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Erscheinung:21.12.2017 | Geschäftszeichen WA 41-Wp 2100-2016/0001 | Thema Investmentfonds Auslegungsentscheidung zu den Tätigkeiten einer Kapitalverwaltungsgesellschaft und der von ihr extern verwalteten AIF-Investmentgesellschaft

Zweck dieser Auslegungsentscheidung ist zu klären, ob nach den Bestimmungen des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) eine AIF-Investmentgesellschaft weiterhin uneingeschränkt Rechte und Pflichten im Rechtsverkehr eingehen darf, wenn sie sich für eine externe Verwaltung entschieden und eine externe Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) mit ihrer Verwaltung beauftragt hat.

I. Einleitung

AIF-Investmentgesellschaften gibt es in Form einer Investmentaktiengesellschaft (InvAG) mit veränderlichem Kapital, InvAG mit fixem Kapital, offenen Investmentkommanditgesellschaft (InvKG) und geschlossenen InvKG (zusammen mit der InvAG mit veränderlichem Kapital, der InvAG mit fixem Kapital und der offenen InvKG, die AIF-Investmentgesellschaften). Im registrierten Bereich kommen auch andere Rechtsformen für eine AIF-Investmentgesellschaft in Betracht.[1]

Im Unterschied zu den Sondervermögen, die über keine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen, haben AIF-Investmentgesellschaften durch ihre gesellschaftsrechtliche Form eine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie können somit, vertreten durch ihre Organe, im Rechtsverkehr Rechte und Pflichten eingehen.

Zweck dieser Auslegungsentscheidung ist zu klären, ob nach den Bestimmungen des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) eine AIF-Investmentgesellschaft weiterhin uneingeschränkt Rechte und Pflichten im Rechtsverkehr eingehen darf, wenn sie sich für eine externe Verwaltung entschieden und eine externe Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) mit ihrer Verwaltung beauftragt hat.

II. Verantwortlichkeit der externen KVG

Mit der Übertragung der kollektiven Vermögensverwaltung auf die externe KVG geht die aufsichtsrechtliche Verantwortung, die AIF-Investmentgesellschaft gemäß den Bestimmungen des KAGB zu verwalten, auf die externe KVG über. Die AIF-Investmentgesellschaft verliert das Recht, sich selbst zu verwalten. Dieses Recht erlangt sie erst wieder, wenn sie den Verwaltungsvertrag mit der externen KVG kündigt und sich als interne KVG bei der BaFin zulassen oder registrieren lässt.

Möchte somit die AIF-Investmentgesellschaft Aufgaben der kollektiven Vermögensverwaltung weiterhin in eigener Regie wahrnehmen, kommt nur eine interne Verwaltung der AIF-Investmentgesellschaft in Betracht; eine externe Verwaltung scheidet aus.

1. Tätigkeiten der externen KVG

Eine externe KVG wird nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 KAGB von der AIF-Investmentgesellschaft bestellt.[2] Die Bestellung der externen KVG wird durch Abschluss eines Verwaltungsvertrages nach außen manifestiert.

Mit Abschluss des Verwaltungsvertrages zwischen der AIF-Investmentgesellschaft und der externen KVG wird die Geschäftsführungsbefugnis für die kollektive Vermögensverwaltung auf die externe KVG übertragen. Daraus ergibt sich keine gesetzliche Vertretungsbefugnis der externen KVG für die AIF-Investmentgesellschaft; diese liegt nach wie vor bei dem vertretungsberechtigten Organ der AIF-Investmentgesellschaft.[3] Die externe KVG übernimmt grundsätzlich ferner auch keine gesellschaftsrechtlichen Zuständigkeiten.[4] So zählen z.B. die Einberufung von und Teilnahme an Hauptversammlungen bzw. Gesellschafterversammlungen weiterhin zu den Aufgaben, die in den Verantwortungsbereich der AIF-Investmentgesellschaft fallen.

Schließt jedoch die AIF-Investmentgesellschaft den Geschäftsbesorgungsvertrag mit der externen KVG ab, geht die Zuständigkeit und damit die Verantwortung für die kollektive Vermögensverwaltung auf die externe KVG über, § 17 Abs. 2 Nr. 1 KAGB.

Um dieser Verantwortung nachzukommen, benötigt die externe KVG eine entsprechende Vollmacht der AIF-Investmentgesellschaft, die es der externen KVG ermöglicht, die kollektive Vermögensverwaltung für die AIF-Investmentgesellschaft wahrzunehmen und ihrer aufsichtsrechtlichen Verantwortung gegenüber den Anlegern und der Aufsicht nachzukommen.

2. Kollektive Vermögensverwaltung

Welche Tätigkeiten unter den Begriff der kollektiven Vermögensverwaltung fallen, ist im Anhang I der Richtlinie 2011/61/EU (AIFM-RL) geregelt und wurde entsprechend in § 1 Abs. 19 Nr. 24 KAGB in nationales Recht umgesetzt. Danach umfasst die kollektive Vermögensverwaltung nicht nur die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement, sondern u.a. auch administrative Tätigkeiten. Wird eine externe KVG beauftragt, eine AIF-Investmentgesellschaft zu verwalten, ist sie somit nicht nur für die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement, sondern auch für die anderen im Anhang I der AIFM-RL geschilderten Tätigkeiten verantwortlich.
Für dieses Verständnis spricht nicht nur die Sichtweise von ESMA[5], sondern insbesondere § 17 Abs. 3 KAGB, der Art. 5 Abs. 1 AIFM-RL umsetzt. Danach ist die KVG bei jedem Investmentvermögen für die Einhaltung der Anforderungen nach dem KAGB verantwortlich. Die KVG kann dieser Verantwortung nur dann nachkommen, wenn sie die Aufgaben, die zur kollektiven Vermögensverwaltung gehören, tatsächlich auch selbst wahrnehmen kann.

Nur dort, wo das KAGB ausdrücklich die Zuständigkeit für einzelne Aufgaben der AIF-Investmentgesellschaft zuweist, darf und muss die AIF-Investmentgesellschaft diese Aufgaben weiterhin selbst wahrnehmen. So gehören zwar grundsätzlich nach Anhang I der AIFM-RL die Fondsbuchhaltung und Rechnungslegung zu den administrativen Tätigkeiten und damit zur kollektiven Vermögensverwaltung.[6] Den Jahresabschluss und Lagebericht hat jedoch der gesetzliche Vertreter der AIF-Investmentgesellschaft aufzustellen.[7]

3. Inanspruchnahme von Leistungen Dritter

Nimmt die KVG eine der im Anhang I der AIFM-RL genannten Tätigkeiten wahr, liegt aufsichtsrechtlich die alleinige Verantwortung bei ihr. Sie bleibt auch dann aufsichtsrechtlich verantwortlich, wenn sie sich zur Wahrnehmung dieser Aufgaben der Dienstleistungen Dritter bedient. Dabei stellt sich die Frage, ob die KVG bei der Beauftragung des Dritten zivilrechtlich im eigenen Namen oder im Namen der AIF-Investmentgesellschaft handeln muss.

Im ersten Fall entsteht das Rechtsgeschäft zwischen dem Dritten und der KVG, im letzteren Fall zwischen dem Dritten und der AIF-Investmentgesellschaft.

a. Handeln im eigenen Namen oder im Namen der AIF-Investmentgesellschaft

Grundsätzlich steht es der externen KVG frei, ob sie Rechtsgeschäfte mit Dritten, derer sie sich zur Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben bedient, im eigenen Namen oder im Namen der AIF-Investmentgesellschaft abschließt. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht kommt es maßgeblich darauf an, dass die externe KVG und nicht die AIF-Investmentgesellschaft die Entscheidung darüber trifft, wem welche Aufgaben unter welchen Voraussetzungen übertragen werden. Nur wenn die externe KVG diese Entscheidung selbst eigenverantwortlich trifft, kommt sie ihrer aufsichtsrechtlichen Verantwortung gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 KAGB nach.

b. Ausnahme für Portfolioverwaltung und Risikomanagement

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur bei der Portfolioverwaltung und beim Risikomanagement. Möchte z.B. eine KVG die Portfolioverwaltung für ein Investmentvermögen auf ein anderes Unternehmen auslagern, hat sie den Auslagerungsvertrag mit diesem Unternehmen im eigenen Namen und nicht im Namen der AIF-Investmentgesellschaft abzuschließen.

Die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement gehören zu den unantastbaren Kernaufgaben der KVG. Diese Wertung schlägt sich nicht nur in der Gesetzesbegründung zu § 17 Abs. 1 KAGB nieder, wonach die Erlaubnispflicht für die kollektive Vermögensverwaltung erst ausgelöst wird, wenn die Portfolioverwaltung oder das Risikomanagement für ein Investmentvermögen erbracht werden,[8] sondern sie folgt auch aus der AIFM-RL.

Gemäß Anhang I Ziffer 1 der AIFM-RL „muss“ die KVG die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement für die AIF-Investmentgesellschaft übernehmen. Der nationale Gesetzgeber hat in Bezug auf diese Frage keinen Umsetzungsspielraum, während er in Bezug auf die administrativen und sonstigen Tätigkeiten, die in Ziffer 2 des Anhangs I der AIFM-RL genannt sind, einen Umsetzungsspielraum hat; er „kann“ die Verantwortung für diese Aufgaben der KVG zuweisen, „muss“ es aber nicht.

Somit betrachtet auch der Europäische Gesetzgeber die Portfolioverwaltung und das Risikomanagement als die absoluten Kernaufgaben, wofür die KVG in besonderer Weise in Verantwortung steht.

Bedient sich somit die externe KVG zur Erfüllung dieser Aufgaben der Dienstleistungen Dritter, so gebietet diese aufsichtsrechtliche Gewichtung, dass sie das Rechtsgeschäft mit dem Dritten im eigenen Namen und nicht im Namen der AIF-Investmentgesellschaft abschließt. Denn nur dann ist es auch sichergestellt, dass die KVG im Falle einer Leistungsstörung vollumfänglich für das Verschulden des Dritten – wie für eigenes Verschulden – haftet (Erfüllungsgehilfenhaftung nach § 278 BGB).

Wird dagegen der Vertrag mit dem Dritten im Namen der AIF-Investmentgesellschaft abgeschlossen, besteht zumindest das zivilrechtliche Risiko, dass der Dritte wegen des unmittelbaren vertraglichen Verhältnisses mit der AIF-Investmentgesellschaft gerade nicht als Erfüllungsgehilfe der externen KVG angesehen wird und die externe KVG nur insoweit haften muss, als ihr in Bezug auf die Auswahl des Dritten ein Verschulden vorzuwerfen ist (Haftung wegen Auswahlverschuldens).

Das Risiko einer solchen verkürzten Haftung der externen KVG gegenüber der AIF-Investmentgesellschaft kann unter Berücksichtigung der Interessen der Anleger nicht hingenommen werden, wenn sich die externe KVG zur Erfüllung ihrer wichtigsten Kernaufgaben der Dienstleistungen Dritter bedient.

Um eine vollumfängliche Haftung der externen KVG sicherzustellen, muss somit das vertragliche Verhältnis zwischen dem Dritten und der KVG bestehen; dies setzt voraus, dass die KVG das Rechtsgeschäft mit dem Dritten im eigenen und nicht im Namen der AIF-Investmentgesellschaft abschließt.

4. Rückauslagerung auf die AIF-Investmentgesellschaft

Fraglich ist ferner, ob die externe KVG zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch auf die AIF-Investmentgesellschaft zurückgreifen darf. Kann z. B. die externe KVG Teile des Risikomanagements oder der Portfolioverwaltung auf die AIF-Investmentgesellschaft auslagern, obwohl sie von der AIF-Investmentgesellschaft gerade mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragt wurde? Kann die ex-terne KVG bestimmte administrative Aufgaben auf die AIF-Investmentgesellschaft auslagern?

Eine extern verwaltete AIF-Investmentgesellschaft kann keine Tätigkeiten der kollektiven Vermögensverwaltung durchführen, wenn sie eine externe KVG damit beauftragt hat. Die kollektive Verwaltung der AIF-Investmentgesellschaft obliegt ausschließlich der externen KVG, die gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 KAGB hierfür verantwortlich ist. Eine Übertragung der Aufgaben der externen KVG „wieder zurück“ auf die AIF-Investmentgesellschaft widerspricht dieser gesetzlichen Wertung.

Aber auch haftungsrechtliche Gesichtspunkte sprechen gegen die Möglichkeit solcher Auslagerungen. Im Falle einer „Rückauslagerung“ von Aufgaben auf die AIF-Investmentgesellschaft könnte die externe KVG u. U. ihrer Haftung entgehen, weil die AIF-Investmentgesellschaft den Schaden, den sie gegenüber der externen KVG geltend machen möchte, selbst als Auslagerungsunternehmen verursacht hätte und somit von der externen KVG in Regress genommen werden könnte. Damit würde letztendlich die AIF-Investmentgesellschaft den Schaden tragen und nicht die externe KVG, obwohl die Verantwortung für die kollektive Vermögensverwaltung gerade auf die externe KVG übertragen wurde. Ein solches Ergebnis wäre mit den Interessen der Anleger der AIF-Investmentgesellschaft nicht vereinbar.

5. Rechtsgeschäfte mit unmittelbaren Bezug zu Vermögensgegenständen der AIF-Investmentgesellschaft

Mit der Inanspruchnahme der Dienstleistungen Dritter (z.B. Auslagerung von Tätigkeiten auf andere Unternehmen) nicht zu verwechseln ist schließlich die Frage, in wessen Namen Rechtsgeschäfte abgeschlossen werden müssen, die einen Bezug zu den Vermögensgegenständen der AIF-Investmentgesellschaft aufweisen (z.B. Anschaffung und Veräußerung von Vermögensgegenständen, Belastung dieser Gegenstände, Abschluss von Miet-, Leasing- oder Pachtverträgen). Solche Rechtsgeschäfte sind in der Regel – ob durch die externe KVG selbst oder einen von ihr delegierten Dritten als Dienstleister – im Namen der AIF-Investmentgesellschaft zu tätigen. Würden sie dagegen im Namen der externen KVG abgeschlossen werden, wäre die AIF-Investmentgesellschaft wegen eines Durchgangserwerbs der externen KVG u.U. dem Insolvenzrisiko der externen KVG ausgesetzt. Da ein solches Ergebnis mit den Interessen der Anleger nicht vereinbar wäre, ist es in der Regel geboten, dass die externe KVG Erwerbs- und Veräußerungsgeschäfte oder sonstige Geschäfte, die im Zusammenhang mit den Vermögensgegenständen der AIF-Investmentgesellschaft stehen, direkt im Namen der AIF-Investmentgesellschaft abschließt.

Fußnoten

[1] Vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 7 KAGB.

[2] Die §§ 112 Abs. 1 S. 1, 129 Abs. 1 S. 1, 144 S.1 und 154 Abs. 1 S. 1 KAGB stellen für die jeweils entsprechende Rechtsform der AIF-Investmentgesellschaft klar, dass die AIF-Investmentgesellschaft eine ihrem Unternehmensgegenstand entsprechende externe KVG bestellen kann.

[3] Siehe hierzu OLG München, Urt. v. 01.10.2015, AZ. 23 U 1570/15.

[4] Vgl. BT-Drucks. 16/5576, S. 85; Hüwel, in: Baur/Tappen, § 129 KAGB, Rn. 41, Investmentgesetze, 3. Aufl.

[5] Q&A - Application of the AIFMD, 11 July 2017, Section VIII: Delegation, Fragen 2 and 3, S. 36.

[6] Vgl. § 1 Abs. 19 Nr. 24 KAGB i.V.m. Ziffer 2 Buchst. a des Anhangs I der AIFM-RL.

[7] Vgl. z. B. § 120 Abs. 1 Satz 2 KAGB.

[8] BT Drucks. 17/12294, S. 211 f..

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