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Erscheinung:15.06.2015 | Thema Geldwäschebekämpfung Vierte europäische Geldwäsche-Richtlinie und neue Geldtransfer-Verordnung verabschiedet

Nach über zwei Jahren Verhandlungen hat der europäische Gesetzgeber die Arbeiten an der Vierten Geldwäscherichtlinie und der Novelle der Geldtransferverordnung (Verordnung über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers) nun abgeschlossen: Nach dem Rat der Europäischen Union hat am 20. Mai 2015 auch das Europäische Parlament die beiden Rechtstexte verabschiedet.

Richtlinie und Verordnung wurden am 5. Juni im Amtsblatt veröffentlicht und treten am 25. Juni 2015 in Kraft.

Die Mitgliedstaaten haben nun zwei Jahre Zeit, die neuen Regelungen der Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Auch die Geldtransferverordnung wird erst mit Ablauf dieser Frist Gültigkeit erlangen.

Strengere Regeln und Vereinheitlichung

Mit der Vierten Geldwäscherichtlinie und der neuen Geldtransferverordnung zieht die EU die Zügel bei der Geldwäschebekämpfung an. Umfassende Risikoanalysen und zusätzliche Anforderungen an die Verpflichteten bedeuten zusätzlichen Aufwand für diese wie auch für die damit befassten staatlichen Stellen. Auch Verschärfungen im Sanktionsregime demonstrieren die Entschlossenheit des europäischen Gesetzgebers, die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu intensivieren.

Gleichzeitig ist es Ziel der EU, die nationalen Regeln einander stärker anzugleichen. Zwar handelt es sich auch bei der Vierten Geldwäscherichtlinie um Vorgaben mit Mindestharmonisierungs-Charakter, das heißt die Mitgliedstaaten dürfen grundsätzlich strengere Regeln einführen. Allerdings macht sie in einigen Bereichen, etwa bei den Sanktionen, wesentlich konkretere Vorgaben als ihre Vorgängerin. Zudem beauftragt sie die drei europäischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory AuthoritiesESAs), mittels Leitlinien und Technischen Regulierungsstandards europaweit verbindliche Regeln festzulegen.

Anpassung an die FATF-Empfehlungen 2012

Hauptanlass für die Novellierung war der Umstand, dass die europäischen Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung an die überarbeiteten Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) aus dem Jahr 2012 angepasst werden mussten. Der europäische Gesetzgeber hat jedoch die Gelegenheit genutzt, auch eigene Akzente zu setzen. So gehen einige neue Regeln der Vierten Geldwäscherichtlinie über die FATF-Empfehlungen hinaus oder betreffen typisch europäische Phänomene, zum Beispiel das Verhältnis von Heimatstaat und Gaststaat bei der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen innerhalb der EU.

Der vorliegende Beitrag soll einen ersten Überblick über die Änderungen geben, die für den deutschen Finanzsektor am relevantesten sind. Die Aufzählung ist jedoch nicht abschließend.

Intensivierter risikoorientierter Ansatz

Die wohl weitreichendste Änderung betrifft den risikoorientierten Ansatz: Während die Dritte Geldwäscherichtlinie noch eine Liste vordefinierter Situationen mit geringerem oder erhöhtem Geldwäscherisiko enthielt, so verlangt die Novelle von den Verpflichteten, jede individuelle Geschäftsbeziehung und Transaktion auf ihr jeweiliges Geldwäscherisiko zu prüfen. Umstände, die nach der Dritten Geldwäscherichtlinie automatisch zu einer Einstufung als geringeres Risiko führten – zum Beispiel, wenn der Kunde ein anderes Institut, ein börsennotiertes Unternehmen oder eine inländische Behörde war –, sind künftig lediglich als einzelne „Risikofaktoren“ anzusehen. Erst die Gesamtbetrachtung aller relevanten Risikofaktoren führt zu der Endbewertung, ob eine individuelle Situation als geringeres oder erhöhtes Risiko angesehen werden muss.

Ziel ist es, Automatismen bei der Risikobewertung zu verhindern. Dieses Konzept wird allerdings durchbrochen bei der Beurteilung einiger Hochrisikosituationen: politisch exponierte Personen (PePs), Korrespondenzbankbeziehungen sowie Kunden aus bestimmten Hochrisikoländern werden weiterhin automatisch als Hochrisikosituation eingestuft. Hinsichtlich der „Drittländer mit hohem Risiko“ wird die EU-Kommission eine Negativliste herausgeben; das bisherige Konzept einer Positivliste mit äquivalenten Drittländern wird aufgegeben.

Auch für die staatliche Seite gibt es neue Vorgaben zur Erfüllung des risikoorientierten Ansatzes. So obliegt es künftig jedem einzelnen Mitgliedstaat, eine nationale Risikobewertung anzufertigen und auf aktuellem Stand zu halten. Des Weiteren sollen die ESAs eine gemeinsame Stellungnahme zu den Risiken der Geldwäsche und der Terroris-musfinanzierung für den Finanzsektor der Europäischen Union erarbeiten, die wiederum in einen supranationalen Risikobericht einfließen soll, den die EU-Kommission anzufertigen hat. Und auch den nationalen Aufsichtsbehörden gibt die Richtlinie erstmals ausdrücklich auf, bei der Aufsicht nach einem risikoorientierten Ansatz vorzugehen.

Neue Befreiungsregeln für E-Geld-Produkte

Artikel 12 der Vierten Geldwäscherichtlinie erlaubt es den Mitgliedstaaten zu gestatten, dass die Verpflichteten bestimmte Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden bei E-Geld nicht anwenden, wenn bestimmte risikomindernde Voraussetzungen erfüllt sind. Hierbei handelt es sich in erster Linie um Produkteigenschaften, etwa dass die E-Geld-Karte nicht wiederaufladbar und ihre Nutzung pro Monat limitiert ist oder der darauf gespeicherte Betrag 250 Euro nicht überschreiten darf.

Die Vorschrift ähnelt den Bestimmungen aus § 25n Kreditwesengesetz, nach denen E-Geld-Produkte von bestimmten Pflichten befreit werden können. Die neue europäische Regelung soll vor allem sicherstellen, dass die Bedingungen für die Befreiung von E-Geld-Produkten EU-weit einheitlich sind; bisher herrschten hier zum Teil erhebliche Unterschiede.

Register zu wirtschaftlich Berechtigten

Artikel 30 der Richtlinie begründet eine neue Art der Mitwirkungspflicht der Kunden. Demnach sind künftig alle juristischen Personen verpflichtet, präzise und aktuelle Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten sowie zu Art und Umfang der wirtschaftlichen Berechtigung einzuholen und aufzubewahren. Diese Informationen sind in jedem Mitgliedstaat in einem zentralen Register aufzubewahren.

Das Register ist nicht öffentlich einsehbar. Zugang erhalten lediglich Aufsichtsbehörden, zentrale Verdachtsmeldestellen, Verpflichtete im Rahmen der Erfüllung ihrer Kundensorgfaltspflichten sowie – soweit dies nach den nationalen Datenschutzbestimmungen zulässig ist – andere Personen oder Organisationen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen können. Wo das Register in Deutschland eingerichtet wird, ist derzeit noch offen. Die registerführende Stelle muss die Angaben nicht überprüfen. Dies wird auch künftig Aufgabe der Verpflichteten sein.

Verhältnis von Heimat- und Gastlandaufsicht

Während die Dritte Geldwäscherichtlinie die Geldwäscheaufsicht in grenzüberschreitenden Fällen noch nicht ausdrücklich regelte, enthält die Vierte Fassung hierzu explizite Vorgaben. Demnach haben Niederlassungen in einem Gastland die dortigen Geldwäschevorschriften einzuhalten. Für die Geldwäscheaufsicht über diese Niederlassungen ist die Aufsichtsbehörde des Gastlands zuständig.

Bedienen sich Zahlungs- oder E-Geld-Institute mehrerer Niederlassungen oder Agenten in einem Gastland, so kann dieses künftig verlangen, dass das Institut eine so genannte zentrale Kontaktstelle benennt. Diese ist dafür zuständig zu gewährleisten, dass das Institut die Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung einhält. Zudem hat sie die Aufsicht durch die zuständigen Behörden zu erleichtern, indem sie ihnen unter anderem auf Verlangen Dokumente und Informationen zur Verfügung stellt.

Aufgaben der europäischen Aufsichtsbehörden

Erstmals erhalten mit der Vierten Geldwäscherichtlinie auch die ESAs verbindliche Aufgaben im Bereich der Geldwäschebekämpfung: Neben der bereits erwähnten gemeinsamen Stellungnahme für den Risikobericht der EU-Kommission müssen sie auch zu verschiedenen Punkten, die die Richtlinie nicht abschließend klärt, Leitlinien beziehungsweise Technische Regulierungsstandards entwerfen, zum Beispiel zu Voraussetzungen und Aufgaben der zentralen Kontaktstellen, zur risikoorientierten Aufsicht durch die zuständigen Behörden und zu den Risikofaktoren und Maßnahmen, die in Fällen geringeren oder erhöhten Risikos zu beachten sind.

Zuständig hierfür ist der Gemeinsame Ausschuss der ESAs beziehungsweise dessen Geldwäschekomitee AMLC (Anti-Money Laundering Committee), das in derzeit vier Arbeitsgruppen bereits an den entsprechenden Entwürfen arbeitet. Aller Voraussicht nach werden die ESAs erste Entwürfe bereits in der zweiten Jahreshälfte 2015 zur Konsultation veröffentlichen.

Sanktionen

Sehr viel konkreter als ihre Vorgängerin gibt die Vierte Geldwäscherichtlinie vor, wie die Mitgliedstaaten Verstöße gegen die Geldwäscheregeln zu sanktionieren haben. So legt sie beispielsweise für Kredit- und Finanzinstitute eine maximale Bußgeldhöhe von 5 Millionen Euro oder 10 Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes fest. Für deutsche Institute bedeutet dies eine beachtliche Verschärfung: Bisher durften Bußgelder hierzulande im Regelfall maximal 100.000 Euro betragen.

Außerdem sollen künftig die betroffene natürliche oder juristische Person und die Art des Verstoßes öffentlich bekannt gegeben werden, sofern keine der Ausnahmen nach Artikel 60 der Vierten Geldwäscherichtlinie greift. Des Weiteren haben die nationalen Aufsichtsbehörden alle verwaltungsrechtlichen Sanktionen und Maßnahmen an die ESAs zu melden; diese wiederum sind verpflichtet, auf ihren Internetseiten auf die Veröffentlichungen der Aufsichtsbehörden zu verlinken.

Neue Geldtransferverordnung

Die wichtigste Änderung der neuen Geldtransferverordnung besteht darin, dass die verpflichteten Zahlungsdienstleister nicht mehr nur Angaben zum Auftraggeber, sondern auch zum Berechtigten des Transfers machen und dem Transfer beifügen müssen. Außerdem müssen künftig auch zwischengeschaltete Zahlungsdienstleister über wirksame Verfahren verfügen, mit denen sie erkennen können, ob Angaben fehlen oder unvollständig sind, und risikobasierte Verfahren für (Folge-)Maßnahmen vorhalten.

Die Zahlungsdienstleister müssen die Angaben erst bei Transfers von mehr als 1.000 Euro überprüfen, sofern keine Anhaltspunkte für eine Verbindung mit anderen Transfers vorliegen, anonymes (E-)Geld angenommen wurde oder ein Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vorliegt. Eine Überprüfung gilt bereits als erfolgt, wenn die Identität des Auftraggebers gemäß der Vierten Geldwäscherichtlinie überprüft und die entsprechenden Daten gespeichert wurden.

Für Zahlungskarten, E-Geld-Instrumente und Mobiltelefone, die nur zum Erwerb von Waren oder Dienstleistungen verwendet werden, gilt die Verordnung aufgrund des geringen Risikos von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nicht. Den Mitgliedstaaten ist es darüber hinaus unter bestimmten Voraussetzungen freigestellt, Transfers auf Zahlungskonten im Inland auszunehmen, sofern diese 1.000 Euro nicht überschreiten und nur für die Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen vorgenommen werden.

Die neue Verordnung stellt klar, dass es sich auch dann um einen Geldtransfer handelt, wenn er „zumindest teilweise auf elektronischem Wege“ erfolgt oder es sich beim Zahlungsdienstleister des Auftraggebers und dem des Begünstigten um ein und denselben handelt. Für die neue Geldtransferverordnung gelten außerdem ähnliche Sanktionsregelungen wie für die Vierte Geldwäscherichtlinie.
Auch zur Anwendung der Verordnung werden die ESAs rechtzeitig Leitlinien herausgeben. Die Arbeiten daran werden noch in diesem Jahr beginnen.

Wichtige Begriffe

Verpflichtete

Die „Verpflichteten“ sind die Personen und Unternehmen, für die die Vierte Geldwäscherichtlinie gilt. Nach Artikel 2 Absatz 1 zählen dazu neben Kredit- und Finanzinstituten auch bestimmte Dienstleister aus dem Nicht-Finanzsektor, zum Beispiel Notare, Rechtsanwälte und Anbieter von Glücksspieldiensten. Die Mitgliedstaaten sind jedoch gehalten, die Pflichten der Richtlinie auf weitere Berufe oder Unternehmenskategorien auszudehnen, bei deren Tätigkeiten es besonders wahrscheinlich ist, dass sie für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung genutzt werden.

Politisch exponierte Personen (PePs)

PePs sind natürliche Personen, die wichtige öffentliche Ämter ausüben oder ausgeübt haben, zum Beispiel Staats- und Regierungschefs, Minister und hochrangige Militärs. Politisch exponierte Personen werden als Kunden mit hohem Geldwäscherisiko eingestuft, weil man bei ihnen von einer erhöhten Gefahr von Korruption oder Veruntreuung ausgeht.

Korrespondenzbankbeziehungen

Als Korrespondenzbankbeziehung bezeichnet man die Erbringung von Bankdienstleistungen einer Bank (Korrespondenzbank) für eine andere Bank (Respondenzbank). Hierzu zählen unter anderem die Unterhaltung eines Kontokorrent- oder eines anderen Bezugskontos und die Erbringung damit verbundener Leistungen wie die Verwaltung von Barmitteln, internationale Geldtransfers und die Scheckverrechnung. Nach der neuen Richtlinie fallen unter den Begriff auch Beziehungen zwischen Kredit- und Finanzinstituten, sowohl mit- als auch untereinander. Es muss also nicht zwingend eine Bank Partei der Beziehung sein.

Elektronisches Geld (E-Geld)

Als E-Geld bezeichnet man jeden elektronisch – auch magnetisch – gespeicherten monetären Wert in Form einer Forderung gegenüber dem Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem E-Geld-Emittenten angenommen wird. Unter diese weite und eher technische Definition fallen zum Beispiel verschiedene Online-Zahlungsdienste, aber auch bestimmte Prepaidkreditkarten.

Wirtschaftlich Berechtigte

Wirtschaftlich Berechtigte sind alle natürlichen Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Kunde steht, sowie jede natürliche Person, in deren Auftrag eine Transaktion oder Tätigkeit ausgeführt wird. Die Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten soll es natürlichen Personen insbesondere erschweren, sich hinter juristischen Personen (Briefkastenfirmen) zu verstecken.

Hinweis

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Autor: Hans Martin Lang, Jan Noll, BaFin

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