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Erscheinung:05.01.2015 | Thema Verbraucherschutz Kleinanlegerschutzgesetz: Mehr Transparenz auf dem Grauen Kapitalmarkt

In jüngster Zeit haben Anleger durch Investitionen in Vermögensanlagen zum Teil erhebliche Verluste erlitten. Obwohl die Risiken von Vermögensanlagen in den zugehörigen Prospekten ausführlich beschrieben sind, war vielen Kleinanlegern im Vorfeld nicht klar, dass hohe Renditechancen immer auch mit hohen Risiken verbunden sind.

In einigen Fällen waren die Schäden aber auch Folge betrügerischen Handelns der Anbieter und Hintermänner der Vermögensanlagen und Wertpapiere.

Im Mai 2014 hatte die Bundesregierung darum ein Maßnahmenpaket vorgestellt (siehe Fachartikel von Juni 2014), das zum Ziel hat, Verbraucher besser zu schützen und die Transparenz von Angeboten des Grauen Kapitalmarkts (siehe Fachartikel von März 2014) weiter zu erhöhen. Voraussichtlich im Frühjahr 2015 soll das Maßnahmenpaket mit dem Kleinanlegerschutzgesetz umgesetzt werden. Die Bundesregierung hat dem Bundestag bereits einen entsprechenden Entwurf vorgelegt.

Dieser Beitrag behandelt die zentralen Themen der geplanten Gesetzesnovelle. Sie wird die Prospektpflicht nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) erweitern und dabei Regelungslücken schließen, die es Anlegern bisher erschwerten, die Risiken bestimmter Vermögensanlagen richtig einzuschätzen. Für die Anbieter soll das Gesetz ferner zusätzliche Informations- und Mitteilungspflichten mit sich bringen. Die BaFin wiederum erhält weitere Eingriffskompetenzen und Veröffentlichungsrechte.

Vermögensanlagen
Das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) normiert die Prospektpflicht für Anlageformen, die keine Wertpapiere im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) und keine Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagesetzbuchs (KAGB) sind. Die BaFin hat ein Auslegungsschreiben veröffentlicht, das eine detaillierte Abgrenzung von Vermögensanlagen und Investmentvermögen vornimmt. Prospektpflichtig nach dem VermAnlG sind zum Beispiel öffentliche Angebote operativ tätiger Unternehmen außerhalb des Finanzsektors, wie etwa Kommanditgesellschaften im Bereich Erneuerbare Energien, oder die Ausgabe von Genussrechten, die in den Anlagebedingungen zwar keine Verlustbeteiligung des Anlegers vorsehen, jedoch zu seinen Lasten mit einem qualifizierten Rangrücktritt versehen sind (siehe Fachartikel von August 2014).

Eigenverantwortung des Anlegers

Das Gesetz trägt somit dazu bei, dass Anleger die Seriosität und Erfolgsaussichten von Vermögensanlagen besser einschätzen können. Dies erleichtert es ihnen, eine fundierte und risikobewusste Entscheidung treffen. Für seine Entscheidung ist und bleibt jeder Anleger jedoch selbst verantwortlich: Tritt ein Risiko ein, so hat er die Folgen zu tragen.

Der Anleger muss sich außerdem darüber im Klaren sein, dass Anbieter und Emittenten von Vermögensanlagen, anders als Banken oder Finanzdienstleistungsinstitute, auch weiterhin nicht von der BaFin beaufsichtigt werden. Vor einem öffentlichen Angebot müssen die Anbieter und Emittenten bei der BaFin lediglich einen Prospekt hinterlegen und diesen veröffentlichen, nachdem die BaFin ihn gebilligt hat. Das Prospektrecht ist also ausschließlich darauf angelegt, Anlegern umfassende Transparenz über die Vermögensanlage, deren Anbieter und Emittenten zu verschaffen. Kriminelles Handeln einzelner Anbieter wird die Prospektprüfung auch künftig nicht verhindern können.

Prospektpflicht: Zentrale Neuerungen

  • Erweiterte Prospektpflicht und Ausnahmen
  • Mindestlaufzeit und Kündigungsfrist
  • Verbesserte Aktualität und Zugänglichkeit
  • Werbebeschränkungen
  • Zusätzliche Befugnisse der BaFin

Erweiterung der Prospektpflicht

Nach dem Gesetzesentwurf müssen künftig auch Anbieter von partiarischen Darlehen und Nachrangdarlehen grundsätzlich einen Prospekt erstellen. Diese Produkte wurden bislang in zahlreichen Marktsegmenten prospektfrei angeboten, beispielsweise bei der Finanzierung der Herstellung von Möbeln, Tierfutter, Lebensmitteln und medizinischen Artikeln, aber auch bei der Inbetriebnahme und Unterhaltung von Radiosendern oder Apps und der Organisation von Konzerten sowie der Vermarktung von Kunstgegenständen.

Prospektpflichtig werden darüber hinaus alle Anlagen, die den bisher prospektpflichtigen Vermögensanlagen wirtschaftlich gleichwertig sind, insbesondere weil sie einen Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung gewähren. Hierunter dürften je nach vertraglicher Ausgestaltung zum Beispiel Beteiligungen an Teakholzplantagen in Übersee oder bestimmte Container-Kaufmodelle gehören. Die BaFin wird im Einzelfall prüfen, ob ein Angebot prospektpflichtig ist.

Mindestlaufzeit und Kündigungsfrist

Das Kleinanlegerschutzgesetz wird darüber hinaus für Vermögensanlagen eine grundsätzliche Mindestlaufzeit von 24 Monaten und eine Kündigungsfrist von mindestens zwölf Monaten einführen. Dadurch entsteht eine doppelte Schutzwirkung: Zum einen erhält der Anbieter einer Vermögensanlage für 24 Monate eine stabile Finanzierungsgrundlage. Zum anderen weiß der Anleger von vornherein, dass seine Vermögensanlage eine unternehmerische Investition von gewisser Dauer darstellt, deren Rückzahlung er nicht kurzfristig einfordern kann. Beide werden daher prüfen müssen, ob und in welchem Umfang Verzinsung und Rückzahlung im Hinblick auf die Anlageziele und Anlagepolitik tatsächlich sichergestellt sind.

In der Vergangenheit hatte es Fälle gegeben, in denen Anbieter nicht in der Lage waren, Anlegern ihre Mittel auf Verlangen kurzfristig wieder auszuzahlen, und darum Insolvenz anmelden mussten.

Aktualität und Zugänglichkeit der Prospekte

Auch die Aktualität und die Zugänglichkeit von Anlageprospekten werden verbessert. Prospekte sollen nur noch maximal zwölf Monate lang gültig sein. Will ein Anbieter eine Vermögensanlage länger im Markt lassen, muss er den Prospekt aktualisieren und erneut von der BaFin billigen lassen. Außerdem muss der Anbieter den Prospekt, ergänzt um sämtliche Nachträge, auf seiner Internetseite zur Verfügung stellen.

Auch nach dem Ende des öffentlichen Angebots von Vermögensanlagen müssen Anbieter alle Tatsachen unverzüglich veröffentlichen, die die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Anlegern erheblich beeinträchtigen könnten. Zusätzlich wird die BaFin diese Tatsachen auch auf ihrer Internetseite veröffentlichen.

Werbebeschränkungen

Die Bewerbung von Vermögensanlagen wird ebenfalls stärker reguliert. Werbung für Vermögensanlagen im öffentlichen Raum, wie zum Beispiel in Bussen und Bahnen, auf Plakaten und mittels Postwurfsendungen, wird künftig nicht mehr erlaubt sein. In Presseerzeugnissen bleibt sie zulässig, muss aber einen deutlichen Hinweis auf das Verlustrisiko enthalten. In anderen Medien ist die Werbung für Vermögensanlagen künftig nur noch erlaubt, wenn diese zumindest gelegentlich auch über wirtschaftliche Sachverhalte berichten und die Werbung im Zusammenhang mit einem solchen Bericht geschaltet wird. Auch hier müssen Anleger darauf hingewiesen werden, dass sie den Totalverlust des eingesetzten Vermögens riskieren.

Die BaFin kann Missstände bei der Werbung für Vermögensanlagen künftig unterbinden. Täuscht der Anbieter vor, dass die Rückzahlung der Anlegergelder sicher sei, oder erweckt er in irreführender Weise den Anschein eines besonders günstigen und renditestarken Angebots, so kann die BaFin die Werbung untersagen.

Ausnahmen von der Prospektpflicht

Um die Finanzierung kleiner und mittlerer innovativer Unternehmen nicht zu behindern, soll Crowdfunding in Form des Crowdinvesting unter bestimmten Voraussetzungen von der Prospektpflicht ausgenommen bleiben.

CrowdfundingCrowdinvesting
Der Begriff Crowdfunding, wörtlich übersetzt Schwarmfinanzierung, bezeichnet eine Finanzierungsform, bei der eine Vielzahl von Geldgebern ein konkretes Projekt finanziert. In der Regel werden die Gelder über Crowdfunding-Plattformen im Internet eingesammelt. Crowdfunding-Plattformen sind sehr vielfältig ausgestaltet. In der Praxis unterscheidet man heute im Wesentlichen vier Modelle: das spendenbasierte und das gegenleistungsbasierte Crowdfunding, die auch als Crowdsponsoring bezeichnet werden, sowie das kreditbasierte Crowdfunding (Crowdlending) und das Crowdinvesting. Beim Crowdinvesting erhält der Geldgeber eine Beteiligung an zukünftigen Gewinnen des finanzierten Projekts oder, wenn das Investment mit Wertpapieranlagen verbunden ist, Anteile oder Schuldinstrumente. Einen umfassenden Beitrag zum Thema Crowdfunding finden Sie hier.

Die Prospektpflicht wird nach dem Entwurf nicht für Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen gelten, mit denen ein Unternehmen mittels Crowdinvesting maximal 1 Million Euro einnimmt, wenn sie über eine Internet-Plattform vermittelt werden und jeder Anleger ohne weitere Auskünfte maximal 1.000 Euro anlegen kann. Bei einer Anlage von mehr als 1.000 Euro bis 10.000 Euro muss der Anleger in einer Selbstauskunft darlegen, dass er über ein Vermögen von mindestens 100.000 Euro verfügt oder nicht mehr als den zweifachen Betrag seines durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens anlegt.

Der Anbieter hat jedem Anleger, der mehr als 250 Euro investiert, ein Vermögensanlagen-Informationsblatt zu übergeben. Der Anleger muss dieses unterschrieben zurücksenden.

Außerdem sollen auch Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen von bis 1 Million Euro für soziale und gemeinnützige Projekte nicht prospektpflichtig sein, wenn die Darlehen von einer Kleinstkapitalgesellschaft gemäß § 267a Handelsgesetzbuch emittiert wurden, deren Gesellschafter eingetragene Vereine mit einer sozialen oder gemeinnützigen Zielsetzung sind, und wenn der Sollzinssatz der Darlehen unter dem marktüblichen Zinssatz von Hypothekenpfandbriefen mit gleicher Laufzeit liegt.

Auch die Darlehen und partiarische Darlehen von Mitgliedern einer Genossenschaft an ihre Genossenschaft sind von der Prospektpflicht befreit, wenn sie ausschließlich den Mitgliedern der Genossenschaft angeboten werden und diese die wesentlichen Informationen über die Vermögensanlage erhalten.

Zusätzliche Befugnisse der BaFin

Um potenzielle Anleger zu warnen, kann die BaFin künftig auf ihrer Internetseite Maßnahmen bekannt machen, die sie wegen Verstößen gegen das Vermögensanlagengesetz ergriffen hat, insbesondere auch Bußgeldentscheidungen.

Hat sie erhebliche Bedenken, dass der Schutz der Anleger oder die Funktionsfähigkeit oder Integrität der Finanzmärkte gefährdet sein könnten, kann die BaFin den Vertrieb bestimmter Finanzprodukte beschränken oder verbieten. Der neue Tatbestand der Produktintervention hat keinen bestimmten Adressaten und betrifft daher auch freie Finanzvermittler sowie den Direktvertrieb von Finanzinstrumenten und strukturierten Einlagen. Sie ist also nicht auf Vermögensanlagen beschränkt. Die Produktintervention kann als Allgemeinverfügung ergehen; die BaFin kann aber auch einzelnen Marktteilnehmern mittels eines individuellen Verwaltungsakts beispielsweise bestimmte Finanzpraktiken untersagen.

Enforcement

Ferner kann die BaFin künftig die Rechnungslegung eines Emittenten einer Vermögensanlage durch einen externen Wirtschaftsprüfer überprüfen lassen, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für einen Verstoß hat. Damit wird der Druck auf Unternehmen erhöht, jedes Jahr eine ordnungsgemäße Rechnungslegung zu erstellen.

Um sicherzustellen, dass die Jahresabschlüsse fristgerecht veröffentlicht werden, soll die Höchstgrenze des Ordnungsgeldes für Offenlegungsverstöße von bisher 25.000 Euro auf 250.000 Euro verzehnfacht werden.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Autor: Dr. Jean-Pierre Bußalb, BaFin

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