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Erscheinung:02.02.2015 | Thema Verbraucherschutz Das Lebensversicherungsreformgesetz aus Verbrauchersicht

Die deutschen Lebensversicherer stehen seit einigen Jahren vor der Herausforderung, trotz der anhaltend niedrigen Zinsen ausreichend Kapital zu erwirtschaften, um die für den Versicherungsfall garantierten vertraglichen Leistungen dauerhaft erbringen zu können. Zum Schutz der Versicherten und zur Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der Lebensversicherer hat der Gesetzgeber das Gesetz zur Absicherung von stabilen und fairen Leistungen für Lebensversicherte verabschiedet, kurz Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG).

Seit dem 1. Januar 2015 gilt es in Gänze. Schon jetzt hat die BaFin dazu erste Erkenntnisse aus der Missstandsaufsicht, die der Beitrag weiter unten beschreibt.

Wesentliche Neuerungen

Als eine wesentliche Neuerung hat das LVRG die Beteiligung an den Bewertungsreserven begrenzt, die Versicherungsnehmer erhalten, wenn ihr Vertrag endet. Lebensversicherer dürfen den ausscheidenden Versicherungsnehmern bestimmte Bewertungsreserven nur noch weitergeben, wenn beim Versicherungsunternehmen kein „Sicherungsbedarf aus Versicherungsverträgen mit Zinsgarantie“ besteht. Wie dieser Sicherungsbedarf zu errechnen ist, ist gesetzlich vorgegeben.

Bewertungsreserven
Bewertungsreserven aus Kapitalanlagen entstehen, wenn der Marktwert (Zeitwert) der Kapitalanlagen über dem Wert liegt, mit dem die Kapitalanlagen in der Bilanz ausgewiesen sind (Buchwert).

Um die Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen dauerhaft finanzieren zu können, dürfen die Unternehmen des Weiteren einen Bilanzgewinn nur an ihre Aktionäre ausschütten, wenn er einen etwaigen Sicherungsbedarf überschreitet.

Die Lebensversicherer müssen zudem zur Früherkennung von Risiken nun auch mehrjährige Prognoserechnungen erstellen, wenn die BaFin dies verlangt.

Seit dem 1. Januar gilt darüber hinaus unter anderem ein neuer Höchstzinssatz: Er wurde von 1,75 auf 1,25 Prozent herabgesetzt. Der Höchstzinssatz begrenzt die Verzinsung der Deckungsrückstellung in der Lebensversicherung. Er wird auch als Garantiezins bezeichnet.

Wichtigste Änderungen für Verbraucher

Neben den Neuregelungen zur Beteiligung an den Bewertungsreserven und der Herabsetzung des Höchstzinssatzes stellen die erweiterten Informationspflichten der Lebensversicherer die bedeutsamsten Änderungen für Verbraucher dar. Sie betreffen sowohl die Zeit vor Vertragsschluss als auch die Vertragslaufzeit selbst.

So müssen die Unternehmen vor Vertragsschluss jetzt neben den einkalkulierten Abschluss- auch die einkalkulierten Verwaltungskosten angeben. Bislang mussten sie neben den Abschlusskosten lediglich über die „übrigen einkalkulierten Kosten“ informieren. Zudem sind die Verwaltungskosten nun auch im Produktinformationsblatt anzugeben. Beide Neuerungen gelten nicht nur für die Lebens-, sondern ebenso für die Krankenversicherer. Darüber hinaus wurde die Kostentransparenz gesteigert: Seit Anfang 2015 müssen die Lebensversicherer dem potenziellen Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss die Effektivkosten mitteilen. Diese sind in der Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-InfoV) definiert als der Prozentsatz, um den sich die Wertentwicklung des Versicherungsvertrags durch die Kosten mindert. Reine Risikolebensversicherungen betrifft diese Pflicht allerdings nicht.

Während der Vertragslaufzeit müssen die Lebensversicherer ihre Kunden im Rahmen der jährlichen Information zur Überschussbeteiligung auf die Veröffentlichung von zusätzlichen Informationen zur Überschussbeteiligung hinweisen, etwa zu den Kapitalerträgen oder zum Risikoergebnis. Dies soll es den Versicherungsnehmern ermöglichen, die Höhe und Zusammensetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestüberschussbeteiligung besser nachzuvollziehen.

LVRG: Wichtige Neuerungen

  • Begrenzung der Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven
  • Begrenzung der Gewinnausschüttung an Aktionäre
  • Mehrjährige Prognoserechnungen
  • Niedrigerer Höchstzinssatz
  • Erweiterte Informationspflichten

Aktuelle Erkenntnisse aus der Missstandsaufsicht

Seit Inkrafttreten des LVRG haben verschiedene Versicherungsnehmer bei der BaFin vorgebracht, dass ihr Versicherer die Auszahlung ihrer Beteiligung an den Bewertungsreserven reduziert oder ganz gestrichen habe. In der Regel hatten sie hiervon entweder durch die jährliche Mitteilung zum Stand der Überschussbeteiligung erfahren oder aber, weil ihr Vertrag auslief oder sie ihn gekündigt hatten und der Versicherer sie daraufhin in einem Schreiben über die bevorstehende Auszahlung informierte.

Wie bereits erwähnt, sind die Versicherer aufgrund der Neuregelungen des LVRG gehalten, die Beteiligung an den Bewertungsreserven in Abhängigkeit von ihrem Sicherungsbedarf gegebenenfalls zu reduzieren oder vollständig zu streichen. Sie brauchen dies nicht von der BaFin genehmigen zu lassen. Allerdings kann sich die BaFin jederzeit von den Unternehmen zum Sicherungsbedarf berichten lassen, um etwa bei fehlerhaften Auszahlungen einschreiten zu können.

Verfrühte Umsetzung des LVRG

Mehrere Lebensversicherer hatten die Neuregelungen des LVRG zur Beteiligung an den Bewertungsreserven bereits zum 1. August 2014 angewendet. Versicherungsnehmer, deren Verträge zu diesem Termin endeten, erhielten teilweise eine reduzierte oder keine Ausschüttung von Bewertungsreserven. Die Neuregelung trat jedoch erst am 7. August 2014 in Kraft. Die Unternehmen begründeten ihr Vorgehen damit, dass sie von einer früheren Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt ausgegangen seien. Um darauf vorbereitet zu sein und Überzahlungen zu vermeiden, habe man die technischen Umstellungen frühzeitig eingeleitet.

Die BaFin hielt diese Unternehmen in einschlägigen Fällen dazu an, ihren ausgeschiedenen Kunden die Beträge nachzuzahlen, die ihnen nach altem Recht zustanden – sofern sie es nicht ohnehin schon getan hatten. Von den Nachzahlungen, die in den meisten Fällen auch die zwischenzeitlich entstandenen Verzugszinsen umfassten, profitierten viele Versicherungsnehmer.

Deklarierte Mindestbeteiligung bleibt unantastbar

Einige Versicherungsnehmer, deren Verträge 2014 geendet hatten, vertraten gegenüber der BaFin die Auffassung, dass ihre Beteiligung an den Bewertungsreserven zu gering ausgefallen sei. Ihnen stünde eine so genannte Mindest- oder Sockelbeteiligung zu. Auf Nachfrage der BaFin erklärten die betroffenen Versicherer jedoch, dass sie die für das Jahr 2014 deklarierte Mindestbeteiligung in jedem Fall ausgeschüttet hätten. Auch Versicherungsnehmer, deren Verträge zwischen dem 7. August und dem 31. Dezember 2014 endeten, hätten daher die Mindestbeteiligung erhalten.

Die BaFin hat die Praxis der Versicherer nicht beanstandet, sofern sie die Mindestbeteiligung für 2014 im Geschäftsbericht des Vorjahres deklariert hatten. Ein Versicherer hatte dort jedoch nur die Mindestbeteiligung an den Bewertungsreserven für Vertragsbeendigungen durch Ablauf oder Todesfall deklariert, allerdings nicht durch Kündigung. Versicherungsnehmern, die ihre Verträge zum 7. August 2014 oder später gekündigt haben, steht hier somit keine Mindestbeteiligung zu.

Einige Lebensversicherer hatten keine Mindestbeteiligung festgelegt. Dies unterliegt ihrer wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit. Kunden dieser Unternehmen konnten somit nur dann eine Beteiligung an den tatsächlich vorhandenen Bewertungsreserven beanspruchen, soweit diese den Sicherungsbedarf überschritten.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Autor: Dirk Elsner, BaFin

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