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Erscheinung:02.06.2014 | Thema Verbraucherschutz Verbraucherschutz: BMF und BMJV legen Aktionsplan vor und schnüren Maßnahmenpaket

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) haben am 22. Mai einen Aktionsplan zum Verbraucherschutz im Finanzmarkt vorgelegt. Dieser besteht aus einem Maßnahmenpaket zur Verbesserung des Schutzes von Kleinanlegern im Grauen Kapitalmarkt und zusätzlichen Maßnahmen, mit denen weitere verbraucherpolitische Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag im Finanzmarkt umgesetzt werden sollen.1

Schutz von Kleinanlegern

Mit dem Maßnahmenpaket zum Schutz von Kleinanlegern sollen Regelungslücken und Umgehungsmöglichkeiten beseitigt und die Transparenz von Finanzprodukten und deren Risiken sowie der Zugang der Anleger zu Informationen über Finanzprodukte verbessert werden. Außerdem sollen zusätzliche Leitplanken für den Vertrieb von Finanzprodukten etabliert und das Aufsichtsinstrumentarium erweitert werden. Privatanlegern soll so ermöglicht werden, die Erfolgsaussichten einer Anlage besser einzuschätzen. Dabei soll ein ausgewogenes Verhältnis zwischen staatlicher Regulierung und Eigenverantwortung des Anlegers gewahrt werden.

Um Regelungslücken und Umgehungsmöglichkeiten von Vorgaben zum Anlegerschutz zu beseitigen, soll der Katalog der Anlageformen, die nach dem Vermögensanlagengesetz geregelt sind, erweitert werden. Er soll künftig auch solche Angebote erfassen, die sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als gleichwertig zu den bereits erfassten Anlagen darstellen, wie partiarische Darlehen oder Nachrangdarlehen. Soweit hiervon Crowd-Finanzierungen betroffen sind, sollen Lösungen gefunden werden, die die Anleger schützen, aber auch den Bedürfnissen der häufig jungen Unternehmen gerecht werden, die sich über Crowd-Investitionen finanzieren.

Verkaufsprospekte

Eine wesentliche Säule des Anlegerschutzes stellt auch künftig der Verkaufsprospekt dar. Er soll dem Anleger ein umfassendes Bild von Gegenstand und Anbieter einer Anlage vermitteln, damit er Vorteile und Risiken einer Investition richtig abwägen kann. Hierzu sollen die Anforderungen an die Prospekte für Vermögensanlagen ergänzt werden. Nach dem Maßnahmenpaket ist künftig die Fälligkeit bereits begebener, noch laufender Vermögensanlagen anzugeben. So wird der Anleger besser einschätzen können, in welchem Umfang eine Anlage dazu genutzt wird, früher eingegangene Verpflichtungen zu bedienen. Das soll der Vorspiegelung nicht vorhandener wirtschaftlicher Produktivität und kriminellen „Schneeballsystemen“ entgegenwirken.

Zudem sollen Unternehmen im Anwendungsbereich des Vermögensanlagengesetzes, die zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind, diesen künftig in jedem Fall in den Prospekt aufnehmen müssen. So kann sich der Anleger ein Bild von der finanziellen Situation des Konzerns machen und Risiken in anderen Teilen des Konzerns bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen. Darüber hinaus sollen größere Unternehmen künftig eine Kapitalflussrechnung zu veröffentlichen haben, um einen tieferen Einblick in die Zahlungsströme zu gewähren und ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besser nachvollziehbar zu machen.

Schließlich sollen die Anbieter künftig Angaben zu den an Begebung beziehungsweise Vertrieb von Vermögensanlagen beteiligten Unternehmen machen müssen, um auch personelle Verflechtungen im Umfeld des Anbieters für den Anleger transparent zu machen.

Informationen über Finanzprodukte

Zusätzlich sollen die relevanten Veröffentlichungen zu Vermögensanlagen zugänglicher und aktueller werden, damit der Anleger die damit verbundenen Risiken besser einschätzen kann. Verkaufsprospekte zu Vermögensanlagen sollen künftig maximal zwölf Monate lang gültig sein. Bei Prospekten zu Wertpapieren ist dies bereits der Fall; Verkaufsprospekte zu Vermögensanlagen waren hingegen bisher für unbegrenzte Zeit gültig. Zudem sollen die Vorgaben für Nachträge konkretisiert werden, die bei Veränderungen innerhalb der Gültigkeitsdauer des Verkaufsprospekts notwendig werden. Geschäftsvorfälle, die zumindest für das laufende Geschäftsjahr erhebliche Auswirkungen darauf haben, ob ein Anbieter seine Verpflichtungen gegenüber den Anlegern erfüllen kann – zum Beispiel eine drohende Insolvenz –, sollen künftig zwingend in einen Nachtrag aufzunehmen sein. Zugleich soll die BaFin erweiterte Möglichkeiten erhalten, die Nachtragspflicht durchzusetzen.

Nach Beendigung des aktiven Vertriebs einer Vermögensanlage soll der Anbieter künftig für die Restlaufzeit der Anlage Ad-hoc-Mitteilungen abgeben müssen und darin alle Tatsachen veröffentlichen, die seine Fähigkeit zur Rückzahlung beziehungsweise zur Zahlung der Zinsen beeinträchtigen können. Auf diese Weise verfügen die Inhaber von Vermögensanlagen und Zweiterwerber stets über aktuelle Informationen, um das Risiko der Anlage weiter einschätzen zu können. Sämtliche Prospektangaben, ergänzende Dokumente und Ad-hoc-Mitteilungen sollen zentral auf einer Internetseite unter demselben Pfad zur Verfügung gestellt werden müssen, auch wenn die Veröffentlichung zeitlich versetzt erfolgt. So findet der Anleger alle relevanten Informationen gesammelt an einer Stelle. Nachträge sollen zudem in eine konsolidierte elektronische Fassung des Prospekts einzuarbeiten sein; dabei ist der Zeitpunkt der Aktualisierung anzugeben.

Vertrieb von Finanzprodukten

Auch für den Vertrieb von Finanzprodukten sollen zusätzliche Vorgaben eingeführt werden. Damit sollen vor allem aggressive Formen der Vermarktung eingeschränkt und zudem vermieden werden, dass Finanzprodukte systematisch an Anleger vertrieben werden, für die sie sich objektiv nicht eignen. Um unerfahrene Anleger zu schützen, soll Werbung für Vermögensanlagen grundsätzlich nur noch in solchen Medien zulässig sein, deren Schwerpunkt auf der Berichterstattung über wirtschaftliche Sachverhalte liegt und bei deren Leserschaft somit ein gewisses Maß an Vorkenntnissen vorausgesetzt werden kann. Die BaFin soll Missständen bei der Werbung für Vermögensanlagen entgegenwirken können. Wenn bestimmte Finanzprodukte erheblichen Bedenken im Hinblick auf den Anlegerschutz begegnen, etwa aufgrund ihrer Komplexität, soll die BaFin für Produkte oder Produktgruppen Vertriebsbeschränkungen und sogar -verbote verhängen können.

Wertpapierfirmen sollen zudem verpflichtet werden, bereits bei der Entwicklung eines Finanzprodukts den Kreis der Endkunden zu bestimmen, auf die das Produkt abzielt. Dabei müssen sie alle relevanten Risiken für die betroffenen Anlegergruppen bewerten (Product-Governance). Die Kundengruppe, auf die ein Anlageprodukt abzielt, soll künftig im Informationsblatt für Wertpapiere und im Vermögensanlagen-Informationsblatt veröffentlicht werden. Um sicherzustellen, dass die Anleger auch beim Direktvertrieb über die wichtigsten Eigenschaften und Risiken einer Vermögensanlage informiert sind, sollen sie das Vermögensanlagen-Informationsblatt künftig unterschreiben.

Es soll künftig für sämtliche Vermögensanlagen eine Mindestlaufzeit geben, ergänzt durch eine ausreichende Kündigungsfrist. Dadurch kann der Anleger erkennen, dass die Anlagen unternehmerische Investitionen von gewisser Dauer sind. Damit ist es nicht länger möglich, Finanzprodukte mit der Aussicht auf kurzfristige Rückzahlung der Einlage im Bedarfsfallzu bewerben. Zugleich wird die Planungssicherheit der Anbieter erhöht.

Erweiterung des Aufsichtsinstrumentariums

Schließlich soll auch das Aufsichtsinstrumentarium der BaFin erweitert werden. Sie soll künftig Warnhinweise veröffentlichen dürfen, wenn Anbieter von Finanzprodukten Auskunftsverlangen oder Anordnungen nicht befolgen. Auch kann sie aufsichtsrechtliche Maßnahmen der Gefahrenabwehr, die sie zur Bekämpfung von Verstößen gegen das Vermögensanlagengesetz ergreift, auf ihrer Internetseite bekannt machen. Bußgelder, die die BaFin verhängt, sollen künftig – in Vorwegnahme entsprechender EU-Vorgaben – zu veröffentlichen sein.

Die BaFin soll künftig externe Wirtschaftsprüfer mit einer Sonderprüfung des Jahresabschlusses von Emittenten des Grauen Kapitalmarkts beauftragen können, wenn dazu Anlass besteht. Das ist insbesondere der Fall, wenn Dritte – etwa Verbraucherorganisationen oder Schlichtungsstellen – auf Missstände hinweisen.

Zugleich soll die Obergrenze, bis zu der das Justiz und Verbraucherschutzministerium bei verspäteter Vorlage von Unterlagen der Rechnungslegung Ordnungsgelder verhängen kann, von 25.000 auf 250.000 Euro erhöht werden. Dies betrifft Unternehmen im Anwendungsbereich des Vermögensanlagengesetzes sowie kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften. Nach Umsetzung der Transparenzrichtlinie wird die Obergrenze bei 10 Millionen Euro liegen.

Außergerichtliche Streitschlichtung und Honorarberatung

Darüber hinaus sollen die außergerichtliche Streitschlichtung, die Honorarberatung, der Verbraucherschutz durch BaFin und Verbraucherorganisationen und die Rechte der Verbraucher bei Bankdienstleistungen gestärkt werden.

Verbraucher werden künftig, nach Umsetzung der Richtlinie über die alternative Streitbeilegung, bei allen vertraglichen Streitigkeiten mit Unternehmen Zugang zu Stellen zur außergerichtlichen Streitbeilegung haben, also auch bei Streitigkeiten zu Finanzdienstleistungen. Zwischen den Schlichtungsstellen und der BaFin soll ein Informationsaustausch stattfinden, so dass die Aufsicht frühzeitig von etwaigen Fehlentwicklungen erfährt. Die Pflicht zur Neutralität und Verschwiegenheit der Schlichtungsstellen bleibt dabei gewahrt.

Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, wird die Einführung der Honorarberatung als Alternative zur Beratung auf Provisionsbasis für alle Finanzprodukte vorangetrieben. Dabei sollen hohe Anforderungen an die Qualität der Beratung gelten. Die Honorarberatung kann auch auf den Versicherungs- und Darlehensbereich ausgedehnt werden.

Kollektiver Verbraucherschutz

Der kollektive Verbraucherschutz soll als Aufsichtsziel der BaFin gesetzlich verankert werden und dann alle Aufsichtsbereiche umfassen. Verbraucherorganisationen sollen eine spezielle Marktwächterfunktion erhalten.

Schließlich sollen der Zugang zu und die Nutzung von Bankdienstleistungen für Verbraucher erleichtert werden. Ein wichtiges Beispiel ist das „Girokonto für jedermann“, das gesetzlich zu verankernde Recht auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen. Alle Institutsgruppen sollen daran angemessen beteiligt werden.

Aktionsplan zum Verbraucherschutz

Maßnahmenpaket zur Verbesserung des Schutzes von Kleinanlegern

  • Beseitigung aufgedeckter Regelungslücken und Umgehungsmöglichkeiten
  • Verstärkte Transparenz von Finanzprodukten und Offenlegung ihrer Risiken
  • Verbesserung des Zugangs der Anleger zu Informationen über Finanzprodukte
  • Etablierung zusätzlicher Leitplanken für den Vertrieb von Finanzprodukten
  • Flankierende Erweiterung des Aufsichtsinstrumentariums

Zusätzliche Maßnahmen zur Umsetzung der verbraucherpolitischen Vorhaben des Koalitionsvertrags

  • Stärkung der außergerichtlichen Streitschlichtung
  • Stärkung der Honorarberatung
  • Gesetzliche Verankerung des kollektiven Verbraucherschutzes als Aufsichtsziel der BaFin; Beauftragung bestehender Verbraucherorganisationen mit spezieller Marktwächterfunktion
  • Stärkung der Verbraucherrechte beim Zugang zu und bei Nutzung von Bankdienstleistungen

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