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Erscheinung:04.05.2018, Stand:geändert am 29.01.2024 | Geschäftszeichen WA 31-Wp 2002-2018 | Thema Compliance FAQ zu MiFID II-Wohlverhaltensregeln nach §§ 63 ff. WpHG

FAQ zu MiFID II-Wohlverhaltensregeln nach §§ 63 ff. WpHG

A. Aufzeichnungspflichten

1. Wird von den Aufzeichnungspflichten nach Art. 74, 75 Delegierte Verordnung EU 2017/565 (DV) auch der Eigenhandel erfasst?

Die Aufzeichnungspflichten nach Art. 74, 75 DV beziehen sich auch auf Eigenhandelsgeschäfte des Aufzeichnungspflichtigen, da sämtliche Geschäfte im Rahmen von Wertpapierdienstleistungen erfasst sind (vgl. hierzu den Wortlaut der Art. 74, 75, der von Kundenaufträgen und Handelsentscheidungen spricht).

Veröffentlicht am 25.06.2018.

2. Sind hinsichtlich solcher Kundenaufträge, deren Kommunikation nach § 83 Abs. 3 WpHG elektronisch aufgezeichnet wird, zusätzlich Aufzeichnungen nach Art. 74, 75 DV anzufertigen?

Nein. Über die elektronische Aufzeichnung nach § 83 Abs. 3 WpHG sind keine weiteren (schriftlichen) Aufzeichnungen nach Art. 74, 74 DV erforderlich. § 83 Abs. 3 WpHG ist insoweit abschließend.

Veröffentlicht am 25.06.2018.

3. Muss ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen einem von ihm beauftragten Prüfer, der die Prüfung nach § 89 Abs. 1 WpHG durchführt, auch Zugang zu den Aufzeichnungen gewähren, die nach § 83 Abs. 3 und Abs. 6 WpHG erstellt wurden?

Aufzeichnungen nach § 83 WpHG, also auch solche, die nach § 83 Abs. 3 und Abs. 6 WpHG erstellt werden, dienen dazu, der BaFin zu ermöglichen, die Einhaltung der im 11. Abschnitt des WpHG, der in der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 geregelten Pflichten zu prüfen und durchzusetzen. Dieser Zweck gilt auch für eine Prüfung durch einen vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen beauftragten Prüfer, welche auf der Grundlage des § 89 Abs. 1 WpHG erfolgt. Bei der Vorschrift des § 89 Abs. 1 WpHG handelt es sich zudem um eine rechtliche Verpflichtung nach Art. 6 Abs. 1 c) DSGVO. Daher hat ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen einem Prüfer, der eine Prüfung nach § 89 Abs. 1 WpHG durchführt, Zugang zu den Aufzeichnungen nach § 83 WpHG, also auch zu solchen, die nach § 83 Abs. 3 und Abs. 6 WpHG erstellt wurden, zu gewähren. Die Prüfung der Aufzeichnungen umfasst nicht nur deren Vorliegen, sondern auch deren Vollständigkeit und Inhalt, soweit dies nach pflichtgemäßem Ermessen des Prüfers erforderlich ist.

Veröffentlicht am 25.06.2018.

4. Muss ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen einem Kunden auch dann einen Quartalsreport gemäß Art. 63 Abs. 1 Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 übermitteln, wenn in dem Depot des Kunden keine Bestände zu verzeichnen sind?

Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss dem Kunden keinen Quartalsreport gemäß Art. 63 Abs. 1 Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 übermitteln, wenn es in dem betreffenden Quartal keine Finanzinstrumente für den Kunden gehalten hat.

Hält das Wertpapierdienstleistungsunternehmen lediglich am Ende des Quartals keine Finanzinstrumente mehr für den Kunden (z.B. nachdem der Kunde im Laufe des Quartals seinen Bestand vollständig verkauft hat), bleibt es zumindest für dieses Quartal noch bei der Pflicht zur Übermittlung eines Quartalsreports. Erst für das darauffolgende Quartal kann das Wertpapierdienstleistungsunternehmen von der Übermittlung des Quartalsreports absehen.

Veröffentlicht am 24.04.2019.

5. Gelten die speziellen Anforderungen des § 83 Abs. 9 WpHG auch für die Geeignetheitserklärung, soweit diese mit einer Aufzeichnung nach § 83 Abs. 6 WpHG zu einem gemeinsamen Dokument verbunden ist?

Ja. Ist die Geeignetheitserklärung mit einer Aufzeichnung nach § 83 Abs. 6 WpHG zu einem Dokument verbunden, strahlen die schützenden Anforderungen des § 83 Abs. 9 WpHG auch auf die Geeignetheitserklärung des Dokuments aus. Dies steht jedoch einer Auswertung des Dokuments zu internen Prüfungszwecken, auch auf Level 1-Ebene, nicht entgegen. Allerdings unterliegt in diesem Fall auch die Geeignetheitserklärung dem Verbot der Auswertung zu Zwecken der Mitarbeiterüberwachung. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht liegt allerdings jedenfalls dann keine Mitarbeiterüberwachung vor, wenn die Auswertung sich ausschließlich auf die Überprüfung der Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Pflichten erstreckt, etwa auf die Erhebung von Kundenangaben, Geeignetheitsprüfung, Zurverfügungstellung erforderlicher Informationen oder Übereinstimmung von Kundenauftrag und tatsächlich erteilter Order. Vgl. hierzu auch die Antwort zur Frage B.6. „Unter welchen Voraussetzungen dürfen die Taping-Aufzeichnungen nach § 83 Abs. 9 WpHG von den Instituten ausgewertet werden?“

Sowohl die Aufzeichnung nach § 83 Abs. 6 WpHG als auch die Geeignetheitserklärung sind grundsätzlich für fünf Jahre und längstens für sieben Jahre aufzubewahren, entsprechend § 83 Abs. 8 WpHG und § 9 Abs. 4 WpDVerOV, so dass sich durch die Verbindung zu einem Dokument keine Änderungen hinsichtlich der Aufbewahrungsfristen ergeben.

Veröffentlicht am 24.04.2019.

6. Unterfallen ex-ante Kosteninformationen nach § 63 Abs. 7 WpHG i.V.m. Art. 50 Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 (DV) den Regularien des § 83 WpHG und sind damit vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen aufzuzeichnen und aufzubewahren?

Ja, gemäß § 83 Abs. 1 WpHG sind die ex-ante Kosteninformationen vollumfänglich aufzuzeichnen. Dies umfasst auch Inhalt, Form und Zeitpunkt der Zurverfügungstellung der Kosteninformationen an sich. Durch § 83 Abs. 1 WpHG soll die Bundesanstalt in die Lage versetzt werden die im 11. Abschnitt des WpHG normierten Wohlverhaltenspflichten vollumfänglich zu überprüfen und durchzusetzen. Dies ist nur möglich, wenn die Einhaltung der Pflichten – hier Kostentransparenz nach 63 Abs. 7 WpHG i.V.m. Art. 50, 46 Abs. 2 DV - ebenso vollumfänglich aufgezeichnet werden. Gibt der Gesetzgeber für einzelne Pflichten bestimmte insbesondere, zeitliche Voraussetzungen vor – hier: die Rechtzeitigkeit – so muss die Aufzeichnung auch die Einhaltung dieser Voraussetzungen dokumentieren.

Veröffentlicht am 25.02.2022.

B. Telefonische Aufzeichnungspflichten "Taping"

1. Kann der Pflicht zur Herausgabe der telefonischen Aufzeichnung eines Kundengesprächs dadurch nachgekommen werden, dass dem Kunden eine schriftliche Darstellung des Telefongesprächs in Papierform ausgehändigt wird?

Nach § 83 Abs. 7 WpHG kann der Kunde vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen verlangen, dass ihm die aufgezeichneten Inhalte der Telefongespräche und der elektronischen Kommunikation nach Abs. 3 Satz 1, und die im Rahmen eines persönlichen Gespräches erstellte Dokumentation nach Abs. 6 Satz 1, oder eine Kopie zur Verfügung gestellt werden.

Gesetzessystematisch wird also zwischen der telefonischen/elektronischen und der persönlichen Kommunikation gerade im Hinblick auf die Dokumentationsart unterschieden. Gleiches gilt auch für Kopien dieser Aufzeichnungen. Die Abschrift einer Gesprächsaufzeichnung in Papierform ist nach allgemeinem Verständnis nicht als „Kopie“ der Aufzeichnung anzusehen. Daher kann die Herausgabepflicht der Aufzeichnung der Telefongespräche nach § 83 Abs. 7 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 WpHG nicht durch die Zurverfügungstellung einer Abschrift des aufgezeichneten Gesprächs in Papierform erfüllt werden. Es steht den Instituten frei, zusätzlich zur Aufzeichnung eine Abschrift zur Verfügung zu stellen.

Veröffentlicht am 04.05.2018.

2. Ist die Nutzung eines sog. „Start-Knopfes“, eines „Stopp-Knopfes“ oder eines „Pause-Knopfes“ zulässig?

Werden über den jeweiligen Kommunikationsweg ausschließlich Wertpapierdienstleistungen angeboten, besteht die Aufzeichnungspflicht von Beginn des Gespräches bis zum Ende des Gespräches (vgl. hierzu auch ESMA Q&A, ESMA35-43-349, Abschnitt 3, Frage 8). Es ist jedoch zulässig, die Aufzeichnung zu beenden, wenn die Erbringung der Wertpapierdienstleistung erkennbar und endgültig abgeschlossen ist (sog. „Stopp-Knopf“).

Werden über den jeweiligen Kommunikationsweg auch nicht MiFID II-relevante Wertpapierdienstleistungen angeboten, besteht die Aufzeichnungspflicht ab dem Zeitpunkt, zu dem das Gespräch in eine Beratung über Wertpapierdienstleistungen übergeht (sog. „Start-Knopf“). Da hierfür nicht immer ein genauer Zeitpunkt ausgemacht werden kann, ist zum Zwecke der Beweissicherung frühzeitig mit der Aufzeichnung zu beginnen. Auch hier ist es zulässig, die Aufzeichnung zu beenden, wenn die Erbringung der Wertpapierdienstleistung erkennbar und endgültig abgeschlossen ist.

Es ist unzulässig, eine begonnene Aufzeichnung situativ zu unterbrechen und anschließend wieder aufzunehmen, um etwaige nicht aufzeichnungspflichtige Gesprächsteile auszublenden (sog. „Pausen-Knopf“).

Veröffentlicht am 04.05.2018.

3. Ist die Kundenexploration aufzeichnungspflichtig?

Nach Art. 16 Abs. 7, Unterabs. 2 der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II) sind auch solche Telefongespräche und elektronische Kommunikationen aufzuzeichnen, die die Erbringung der Dienstleistungen, die sich auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen beziehen, erst veranlassen sollen. Die Kundenexploration als Teil der Dienstleistung, die sich auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen bezieht, ist daher grundsätzlich aufzeichnungspflichtig.

Die Kundenexploration umfasst nach § 64 Abs. 3 WpHG auch die Anlagenziele des Kunden. Hierzu zählen auch situativ geäußerte, für die jeweilige Wertpapierdienstleistung relevante Informationen des Kunden. Diese Informationen können vielfältiger Art sein, beispielsweise der Hinweis des Kunden, eine Präferenz oder Ablehnung hinsichtlich Finanzinstrumenten zu haben, die in einer bestimmten Region investieren.

Ist die Kundenexploration Teil der Dienstleistung, die sich auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen bezieht, ist sie grundsätzlich aufzeichnungspflichtig. Eine Aufzeichnungspflicht besteht daher nicht bei Telefongesprächen/elektronischer Kommunikation, die ausschließlich den Zweck haben, die Kundenangaben zu erheben oder zu aktualisieren. Ist hingegen zum Zeitpunkt der Kundenexploration bereits absehbar, dass im selben Gespräche zugleich eine Wertpapierdienstleistung erbracht werden wird, die sich auf die Annahme, Ausführung oder Übermittlung von Aufträgen bezieht, unterliegt auch die Kundenexploration der Aufzeichnungspflicht.

Veröffentlicht am 04.05.2018.

4. Ist die telefonische und elektronische Kommunikation bei Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Finanzportfolioverwaltung aufzeichnungspflichtig?

Nach § 83 Abs. 3 S. 1 WpHG sind die Inhalte der Telefongespräche und der elektronischen Kommunikation, die sich auf die beim Handel für eigene Rechnung getätigte Geschäfte (1. Alternative) oder die Erbringung von Dienstleistungen, die sich auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen beziehen (2. Alternative), zum Zwecke der Beweissicherung aufzuzeichnen.

Im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung wird gemäß § 2 Abs. 8 Nr. 7 WpHG in Finanzinstrumenten angelegtes Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum verwaltet. Insofern werden regelmäßig keine Kundenaufträge angenommen, übermittelt oder ausgeführt, sondern der Verwalter handelt – im Rahmen der vertraglich festgelegten Anlagestrategie – eigenverantwortlich.

Mangels Bezug zu einem Kundenauftrag besteht bei Tätigkeiten im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung daher regelmäßig keine Aufzeichnungspflicht, weder hinsichtlich der Kundengespräche noch hinsichtlich sich hierauf beziehender interner oder externer Kommunikation.

Nimmt der Kunde aber auf die Entscheidungen des Finanzportfolioverwalters Einfluss (z. B. Vorab-Mitsprache, Genehmigungsvorbehalt, Einzelweisung, Rückabwicklung), wird die Anlageentscheidung nicht mehr diskretionär durch den Finanzportfolioverwalter, sondern durch den Kunden getroffen. Daher liegt in solchen Fällen ein Kundenauftrag vor, der nach den allgemeinen Grundsätzen die Aufzeichnungspflicht des § 83 Abs. 3 WpHG auslöst. Diese Fälle unterliegen daher insgesamt der Aufzeichnungspflicht, so dass bspw. auch das telefonische Einholen von Preisen oder Produktinformationen aufzeichnungspflichtig ist.

Die nach Art. 76 Abs. 1 DV aufzustellenden Grundsätze sollen Ausführungen zur Identifikation und Aufzeichnung relevanter Kommunikation enthalten. Kommt das Institut zu dem Schluss, dass keine Aufzeichnungspflichten bestehen, haben die Grundsätze eine begründete Negativerklärung zu enthalten.

Veröffentlicht am 25.06.2018.

5. Besteht für ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das Investmentfonds zu deren Anlagemöglichkeiten berät, eine Verpflichtung zur Aufzeichnung telefonisch geführter Beratungsgespräche bzw. der sonstigen elektronischen Kommunikation, wenn die KVG nach der erfolgten Beratung die Kauf-/ Verkaufs-Aufträge selbst ausführt?

Gemäß § 83 Abs. 3 WpHG sind alle Telefongespräche und sonstige elektronische Kommunikation mit Bezug zu den beim Handel für eigene Rechnung getätigten Geschäften oder zur Erbringung von Dienstleistungen, die sich auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen beziehen, aufzeichnungspflichtig. Dies umfasst gemäß Artikel 16 Abs. 7 UAbs. 2 MiFID II auch solche Telefongespräche und elektronische Kommunikation, mit denen solche Geschäfte oder Dienstleistungen veranlasst werden sollen.

Soweit durch nachprüfbare Regelungen sichergestellt ist, etwa nach den gemäß Artikel 76 Abs. 1 DV festzulegenden Grundsätzen, dass im Anschluss an eine erbrachte Wertpapierdienstleistung jede Annahme, Übermittlung oder Ausführung von Kundenaufträgen mit Bezug zu der erbrachten Wertpapierdienstleistung ausgeschlossen ist, besteht keine Aufzeichnungspflicht nach § 83 Abs. 3 S. 1 2. Alt. WpHG. In diesen Fällen bezieht sich die erbrachte Wertpapierdienstleistung nicht auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung eines Kundenauftrags und soll einen solchen auch nicht veranlassen.

Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen ausschließlich die Anlageberatung gegenüber der KVG eines Investmentvermögens erbringt, im Übrigen jedoch keinerlei orderbezogene Dienstleistungen hierzu anbietet.

Veröffentlicht am 25.06.2018.

6. Unter welchen Voraussetzungen dürfen die Taping-Aufzeichnungen nach § 83 Abs. 9 WpHG von den Instituten ausgewertet werden?

§ 83 Abs. 9 WpHG steht der Auswertung von Aufzeichnungen nicht entgegen, soweit sie im Rahmen interner Prüfungen gemäß § 80 Abs. 1 WpHG, Art. 22 Abs. 1 DelVO (EU) 2017/565 und AT 6 Ziffer 2 MaComp erfolgt (1st-Level-Kontrollen, Compliance-Prüfungen, Interne Revision), die Voraussetzungen und die berechtigten Personen gesondert namentlich bestimmt sind und das Verbot der Mitarbeiterüberwachung beachtet wird. Auf Grund seiner Funktion bestehen bei Einhaltung der vorstehenden Voraussetzungen auch keine Bedenken dagegen, wenn der Vorstand telefonische Aufzeichnungen inhaltlich auswertet. Sind durch den Vorstand 1st- oder 2nd-Level-Kontrollen durchzuführen, kann die inhaltliche Auswertung telefonischer Aufzeichnungen zudem erforderlich sein, vgl. hierzu zudem FAQ B.8.

Eine Überwachung der Mitarbeiter liegt aus aufsichtsrechtlicher Sicht jedenfalls dann nicht vor, wenn die Auswertung sich ausschließlich auf die Überprüfung der Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Pflichten erstreckt, etwa auf Erhebung von Kundenangaben, Geeignetheitsprüfung, Zurverfügungstellung erforderlicher Informationen oder Übereinstimmung von Kundenauftrag und tatsächlich erteilter Order.

Da 1st-Level-Kontrollen häufig durch die direkten Vorgesetzten durchgeführt werden, besteht ein erhöhtes Risiko, dass anlässlich der Auswertung auch Erkenntnisse gewonnen werden, die zu einem Überwachungseffekt führen können. Aus diesem Grund haben WpDU risikoorientiert zu prüfen, in welchem Umfang Kontrollhandlungen durch direkte Vorgesetzte erforderlich sind, und Vorkehrungen zu treffen, um das Risiko einer Mitarbeiterüberwachung auszuschließen.

Veröffentlicht am 27.09.2018, geändert am 09.06.2020.

7. Besteht für Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die ausschließlich Wertpapierdienstleistungen anbieten, die Aufzeichnungspflicht gemäß § 83 Abs. 3 WpHG von Beginn des Gespräches bis zum Ende des Gespräches auch beim beratungsfreien Geschäft?

Ja. Werden über den jeweiligen Kommunikationsweg ausschließlich MiFID II-Dienstleistungen erbracht, besteht die Aufzeichnungspflicht auch beim beratungsfreien Geschäft von Beginn des Gespräches bis zum Ende des Gespräches.
Etwas anderes gilt beim beratungsfreien Geschäft nur dann, wenn über den jeweiligen Kommunikationsweg auch noch andere Dienstleistungen als MiFID II-Dienstleistungen erbracht werden. In diesem Fall genügt die Aufzeichnung einer Zusammenfassung des Gesprächs, einschließlich der Angabe, dass die Order ohne Beratung erteilt wird.

Veröffentlicht am 24.04.2019.

8. Ist es ausreichend, hinsichtlich der Überprüfung telefonischer Aufzeichnungen auf 1st-Level-Ebene lediglich eine Vollständigkeitskontrolle durchzuführen (ist eine Aufzeichnung erfolgt?), ohne diese inhaltlich zu prüfen, solange auf anderen Kontrollebenen inhaltliche Auswertungen erfolgen?

Grundsätzlich nicht. Nach AT 6 Ziffer 2 MaComp sind zunächst die operativen Bereiche für die Einhaltung der Vorschriften und die Durchführung von Kontrollen (Selbstkontrollen), verantwortlich. Dies gilt auch für die inhaltlichen Kontrollen telefonischer Aufzeichnungen. Nur durch die inhaltliche Kontrolle kann u.a. festgestellt werden, ob die Aufzeichnungen vollständig erfolgt sind oder ob der Hinweis zur Beratungsfreiheit gegeben wurde.

Gründe dafür, diese Prüfungshandlungen nicht auf 1st-Level-Ebene durchzuführen bestehen grds. nicht. Unter Berücksichtigung des Geschäftsmodells des jeweiligen WpDU und der Anzahl telefonischer Aufzeichnungen kann die Überprüfung risikobasiert und verhältnismäßig erfolgen.

Veröffentlicht am 09.06.2020

C. Geeignetheitserklärung

1. Inwiefern müssen die Inhalte der Geeignetheitsprüfung auf der einen Seite und die der Geeignetheitserklärung auf der anderen Seite kongruent sein?

Gemäß § 64 Abs. 4 Satz 1 WpHG muss ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das Anlageberatung erbringt, dem Privatkunden auf einem dauerhaften Datenträger vor Vertragsschluss eine Erklärung über die Geeignetheit der Empfehlung (Geeignetheitserklärung) zur Verfügung stellen. Die inhaltlichen Anforderungen an die Geeignetheitserklärung ergeben sich aus § 64 Abs. 4 Satz 2 WpHG in Verbindung mit Art. 54 Abs. 12 DV. Für die Geeignetheitsprüfung bestimmt § 64 Abs. 3 WpHG in Verbindung mit Art. 54 DV die einschlägigen Voraussetzungen.

Die Geeignetheitserklärung muss die erbrachte Beratung nennen und erläutern, wie sie auf die Kundenmerkmale abgestimmt wurde. Alle für die Geeignetheitsprüfung erforderlichen Informationen müssen in die Geeignetheitserklärung aufgenommen werden mit der Folge, dass Geeignetheitsprüfung und Geeignetheitserklärung deckungsgleich sind.

Veröffentlicht am 25.06.2018.

D. Verlustschwellenreporting

1. Nach den ESMA Q&A, ESMA35-43-349, Abschnitt 8, Frage 7, wird für die Berechnung der Verlustschwellen nach Art. 62 Abs. 1 DV für alle in einen Berichtszeitraum fallenden Verlustschwellen auf den Gesamtwert des zu Beginn des jeweiligen Berichtszeitraums zu beurteilenden Portfolios abgestellt. Ist es zulässig, davon abweichend für die Berechnung der auf die erste Verlustschwelle folgenden weiteren Verlustschwellen auf den Gesamtwert des dann reduzierten Portfolios abzustellen?

Es ist nicht zulässig, für die Berechnung der weiteren Verlustschwellen nach Art. 62 Abs. 1 DV („anschließend bei jedem Wertverlust in 10 % -Schritten") innerhalb eines Berichtszeitraums auf den im Verhältnis zum Gesamtwert des Portfolios zu Beginn des jeweiligen Berichtszeitraums reduzierten Wert abzustellen.

Dies würde zwar dazu führen, dass dem Kunden häufiger Verlustschwellenmitteilungen zur Verfügung zu stellen sind. Allerdings fällt der nominal ausgewiesene Verlustbetrag geringer aus. Auf ESMA-Ebene wurde der Vorschlag diskutiert. ESMA hat sich für die in Abschnitt 8, Antwort 7 der ESMA Q&A dargestellte Vorgehensweise entschieden.

Veröffentlicht am 25.06.2018.

2. Ist der Kunde auch beim wiederholten Überschreiten derselben Verlustschwelle eines Finanzinstruments nach Art. 62 Abs. 2 DelVO (EU) 2017/565 erneut zu informieren?

Überschreitet ein Finanzinstrument im Sinne des Artikels 62 Abs. 2 Satz 1 DelVO (EU) 2017/565 eine Verlustschwelle, über die der Kunde bereits informiert wurde, erneut, ist keine wiederholte Information an den Kunden erforderlich.

Auf die ESMA Q&A 35-43-349, Abschnitt 8, Antwort 12 zur entsprechenden Frage beim Verlustschwellenreporting bei der Finanzportfolioverwaltung nach Artikel 62 Abs. 1 DelVO (EU) 2017/565 wird verwiesen.

Veröffentlicht am 27.09.2018.

E. Product Governance

1. Welche Einheit im Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist für die Erstellung der Product Governance Compliance-Berichte nach § 81 Abs. 4 WpHG bzw. Art. 9 Abs. 6 und Art. 10 Abs. 8 Delegierte Richtlinie EU 2017/593 (DR) zuständig? Ist dies zwingend die Compliance-Funktion nach Artikel 22 Absatz 2 DV oder darf der Bericht z.B. auch von den operativen Einheiten erstellt werden, die den Product Governance-Prozess ausführen bzw. auf „Level 1“ überwachen?

Die in § 81 Abs. 4 WpHG bzw. Art. 9 Abs. 6 und Art. 10 Abs. 8 DR genannten Berichtspflichten im Hinblick auf die Product Governance (sog. Compliance-Bericht) sind durch die Compliance-Funktion zu erfüllen. Dabei handelt es sich um eine Ergänzung der allgemeinen Berichtspflichten nach Art. 22 Abs. 2 c) DV.

Dem steht nicht entgegen, dass entsprechende Informationen (auch) durch die operativen Bereiche erhoben und an die Geschäftsleitung weitergegeben werden. Verwendet die Compliance-Funktion solche Informationen oder lässt sie sich für ihren Bericht zuliefern, muss sie die Angaben auf Plausibilität und anhand von Stichproben prüfen, ehe sie sich diese zu eigen macht.

Veröffentlicht am 25.06.2018.

2. Wie erfolgt die Product Governance Compliance-Berichterstattung bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die sowohl als Konzepteur als auch als Vertriebsunternehmen tätig sind?

Tritt ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen gleichzeitig als Konzepteur und Vertriebsunternehmen auf, soll der Bericht der Compliance-Funktion so gegliedert sein, dass auf beide Geschäftsfelder getrennt eingegangen wird.

Es ist ein einheitlicher Bericht zu erstellen. Allerdings sollte der Bericht so gegliedert sein, dass auf beide Geschäftsfelder getrennt eingegangen wird (z.B. da sich aus beiden unterschiedliche Compliance-Risiken ergeben können, die nicht vermischt werden sollten). Dem steht nicht entgegen, dass die beiden entsprechenden operativen Einheiten jeweils einen zusätzlichen Bericht mit gleichem oder darüber hinausgehendem Inhalt an die Geschäftsführung richten.

Die Vorgaben sind auch in BT 1.2.2 Nr. 8 MaComp enthalten: Link

Veröffentlicht am 25.06.2018, geändert am 28.03.2022.

3. Welchen Inhalt muss der Product Governance Compliance-Bericht aufweisen?

Der Bericht der Compliance-Funktion muss die allgemeinen Inhalte im Hinblick auf die Überwachung der Product Governance enthalten, also insbesondere eine Berichterstattung über die Angemessenheit und Wirksamkeit der Grundsätze, Mittel und Verfahren, die darauf ausgerichtet sind, sicherzustellen, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst und seine Mitarbeiter den Product-Governance-Vorgaben nachkommen. Dabei ist insbesondere anzugeben, ob zur Behebung von Verstößen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder seiner Mitarbeiter gegen die Product-Governance-Vorgaben oder zur Beseitigung des Risikos eines solchen Verstoßes oder aufgetretener Mängel geeignete Maßnahmen ergriffen wurden. Des Weiteren ist über die Abwicklung der die Product Governance betreffenden Beschwerden und über die ergriffenen oder zu ergreifenden Abhilfemaßnahmen diesbezüglich zu berichten.

Darüber hinaus ist zu berichten, ob und wie die Compliance-Funktion die Entwicklung und regelmäßige Überprüfung der Produktfreigabevorkehrungen überwacht und wie sie etwaige Risiken, dass Anforderungen an den Produktüberwachungsprozess nicht erfüllt werden, frühzeitig erkennt.

Schließlich muss der Compliance-Bericht der Compliance-Funktion auch systematische Informationen über die von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen konzipierten und empfohlenen Finanzinstrumente enthalten, insbesondere über die jeweilige Vertriebsstrategie sowie die erbrachten Dienstleistungen. Zu den systematischen Informationen zählen zumindest auch die Zahl und Art der konzipierten bzw. vertriebenen Produkte, mit ihrem jeweiligen Zielmarkt und weiteren Angaben aus dem Produktfreigabeverfahren, die zur Beurteilung des mit dem Produkten einhergehenden Compliance-Risikos erforderlich sind (z.B. die Komplexität der Produkte, Interessenkonflikte, ggf. besonders relevante Daten aus der Szenarioanalyse, das Kosten-Renditeverhältnis, etc.). Die Angaben zur Vertriebsstrategie sollten zumindest auch die jeweiligen Vertriebspartner benennen. Wie üblich gilt auch an dieser Stelle das Proportionalitätsprinzip: Einfache, weit verbreitete Produkte können im Bericht jeweils kürzer dargestellt werden, komplexe oder risikoreiche, innovative oder illiquide Produkte bedürfen ausführlicherer Angaben.

Die Vorgaben sind auch in BT 1.2.2 Nr. 8 MaComp enthalten: Link

Veröffentlicht am 25.06.2018, geändert am 28.03.2022.

4. Was ist der erste Berichtszeitraum für den Product Governancen Compliance-Bericht?

Für den Berichtszeitraum über die Product-Governance-Informationen ergeben sich keine Besonderheiten, da sie in den Bericht der Compliance-Funktion aufzunehmen sind. Es gilt daher Art. 22 Abs. 2 c) DV.

Veröffentlicht am 25.06.2018.

5. Wie erfolgt der Zielmarktabgleich nach § 80 Abs. 9-11 WpHG, § 12 WpDVerOV bei Gemeinschaftsdepots, wenn die Depotinhaber in unterschiedliche Kundenkategorien eingestuft sind?

Wird ein Finanzinstrument an eine Personenmehrheit vertrieben – wie im Fall des Gemeinschaftsdepots zweier Ehegatten – ist es ausreichend, wenn einer der Kunden die Zielmarktkriterien erfüllt. Für diesen Fall darf das Wertpapierdienstleistungsunternehmen davon ausgehen, dass der Zielmarkt des Produktes erreicht wurde.

6. Muss ein Vertriebsunternehmen auch dann den vom Hersteller bestimmten abstrakten Zielmarkt nach § 80 Abs. 12 WpHG i. V. m. § 12 Abs. 3 WpDVerOV und BT 5.3.3 Nr. 1 überprüfen und einen eigenen Zielmarkt (ggfls. in Form einer Konkretisierung) bestimmen, wenn mit dem Konzepteur ein gemeinsamer Zielmarkt (z. B. aufgrund eines Zielmarktstandards) bestimmt wurde?

Vertriebsunternehmen sind auch dann verpflichtet, den vom Hersteller bestimmten abstrakten Zielmarkt zu prüfen sowie einen eigenen Zielmarkt (ggfls. in Form einer Konkretisierung) zu bestimmen, wenn mit dem Konzepteur ein gemeinsamer Zielmarkt (so etwa auf der Grundlage eines Zielmarktstandards) nach BT 5.3.3 Nr. 5 S. 2 MaComp bestimmt wurde.

Entsprechend weist BT 5.3.3 Nr. 5 letzter Satz ausdrücklich darauf hin, dass der Konzepteur und das Vertriebsunternehmen auch im Falle eines gemeinsam bestimmten Zielmarkts weiterhin für die Bestimmung des jeweiligen Zielmarkts verantwortlich bleiben. Ferner stellt die MaComp klar, dass ein Vertriebsunternehmen jeden Zielmarkt zumindest plausibilisieren muss und sich diese Prüfung selbst bei einfachen Produkten nicht auf „Null“ reduzieren kann (BT 5.3.3 Nr. 3 MaComp). Dies gilt für alle Dienstleistungsarten, auch im sog. beratungsfreien Geschäft und im sog. reinen Ausführungsgeschäft.

Vertriebsunternehmen müssen daher einen Prozess einrichten, der es ihnen erlaubt, den von einem Konzepteur übermittelten abstrakten Zielmarkt zu prüfen und ggf. abzuändern bzw. zu konkretisieren. Eine solche Prüfung umfasst zumindest die (ggfs. automatisierte) Plausibilisierung des abstrakten Zielmarktes sowie eine risikoorientierte, regelmäßige, konzepteursbezogene Stichprobenprüfung. Der entsprechende Prozess muss zudem auch regulatorische Vorgaben für die Zielmarktbestimmung bzw. Konkretisierung berücksichtigen, wie etwa erfolgte Produktinterventionen oder die Product Governance Q&A Nr. 1 der ESMA zur Zielmarktbestimmung bei CoCo-Bond-ETFs aus „Questions and Answers On MiFID II and MiFIR investor protection and intermediaries topics” (ESMA35-43-349).

Veröffentlicht am 01.02.2021

F. Sachkundeanforderungen

1. Welche Anforderungen sind an die Sachkundeanforderungen von Vertriebsbeauftragten nach § 87 Abs. 2 WpHG i. V. m. § 2 Abs. 2, § 1 Abs. 5 WpHGMaAnzV in Bezug auf die praktische Anwendung in der Anlageberatung zu stellen, wenn dem Vertriebsbeauftragten selbst unmittelbar kein Anlageberater zugeordnet ist?

Ist dem Vertriebsbeauftragten nicht selbst unmittelbar ein Anlageberater zugeordnet, muss der Vertriebsbeauftragte selbst keine praktische Anwendung im Bereich der Anlageberatung nach § 2 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 5 WpHGMaAnzV nachweisen können. Das erforderliche Verständnis für die Tätigkeit in der Anlageberatung kann von dem unmittelbar zugeordneten Vertriebsbeauftragten für die darüber liegende Vertriebskette in die Ausgestaltung, Umsetzung und Überwachung der den Anlageberater betreffenden Vertriebsvorgaben miteingebracht werden.

Veröffentlicht am 27.09.2018.

G. Kostentransparenz

1. Wie sind Kosten auszuweisen, die nicht auf ein konkretes Finanzinstrument/eine konkrete Dienstleistung bezogen sind (sog. übergreifende Kosten)?

Gemäß § 63 Abs. 7 WpHG hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Kunden rechtzeitig über alle Kosten und Nebenkosten der Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen sowie ggf. über Kosten des Finanzinstruments im Rahmen der ex-ante Kosteninformationen zu informieren. Soweit sog. übergreifende Kosten (z.B. pauschale, nicht transaktionsbezogene Depotgebühren, Verpfändungsgebühren, Nachlassgebühren, Kontogebühren, Übertragungsgebühren) anfallen, hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Möglichkeit diese beispielsweise neben der Gesamtkostendarstellung in voller Höhe aufzuführen und mit einer erläuternden Fußnote zu versehen. In der erläuternden Fußnote kann dann darauf hingewiesen werden, dass diese Kosten im Rahmen der ex-ante Kosteninformationen in voller Höhe angegeben wurden und wegen ihres übergreifenden Charakters nicht auf das konkrete Finanzinstrument bzw. die konkrete Dienstleistung ausgewiesen werden können.

Veröffentlicht am 27.09.2018.

2. Ist es zulässig, ex-ante Kosteninformationen auf der Grundlage eines angenommenen Anlagebetrags zur Verfügung zu stellen, wenn diese Kosten nicht linear vom Anlagebetrag abhängen (z.B. weil das Wertpapierdienstleistungsunternehmen Mindestprovisionssätze bzw. Mindestdepotentgelte vorsieht)?

Erwägungsgrund 78 Satz 3 DelVO (EU) 2017/565 sieht vor, dass die tatsächlichen Kosten auf der Grundlage eines angenommenen Anlagebetrags ausgewiesen werden können. Eine Einschränkung auf lineare Kosten ist im Erwägungsgrund oder an anderer Stelle nicht enthalten. Daher können die auszuweisenden ex-ante Kosteninformationen auch dann auf der Grundlage eines angenommenen Anlagebetrags zur Verfügung gestellt werden, wenn ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen beispielsweise Mindestprovisionssätze vorsieht. In Fällen nichtlinearer Provisionen ist die Kosteninformation jedoch aus Gründen der Verständlichkeit mit einer Fußnote zu versehen, in der dieser Umstand dem Kunden verständlich erläutert wird.

Veröffentlicht am 27.09.2018.

3. Wann ist einem Kunden eine ex-ante Kosteninformation nach § 63 Abs. 7 WpHG i.V.m. Art. 50 DelVO im Rahmen einer Anlageberatung zur Verfügung zu stellen?

Eine ex-ante Kosteninformation nach § 63 Abs. 7 WpHG i.V.m. Art. 50 DelVO ist Kunden gemäß Art. 46 Abs. 2 DelVO rechtzeitig vor Erbringung der betreffenden Wertpapierdienstleistung zur Verfügung zu stellen.

Die Informationen zu allen Kosten und Nebenkosten sind Teil der Anlageentscheidung eines Kunden (§ 63 Abs. 7 Satz 1 WpHG). Der Kunde kann nur dann eine fundierte Anlageentscheidung treffen, wenn ihm alle hierfür erforderlichen Informationen vor der Anlageentscheidung zur Verfügung gestellt wurden. Daher sind dem Kunden im Rahmen einer Anlageberatung die ex-ante Kosteninformationen gemäß § 63 Abs. 7 WpHG i.V.m. Art. 50 Abs. 2, 10 DelVO in Bezug auf alle Finanzinstrumente zu denen er beraten wurde, spätestens vor dem Abschluss der Anlageberatung zur Verfügung zu stellen. Dies gilt unabhängig davon, ob er sich anschließend zum Kauf oder Verkauf aller ihm empfohlenen Produkte entscheidet.

Das Tatbestandsmerkmal „vor Erbringung einer Wertpapierdienst- oder Wertpapiernebendienstleistung“ (Art. 46 Abs. 2 DelVO) ist dann nicht mehr erfüllt, wenn von einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen Finanzinstrumente im Rahmen einer Anlageberatung empfohlen wurden, dem Kunden die dazugehörigen ex-ante Kosteninformationen aber erst nach dessen verbindlicher Entscheidung zur Verfügung gestellt werden (bspw. erst vor Ausführung der Order).

Für den Fall der Anlageberatung via E-Mail bedeutet das, dass die ex-ante Kosteninformationen in derselben E-Mail zur Verfügung zu stellen sind, in der die Anlageberatung erfolgt.

Veröffentlicht am 09.06.2020

4. Welche ex-ante Kosteninformationen müssen zwingend am Telefon verlesen werden, wenn der Kunde unter den Voraussetzungen der ESMA Q&A 9.28 (ESMA35-43-349, Abschnitt 9, Frage 28) ein Verlesen wünscht?

Gemäß ESMA Q&A 9.28 (ESMA35-43-349, Abschnitt 9, Frage 28) haben Wertpapierdienstleistungsunternehmen die Möglichkeit, wenn sie ihrem Kunden die ex-ante Kosteninformationen nicht vorab zur Verfügung stellen können (weil dieser beispielsweise über kein Internet oder kein Fax verfügt), die ex-ante Kosteninformationen entweder auf Wunsch des Kunden postalisch zur Verfügung zu stellen und die Transaktion zu verschieben oder aber die ex-ante Kosteninformationen am Telefon zu verlesen und gleichzeitig („simultaneously“) an den Kunden auf einem dauerhaften Datenträger zu versenden.

Soweit ein Kunde unter den Voraussetzungen der ESMA Q&A 9.28 das Verlesen der ex-ante Kosteninformationen wünscht, ist es ausreichend, wenn ihm vom Wertpapierdienstleistungsunternehmen die gesetzlichen Mindestangaben gemäß Art. 50 Abs. 2, 10 DelVO telefonisch genannt werden.

Im Fall des Art. 50 Abs. 5 DelVO bedeutet das beispielsweise, dass dem Kunden nominal wie auch prozentual die kumulierten Gesamtkosten, getrennt nach Dienstleistungskosten mit gesondertem Zuwendungsausweis, Produktkosten und ggf. Fremdwährungskosten (Art. 50 Abs. 2 DelVO) sowie die Auswirkungen der Kosten auf die Rendite (Art. 50 Abs. 10 DelVO) zu nennen sind.

Veröffentlicht am 09.06.2020

H. Werbung

1. Welche Anforderungen sind an Risikohinweise in Werbevideos auf YouTube oder ähnlichen Plattformen zu stellen, die, weil sie als Anzeige geschaltet sind, nach fünf Sekunden auch übersprungen werden können?

In einem Werbevideo auf YouTube genügt es, wenn der Hinweis auf Risiken am Ende des Videos in schriftlicher Form erfolgt. Dies gilt auch in dem Fall, in dem das Video nach fünf Sekunden übersprungen werden kann, sodass das Ende nicht mehr wahrgenommen wird. Gemäß Art. 44 Abs. 2 b) und c) Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 muss jedoch sichergestellt werden, dass die maßgeblichen Risiken leicht erkennbar sind. Daher darf der schriftliche Risikohinweis in Fällen, in denen der Vorteil isoliert genannt wird, nicht zwischen anderen Informationen stehen und ist in einer Schriftgröße darzustellen, die es dem Kunden ermöglicht, diesen sofort wahrzunehmen.

Veröffentlicht am 24.04.2019

2. Dürfen Wertpapierdienstleistungsunternehmen Wertpapier(neben)dienstleistungen mit Begriffen wie beispielsweise „kostenfrei“, „kostenlos“, „provisionsfrei“ oder „0 € Transaktionsentgelt“ bewerben, obwohl für die beworbene Dienstleistung tatsächlich Kosten i. S. d. Art. 50 Abs. 2 Satz 1 lit. a Del. VO (EU) 2017/565 – ggfs. auch durch Annahme von Zuwendungen – entstehen?

Wenn Wertpapierdienstleistungsunternehmen Wertpapier(neben)dienstleistungen mit Begriffen bewerben, die bei den durchschnittlichen Angehörigen der angesprochenen Kundengruppe den Eindruck einer Dienstleistung entstehen lassen, für die keine Kosten i.S.d. Art. 50 Del. VO (EU) 2017/565 entstünden, obwohl solche Kosten tatsächlich entstehen, ist dies grundsätzlich unredlich sowie irreführend und ein Verstoß gegen § 63 Abs. 6 Satz 1 WpHG, da die Verwendung von werbenden, hervorhebenden Angaben wie beispielsweise „kostenfrei“, „kostenlos“, „provisionsfrei“ oder „0 €“ in diesem Fall sachlich unzutreffend ist und dem durchschnittlichen Privatkunden regelmäßig suggeriert, dass insgesamt keine Kosten anfallen. Vom Kostenbegriff nach Art. 50 Abs. 2 Del. VO (EU) 2017/565 umfasst sind dabei auch angenommene Zuwendungen sowie sowohl explizite (in Rechnung gestellte) als auch implizite Kosten.

Ein Verstoß gegen § 63 Abs. 6 S. 1 WpHG liegt abhängig von einer Wertung im Einzelfall nur dann nicht vor, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen im unmittelbaren Zusammenhang über alle wesentlichen sonstigen Kostenelemente ausgewogen, eindeutig und nicht irreführend aufklärt und die Darstellung dieser sonstigen Kostenelemente den Voraussetzungen des BT 3.3 des Rundschreibens 05/2018 (WA) – MaComp genügt. Insbesondere wird man von einer klaren, nicht abschwächenden oder verschleiernden Art und Weise der Darstellung nur ausgehen können, wenn die Angaben über die sonstigen Kostenelemente hinsichtlich der Schriftgröße nicht hinter den sonstigen Angaben in der Werbemitteilung zurückbleiben.

Veröffentlicht am 03.09.2021

I. Mitarbeitergeschäfteüberwachung

1. Ist das Mitglied eines Verwaltungs- oder Aufsichtsrates eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens als relevante Person gemäß Art. 2 DelVO (EU) 565/2017 anzusehen?

Das Mitglied eines Verwaltungs- oder Aufsichtsrates eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens ist als relevante Person gemäß Art. 2 Nr. 1a) DelVO anzusehen. Somit haben die Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu prüfen, ob diese Personen in die Maßnahmen zur Mitarbeiterüberwachung nach Art. 29f. DelVO (EU) 565/2017 einzubeziehen sind.

Veröffentlicht am 09.06.2020

J. Bearbeitung von Kundenaufträgen

1. Welche zeitlichen Vorgaben gelten für einen Depotübertrag?

Depotaufträge sind grundsätzlich unverzüglich auszuführen. Dies ergibt sich aus § 69 Abs. 1 Nr. 1 WpHG. Ein Depotauftrag soll innerhalb von längstens drei Wochen ausgeführt werden. Sofern ein Depotübertrag innerhalb von drei Wochen nicht möglich ist, übermittelt das Institut, das den Auftrag zum Depotübertrag entgegennimmt, dem Kunden nach Ablauf der drei Wochen unverzüglich, spätestens innerhalb von fünf Arbeitstagen, eine Zwischennachricht, in der es auch den Grund für die Verzögerung darlegt. Dies ergibt sich aus Art. 67 Abs. 1 Buchstabe c) DelVO 2017/565.

Sofern das aufnehmende Institut zur Zwischennachricht verpflichtet ist und die Gründe für die Verzögerung nicht in seiner Sphäre, sondern in der des abgebenden Instituts liegen, ist der Kunde darauf in der Zwischennachricht hinzuweisen. Unabhängig davon, wer zur Zwischennachricht verpflichtet ist, haben sowohl das abgebende als auch das aufnehmende Institut für eine fristgerechte Bearbeitung des Depotübertrags zu sorgen und bei Hindernissen bei der Auftragsdurchführung, die aus der Sphäre des Kunden stammen, mit diesem unverzüglich Kontakt aufzunehmen. 

Veröffentlicht am 18.03.2022, geändert am 29.01.2024

K. Kundeninformationen

1. Verstößt die Verwendung von schlechter wahrnehmbaren Schaltflächen (so genannten „Dark Patterns“), die in einer digitalen Entscheidungsumwelt („Choice Architecture“) gleichwertige Auswahlmöglichkeiten repräsentieren, gegen das Verbot der Irreführung und das Gebot der Redlichkeit nach § 63 Abs. 6 WpHG?

Ja, die Verwendung von so genannten „Dark Patterns“ für Schaltflächen mit im Vergleich zu anderen Schaltflächen gleicher Wertigkeit in einer digitalen Entscheidungsumwelt („Choice Architecture“) verstößt gegen das Verbot der Irreführung und das Gebot der Redlichkeit nach § 63 Abs. 6 WpHG. Nach BT 3.3.1 Nr. 4 des Rundschreibens 05/2018 (WA) – MaComp dürfen wichtige Aussagen, Punkte oder gar Warnungen nicht verschleiert, abgeschwächt oder missverständlich dargestellt werden. Benutzerschnittstellen-Designs wie „Dark Patterns“, die durch ihre grafische Aufbereitung (etwa das Ausgrauen oder „Unsichtbarmachen“ einer aktiven Schaltfläche) darauf ausgelegt sind, den Kunden bei einer gleichwertigen Auswahlentscheidung zu einer bestimmten Entscheidung zu verleiten, verschleiern wichtige Punkte in der Kundeninformation und sind daher irreführend. So ist es zum Beispiel unzulässig, die Schaltfläche für den Abschluss eines Wertpapiergeschäfts kontrastreich darzustellen, während die Schaltfläche für den Abbruch im Vergleich dazu schlechter wahrnehmbar ausgestaltet ist.

2. Verstößt das Fehlen einer wichtigen, in einer digitalen Entscheidungsumwelt relevanten Schaltfläche (etwa zum Abbrechen eines Geschäfts) gegen das Gebot der Redlichkeit nach § 63 Abs. 6 WpHG?

Das Fehlen einer wichtigen, in einer digitalen Entscheidungsumwelt relevanten Schaltfläche (etwa zum Abbrechen eines Geschäfts) verstößt gegen das Gebot der Redlichkeit nach § 63 Abs. 6 WpHG.
Nach BT 3.3.1 Nr. 4 des Rundschreibens 05/2018 (WA) – MaComp dürfen wichtige Aussagen oder Punkte nicht verschleiert oder abgeschwächt werden. Fehlt die Schaltfläche für eine wichtige, in der Entscheidungsumwelt relevante Handlungsoption des Kunden (wie das Abbrechen eines Geschäfts), obwohl gleichzeitig eine andere Schaltfläche für die gleiche Entscheidungssituation (in diesem Fall den Abschluss des Geschäfts) angeboten wird, werden wichtige Punkte verschleiert oder zumindest abgeschwächt.
Wenn bereits das Verschleiern einer Schaltfläche unredlich und irreführend ist, gilt dies erst recht für das unterlassene Anbieten einer solchen Schaltfläche.

Veröffentlicht am 21.11.2022

L. Zuwendungen

1. Unter welchen Voraussetzungen stellt die Vorteilsgewährung eines Dritten an ein Organmitglied oder an einen Mitarbeiter eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens eine Zuwendung i.S.d. § 70 WpHG dar?

Nimmt ein Organmitglied oder ein Mitarbeiter eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens von Dritten Geldleistungen oder nichtmonetäre Vorteile (z.B. auch Einladungen zu Sport-, Musik- oder Reiseveranstaltungen) an, so ist dieser Sachverhalt von § 70 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 WpHG erfasst, wenn diese Leistung als die Annahme eines Vorteils durch das Wertpapierdienstleistungsunternehmen angesehen werden kann und im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapier(neben)dienstleistungen steht. Die Leistung kann grundsätzlich dann als die Annahme eines Vorteils durch das Wertpapierdienstleistungsunternehmen angesehen werden, wenn (i) dem Organmitglied oder dem Mitarbeiter der Vorteil wegen oder aufgrund seiner Funktion bei dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen gewährt wird, (ii) das Wertpapierdienstleistungsunternehmen einen – auch schon nur geringfügigen - wirtschaftlichen Vorteil aus der Leistung des Dritten erlangt, wobei es dabei nicht auf die Ersparnis eigener Aufwendungen ankommt, und (iii) das Wertpapierdienstleistungsunternehmen von dem Vorteil zumindest Kenntnis hat oder fahrlässige Unkenntnis gegeben ist.

Veröffentlicht am 01.03.2021

2. Welche Organisationspflichten bestehen, um Zuwendungen zu identifizieren und deren Annahme durch Organmitglieder bzw. Mitarbeiter zu regeln?

Wertpapierdienstleistungsunternehmen müssen Grundsätze und Verfahren aufstellen, die sicherstellen, dass jegliche Leistungen Dritter an das Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder seine Mitarbeiter oder Organmitglieder daraufhin überprüft werden, ob es sich dabei ganz oder teilweise um Zuwendungen handelt.

Kommt das Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach dieser Prüfung zu dem Ergebnis, dass eine Zuwendung ganz oder teilweise vorliegt, ist weiter zu prüfen, ob eine solche Zuwendung angenommen werden darf, weil sie qualitätsverbessernd eingesetzt oder an den Kunden ausgekehrt werden kann.

Die Grundsätze und Verfahren und mithin die Arbeitsanweisungen müssen vorsehen, dass Leistungen Dritter ohne eine entsprechende Prüfung nicht angenommen werden dürfen. Dabei können die Grundsätze und Verfahren z.B. vorsehen, dass entsprechende Leistungsangebote automatisch abgeblockt werden (z.B. bei elektronischen Leistungen wie etwa „Research“) oder dass Leistungsangebote von den betroffenen Mitarbeitern bzw. Organmitgliedern vor einer Annahme einer im Wertpapierdienstleistungsunternehmen benannten Stelle vorzulegen sind, die die o.g. Prüfung(en) durchführt und die Informationen an die für das Zuwendungsverzeichnis zuständige Stelle weiterleitet.

Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen kann eine entsprechende Prüfung für wiederkehrende oder zu erwartende typische Leistungen Dritter exemplarisch vornehmen und eine Vorgehensweise für die Mitarbeiter und Organmitglieder in diesen Fällen bestimmen. So kann das Wertpapierdienstleistungsunternehmen z.B. eine standardisierte Regelung für die Annahme von geringfügigen Bewirtungsleistungen auf Konferenzen erlassen, die den Mitarbeitern eine Annahme innerhalb konkret benannter Grenzen gestattet. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das Zuwendungsregime keine Bagatellgrenzen kennt, innerhalb derer Zuwendungen von den einschlägigen Voraussetzungen (insb. der Verwendung zur Qualitätsverbesserung) befreit wären. Selbst geringfügige nicht-monetäre Zuwendungen unterliegen diesen Voraussetzungen und sind daraufhin zu prüfen (vgl. Q&A der ESMA in Abschnitt 12 Nr. 7 ESMA35-4-349). Bei wiederkehrenden geringfügigen nicht-monetären Zuwendungen ist. z.B. insb. die vom Dritten vereinnahmte Gesamthöhe entsprechend § 64 Abs. 7 Nr. 2 WpHG daraufhin zu überwachen, ob diese vertretbar und verhältnismäßig ist und nicht vermuten lässt, dass sie die Pflicht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden zu handeln, beeinträchtigt. Ggf. ist hierzu eine Obergrenze zu bestimmen.

Auch im Falle vorab exemplarisch geprüfter typischer Zuwendungskonstellationen müssen die Grundsätze und Verfahren eine Meldung der angenommenen Zuwendungen an eine dafür bestimmte Stelle vorsehen, damit die exemplarische Prüfung ggf. aktualisiert werden kann und die Zuwendungen in das Zuwendungs- und Verwendungsverzeichnis aufgenommen werden können.

Darüber hinaus sind alle Mitarbeiter und Organmitglieder über die Grundsätze und Verfahren regelmäßig zu informieren und zu schulen.

Veröffentlicht am 01.03.2021

3. Können Ausgaben zur Erfüllung aufsichtsrechtlicher Pflichten/Mindestanforderungen als qualitätsverbessernde Verwendung von Zuwendungen berücksichtigt werden?

Grundsätzlich können Ausgaben, die der Erfüllung aufsichtsrechtlicher Pflichten dienen, nicht die Qualität der jeweiligen Dienstleistung verbessern, in deren Zusammenhang die Zuwendungen angenommen wurden (so auch ESMA Q&A, ESMA35-43-349, Abschnitt 12, Q&A Nr. 8).

Ausgaben für die Erfüllung aufsichtsrechtlicher Pflichten können nur insoweit eine qualitätsverbessernde Verwendung darstellen, als sie in unmittelbarem Zusammenhang mit zusätzlichen oder höherwertigen Dienstleistungen i. S. d. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpDVerOV stehen; also soweit diese Ausgaben durch die „Skalierung“, bzw. die Steigerung der Wertigkeit der Dienstleistungen verursacht werden. Für eine qualitätsverbessernde Verwendung kommen demnach z. B. infrage:

  • Ausgaben für den Product-Governance-Prozess i. S. d. § 80 Abs. 10 WpHG, soweit diese durch das Angebot einer breiten Palette geeigneter Finanzinstrumente i. S. d. § 6 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) und c) WpDVerOV verursacht werden (Ausgaben für den Product-Governance-Prozess haus- oder konzerneigener Finanzinstrumente sind hingegen nicht auf eine Qualitätsverbesserung ausgelegt);
  • (Schulungs-)Ausgaben zur Herstellung oder Gewährleistung der Sachkunde von Anlageberatern gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 WpHG, soweit diese Ausgaben durch das Angebot einer breiten Palette geeigneter Finanzinstrumente i. S. d. § 6 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) und c) WpDVerOV oder den verbesserten Zugang zur Anlageberatung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. d WpDVerOV (etwa durch Einstellung oder Qualifizierung zusätzlicher Anlageberater) verursacht werden (Schulungsausgaben für Finanzinstrumente der „Basis-Palette“ sind hingegen nicht auf eine Qualitätsverbesserung angelegt);
  • Ausgaben für zusätzliche Arbeitsaufwände im Bereich der First-Level-Kontrollen (in Erfüllung der Pflicht nach Art. 22 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 - DelVO), soweit diese durch zusätzliche und höherwertige Dienstleistungen i. S. d. § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpDVerOV verursacht werden.

Ausgaben nachgelagerter Kontrollen wie der Compliance-Funktion stehen dagegen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit zusätzlichen oder höherwertigen Dienstleistungen, weil die Aufgabe der Compliance-Funktion im Wesentlichen in der Überwachung und Bewertung der Angemessenheit und Wirksamkeit der nach Art. 22 Abs. 1 der DelVO eingeführten Maßnahmen, Strategien und Verfahren besteht.
Ebenso stehen Ausgaben für das Vertriebscontrolling, die Vertriebssteuerung oder für Vertriebsbeauftragte generell nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit diesen zusätzlichen oder höherwertigen Dienstleistungen und stellen deshalb keine qualitätsverbessernde Verwendung dar.

Veröffentlicht am 27.10.2021

4. Ist die Gewährung/ Vereinnahmung von Zuwendungen im Falle von Bestandsprovisionen zulässig, wenn zu dem Kunden keine wertpapierrelevante Kundenbeziehung mehr besteht?

Im Zusammenhang mit einer beendeten oder inaktiven Kundenbeziehung darf ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen Zuwendungen weder annehmen noch gewähren, weil schon die Voraussetzungen für die Ausnahme vom Zuwendungsverbot nach § 70 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpHG i. V. m § 6 Abs. 2 WpDVerOV nicht mehr erfüllt werden können. Bei einer Kundenbeziehung, die beendet ist, ist eine Qualitätsverbesserung für den (ehemaligen) Kunden nicht (mehr) möglich. Bei einer bestehenden Kundenbeziehung kann von einer Qualitätsverbesserung darüber hinaus nur ausgegangen werden, wenn das Wertpapierdienstleistungsunternehmen dem Kunden die höherwertige oder zusätzliche Dienstleistung aktiv und effektiv anbietet (so ESMA35-43-349, Abschnitt 12, Q&A Nr. 8 unter „b. Provided to the relevant client“), oder bei der der Kunde das Dienstleistungsangebot eigeninitiativ nachfragt. Die Nachweispflicht für die Qualitätsverbesserung obliegt dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen (§ 70 Abs. 1 Satz 2 WpHG i. V. m. § 6 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe a) WpDVerOV).

Veröffentlicht am 15.02.2022

5. Ist es entgegen § 70 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG zulässig, wenn ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei einem über Fernkommunikationsmittel erfolgtem Geschäftsabschluss etwaige Zuwendungen zusammen mit den Kosten und Gebühren erst unmittelbar nach Geschäftsabschluss offenlegt, wenn die Voraussetzungen nach § 63 Abs. 7 Satz 12 WpHG erfüllt sind?

Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss Zuwendungen auch dann vor Erbringung der Dienstleistung offenlegen, wenn der Kunde einwilligt, die Informationen über entstehende Kosten und Gebühren erst nach dem Geschäftsabschluss auf einem dauerhaften Datenträger zu erhalten. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 63 Abs. 7 Satz 12 WpHG auf die Offenlegungspflicht nach § 70 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG sind nicht gegeben. Art und Umfang der Zuwendungen sollen etwaige Interessenkonflikte aufzeigen und können dem Kunden auch mündlich offengelegt werden.

Veröffentlicht am 13.04.2022

M. Best Execution

1. Welche Kriterien hat ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen (im Folgenden „WpDU“) für die Darstellung von Kundeninformationen über Ausführungsplätze zu beachten, wenn das WpDU den Kunden zu einer Weisung in Bezug auf den Ausführungsplatz einer Order auffordert? Muss insbesondere ein vom WpDU aufgestellter Vergleich (z.B. in Form einer Rangfolge) der Ausführungsplätze mit den Ausführungsgrundsätzen des WpDU vereinbar sein?

Fordert ein WpDU einen Kunden zu einer Weisung im Hinblick auf den Ausführungsplatz eines Kundenauftrags für den Kauf oder Verkauf eines Finanzinstruments auf, so hat die Darstellung der Ausführungsplätze für die Auswahl des Kunden (insbesondere im Hinblick auf eine etwaige Rangliste der Ausführungsplätze) in einer Art und Weise zu erfolgen, die

a) fair, klar und nicht irreführend ist, und
b) den Kunden weder explizit noch implizit zu einer bestimmten Weisung hinsichtlich der Art der Auftragsausführung veranlasst, die das WpDU wahrscheinlich daran hindert, das bestmögliche Ergebnis für den Kunden zu erzielen. Die Darstellung der Ausführungsplätze muss grundsätzlich mit den Ausführungsgrundsätzen des WpDUs vereinbar sein.“

Veröffentlicht am 25.02.2022

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