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Erscheinung:15.05.2015 | Thema Zulassung, Verbraucherschutz Erlaubnispflicht: Befugnisse der BaFin und Hinweise für Verbraucher

Immer wieder wird in den Medien der Vorwurf laut, die BaFin sei nicht gegen unseriöse Geschäfte und deren Betreiber eingeschritten, obwohl sie davon gewusst habe. Kommen Anleger bei solchen Geschäften zu Schaden, gibt es regelmäßig Schlagzeilen wie „Die Finanzaufsicht schaute tatenlos zu“, „ Wie die BaFin fast mal die Anleger schützte“ oder „Anlageskandal – Hat die BaFin im Fall S&K geschlafen?“1.

Diesen Schlagzeilen ist eines gemein: ein grundlegendes Missverständnis über die Aufgaben der BaFin. Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass die BaFin für eine lückenlose Kontrolle des Kapitalmarkts Sorge zu tragen und den Verbraucher vor sämtlichen unseriösen und risikobehafteten Geschäften zu schützen habe – quasi via Qualitätskontrolle. Für diese Art der übergeordneten Qualitätskontrolle fehlt der BaFin jedoch die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Zudem widerspräche eine völlig lückenlose Regulierung des Finanzmarkts den Grundsätzen der freien Marktwirtschaft und der Grundannahme, dass der Bürger mündig und in seinen Entscheidungen frei ist.

Daher gilt: Solange es sich nicht um erlaubnispflichtige oder nach den Aufsichtsgesetzen verbotene Geschäfte handelt, kann die BaFin nicht gegen diese Geschäfte vorgehen. Das betrifft alle Anlageangebote des Grauen Kapitalmarkts, mögen die von (dubiosen) Anbietern betriebenen Geschäfte auch noch so unseriös erscheinen – oder es tatsächlich sein.

Weißer versus Schwarzer Kapitalmarkt

Doch für welche Geschäfte benötigen Anbieter eine Erlaubnis? Oder anders gesagt, wo verlaufen die Grenzen zwischen dem Weißen, dem Grauen und dem Schwarzen Kapitalmarkt? Und welche Rolle kommt der BaFin bei der „Grenzkontrolle“ zu?

Erfüllt ein Geschäftsvorhaben einen Erlaubnistatbestand, der in den einschlägigen Aufsichtsgesetzen normiert ist, und wird das Geschäft gewerbsmäßig oder in einem Umfang betrieben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert, so ist es grundsätzlich erlaubnispflichtig. Der Anbieter darf das Geschäft also nur dann betreiben, wenn die BaFin ihm dafür eine Erlaubnis erteilt hat. Welche Geschäfte und Tätigkeiten erlaubnispflichtig sind, definieren die Aufsichtsgesetze.

Kreditinstitute, Finanzdienstleister, Zahlungsdienstleister, Kapitalverwaltungsgesellschaften und Versicherungsunternehmen, die mit Erlaubnis der BaFin tätig sind, bewegen sich im Weißen Kapitalmarkt. Sie unterstehen der laufenden Aufsicht durch die BaFin.

Anbieter, die ein erlaubnispflichtiges Geschäft betreiben, obwohl die BaFin ihnen die Erlaubnis versagt hat oder sie diese gar nicht erst beantragt haben, agieren auf dem Schwarzen Kapitalmarkt.

Weißer, Schwarzer und Grauer Kapitalmarkt
Der Weiße Kapitalmarkt umfasst jene Institute, Finanzdienstleister, Zahlungsdienstleister, Kapitalverwaltungsgesellschaften und Versicherungsunternehmen, die für ihre Tätigkeiten über eine Erlaubnis nach den jeweils einschlägigen Aufsichtsgesetzen verfügen. Sie unterstehen der laufenden Aufsicht durch die BaFin. Das Gegenstück ist der illegale Schwarze Kapitalmarkt, dessen Akteure erlaubnispflichtige Geschäfte ohne die erforderliche Erlaubnis der BaFin ausüben oder gar verbotene Geschäfte betreiben. Der Graue Kapitalmarkt ist dagegen die Summe der Marktteilnehmer und Angebote, die keine Erlaubnis der BaFin benötigen und daher auch nicht ihrer Aufsicht unterliegen.

Befugnisse der BaFin im Schwarzen Kapitalmarkt

Rechtfertigen Tatsachen die Annahme oder steht fest, dass erlaubnispflichtige Geschäfte ohne die gesetzlich erforderliche Erlaubnis oder dass verbotene Geschäfte betrieben oder erbracht werden, so kann die BaFin Auskünfte und Unterlagen zu allen Geschäftsangelegenheiten verlangen – sowohl vom betroffenen Unternehmen oder einem Beschäftigten dieses Unternehmens als auch von allen Unternehmen, die in die Anbahnung, den Abschluss oder die Abwicklung dieser Geschäfte einbezogen sind oder waren. Bestätigt sich der Verdacht, kann die BaFin gegenüber dem Unternehmen und den Mitgliedern seiner Organe anordnen, dass der Geschäftsbetrieb sofort einzustellen und die Geschäfte unverzüglich abzuwickeln sind. Sie kann darüber hinaus für die Abwicklung Weisungen erlassen und einen geeigneten Abwickler bestellen.

Auskunfts- und Vorlegungsersuchen der BaFin und erst recht Einstellungs- und Abwicklungsanordnungen stellen so genannte belastende Verwaltungsakte dar, die in die verfassungsrechtlich geschützten Grundrechte des Einzelnen eingreifen. Diese Eingriffe bedürfen daher einer gesetzlichen Ermächtigung nach Artikel 19 Grundgesetz. Die BaFin darf also nur einschreiten, wenn sie dazu eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage hat.

Solche Ermächtigungen finden sich in den einschlägigen Aufsichtsgesetzen, zum Beispiel in § 37 Absatz 1 Satz 1 Kreditwesengesetz (KWG). Demnach ist die BaFin befugt, gegen das Betreiben von Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen einzuschreiten, wenn diese ohne die nach § 32 Absatz 1 Satz 1 KWG erforderliche Erlaubnis betrieben beziehungsweise erbracht werden.

Grauer Kapitalmarkt

Geschäftsvorhaben, die nicht erlaubnispflichtig sind, sind Teil des Grauen Kapitalmarkts. Der Graue Kapitalmarkt ist also die Summe der Marktteilnehmer und Angebote, die keine Erlaubnis der BaFin benötigen und daher auch nicht ihrer Aufsicht unterliegen.

Dabei ist eine Wechselwirkung zum Weißen Kapitalmarkt zu beobachten: Je stärker dieser reguliert ist, desto häufiger weichen Anbieter auf Anlageangebote aus, die ihrer Ansicht nach nicht erlaubnispflichtig sind. Ziel vieler Anbieter ist es gerade, ihre Geschäftsidee entlang der Grenzen der Erlaubnispflicht so zu entwickeln, dass sie eine Beaufsichtigung durch die BaFin vermeiden. Sie bewegen sich somit weg vom Weißen oder Schwarzen Kapitalmarkt hinein in den Grauen Kapitalmarkt.

Unter bestimmten Voraussetzungen können einzelne Anbieter im Grauen Kapitalmarkt der Aufsicht der Gewerbeämter, der Industrie- und Handelskammern oder anderer Landesbehörden unterliegen. Diese sind selbst dafür zuständig, dies zu prüfen. Die BaFin kann nicht feststellen, welche Anbieter von den genannten Behörden zu beaufsichtigen sind.

Einzelfallentscheidung

Die Aufsichtsgesetze enthalten zahlreiche „unbestimmte Rechtsbegriffe“, also Begriffe, deren Inhalt im Gesetz nicht abschließend umrissen ist und daher bei der Rechtsanwendung im Einzelfall fixiert werden muss. Dies ist der Bandbreite der zu erfassenden Sachverhalte und vor allem den permanenten und raschen Entwicklungen innerhalb des Finanzsektors geschuldet. Die Konsequenz dieser Unbestimmtheit ist, dass die Anwendung der einzelnen Rechtsnormen, also die Subsumtion des Sachverhalts unter die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale, jeweils auf den Einzelfall bezogen stattfinden muss. Eine allgemein gültige Aussage über die Erlaubnispflicht bestimmter Anlagemodelle zu treffen, ist daher in der Regel nicht möglich. Vielmehr müssen die jeweiligen Vertragsunterlagen eingehend geprüft werden, um festzustellen, ob eine Erlaubnispflicht besteht oder nicht. Zusätzlich erschwert wird eine allgemeine Aussage durch die Kreativität und den Einfallsreichtum, den Anbieter in der Gestaltung ihrer Geschäftsmodelle an den Tag legen, um der Erlaubnispflicht zu entgehen.

So ist beispielsweise der Abschluss von Verträgen über den Erwerb und die Lagerung von physischem Gold grundsätzlich erlaubnisfrei. Verpflichtet sich jedoch der Anbieter im Vertrag, das von den Anlegern erworbene Gold zu einem späteren Zeitpunkt zu einem garantierten Preis zurückzukaufen, der mindestens dem ursprünglich gezahlten Kaufpreis entspricht – gegebenenfalls mit dem Versprechen einer Rendite –, kann das Anlageangebot wegen des Rückkaufversprechens, je nach vertraglicher Ausgestaltung, als Einlagengeschäft im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 KWG einzustufen sein.

Die BaFin veröffentlicht auf ihrer Internetseite regelmäßig aktualisierte Merkblätter und Auslegungsentscheidungen zu den erlaubnispflichtigen Tatbeständen, um Anbieter und Verbraucher über die aktuelle Verwaltungspraxis zu informieren, die für die Auslegung von Tatbestandsmerkmalen und die Grenzen der Erlaubnispflicht einzelner Geschäftstätigkeiten gilt.

Einschlägige Aufsichtsgesetze
Die einschlägigen Aufsichtsgesetze regeln die Erlaubnispflichten für Geschäfte und Tätigkeiten auf dem Kapitalmarkt und grenzen die regulierten Tatbestände ab. Es handelt sich dabei um das Kreditwesengesetz (KWG), das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) und das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB).
So sind die Bankgeschäfte in § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 bis 12 KWG und die Finanzdienstleistungen in § 1 Absatz 1a Satz 2 Nr. 1 bis 12 KWG geregelt. Die Vorschriften zur Zulassung zum Geschäftsbetrieb finden sich in § 32 Absatz 1 Satz 1 KWG. Der Begriff des Versicherungsgeschäfts ist im VAG selbst nicht geregelt, sondern ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.2 Die Erlaubnispflicht von Versicherungsgeschäften ist Gegenstand von § 5 Absatz 1 VAG. Das ZAG listet in § 1 Absatz 2 Nr. 1 bis 6 die Zahlungsdienste auf, für deren Erbringung nach § 8 Absatz 1 Satz 1 ZAG eine Erlaubnis notwendig ist. Der Geschäftsbetrieb von Kapitalverwaltungsgesellschaften bedarf nach § 20 Absatz 1 Satz 1 KAGB der Erlaubnis. Die Definition der Kapitalverwaltungsgesellschaft findet sich in § 17 KAGB, der für den Tatbestand notwendige Begriff des Investmentvermögens in § 1 Absatz 1 Satz 1 KAGB.

Veränderliche Grenzen der Märkte

Das Zusammenspiel des Weißen, Grauen und Schwarzen Kapitalmarkts unterliegt einem ständigen Wandel, bedingt durch den Erlass neuer oder die Änderung bestehender Gesetze, die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe seitens der BaFin und die daraus entstehende Entwicklung einer Verwaltungspraxis.

Die Regulierung des Weißen Kapitalmarkts beeinflusst unmittelbar die Grenzen zum Schwarzen und Grauen Kapitalmarkt. Eine trennscharfe Linie zwischen den drei Bereichen lässt sich daher nicht ziehen.

Hinweise für Verbraucher

Bestimmte Anlagemodelle generell den Kategorien „erlaubnispflichtig“ und „erlaubnisfrei“ zuzuordnen, ist – wie bereits erwähnt – nicht möglich. Dabei ist zu beachten, dass Verbraucher aus einer solchen Zuordnung ohnehin keine Rückschlüsse auf das Verlustrisiko ziehen könnten, das mit der Investition in eine bestimmte Geldanlage verbunden ist.

Die BaFin als Verwaltungsbehörde darf Anleger nicht beraten oder bei der Durchsetzung etwaiger zivilrechtlicher Ansprüche unterstützen. Verbraucher sollten Angebote, die ihnen unterbreitet werden, daher selbst genau prüfen, hinterfragen und notfalls Rechtsrat einholen. Vor allem, wenn Anbieter hohe Renditen bei geringem oder ganz ohne Verlustrisiko versprechen, sollten Verbraucher vorsichtig sein. Erst, wenn sie die Vertragsklauseln genau verstanden haben, sollten sie entscheiden, ob sie in das Angebot investieren wollen oder nicht. Denn wer nicht weiß, wie ein Bär aussieht, bekommt ihn umso leichter aufgebunden.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Fußnoten

  1. 1 Beispiele aus Handelsblatt online (4. Februar 2014), Süddeutsche.de (5. Februar 2014) und manager magazin online (15. August 2013).
  2. 2 Urteil vom 29. September 1992, Az. 1 A 26/91.
Autor: M. Raschke, M. Wegner, BaFin

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