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Erscheinung:30.06.2014 Privatkredite: Urteil zu Bearbeitungsgebühren

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in zwei Entscheidungen (Az. XI ZR 405/12 und XI ZR 170/13) eine Rechtsfrage zur Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten bei Privatkrediten geklärt, die seit Jahren offen und von verschiedenen Oberlandesgerichten unterschiedlich beurteilt worden war.1

Der XI. Zivilsenat hat nun vorformulierte Bestimmungen über Bearbeitungsentgelte in Darlehensverträgen zwischen Kreditinstituten und Verbrauchern für unzulässig erklärt.2 Verbraucher, die auf Grundlage solcher Vereinbarungen Entgelte gezahlt haben, können diese zurückfordern.

Der BGH begründet die Entscheidung damit, dass die Berechnung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts – zusätzlich zu den vereinbarten Zinsen – dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Absatz 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) widerspreche. Danach ist der Darlehensnehmer verpflichtet, „einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen“. Die Kosten für Kreditbearbeitung und -auszahlung seien allein durch die laufzeitabhängigen Zinsen zu decken.

Der BGH hatte in den beiden Verfahren unterschiedliche Regelungen zu beurteilen. Während sich die Gebühr in einem Fall aus dem Preisaushang ergab, ging es im anderen Fall um eine Gebühr für einen Online-Darlehensvertrag. Diese war als Entgelt für die Kapitalüberlassung deklariert, wurde auf Grundlage des Darlehensbetrages ermittelt und sodann in ein Leerfeld in der Vertragsurkunde eingesetzt.

Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Der Bundesgerichtshof widerspricht der Argumentation einiger Kreditinstitute, das Bearbeitungsentgelt sei nicht Gegenstand der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, da es individualvertraglich vereinbart worden sei: Für die Einordnung als Allgemeine Geschäftsbedingung reiche es aus, dass die Regelung „zum Zwecke künftiger wiederholter Einbeziehung in Vertragstexte 'im Kopf' des Kreditinstituts als Klauselverwender gespeichert ist [und] anhand der Daten des individuellen Darlehensvertrages … in der Vertragsurkunde eingesetzt wird“.3 Somit dürfte im Massengeschäft kaum noch Raum für eine individualvertragliche Vereinbarung von Bearbeitungsgebühren bleiben.

Bislang ungeklärt ist nach den aktuellen Entscheidungen allerdings, für welchen Zeitraum gezahlte Gebühren zu erstatten sind. Zwar beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist, die erst zum Jahresende beginnt (§ 199 BGB), nach § 195 BGB drei Jahre. Entgelte wären demnach zu erstatten, wenn sie ab dem 1. Januar 2011 gezahlt wurden. Die Verbraucherzentralen gehen jedoch davon aus, dass Verbraucher eine Erstattung der Gebühren der letzten zehn Jahre verlangen könnten. Sie berufen sich dabei auf zwei frühere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (Az. XI ZR 504/07 und XI ZR 309/09). Danach beginnt die Verjährungsfrist ausnahmsweise nicht, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Laie nicht einzuschätzen vermag. In diesem Fall fehle es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Beginn der Verjährung.

Zur Frage, ob dies für zu Unrecht erhobene Bearbeitungsentgelte gilt, sind derzeit zwei Revisionsverfahren beim BGH anhängig (Az. XI ZR 348/13 und XI ZR 380/13). Zu klären ist, ob allein das Fehlen einer höchstrichterlichen Entscheidung zur Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten für Verbraucherdarlehen eine „unsichere und zweifelhafte Rechtslage“ begründet, zumal die meisten Oberlandesgerichte davon ausgingen, dass solche Gebühren unzulässig sind. Es wird damit gerechnet, dass der BGH noch in diesem Jahr eine Entscheidung fällt.

Bearbeitungsentgelte versus Abschlussgebühren bei Bausparverträgen

Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen über Bearbeitungsentgelte für Verbraucherdarlehen sind nicht gleichzusetzen mit Abschlussgebühren bei Bausparverträgen. Diese hat der Bundesgerichtshof bereits im Dezember 2010 ausdrücklich gebilligt (Az. XI ZR 3/10). Der Bausparer werde durch die Abschlussgebühr nicht unangemessen benachteiligt. Zwar diene diese dem Vertrieb von Bausparverträgen und damit der Finanzierung der Kosten der Außendienstmitarbeiter. Dies sei jedoch nicht allein im Interesse der Bausparkasse, sondern komme auch den kollektiven Interessen der Bauspargemeinschaft zugute. Das Bausparkollektiv lebe davon, dass durch die Gewinnung neuer Kunden fortlaufend neue Mittel zugeführt werden, so dass die Bausparverträge (zeitnah) zugeteilt werden könnten.

Tipps für Verbraucher

Verbraucher sollten sich an ihre Bank wenden und unter Berufung auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs darum bitten, dass diese die Bearbeitungsgebühren zurückzahlt. Bei den Verbraucherzentralen erhalten sie dafür Musterbriefe.

Falls die Bank die Erstattung ablehnt, sollten sie sich an eine Verbraucherberatungsstelle und / oder einen Rechtsanwalt wenden und die Rechtslage prüfen lassen, insbesondere die Erfolgsaussichten eines Rechtsstreits. Die BaFin kann weder prüfen, ob ein Rückforderungsanspruch berechtigt ist, noch kann sie im Interesse des Verbrauchers eine Bank zu einer Erstattung veranlassen.

Bestimmte Fälle lassen sich mit Hilfe der Ombudsleute der Bankenverbände auch außergerichtlich klären. Die Ansprechpartner sind auf der Internetseite der BaFin zu finden. Schlichtungsverfahren sind für Bankkunden nicht nur kostenlos, sondern auch ohne Risiko: Sind sie mit der Entscheidung des Schlichters nicht einverstanden, können sie immer noch ein Gericht anrufen.

Hinweis

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Fußnote

  1. 1 So urteilten zum Beispiel das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg (Az. 3 U 78/10 vom 4. August 2010) und das OLG Karlsruhe (Az. 1 U 192/10 vom 3. Mai 2011) anders als das OLG Celle (Az. 3 W 109/09 vom 2. Februar 2010).
  2. Die schriftlichen Entscheidungsgründe lagen zum Redaktionsschluss noch nicht vor.
  3. 3 Pressemitteilung des BGH Nr. 80/2014.
Autor: Thomas Burgwinkel, BaFin

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