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Erscheinung:02.05.2012 00:00 Uhr Zehn Jahre BaFin: Von der Blitzgeburt zur Reife

„Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, wie die deutsche Finanzindustrie in zehn Jahren aussehen wird“, sagte Jochen Sanio, als Anfang Mai 2002 die BaFin ins Leben gerufen wurde. „Aber eines weiß ich sicher, sie wird ganz anders aussehen als heute, und das ist – nebenbei bemerkt – keine schlechte Nachricht.“ Um dem Wandel der deutschen Finanzindustrie folgen zu können, werde sich die deutsche Finanzaufsicht auch in der neuen Gestalt als ‚Single Regulator‘ permanent wandeln müssen.

Das ist nun zehn Jahre her. Die BaFin ging damals als Allfinanzbehörde aus den Bundesaufsichtsämtern für das Kreditwesen (BAKred), das Versicherungswesen (BAV) und den Wertpapierhandel (BAWe) hervor. Sie ist seitdem durch mitunter stürmische Zeiten gegangen und hat sich, wie von Jochen Sanio vorausgesagt, immer wieder gewandelt. „Die Allfinanzaufsicht hat ihre Bewährungsprobe ohne jede Einschränkung bestanden“, sagte Dr. Thomas Mirow, damaliger Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, bereits 2008. Auch in Krisenzeiten sei die BaFin allen Herausforderungen gewachsen.

Das BaFinJournal nimmt das Jubiläum zum Anlass, einen Blick auf die wichtigsten Meilensteine in der Geschichte der BaFin zu werfen. In den kommenden Monaten wird es zudem die Entwicklung ausgesuchter Themen aus den einzelnen Aufsichtsbereichen der BaFin beleuchten.

Überraschend schnelle Gründung

Die BaFin erblickte überraschend schnell das Licht der Welt. Als der Entwurf zum Gesetz über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht im März 2002 in den Bundesrat ging, rechnete kaum jemand damit, dass die neue Allfinanzbehörde binnen nur sechs Wochen aus der Taufe gehoben würde. Es war der ungewöhnliche Verlauf der Bundesratssitzung, der zur Folge hatte, dass das Gesetz ohne Umweg über den Vermittlungsausschuss unerwartet schnell in Kraft trat: Da einige Länder wegen eines Streits über das – später vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig eingestufte – Zustandekommen des Zuwanderungsgesetzes vorzeitig den Saal verlassen hatten, passierte der Entwurf des Gesetzes über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht der damaligen Bundesregierung ohne weitere Diskussionen die Länderkammer.

Am 4. Mai 2002 ging die BaFin mit 1.050 Beschäftigten unter Leitung von Präsident Jochen Sanio, der zuvor Präsident des BAKred war, offiziell an den Start. Gleich zu Beginn hatte die neue Allfinanzaufsicht eine Mammutaufgabe zu bewältigen: Drei selbstständige Ämter mussten zu einer einzigen Behörde fusioniert werden. Das BAKred brachte 620, das BAV 300 und das BAWe 130 Mitarbeiter ein, die von da an gemeinsam den Finanzplatz Deutschland beaufsichtigen sollten. Es galt nicht nur, die drei großen Aufsichtsgebiete zu vereinen, sondern auch drei unterschiedliche Organisations- und Personalstrukturen, die schon damals auf die zwei Standorte Bonn und Frankfurt am Main verteilt waren.

Einig war man sich jedoch darin, dass die Gründung einer Allfinanzaufsicht sinnvoll war. Die historisch bedingte Aufteilung der Kompetenzen war nicht mehr zeitgemäß. Banken, Finanzdienstleister und Versicherer konkurrierten zunehmend mit ähnlichen Produkten um dieselben Kunden, Finanzkonglomerate waren entstanden. Darum musste eine einzige, bereichsübergreifende Finanzaufsicht geschaffen werden – nicht nur als zentraler Ansprechpartner, sondern auch, um Wissenssynergien heben und mit dem raschen Innovationsprozess auf den Finanzmärkten Schritt halten zu können. Zudem erleichterte die Zusammenführung der drei Aufsichtszweige die Zusammenarbeit mit ausländischen Aufsichtsbehörden und machte es den Vertretern der Aufsicht leichter, bei internationalen Verhandlungen über Regulierungsvorhaben deutsche Interessen durchzusetzen.

Dotcom-Blase und 11. September 2001

Die BaFin wurde in ein überaus schwieriges Marktumfeld hineingeboren. Bereits Anfang 2001 hatte sich eine weltweite Rezession abgezeichnet. Die Spekulationsblase der New Economy, häufig auch als Dotcom-Blase bezeichnet, war geplatzt. Dann, am 11. September 2001, verursachten die Terroranschläge in New York und Washington weltweite Börsenturbulenzen, wie es sie seit der Weltwirtschaftskrise von 1930 nicht mehr gegeben hatte. Finanztitel gehörten zu den am stärksten betroffenen Werten. Auch beim deutschen Aktienindex (DAX) gab es dramatische Einbrüche.

Während die Prognosegüte der Risikomodelle deutscher Banken dennoch relativ robust blieb, stand die deutsche Versicherungsbranche vor bis dahin unbekannten Problemen. Betroffen waren auch einzelne Lebensversicherer, die in größerem Umfang in Aktien investiert hatten. Erstmals geriet eine Lebensversicherung ins Trudeln: die Mannheimer Lebensversicherung AG. Mitte 2003 wurde ihr Versicherungsbestand von der Protektor Lebensversicherung AG übernommen, einer neu geschaffenen Auffanglösung, die von der Branche finanziert wurde. Die Rückversicherer verzeichneten mit den Terroranschlägen den höchsten Schaden, den die Versicherungswirtschaft je zu verkraften hatte. Die Brutto-Schadenquote der deutschen Rückversicherer stieg 2001 – auch aufgrund weiterer Großschäden – von 66,3 auf 81,6 Prozent.

Die Folgen der Terroranschläge offenbarten Schwächen im internationalen Finanzsystem, deren Beseitigung in den darauffolgenden Monaten Gegenstand intensiver Diskussionen war, an denen die BaFin beteiligt war. In Reaktion auf die Schließung der Wall Street durch die amerikanische Aufsichtsbehörde Securities Exchange Commission (SEC) nach den Terroranschlägen im September 2001 veröffentlichte die Internationale Vereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden IOSCO einen Bericht, der sich mit Handelsaussetzungen grenzüberschreitend gelisteter Wertpapiere befasste. Ziel war es, eine einheitliche Praxis und geeignete Kommunikationsmechanismen zu etablieren, um mit solchen außergewöhnlichen Situationen besser umgehen zu können. Außerdem beschäftigte man sich international intensiv mit der Frage, wie mit Leerverkäufen von Wertpapieren umgegangen werden sollte.

Entschädigungsfall Phoenix

Während auch die laufende Aufsicht durch die BaFin in den folgenden Jahren in der Öffentlichkeit zunehmend Beachtung fand, waren es vor allem zwei unerfreuliche Ereignisse, die für Aufsehen sorgten: Der Betrugs- und Entschädigungsfall Phoenix und die Korruptionsaffäre um einen BaFin-Mitarbeiter.

Die Phoenix Kapitaldienst GmbH bot ihren Kunden eine von ihr selbst verwaltete Kollektivanlage in Derivaten an. Im März 2005 untersagte die BaFin der Gesellschaft die Geschäftstätigkeit, nachdem sie über Unregelmäßigkeiten bei der Verwaltung von Treuhandgeldern in Höhe von 680 Mio. Euro informiert worden war. Da das Unternehmen den Verlust nicht ausgleichen konnte, beantragte die BaFin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und stellte den Entschädigungsfall fest. Das war Voraussetzung dafür, dass die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) tätig werden konnte. Während die ehemalige Geschäftsführerin und ein Prokurist bereits im Sommer 2006 zu Haftstrafen verurteilt wurden, hielt der Entschädigungsprozess die Beteiligten über Jahre hinweg in Atem. Bei der Prüfung der Anlegerforderungen für das Insolvenzverfahren gestaltete sich zunächst die Ermittlung der tatsächlichen Wertentwicklung schwierig. Es folgten Rechtsstreitigkeiten um Aussonderungsansprüche und den vorgelegten Insolvenzplan. Erst 2011 konnte die EdW die Berechtigten schließlich entschädigen.

2006 wurde der Bundesrechnungshof auf Unregelmäßigkeiten bei der BaFin aufmerksam. Die Innenrevision der BaFin stellte daraufhin fest, dass ein hoher Beamter mehrere Jahre lang Geld in die eigene Tasche abgezweigt hatte. Er schädigte die BaFin, die sich über Gebühren und Umlagen aus der Finanzindustrie finanziert, um mehrere Millionen Euro. Der Beamte wurde suspendiert und, nachdem die BaFin Strafanzeige erstattet hatte, wegen Korruption und Untreue zu sechs Jahren Haft verurteilt. In Reaktion auf den Fall gestaltete die BaFin ihr Internes Kontrollsystem um.

Finanzkrise

2007 kam es auf den Finanzmärkten weltweit zu starken Turbulenzen, von denen eine ernsthafte Gefahr für die Finanzstabilität ausging. Das Platzen der Immobilienblase in den USA und anderen Ländern äußerte sich weltweit in Verlusten und Insolvenzen von Unternehmen der Finanzbranche, darunter die der US-amerikanischen Großbank Lehman Brothers Inc. im September 2008. Andere Zusammenbrüche konnten nur durch staatliche Eingriffe verhindert werden.

Während die deutschen Erst- und Rückversicherer zwar zum Teil hohe Abschreibungen auf ihre Kapitalanlagen verkraften mussten, insgesamt jedoch glimpflich durch die Krise kamen, gerieten auch in Deutschland einige Kreditinstitute in ernsthafte Schwierigkeiten. Bereits 2007 musste für die IKB Deutsche Industriebank AG (IKB) ein mehrere Milliarden Euro umfassender Rettungsschirm aufgelegt werden, der mehrmals erweitert wurde, ehe die KfW ihre 90-prozentige Beteiligung an die mit der Sanierung beauftragte Lone-Star-Gruppe übertrug. Auch die Landesbank Sachsen wurde früh von der Krise beeinträchtigt, so dass die Bankenaufsicht einen Liquiditätsengpass befürchtete. Sie wurde schließlich in den Konzern der Landesbank Baden-Württemberg integriert.

Garantien durch den SoFFin

2008 stellten die WestLB AG, die BayernLB sowie die HSH Nordbank AG beim SoFFin (Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung) Anträge auf die Gewährung von Garantien, ebenso die IKB. Über die Lehman Brothers Bankhaus AG, die deutsche Tochtergesellschaft des US-amerikanischen Lehman-Konzerns, verhängte die BaFin ein Moratorium, ehe der Entschädigungsfall festgestellt und ein Insolvenzverfahren eröffnet werden musste.

In eine erhebliche Schieflage gerieten 2008 außerdem zwei Pfandbriefemittenten: die Düsseldorfer Hypothekenbank AG und die Hypo Real Estate Holding (HRE). Während die Düsseldorfer Hypothekenbank im April 2008 durch die private Kreditwirtschaft übernommen und so vor dem Zusammenbruch bewahrt wurde, konnte die viel größere HRE nur mit Hilfe der privaten Finanzwirtschaft sowie erheblicher staatlicher Unterstützung stabilisiert werden. 2009 trat mit dem Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz auch das weitgehend auf die HRE zugeschnittene Rettungsübernahmegesetz in Kraft, das die Bundesregierung befristet dazu ermächtigte, systemrelevante Kreditinstitute zu verstaatlichen. Die HRE wurde schließlich durch den SoFFin übernommen und umfassend restrukturiert.

Internationale Anstrengungen

Weltweit litt der Finanzsektor unter den Folgen der Krise. Die Unsicherheit über den tatsächlichen Risikogehalt in Bankenbilanzen und über die sachgemäße Bewertung strukturierter Produkte bei mangelnder Marktliquidität löste international einen Vertrauensschwund unter den Kreditinstituten aus. Die Refinanzierung wurde schwieriger; Banken gingen dazu über, Liquidität zu horten. In der Folge kam es zu massiven Störungen am Interbankenmarkt. Die führenden Notenbanken verabreichten dem Markt darum in mehreren, teils konzertierten Aktionen Liquiditätsspritzen in hoher Dosis.

„Wir hatten sehr wohl erkannt, dass sich in einigen Bereichen des internationalen Finanzsystems Risikovolumina aufgebaut hatten, die zu hoch waren im Vergleich zu den Risikopuffern, die die Banken in Form von Eigenkapital vorhielten“, erklärte der damalige BaFin-Präsident Jochen Sanio im Mai 2009. Doch einschreiten konnte die Aufsicht nicht: „Wir Aufseher sind nur so gut wie die Regeln, nach denen wir arbeiten.“ In der Krise habe sich auf dramatische Weise gezeigt, welch gefährliche Lücken und Unzulänglichkeiten das internationale Regulierungssystem aufwies. Als Teil der internationalen Aufsehergemeinschaft müsse man sich aber zurechnen lassen, dass man die Regulierungslücken viel zu lange hingenommen habe, in der – leider falschen – Annahme, sie seien nicht besonders gefährlich.

Um die Regulierungslücken zu beseitigen, wurden auf globaler Ebene umfangreiche Anstrengungen unternommen, in die auch die BaFin einbezogen war. Eines der wichtigsten Ergebnisse waren die Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften nach Basel III. Weitere Themen waren unter anderem der Mangel an Transparenz hinsichtlich der tatsächlichen Risiken der einzelnen Institute, der Umgang mit Konzentrationsrisiken und die Arbeit von Ratingagenturen.

Neue Gesetze in Deutschland

Auch in Deutschland wurde sichtbar, dass es einer Verbesserung der Eingriffsbefugnisse der Finanzaufsicht in Krisenzeiten und einer besseren Prävention bedurfte. Als Teil des Maßnahmenpakets zur Stabilisierung der Finanzmärkte wurde im Juli 2009 das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarkt- und der Versicherungsaufsicht erlassen. Es enthält unter anderem Regelungen zur Kontrolle von Aufsichtsratsmitgliedern, sieht eine Beschränkung der Zahl von Geschäftsleitermandaten vor und verbietet es Erstversicherungsunternehmen, versicherungsfremde Geschäfte zu betreiben. Darüber hinaus schreibt es besondere Informationspflichten für Versicherungsgruppen und eine Meldepflicht für Verbriefungen vor.

Mit dem Restrukturierungsgesetz vom 9. Dezember 2010 zog der deutsche Gesetzgeber zudem Konsequenzen aus dem wirtschaftlichen Scheitern einiger systemrelevanter Kreditinstitute und dem Zwang, solche Institute zu retten. Das Gesetz schuf Verfahren, mit denen bestandsgefährdete Institute frühzeitig saniert und restrukturiert werden können. Dabei kommt auch die geordnete Abwicklung als realistische Alternative in Betracht. Die finanziellen Belastungen müssen in erster Linie das betroffene Institut, seine Gläubiger und der Finanzsektor insgesamt tragen. Staatliche Stützungsleistungen sind als letztes Mittel zur Stabilisierung des Finanzmarkts auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt und führen zu weitreichenden staatlichen Einflussmöglichkeiten auf das Institut. Das Restrukturierungsgesetz war damit ein wichtiger Schritt, um die Finanzindustrie zu disziplinieren und das so genannte Too-big-to-fail-Problem zu lösen.

Neuorganisation der BaFin

Eine bedeutsame Fortentwicklung erfuhr auch die BaFin selbst: Im April 2008 wurde ihre Führungsstruktur neu geordnet. Nachdem bis dahin Präsident Jochen Sanio die Behörde allein geleitet hatte, wurden ihm nun vier Exekutivdirektoren zur Seite gestellt: Sabine Lautenschläger als Exekutivdirektorin für die Bankenaufsicht, Karl-Burkhard Caspari für die Wertpapieraufsicht, Dr. Thomas Steffen für die Versicherungsaufsicht und Michael Sell für den Bereich „Querschnittsaufgaben/Innere Verwaltung“. Präsident und Exekutivdirektoren bilden seitdem das Direktorium der BaFin.

Ende 2010 einigten sich die Koalitionsfraktionen darauf, die nationale Finanzaufsicht zu reformieren, um sie an die seit der Finanzkrise veränderten Anforderungen anzupassen. An der Arbeitsteilung von Deutscher Bundesbank und BaFin sollte dabei aber auch in Zukunft festgehalten werden. Die Fraktionen vereinbarten dazu zehn Eckpunkte. Der auf dieser Grundlage vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) erarbeitete Gesetzentwurf befindet sich derzeit innerhalb der Bundesregierung in den letzten Abstimmungen. Ein zentrales Element ist dabei die Einrichtung eines Ausschusses für Finanzstabilität. Diesem werden Vertreter der Deutschen Bundesbank, des BMF, der BaFin sowie – ohne Stimmrecht – ein Vertreter der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) angehören. Die Deutsche Bundesbank erhält auf Grund ihrer makroökonomischen und Finanzmarkt-Expertise den Auftrag, zur Wahrung der Finanzstabilität beizutragen. Sie soll laufend die für die Finanzstabilität maßgeblichen Sachverhalte analysieren und mögliche Gefahren für die Finanzstabilität identifizieren. Der Ausschuss für Finanzstabilität erörtert auf dieser Grundlage die Finanzstabilität und kann seinerseits Warnungen und Empfehlungen für Gegenmaßnahmen abgeben. Die BaFin bleibt weiterhin als Allfinanzaufsicht für die Beaufsichtigung der einzelnen Akteure zuständig. Sie wird zukünftig bei ihrer Arbeit auf die durch die Deutsche Bundesbank und den Ausschuss für Finanzstabilität gewonnen makroprudenziellen Erkenntnisse zurückgreifen können.

Europäisches Aufsichtssystem

Am 1. Januar 2011 nahmen drei europäische Aufsichtsbehörden ihre Arbeit auf, die so genannten ESAs (European Supervisory Authorities). Kurz danach ging der Europäische Ausschuss für Systemrisiken an den Start, der makro-ökonomische Entwicklungen beobachten und im Notfall vor Systemrisiken für die Finanzstabilität der Europäischen Union warnen soll. Gemeinsam mit den ESAs bildet er das neue Europäische System der Finanzaufsicht ESFS (European System of Financial Supervision).

Während für die laufende Aufsicht über die Unternehmen weiterhin die nationale Ebene – in Deutschland also die BaFin – zuständig ist, ist es Aufgabe der ESAs, für eine größere Harmonisierung und kohärentere Anwendung von Vorschriften in der EU zu sorgen. Dazu können sie insbesondere technische Regulierungs- und Durchführungsstandards entwickeln, die die EU-Kommission übernehmen oder ändern kann und dann in Kraft setzt, und Leitlinien und Empfehlungen herausgeben. Diese sind zwar grundsätzlich unverbindlich, werden aber angesichts des politischen Drucks in der Regel von den Mitgliedstaaten umgesetzt. Konkrete aufsichtliche Befugnisse können die Europäischen Aufsichtsbehörden im Fall einer Verletzung des Unionsrechts, in Krisenfällen sowie bei Meinungsverschiedenheiten zwischen nationalen Aufsichtsbehörden in grenzüberschreitenden Fällen wahrnehmen. Der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA, einer der ESAs, obliegt darüber hinaus die Aufsicht über Ratingagenturen in der EU.

Die Entscheidungen der ESAs wirken sich somit erheblich auf die Arbeit der nationalen Aufsicht aus. Die BaFin ist an diesen Entscheidungen durch ihre Mitgliedschaft in den verschiedenen Gremien und Arbeitsgruppen sowie durch die Entsendung von BaFin-Beschäftigten in die europäischen Behörden beteiligt. Die jeweils zuständigen Exekutivdirektoren der BaFin sind zudem stimmberechtigte Mitglieder in den Räten der Aufseher der einzelnen ESAs, die dort die operativen und verwaltungstechnischen Entscheidungen treffen.

Die BaFin heute

Zum Jahresende 2011 trat Jochen Sanio, der die BaFin seit ihrer Gründung als Präsident geleitet hatte, in den Ruhestand. Präsidentin ist seitdem Dr. Elke König. Sie war bis dahin Mitglied des International Accounting Standards Board (IASB). Zuvor war sie als Finanzvorstand bei großen Unternehmen der Versicherungsbranche tätig.

Im Direktorium der BaFin sitzen neben König derzeit die Exekutivdirektoren Raimund Röseler (Bankenaufsicht), Gabriele Hahn (Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht) und Karl-Burkhard Caspari (Wertpapieraufsicht und Asset-Management). Zusätzlich zu diesen drei Bereichen gibt es bei der BaFin eine vierte so genannte Säule, die sich mit den Querschnittsaufgaben befasst, die alle Aufsichtsbereiche betreffen. Dazu zählen unter anderem Risiko- und Finanzmarktanalysen, die Bekämpfung unerlaubter Geschäfte, die Risikomodellierung sowie Verbraucherbeschwerden und Anlegerschutzfragen. Hinzu kommt eine eigene Abteilung für internationale Aufsichtsfragen, die direkt der Präsidentin unterstellt ist.

Die BaFin kontrolliert aktuell rund 1.880 Banken, 680 Finanzdienstleistungsinstitute, etwa 600 Versicherungsunternehmen und 30 Pensionsfonds sowie etwa 5.900 inländische Fonds und 77 Kapitalanlagegesellschaften. Sie beschäftigt heute rund 2.300 Mitarbeiter. Mit einem Durchschnittsalter von 38 ist die BaFin zudem eine relativ junge Behörde.

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