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Erscheinung:04.04.2017 | Geschäftszeichen WA 45-Wp 2136-2016/0001 | Thema Prospekte, Investmentfonds Angaben in den Verkaufsprospekten von Investmentvermögen

„Closet Indexing“ beschreibt die Praxis, einen Fonds in den Vertriebsunterlagen als aktiv verwaltet zu bezeichnen, obwohl dieser sehr eng an einen Referenzwert angelehnt ist und daher eine eher passive Anlagestrategie zu verfolgen scheint. Ein im Zusammenhang mit „Closet Indexing“ erhobener Vorwurf ist, dass der Anleger in den Vertriebsunterlagen nicht ausreichend über die Anlagepolitik des Fonds informiert bzw. möglicherweise sogar in die Irre geführt wird.

Ausgehend von einer im Wesentlichen quantitativen Untersuchung der ESMA hat die BaFin im Laufe des Jahres 2016 eine eigene Untersuchung durchgeführt, die neben einem quantitativen auch einen prozessorientierten Ansatz verfolgt hat. Die BaFin hat im Rahmen ihrer Untersuchung zunächst von den Gesellschaften die Kennzahlen r², tracking error und – soweit von der Gesellschaft erhoben - active share abgefragt. Die Abfrage beschränkte sich auf OGAW-Aktienfonds (tatsächliche oder vertragliche Aktienquote > 50%), die im gesamten Zeitraum 2011 bis 2015 aufgelegt waren und ein Fondsvolumen von mehr als 10 Millionen Euro aufwiesen.

Ferner sind im Rahmen des prozessorientierten Ansatzes von Kapitalverwaltungsgesellschaften neben Kennzahlen auch detaillierte Stellungnahmen zum aktiven Ansatz bei ausgewählten Fonds, vorgehaltenen Ressourcen, Entstehungsprozessen von Anlageentscheidungen sowie Arbeitsabläufen bei der aktiven Verwaltung von Fonds angefordert und ausgewertet worden.

Die BaFin hat bei ihrer Untersuchung 290 deutsche Aktienfonds berücksichtigt. Es haben sich keine Fälle ergeben, in denen ein als aktiv deklarierter und entsprechend vergüteter Fonds ausschließlich einen Index nachbildet. Nach Auswertung der oben genannten Kennzahlen sowie der angeforderten Stellungnahmen hat die BaFin vereinzelt auffällige Fonds identifiziert. Bei diesen Einzelfällen findet jedoch kein aktiver Vertrieb mehr statt bzw. ist eine Verschmelzung geplant oder auch zwischenzeitlich schon durchgeführt worden; ferner liegt die Vergütung hier deutlich unter der für einen Aktienfonds üblichen Vergütung. Eines Eingriffs in bestehende Vergütungsstrukturen bedurfte es daher nicht.

Verbesserungspotential sieht die BaFin allerdings bei der Information der Anleger. Aus diesem Grunde hält die BaFin nach derzeitigem Kenntnisstand eine „Transparenzlösung“ für angemessen.

Im Rahmen dieser Transparenzlösung soll die Kapitalverwaltungsgesellschaft angehalten werden, sich dahingehend verbindlich festzulegen, ob der von ihr verwaltete Fonds aktiv oder passiv verwaltet wird. Die Festlegung wäre durch eine entsprechende auf den konkreten Fonds bezogene Begründung zu plausibilisieren. Darüber hinaus ist der Anleger durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft stärker als bisher auf einen vorhandenen Referenzwert und den Grad der (möglichen) Abweichung von diesem hinzuweisen.

Die zusätzlichen erforderlichen Angaben sind in den Verkaufsprospekt aufzunehmen. Als Ermächtigungsgrundlage hierfür dient § 165 Abs. 2 Nr. 2 und 9 sowie Abs. 8 KAGB. Die Umsetzung erfolgt im Wege einer Veröffentlichung.

Zur Erreichung der oben genannten Ziele hält die BaFin die Aufnahme der folgenden Punkte in die Verkaufsprospekte von deutschen Aktienfonds mit einem in den Anlagebedingungen festgelegten Aktienanteil von mindestens 51% oder einem anhand der Beschreibung der Anlagestrategie im Verkaufsprospekt erkennbaren Anlageschwerpunkt in Aktien für erforderlich:

  • Angabe, ob bei dem Investmentvermögen über eine diskretionäre Aktienauswahl aktives Fondsmanagement betrieben wird oder ob im Rahmen der Verwaltung des Investmentvermögens lediglich ein Index nachgebildet werden soll.

  • Es hat eine Beschreibung der Anlagestrategie zu erfolgen. Im Zusammenhang mit der Beschreibung der Anlagestrategie muss durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft begründet dargelegt werden, ob und inwieweit die von ihr vorgenommene diskretionäre Aktienauswahl im Rahmen eines aktiven Managements erfolgt. Falls ein Referenzwert genutzt wird, ist dieser zu benennen und auch zu erläutern, ob und wie Methoden und Prozesse zum Über- oder Unterschreiten des Referenzwertes führen können. Für den Fall, dass für die Verwaltung des Investmentvermögens kein Referenzwert genutzt wird, ist der Verzicht auf diesen zu erläutern. Dies kann bereits zusammen mit der Beschreibung der diskretionären Aktienauswahl erfolgen.

  • Sofern dem Fondsmanagement zur Risikosteuerung interne Vorgaben zur künftig angestrebten Höchstabweichung von der Wertentwicklung des Referenzwertes gemacht werden, ist der Anleger hierauf im Verkaufsprospekt hinzuweisen. Die Benennung und ggfs. Erläuterung einer konkreten aktuellen Zahlenangabe hat dann im Verkaufsprospekt oder auf der Website der Kapitalverwaltungsgesellschaft zu erfolgen. Wenn die Benennung auf der Website erfolgt, ist die entsprechende Internet-Fundstelle dem Anleger im Verkaufsprospekt zu nennen.

  • In den Verkaufsprospekt ist eine geeignete grafische Gegenüberstellung der Wertentwicklung des Investmentvermögens sowie des entsprechenden Referenzwertes (falls vorhanden) aufzunehmen. Die Darstellung soll als Chart bzw. Kurvendiagramm über einen Zeitraum von zehn Jahren erfolgen. Sofern das Investmentvermögen noch keine zehn Jahre besteht, ist ein entsprechend kürzerer Zeitraum zu wählen. Wenn das Investmentvermögen noch kein volles Jahr existiert, ist der Hinweis aufzunehmen, dass noch keine ausreichenden Daten vorhanden sind, um den Anlegern nützliche Angaben über die frühere Wertentwicklung zu machen.

Sofern das Investmentvermögen sich aus Teilfonds zusammensetzt, sind die oben genannten Angaben für jeden Teilfonds gesondert darzustellen.

Sofern das Investmentvermögen Anteilklassen hat, ist die oben genannte geeignete grafische Darstellung für jede Anteilklasse gesondert aufzuführen.

Die Verkaufsprospekte können im Rahmen der nächsten anstehenden Änderung entsprechend der oben genannten Vorgaben angepasst werden; die oben genannten Angaben müssen jedoch spätestens zum 31.12.2017 in den Verkaufsprospekten enthalten sein.

Die Vorschriften zum Vertriebsanzeigeänderungsverfahren gemäß § 316 Abs. 4 KAGB sowie zum Inhalt der Wesentlichen Anlegerinformationen gemäß § 166 KAGB i.V.m. der Verordnung (EU) Nr. 583/2010 bleiben derzeit hiervon unberührt.

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