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Erscheinung:04.03.2014 | Thema Verbraucherschutz Grauer Kapitalmarkt: Rendite und Risiko - Marktabgrenzung, Regulierung und Verantwortung des Anlegers

Der Graue Kapitalmarkt ist, entgegen der mit der Farbe Grau verbundenen Assoziationen, keineswegs durchgängig von Nüchternheit, Sachlichkeit oder auch nebliger Undurchsichtigkeit geprägt. Bei näherer Betrachtung wirkt er eher wie ein schillernder Regenbogen: Solide mittelständische Industrieunternehmen finanzieren sich über den Grauen Kapitalmarkt, innovative Start-up-Unternehmen versorgen sich dort mit Gründungskapital und das Kapital für die Energiewende wird teilweise ebenfalls auf dem Grauen Kapitalmarkt eingeworben.

Gleichzeitig tummeln sich in diesem Marktsegment aber auch Anbieter, die aus unterschiedlichen Motiven mit Hilfe immer neuer Konstruktionen die Erlaubnispflicht für bestimmte Geschäfte zu umgehen versuchen. Kleine und mittlere Anbieter wollen oft lediglich die Kosten vermeiden, die mit der Beaufsichtigung verbunden sind. Es gibt aber auch missbräuchliche Geschäftsmodelle, bei denen die Anbieter gezielt Gestaltungen und Vertriebsmethoden wählen, um ohne Erlaubnis- oder Prospektpflicht an das Kapital unerfahrener Kleinanleger zu gelangen und zu ihrem Vorteil in hochriskante Geschäfte zu reinvestieren. Derartige Angebote zielen häufig auf das Kapital ab, das in klassischen Vermögensanlagen wie Lebensversicherungen gebunden ist, das die Kunden also Unternehmen anvertraut haben, die unter der Solvenzaufsicht der BaFin stehen (siehe BaFinJournal Dezember 2013, Beitrag „Kauf gebrauchter Lebensversicherungen“).

Die Anbieter von Anlageangeboten bezeichnen die von ihnen konzipierten Modelle häufig als Produkte. Aus Sicht des Vertriebs mag das eine zutreffende und wünschenswerte Umschreibung für ein Konzept zur Kapitaleinwerbung sein. Dem Anleger muss dagegen stets klar sein, dass er mit der Zeichnung einer nicht verbrieften Vermögensanlage kein bestehendes Produkt erwirbt, das bereits einen eigenen Wert hat, sondern sich - im Gegenteil - zunächst nur verpflichtet, Teile seines Vermögens einem Dritten zukommen oder von einem Dritten verwalten zu lassen. Im Gegenzug erhält er ein Renditeversprechen des Anbieters, das dieser später einzulösen hat. Daher ist Vertrauen ein zentraler Pfeiler gerade auch des Grauen Kapitalmarkts.

Markt für Risikokapital

Bei aller Vielgestaltigkeit der Angebote auf dem Grauen Kapitalmarkt haben sie doch miteinander gemeinsam, dass es sich um Risikokapitalanlagen handelt, die nicht in Wertpapieren verbrieft sind. Die Zuordnung eines Anlageangebotes zum Grauen oder Weißen Kapitalmarkt lässt für den Anleger noch keinen Rückschluss auf das Risiko zu, das mit einer Anlage verbunden ist.

Vielmehr muss er sich immer wieder zurückbesinnen auf den Grundsatz, dass eine gegenüber banktypischen Kapitalanlagen gesteigerte Renditeerwartung auch mit einem erhöhten Risiko für den Kapitalgeber verbunden ist. Auch eine noch so schillernde, emotionale oder auf zeitgenössische Trends abzielende Darstellung sollte die gebotenene rationale Abwägung zwischen Risiko und Rendite nicht beeinflussen. Bei Anlageangeboten, bei denen sich Anleger als Gesellschafter beteiligen, liegt das Risiko des Verlustes ihrer Gesellschaftereinlage auf der Hand. Zahlreiche Anlageangebote auf dem Grauen Kapitalmarkt basieren jedoch auf rein schuldrechtlichen Kapitalüberlassungsverträgen. Ihr Risikoprofil ist aufgrund ihrer Vielgestaltigkeit schwerer einzuschätzen. Ein prominentes Beispiel hierfür sind die Beteiligungen über Genussrechte, die schon seit Jahrzehnten angeboten werden.

Genussrechte

Der Bundesgerichtshof umschreibt Genussrechte als „Dauerschuldverhältnisse eigener Art, die keine gesellschaftsrechtlich geprägten Mitgliedschaftsrechte begründen, sondern sich in einem bestimmten geldwerten Anspruch [des Genussrechtsinhabers] erschöpfen“.1 Diese Ansprüche können auch in veräußerbaren Wertpapieren, den Genussscheinen, verbrieft werden. Da die rein schuldrechtlichen Genussrechte dem Inhaber nicht die Stellung eines Gesellschafters verleihen, kommen ihm auch nicht automatisch die Informations- und Kontrollrechte eines Gesellschafters nach § 233 Handelsgesetzbuch zu. Die Vertragsparteien vereinbaren üblicherweise jedoch einzelne Beteiligungselemente, die denen von Gesellschaftern ähneln, wie etwa eine Beteiligung am laufenden Verlust, Rangrücktrittsklauseln für den Fall der Insolvenz oder der Liquidation des Genussrechtsemittenten und sonstige Rechte und Pflichten, die typischerweise Gesellschaftern zustehen (siehe BaFinJournal Oktober 2013, Beitrag „Vermögensanlagen“).

Diese Eigenschaften machen Genussrechte immer auch zu Risikokapitalanlagen. Anders als die Entgegennahme von Geldern auf Grundlage banktypischer Darlehen unterliegt die gegebenenfalls vereinbarte Rückzahlung des Genussrechtskapitals bestimmten Bedingungen, da sonst ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 KWG vorläge. Der Anleger trägt bei Genussrechten ein unternehmerisches Risiko, das bei praktisch allen Ausgestaltungen deutlich über das normale Insolvenzausfallrisiko hinausgeht, das jeder Kapitalüberlassung innewohnt. Sehen die Genussrechtsbedingungen etwa eine laufende Verlustteilnahme vor, so verringert sich das Kapital, das gegebenenfalls an den Anleger zurückzuzahlen ist, schon vor einer Insolvenz des Genussrechtsemittenten. Da sich dadurch die Berechnungsgrundlage für den Zinsanspruch verringert, fällt auch der Ertrag für den Anleger kleiner aus, selbst bei Verträgen mit Festverzinsung.

Nachrangklauseln

Besondere Beachtung müssen Anleger so genannten Nachrangklauseln schenken. Diese können nicht nur in Genussrechtsbedingungen, sondern ebenso in Darlehensverträgen enthalten sein. Um nicht unter die Erlaubnispflicht zu fallen, die das KWG für Einlagengeschäfte vorsieht, nutzen Anbieter auf dem Grauen Kapitalmarkt häufig qualifizierte Nachrangklauseln, vor allem dann, wenn darüber hinaus keine Verlustbeteiligung des angenommenen Kapitals vorgesehen ist.

Diesem Kapital kommt kraft der Nachrangklausel eine Haftungsfunktion für anderweitige Verbindlichkeiten des Annehmenden zu. Der Anleger macht die Befriedigung seiner Ansprüche letztlich vom wirtschaftlichen Überleben des Unternehmens abhängig, dem er sein Geld zur Verfügung stellt. Damit erhöht sich naturgemäß sein Risiko.

Aufsicht über den Grauen Kapitalmarkt

Auf dem Grauen Kapitalmarkt sind immer wieder missbräuchliche Konstruktionen zur Umgehung der Erlaubnispflicht zu beobachten. Solche Geschäftsmodelle können erhebliche Schäden für die Anleger verursachen und auch das Vertrauen nicht unmittelbar betroffener Anleger in den Finanzmarkt erschüttern. Daher ist der kollektive Anlegerschutz Teil des gesetzlichen Auftrags der BaFin, die Funktionsfähigkeit, Stabilität und Integrität des deutschen Finanzplatzes zu sichern. Auch wenn die Bafin die Anbieter auf dem grauen Kapitalmarkt nicht laufend beaufsichtigt, ist sie in vielfältiger Weise aktiv, um ein angemessenes Schutzniveau für Anleger herzustellen.

Um aufziehende Gefahren rechtzeitig zu erkennen und nach Möglichkeit abzuwehren, beobachtet und bewertet die BaFin dieses hochinnovative Marktsegment fortlaufend. Der Grundsatz der vorausschauenden und risikobasierten Aufsicht, das Leitprinzip der BaFin, gilt also auch für den Grauen Kapitalmarkt, soweit die Behörde hier Zuständigkeiten hat.

Der Ideenreichtum am Grauen Kapitalmarkt führt zu immer neuen Ausgestaltungen, bei denen die BaFin laufend untersucht, ob es sich überhaupt um erlaubnisfreie Produkte des Grauen Kapitalmarkts handelt oder ob in Wirklichkeit eine missbräuchliche Umgehungskonstruktion vorliegt, die zu den Tatbeständen mit Erlaubnispflicht zählt. Das Betreiben solcher Geschäfte und Dienstleistungen ohne Beachtung des Erlaubnisvorbehalts ist dann tatsächlich dem illegalen Schwarzen Kapitalmarkt zuzuordnen. Die juristisch oft sehr knifflige und aufwändige Zuordnung einzelner Angebote zum Grauen oder Schwarzen Kapitalmarkt ist zwischen den Anbietern der betroffenen Produkte und der BaFin meist umstritten, so dass die Behörde zahlreiche Widerspruchs- und verwaltungsgerichtliche Verfahren über alle Instanzen zu führen hat. In der weit überwiegenden Zahl der Fälle bestätigen die Gerichte die Rechtsauffassung der BaFin.

Ergreift die BaFin Maßnahmen gegen Betreiber unerlaubter Geschäfte, nutzt sie ihre gesetzlichen Befugnisse2, um die Öffentlichkeit über ihre Maßnahmen zu unterrichten. So gewinnt der Anleger Klarheit, ob seine Investitionsentscheidung überhaupt ein erlaubnisfreies Angebot des Grauen Kapitalmarktes betrifft.

Regulierung

Die Reichweite der gesetzlichen Tatbestände, die mit einem Erlaubnisvorbehalt verknüpft sind, hat jedoch ihre Grenzen. Daher hat der Gesetzgeber immer wieder ausgewählte Konstruktionen und Geschäftsmodelle zusätzlich unter die Aufsicht gestellt und damit den Grauen Kapitalmarkt schrittweise eingeengt. Für solche Regulierungen spielen die Erkenntnisse der BaFin eine wichtige Rolle. So wurden schon in der Sechsten KWG-Novelle vor 15 Jahren umfangreiche Maßnahmen vorgesehen, die auch der Bekämpfung von Missständen auf dem Grauen Kapitalmarkt dienen. Zu nennen sind hier insbesondere die Erweiterung des zentralen Tatbestands des Einlagengeschäfts um die Tatbestandsalternative „Annahme rückzahlbarer Gelder“3, die sich am Anlegerschutz orientiert, und die Ermächtigung des damaligen Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen – und später der BaFin –, auch unerlaubt tätige Anbieter auf dem Grauen Markt zu identifizieren und zu bekämpfen. Dazu wurden neue Ermittlungs- und Eingriffskompetenzen in das KWG eingefügt, die bis heute in Europa einzigartig sind. (VAG, ZAG und KAGB enthalten vergleichbare Befugnisse.)

Im Jahr 2002 wurden mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz weitere Maßnahmen eingeführt, die auf den Erfahrungen der BaFin bei der praktischen Anwendung ihrer Befugnisse nach dem KWG beruhten. Ihre Kompetenzen erstrecken sich seitdem auch auf Unternehmen, die in die Anbahnung, den Abschluss oder die Abwicklung unerlaubter Geschäfte einbezogen sind. 2009 führte der Gesetzgeber den Tatbestand der Anlageverwaltung als erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung ins KWG ein (Gesetz zur Fortentwicklung des Pfandbriefrechts). Er reagierte damit auf Schutzlücken, die sich aus der einschränkenden Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum Finanzkommissionsgeschäft ergeben hatten.

Einen weiteren Meilenstein bei der Regulierung des Grauen Kapitalmarkts stellt das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) dar, das am 22. Juli 2013 in Kraft trat und das Investmentgesetz von 2004 ersetzte. Spätestens mit Ablauf der Übergangsfristen am 21. Juli 2014 wird auf dieser Grundlage ein erheblicher Teil des Grauen Kapitalmarkts, die geschlossenen Fonds, der Aufsicht unterworfen sein. Aber auch schuldrechtliche Beteiligungsformen wie Genussrechte und Namensschuldverschreibungen werden vom KAGB erfasst, wenn es sich bei dem Anlagevehikel um ein Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 KAGB handelt (siehe das Auslegungsschreiben der BaFin zum Anwendungsbereich des KAGB).

Liegt im Einzelfall aufgrund der Ausgestaltung eines nicht in Wertpapieren verbrieften Angebotes kein Investmentvermögen vor und unterfällt es auch nicht den übrigen Aufsichtsgesetzen, insbesondere dem KWG, handelt es sich dagegen weiterhin um ein Angebot auf dem Grauen Kapitalmarkt. Es unterliegt daher nicht dem Erlaubnisvorbehalt und der laufenden Aufsicht durch die BaFin. So dienen gerade Genussrechte oft der Finanzierung operativ tätiger Unternehmen der Realwirtschaft – was aber nicht automatisch bedeutet, dass die eingeworbenen Gelder für operative Zwecke verwendet werden müssen.

Vermögensanlagen

Das bedeutet aber nicht, dass Anlageangebote ohne Erlaubnisvorbehalt in jedem Fall einer Regulierung entzogen sind. Die BaFin übt zwar keine laufende Aufsicht über die geldannehmenden Unternehmen aus, spielt aber aufgrund der Prospektpflicht eine wichtige Rolle beim öffentlichen Vertrieb der Angebote, indem sie Transparenz und Publizität sicherstellt. Grundlage ihrer Tätigkeit ist das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG), das am 1. Juni 2012 das Verkaufsprospektgesetz von 2004 ersetzte.

Das VermAnlG erfasst Treuhandvermögen, Genussrechte, Namensschuldverschreibungen und sonstige Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren und keine Anteile an einem Investmentvermögen im Sinne des KAGB sind. Die Unternehmen haben für solche Angebote einen Prospekt zu veröffentlichen, den die BaFin zuvor daraufhin prüft, ob er alle vorgeschriebenen Mindestangaben enthält, verständlich und kohärent ist. Der Prospekt darf erst veröffentlicht werden, wenn die BaFin ihn gebilligt hat. Sie darf jedoch nicht das Anlageangebot selbst prüfen und auch keine Aussage darüber treffen, ob der Emittent oder der Anbieter seriös und finanziell solide ist (siehe BaFinJournal Oktober 2013, Beitrag „Vermögensanlagen“). Dies könnte sie auch ohne eine laufende Solvenzaufsicht gar nicht zuverlässig leisten.

Mitarbeiter- und Beschwerderegister

Auf dem Grauen Kapitalmarkt kommt es nicht nur darauf an, dass der Anleger dem Anbieter selbst vertraut, sondern auch den Dienstleistungen im Rahmen des Produktvertriebs. Die BaFin achtet daher darauf, dass die von ihr beaufsichtigten Wertpapierdienstleistungsunternehmen bei der Anlageberatung und -vermittlung zu Finanzinstrumenten die Verhaltens- und Organisationspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes beachten. Seit Inkrafttreten des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes (AnsFuG) am 1. Dezember 2012 gilt das auch dann, wenn es sich bei den von Wertpapierdienstleistungsunternehmen vertriebenen Finanzinstrumenten um Vermögensanlagen handelt, also um Angebote des Grauen Kapitalmarkts.

Daneben führte das AnsFuG das Mitarbeiter- und Beschwerderegister ein, an das Wertpapierdienstleistungsunternehmen ihre Anlageberater, Vertriebs- und Compliance-Beauftragten sowie Kundenbeschwerden zu melden haben. Dadurch kann die BaFin Defizite bei der Anlageberatung besser erkennen und Maßnahmen ergreifen (siehe BaFin- Journal Juli 2013, Beitrag „Anlageberatung“). Soweit Wertpapierdienstleistungen mit Bezug auf Vermögensanlagen betroffen sind, trägt das Mitarbeiter- und Beschwerderegister auch zum Anlegerschutz auf dem Grauen Kapitalmarkt bei. Das gilt in gleichem Maße für das Register über Honorar-Anlageberater, das die BaFin ab dem 1. August 2014 führen wird, wenn das Honoraranlageberatungsgesetz in Kraft tritt.

Verantwortung des Anlegers

Die Existenz eines legalen Grauen Kapitalmarkts ist an sich kein regulatorischer Missstand, sondern Ausdruck der Grundsätze von Gewerbefreiheit und Privatautonomie. Der Graue Kapitalmarkt stellt den Normalfall unserer Wirtschaftordnung dar – anders als der Weiße Kapitalmarkt, der durch ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gekennzeichnet ist.

Wer sich entschließt, sein Geld dem Grauen Kapitalmarkt zur Verfügung zur stellen, profitiert von den Bemühungen der BaFin, im Interesse des kollektiven Verbraucherschutzes die Voraussetzungen für eine informierte und risikobewusste Investitionsentscheidung zu schaffen. Die Herstellung und Wahrung eines angemessenen Schutzniveaus für Anleger auf dem Grauen Kapitalmarkt ist ein laufender Prozess. Kapitalanlagen sind in aller Regel auf mehrere Jahre angelegt, und auch die Effektivität und das Zusammenwirken der gesetzlichen Regulierungsmaßnahmen können nur mit einer zeitlichen Distanz bewertet werden. Fehlentwicklungen oder Schutzlücken offenbaren sich daher oft erst im Laufe der Zeit oder wenn unvorhergesehene Ereignisse eintreten. Die BaFin unterstützt die Bundesregierung fortlaufend dabei, einen angemessenen Schutz der Privatanleger zu gewährleisten. Derzeit werden etwa Handlungsoptionen ausgelotet, die gesetzlichen Regelungen zu Transparenz, Vertriebskanälen und Reichweite der Aufsichtsbefugnisse anzupassen.

Unabhängig davon, wie die weitere Regulierung des Grauen Kapitalmarktes ausfallen wird, an der die Bundesregierung derzeit feilt: Staatliche Regulierung und Eigenverantwortung des Anlegers müssen weiterhin in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Der Anleger darf auch zukünftig nicht aus den Augen verlieren, dass er sich in ein Marktsegment begibt, in dem er die Freiheit genießt, aber auch in der Verantwortung steht, eine Investitionsentscheidung zu treffen, die seiner persönlichen Risikobereitschaft und seinen Anlagezielen entspricht.

Auf einen Blick: Erläuterungen und Definitionen

Weißer, Schwarzer und Grauer Kapitalmarkt

Der Kapitalmarkt ist ebenso vielgestaltig wie seine Teilnehmer mit ihren unterschiedlichen Interessen. Zur Abgrenzung werden die einzelnen Marktsegmente oft nach den unbunten Farben weiß, schwarz und grau benannt. Der Weiße Kapitalmarkt umfasst jene Institute, Dienstleister und Versicherungsunternehmen, die für ihre Tätigkeiten über eine Erlaubnis nach den jeweils einschlägigen Aufsichtsgesetzen (Kreditwesengesetz (KWG), Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)) verfügen. Sie unterstehen einer laufenden Aufsicht. Komplementär hierzu definiert sich der illegale Schwarze Kapitalmarkt: Er zeichnet sich dadurch aus, dass seine Akteure erlaubnispflichtige Geschäfte ohne die erforderliche Erlaubnis der BaFin ausüben oder gar verbotene Geschäfte betreiben. Der Graue Kapitalmarkt dagegen ist die Summe der Marktteilnehmer und Angebote, die keine Erlaubnis der BaFin benötigen und daher auch nicht ihrer Aufsicht unterliegen. Dabei ist eine gewisse Wechselwirkung zum Weißen Kapitalmarkt zu beobachten: Je stärker dieser reguliert ist, desto häufiger weichen Anbieter auf Anlageangebote aus, die ihrer Ansicht nach nicht erlaubnispflichtig sind. Der Graue Kapitalmarkt wird in der Öffentlichkeit oft als unreguliertes Marktsegment dargestellt. Tatsächlich nimmt die Bafin aber auch hier vielfältige Aufgaben wahr.

Schutz der Anleger

Kernaufgabe der BaFin ist es, ein funktionsfähiges, stabiles und integeres deutsches Finanzsystem zu gewährleisten. Laut Gesetz ist sie dem öffentlichen Interesse des kollektiven Verbraucherschutzes verpflichtet. Sie setzt sich für transparente und verständliche Marktbedingungen ein. Dabei berücksichtigt sie die Erkenntnisse von Verbrauchern und Verbraucherschutzorganisationen. Der bei ihr eingerichtete Verbraucherbeirat unterstützt sie darin, Belange des kollektiven Verbraucherschutzes frühzeitig zu erkennen und zu adressieren. So trägt die BaFin auch auf dem Grauen Kapitalmarkt dazu bei, eine elementare Voraussetzung für einen funktionierenden Finanzmarkt zu erhalten und zu stärken: das Vertrauen der privaten und professionellen Anleger.

Nachrangklausel

Nachrangklauseln regeln die Reihenfolge, in der Gläubiger im Insolvenzverfahren befriedigt werden. Im Zweifel werden Forderungen, die einem vertraglichen Nachrang unterliegen, in der Insolvenz nach allen übrigen Forderungen bedient, also auch nach solchen, die bereits einem gesetzlichen Nachrang unterliegen (§ 39 Absatz 1 und 2 Insolvenzordnung). Selbst Darlehen von Gesellschaftern werden dann vorher berücksichtigt, obwohl diese über die Lage der Gesellschaft regelmäßig meist besser informiert sind als externe Kapitalgeber. Die Forderungen nachrangiger Gläubiger werden also im Insolvenzfall nur dann und nur in dem Umfang berücksichtigt, in dem nach Befriedigung aller sonstigen Gläubiger noch Mittel verfügbar sind. Bei einer qualifizierten Nachrangvereinbarung wird vereinbart, dass die Anleger ihre Rückzahlungsansprüche auch vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht geltend machen können, solange und soweit dadurch bei dem Unternehmen ein Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens herbeigeführt würde (siehe BaFin-Merkblatt zum Einlagengeschäft). Unter diesen Voraussetzungen können Unternehmen den Anlegern die Rückzahlung ihrer Gelder sowie der versprochenen Zinsen verweigern, ohne dass es zu einem Insolvenzverfahren kommt.

Empfehlungen für Anleger

BaFin-Präsidentin Dr. Elke König hat Anlegern in ihrer Rede zum Neujahrspresseempfang vier Empfehlungen mit auf den Weg gegeben, die ihnen helfen sollen, eine vernünftige Anlageentscheidung zu treffen:

  1. Es gibt einen Zusammenhang zwischen versprochener Rendite und Risiko.
  2. Die Anbieter an den Finanzmärkten – egal ob beaufsichtigt oder nicht – sind keine Wohltäter und müssen es auch nicht sein.
  3. Man sollte nur in Produkte investieren, die man versteht, und eine gesunde Skepsis an den Tag legen.
  4. In Anlageentscheidungen sollte man mindestens so viel Zeit investieren wie in die Anschaffung eines Smartphones.

Hinweis

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Fußnoten

  1. 1 Urteil II ZR 109/02 vom 21. Juli 2003, BGHZ 156, 38; grundlegend zu Genussrechten Urteil II ZR 172/91 vom 5. Oktober 1992, BGHZ 119, 305.
  2. 2 § 15 Absatz 2 Satz 2 KAGB, § 37 Absatz 1 Satz 3 KWG, § 81f Absatz 1 Satz 3 VAG, § 4 Absatz 1 Satz 3 ZAG (Vertrieb: § 314 Absatz 3 und § 315 Absatz 2 Satz 3 KAGB).
  3. 3 Dieser Tatbestand wurde später um das Merkmal „unbedingt“ erweitert.
Autor: O. Fußwinkel, BaFin

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