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Erscheinung:30.06.2005 | Thema Prospekte Auslegungsschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Prospektpflicht für Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte

Auslegungsschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Prospektpflicht für Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte

Mit der Änderung des Verkaufsprospektgesetzes [1] durch das Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz - AnSVG)[2] wird zum 01.07.2005 eine Prospektpflicht für nicht in Wertpapieren verbriefte Anlageformen eingeführt.

Die nachstehenden Ausführungen erläutern ausgewählte materielle Fragen der Prospektpflicht für Vermögensanlagen nach §§ 8f ff. des Verkaufsprospektgesetzes und der Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung (im Folgenden VermVerkProspV)[3] .

1. Treuhandvermögen

Treuhandvermögen im Sinne des § 8f Abs. 1 Satz 1 Var. 2 Verkaufsprospektgesetz umfasst sowohl diejenige Form der Treuhand, bei der der Treuhänder Rechtsinhaber wird ("echte Treuhand") als auch diejenige Ausgestaltungsmöglichkeit, bei der der Treugeber Rechtsinhaber bleibt und der Treuhänder nur in eigenem Namen im Interesse des Treugebers tätig wird ("unechte Treuhand" oder "Verwaltungstreuhand").

Es ist unerheblich, ob Treuhänder ein Emittent oder ein Dritter (natürliche oder juristische Person) ist. Beide Varianten fallen unter den Anwendungsbereich des Verkaufsprospektgesetzes.

2. Zweitmarktangebote auf der Grundlage eines vor dem 1. Juli 2005 vollständig platzierten Angebots

  1. An Zweitmärkten bestimmt sich die Prospektpflicht nach den allgemeinen Grundsätzen gemäß § 8f Verkaufsprospektgesetz. Dies bedeutet, dass jedes öffentliche Angebot grundsätzlich die Veröffentlichung eines Verkaufsprospektes voraussetzt. Die Prospektpflicht beginnt mit dem 1. Juli 2005.
  2. Für Anteile im Sinne des § 8f Abs.1 Verkaufsprospektgesetz, die vor dem 1. Juli 2005 veräußert wurden und nach dem 1. Juli 2005 öffentlich auf einem Markt angeboten werden, der

    • regelmäßig stattfindet
    • eregelte Funktions- und Zugangsbedingungen hat
    • für das Publikum unmittelbar oder mittelbar zugänglich ist und
    • unter der Verantwortung seines Betreibers steht,

    sieht die BaFin in Erwartung einer gesetzlichen Regelung von der Vorlage eines Prospektes ab[4].

3. Zur Prospektpflicht bei Einschaltung mehrerer Personen in den Vertrieb

Die Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospektes nach § 8f Abs. 1 Verkaufsprospektgesetz trifft den Anbieter. Wenn in den Vertrieb mehrere Personen eingebunden sind (Vertriebsorganisationen, Untervertriebe, Netz von angestellten oder freien Vermittlern) besteht diese Verpflichtung für die eingebundenen Personen nicht, wenn die für die Koordination der Vertriebsaktivitäten verantwortliche Person oder ein Dritter bereits einen Verkaufsprospekt nach den Vorschriften des Verkaufsprospektgesetzes veröffentlicht hat.

4. Mindestangaben, die aufgrund der Rechtsnatur der Anlageform nicht möglich sind

Können im Einzelfall bestimmte Informationsbestandteile, die als Mindestangaben nach den prospektrechtlichen Vorgaben grundsätzlich in den Prospekt aufzunehmen sind, aufgrund der rechtlichen oder tatsächlichen Eigenschaften der Vermögensanlage von der Natur der Sache her nicht gemacht werden, ist die entsprechende Angabe entbehrlich. In diesen Fällen ist aber im Prospekt ein Hinweis erforderlich, warum eine Mindestangabe nicht in den Prospekt aufgenommen wurde.

5. Nachtragspflicht bei Kapitalzufuhr

Bei Vermögensanlagen im Sinne von § 8f Abs. 1 Verkaufsprospektgesetz sind verschiedene Arten der Kapitalzufuhr denkbar. Ob eine Kapitalzufuhr eine Nachtragspflicht nach § 11 Verkaufsprospektgesetz auslöst, bestimmt sich im Wege der Einzelfallauslegung.

Grundsätzlich ist kein Nachtrag gemäß § 11 Verkaufsprospektgesetz erforderlich, wenn bei Treuhandvermögen (§ 8f Abs. 1 Satz 1 Var. 2 Verkaufsprospektgesetz) oder sonstigen geschlossenen Fonds (§ 8f Abs. 1 Satz 1 Var. 3 Verkaufsprospektgesetz) eine Kapitalzufuhr dadurch erfolgt, dass Anleger eine Vermögensanlage zeichnen. In diesen Fällen fehlt es regelmäßig an einer Veränderung im Sinne von § 11 Verkaufsprospektgesetz, die für die Beurteilung des Emittenten oder der Vermögensanlage von wesentlicher Bedeutung ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn im Prospekt Angaben zur Zeichnungszeit oder ein Zeichnungszeitplan angegeben wurden, von denen wesentlich abgewichen wird.

6. Nettoeinnahmen

Gemäß § 9 Abs. 1 VermVerkProspV muss der Verkaufsprospekt über die Anlageziele und die Anlagepolitik der Vermögensanlagen angeben, für welche konkreten Projekte die Nettoeinnahmen aus dem Angebot genutzt werden sollen, welchen Realisierungsgrad diese Projekte bereits erreicht haben, ob die Nettoeinnahmen hierfür alleine ausreichen und für welche sonstigen Zwecke die Nettoeinnahmen genutzt werden.

Nettoeinnahmen im Sinne dieser Vorschrift sind die Einnahmen, die insbesondere nach Abzug der so genannten Weichkosten verbleiben.

7. Mindestangaben, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Prospekts noch nicht oder nicht im Detail feststehen

§ 9 Abs. 2 Nr. 1 VermVerkProspV verlangt eine Beschreibung des Anlageobjekts. Die Vorschrift lässt die Beschreibung von Anlageobjekten zu, die zum Zeitpunkt der Prospektierung noch nicht konkret feststehen und die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen noch nicht näher konkretisiert werden können (z.B. so genannte Blindpool-Modelle).

Hier ist von dem Grundsatz auszugehen, dass die von der VermVerkProspV verlangten Angaben, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Prospekts vorliegen, tatsächlich gemacht werden und auch richtig sein müssen.

Können die Angaben im Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht vollständig oder nicht so detailliert, wie gefordert gemacht werden, sind die vorliegenden Angaben versehen mit einem entsprechenden Hinweis zu machen. Sobald die Angaben oder die geforderten Details vorliegen, ist ein entsprechender Nachtrag gemäß § 11 Verkaufsprospektgesetz zum Verkaufsprospekt erforderlich.

Wird eine abschließende Entscheidung über das konkrete Anlageobjekt erst von einem Beirat oder einem anderen Gremium nach Beginn des öffentlichen Angebotes getroffen, so sind im Verkaufsprospekt jedenfalls Angaben zum aktuellen Planungsstand, verbunden mit einem Hinweis auf die noch ausstehende abschließende Entscheidung, zu machen. Ergeht die abschließende Entscheidung, ist ein entsprechender Nachtrag gemäß § 11 Verkaufsprospektgesetz zum Verkaufsprospekt erforderlich. Gleiches gilt, wenn sich die Planung aufgrund einer Gremiumsentscheidung ändern sollte.

Wegen der besonders vielfältigen Strukturen in diesem Bereich bedarf es in besonders hohem Maße einer Einzelfallbetrachtung.

Dem Auslegungsschreiben liegt die Rechtslage vom 30.06.2005 zugrunde. Änderungen und Ergänzungen dieses Auslegungsschreibens bleiben vorbehalten.


[1] in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2701), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Prospektrichtlinien-Umsetzungsgesetzes vom 22. Juni 2005 (BGBl. I S. 1711).

[2] in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2630).

[3] in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3464).

[4] Die Bestimmung des § 8f Absatz 2 Nr. 9 Verkaufsprospektgesetz, die am 1.11.2007 in Kraft trat, ist die gesetzliche Regelung, in deren Erwartung die BaFin von der Vorlage eines Gesetzes absah.

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