nationen, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) festgelegt wurden, muss die Erklärung dies ausdrücklich angeben und beschreiben, wie sie umgesetzt wurden.

14 Die Erklärung hat außerdem zu erläutern, welche ESG-Ansätze bei der Anlagepolitik und deren Umsetzung zur Anwendung kommen (bspw. Best-In-Class-Ansatz, Negativ-/Positivlisten).

V. Überprüfung der Anlagepolitik

15 Die Erklärung muss eine allgemeine Beschreibung enthalten, in welcher Form eine jährliche Überprüfung und ggf. Anpassung der Anlagepolitik von der EbAV in Übereinstimmung mit dem Kapitalanlagerundschreiben 11/2017 (VA)2 vorgenommen wird. Dabei ist auch auf mögliche Ereignisse einzugehen, die einen solchen Überprüfungsprozess unterjährig auslösen können.

16 Beispiele für mögliche Auslöser einer Überprüfung der Anlagepolitik

  • neue regulatorische Vorgaben;
  • Änderung der Anlageziele, Abweichung von der strategischen Allokation der Vermögensanlagen, den Anlagelimits, den Schwellenwerten für die Risikotoleranz infolge geänderter Marktbedingungen, Performanceüberprüfung (z. B. Anlagerenditen);
  • sich wandelnde Marktbedingungen;
  • Verfügbarkeit neuer Finanzinstrumente;
  • Änderung des Risikoprofils, z. B. nach Abschluss der eigenen Risikobeurteilung gemäß § 234d VAG;
  • Änderung der Organisationsstruktur

17 Die Erklärung muss eine allgemeine Beschreibung des Verfahrens der EbAV zur Überwachung und Meldung potenzieller Auslöser enthalten.

VI. Offenlegung und Verweise auf die Erklärung

18 Die EbAV sollte potenziellen und bestehenden Versorgungsanwärtern die Grundsätze der Anlagepolitik, die in der Erklärung und anderen Informationsunterlagen, die auf die Erklärung verweisen, enthalten sind, verständlich kommunizieren.

19 Nach der Genehmigung durch die Geschäftsleitung der EbAV, ist die Erklärung ohne schuldhaftes Zögern zu veröffentlichen. Die an die Aufsicht übermittelte Erklärung muss mit der veröffentlichten Erklärung übereinstimmen.

20 Die EbAV kann die Erklärung auf ihrer eigenen Internetseite veröffentlichen. Sofern dies nicht möglich ist, kann sie die Erklärung z. B. auf der Internetseite des Trägerunternehmens oder eines Verbands von EbAV veröffentlichen lassen.

VII. Konsistente Informationen in der Erklärung und anderen Dokumenten

21 Die in der Erklärung enthaltenen Informationen müssen innerhalb des gesamten Dokuments und gegenüber anderen einschlägigen Governance-, Risikomanagement- und Offenlegungsunterlagen konsistent sein. Die Angaben in der Erklärung müssen sich auf Themen konzentrieren, die mit der Anlagepolitik zusammenhängen und nicht Gegenstand anderer Unterlagen oder Grundsätze sind. Die in der Erklärung dargelegte strategische Allokation der Vermögensanlagen muss stets mit den Zielen (z. B. Anlageergebnisse, Risikotoleranz) und den Beschränkungen (z. B. Liquidität) der Anlagepolitik vereinbar sein, die wiederum mit den Anlagegrundsätzen (oder Prämissen) im Einklang stehen müssen.

22 Eine Überprüfung der Erklärung, alle drei Jahre oder früher infolge einer wesentlichen Änderung der Anlagepolitik, hat eine Prüfung nach sich zu ziehen, ob die Informationen in der Erklärung noch mit den Informationen in anderen einschlägigen Unterlagen im Einklang stehen.

23 Die ergänzenden Angaben, die in der Leistungs-/Renteninformation zu den Anlageoptionen für Versorgungsanwärter, die ein Anlagerisiko tragen, gemäß § 4 Abs. 4 VAG-Informationspflichtenverordnung zu erteilen sind, sind regelmäßig zu aktualisieren und müssen mit den Informationen in der Erklärung im Einklang stehen.

24 Soweit zutreffend, muss die Erklärung im Einklang stehen mit den Informationen für

  • potenzielle Versorgungsanwärter bezüglich der ihnen zur Verfügung stehende Anlageoptionen gemäß § 234n i. V. m. § 234m Abs. 2 Nr. 1 VAG und
  • Versorgungsanwärter bezüglich der Bezugsform von Altersversorgungsleistungen gemäß § 234o Abs. 5 VAG.

25 Die EbAV kann Ihre Veröffentlichungspflichten gemäß §§ 134b, 134c AktG (u. a. betreffend die Mitwirkungspolitik, Offenlegung inwieweit die Hauptelemente ihrer Anlagestrategie dem Profil und der Laufzeit ihrer Verbindlichkeiten entsprechen und wie sie zur mittel- bis langfristigen Wertentwicklung ihrer Vermögenswerte beitragen, Erklärung warum die Veröffentlichungspflichten nicht umgesetzt werden) erfüllen, indem sie diese freiwillig in die Erklärung integriert. Hierbei muss sie die Form-, Frist- und Aktualisierungsvorgaben der §§ 134b, 134c AktG wahren. Alternativ kann sie die gemäß §§ 134b, 134c AktG geforderten Informationen auch separat veröffentlichen. In diesem Fall muss die Erklärung auf diese Veröffentlichungen verweisen.

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