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Erscheinung:02.06.2014 Solvency II: BaFin veröffentlicht Erläuterungen zu Technischen Spezifikationen von EIOPA

Die BaFin hat Erläuterungen zu den Technischen Spezifikationen der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung EIOPA (European Insurance and Occupational Pensions Authority) veröffentlicht. Sie stellen klar, wie die Technischen Spezifikationen im Hinblick auf Besonderheiten des deutschen Versicherungsmarktes anzuwenden sind. Die BaFin plant zudem, in Kürze eine deutsche Übersetzung der Technischen Spezifikationen zu veröffentlichen.

Einen Schwerpunkt der Erläuterungen bilden Hinweise zur Anwendung der Technischen Spezifikationen auf Besonderheiten in der Lebens- und Krankenversicherung. Diese sind auch für die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr relevant.

Übergangsvorschriften zur Rückstellungsbewertung

Unter Solvency II werden die Versicherer die versicherungstechnischen Rückstellungen marktkonsistent bewerten. Im derzeitigen Aufsichtssystem sind für die Bewertung dieser Rückstellungen die Vorschriften des Handelgesetzbuchs (HGB) maßgeblich.

Die marktkonsistente Bewertung unter Solvency II kann insbesondere in der aktuellen Phase niedriger Zinsen dazu führen, dass die versicherungstechnischen Rückstellungen unter Solvency II höher sind als bei der Bewertung nach dem HGB. Um es den Versicherungsunternehmen in diesen Fällen zu ermöglichen, die versicherungstechnischen Rückstellungen schrittweise auf das nach den Solvency-II-Vorschriften erforderliche Niveau anzuheben, sieht die Solvency-II-Richtlinie in ihrer durch die Omnibus-II-Richtlinie geänderten Fassung zwei Übergangsmaßnahmen vor: eine Zinsübergangsbestimmung und eine Rückstellungsübergangsbestimmung. Die Erläuterungen der BaFin geben Hinweise, wie bei der Anwendung dieser Übergangsregelungen mit den Besonderheiten des deutschen Geschäfts umzugehen ist.

Zukünftige Überschussbeteiligung

Bei der Bewertung der technischen Rückstellungen unter Solvency II müssen nicht nur die vertraglich garantierten Leistungen an die Versicherungsnehmer berücksichtigt werden, sondern auch Leistungen aus der Überschussbeteiligung, die für die Zukunft erwartet wird. Für die deutsche Lebens- und Krankenversicherung wie auch für die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr spielen in diesem Zusammenhang die deutschen Vorschriften zur Überschussbeteiligung eine zentrale Rolle.

Große Bedeutung hat hier insbesondere die Behandlung der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB). Soweit sie nicht auf verbindlich festgelegte Überschussanteile entfällt, handelt es sich bei der RfB in der Lebensversicherung aufsichtsrechtlich schon jetzt um Eigenmittel. Die Solvency-II-Richtlinie enthält in Artikel 91 Absatz 2 Regelungen zu Überschussfonds (Surplus-Funds), die im Wesentlichen darauf abzielen, die Eigenmittelfähigkeit der nicht festgelegten RfB unter Solvency II sicherzustellen. Die BaFin beschreibt in den Erläuterungen zu den Technischen Spezifikationen, wie die Überschussfonds bei der Ermittlung der technischen Rückstellungen und der verfügbaren Eigenmittel für das deutsche Lebens- und Krankenversicherungsgeschäft und für die Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr zu berücksichtigen sind. Diese Definition der Überschussfonds gilt, wie die Technischen Spezifikationen, nur während der Vorbereitungsphase. Sie ist kein Präjudiz für die Umsetzung von Artikel 91 Absatz 2 der Solvency-II-Richtlinie in deutsches Recht.

Die Systematik der Überschussbeteiligung in der deutschen Lebens- und Krankenversicherung sowie in der Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr ist geprägt von Mechanismen auf kollektiver Ebene. Hierdurch ergeben sich Wechselwirkungen zwischen vorhandenem Bestand und Neugeschäft. Die Erläuterungen zu den Technischen Spezifikationen legen dar, auf welche Weise diese Wechselwirkungen bei der Kalkulation der technischen Rückstellungen unter Solvency II zu berücksichtigen sind.

Die Bewertung der zukünftigen Überschussbeteiligung unter Solvency II erfordert auch, dass die Versicherer die zukünftige Entwicklung des Referenzzinses für die Zinszusatzreserve gemäß § 5 Absatz 4 Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV) projizieren. Die BaFin gibt in den Erläuterungen Hinweise dazu, wie diese Projektion aus der risikofreien Zinsstrukturkurve herzuleiten ist.

Risikolose Zinsstrukturkurven von EIOPA

Um ihre Solvenzbedeckung nach den Solvency-II-Regelungen zum Stichtag 31. Dezember 2013 zu berechnen, können die Unternehmen auf die risikolosen Zinsstrukturkurven zurückgreifen, die EIOPA im Kontext des Stresstests veröffentlicht hat.

EIOPA hat zudem weitere technische Informationen zur Verfügung gestellt, die die Versicherer bei der Anwendung der Maßnahmen für langfristige Garantien unter Solvency II und bei der Berechnung des Zinsschock-Szenarios in der Standardformel zur Ermittlung der Solvenzkapitalanforderung (Solvency Capital Requirement – SCR) unterstützen sollen.

Fragen zu den Technischen Spezifikationen

Fragen zu den Technischen Spezifikationen von EIOPA und den Erläuterungen der BaFin können die Unternehmen mit einem standardisierten Formular, das die BaFin auf ihrer Internetseite bereitgestellt hat, per E-Mail an Vorbereitungsphase@bafin.de schicken. Die Betreffzeile sollte das Stichwort „Technische Spezifikationen“ und in Klammern die Nummer des Abschnitts enthalten, auf den sich die Frage bezieht. Die Fragen dürfen auf Deutsch oder Englisch gestellt werden.

Die BaFin wird die Fragen in der Regel selbst beantworten und sie zusammen mit der Antwort anonymisiert auf ihrer Webseite veröffentlichen. Ist die Frage europaweit relevant oder kann die BaFin sie aus anderen Gründen nicht selbst beantworten, leitet sie diese an EIOPA weiter. In diesem Fall beantwortet EIOPA die Frage und veröffentlicht die Antwort, ebenfalls anonym, auf ihrer Internetseite.

Technische Spezifikationen

Ende April hat die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung EIOPA Technische Spezifikationen zur Vorbereitung auf Solvency II veröffentlicht. Die Technischen Spezifikationen geben die derzeitigen Regelungen zu den quantitativen Anforderungen unter Solvency II wider und sollen sicherstellen, dass die Unternehmen diese während der Vorbereitungsphase einheitlich anwenden. Hierzu gehören die Bewertung der Vermögensanlagen und Verbindlichkeiten einschließlich der versicherungstechnischen Rückstellungen, die Bestimmung der verfügbaren Eigenmittel, die Berechnung der Mindestkapitalanforderung (Minimum Capital Requirement – MCR) und die Bestimmung der Solvenzkapitalanforderung (Solvency Capital RequirementSCR) nach der Standardformel. Die Technischen Spezifikationen enthalten auch Ausführungen zur Anwendung der Maßnahmen für das Versicherungsgeschäft mit langfristigen Garantien. Sie umfassen alle Sparten und gehen auf die Berechnung der Kapitalanforderungen für Einzel-unternehmen und Versicherungsgruppen ein.

Die Technischen Spezifikationen geben insbesondere Hinweise zur quantitativen Berichterstattung und zur Beurteilung der kontinuierlichen Einhaltung der gesetzlichen Kapitalanforderungen bei der vorausschauenden Beurteilung des eigenen Risikos (Forward-Looking Assessment of Own Risk – FLAOR) beziehungsweise bei der unternehmenseigenen Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung (Own Risk and Solvency AssessmentORSA).

Die Technischen Spezifikationen sind nur in der Vorbereitungsphase anzuwenden. Zum Start von Solvency II Anfang 2016 werden sie durch die endgültigen Regelungen zu den quantitativen Anforderungen unter Solvency II in den Delegierten Rechtsakten, Technischen Standards und EIOPA-Leitlinien ersetzt.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Autor: Dr. Olaf Ermert, Dr. Guido Werner / BaFin

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