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Erscheinung:15.01.2016 | Thema Fintech FinTechs: Junge IT-Unternehmen auf dem Finanzmarkt

Ende November hat eine BaFin-interne Projektgruppe zum Thema FinTechs ihre Arbeit aufgenommen, die sich mit den neuen Geschäftsmodellen junger Finanzdienstleister beschäftigt. Mit der Expertise aus der Banken-, Versicherungs- und Wertpapieraufsicht hat die Projektgruppe das Ziel, die aktuellen Entwicklungen am FinTech-Markt zu beobachten und zu prüfen, ob die BaFin ihre Prozesse angesichts der Fortentwicklung der Digitalisierung anzupassen hat.

Sowohl national als auch international nimmt das Thema FinTechs deutlich an Fahrt auf. Mittlerweile versuchen einige Städte sogar, sich als FinTech-Zentren zu profilieren, unter anderem London und Hongkong. In Deutschland zentrieren sich FinTech-Startups bisher vor allem in Berlin und in Frankfurt am Main.

Definition: FinTech
Eine klare Definition des Begriffs „FinTechs“ existiert bisher nicht. Als Kombination aus den Worten „Financial Services“ und „Technology“ versteht man unter FinTechs gemeinhin junge Unternehmen, die mit Hilfe technologiebasierter Systeme spezialisierte und besonders kundenorientierte Finanzdienstleistungen anbieten. FinTechs folgen damit dem Trend zur Digitalisierung und Personalisierung und treiben gleichzeitig den digitalen Fortschritt im Finanzmarkt voran. Sie setzen dabei insbesondere auf kundenfreundliche, schnelle und bequeme Anwendungen für den Nutzer. FinTechs treten allerdings nicht nur in Konkurrenz zu den traditionellen Finanzdienstleistern wie Banken, Versicherern und Wertpapierdienstleistern, sondern ergänzen zum Teil auch deren Angebot.

FinTechs in Deutschland

Die genaue Zahl der FinTechs in Deutschland ist schwer zu beziffern, was unter anderem an der Dynamik des Markts liegt. Mit dem digitalen Fortschritt werden immer mehr Unternehmen gegründet, deren Geschäftsmodelle als FinTech verstanden werden können. Allerdings haben einige dieser Unternehmen ihre Tätigkeit auch bereits wieder eingestellt.

Statistiken benennen aktuell circa 250 FinTech-Unternehmen in Deutschland. Diese decken ein sehr breites Spektrum unterschiedlicher Geschäftsmodelle ab. Viele dieser Unternehmen bieten bankähnliche Dienstleistungen an, wie die Vermittlung von Krediten oder die automatisierte Finanzberatung. Andere ergänzen diese klassischen Angebote durch zusätzliche Dienste, insbesondere im Bereich des Zahlungsverkehrs und des Finanzmanagements. Der vorliegende Text gibt einen groben Überblick über unterschiedliche Geschäftsideen der aktuellen FinTech-Welt.

Zahlungsverkehr und Girogeschäft

Technologische Trends im Zahlungsverkehr gewannen seit der Einführung der ersten Internetbezahlmethoden Anfang des 21. Jahrhunderts auch in Deutschland an Fahrt. Hier tummeln sich nicht nur junge FinTechs. Auch einige große Unternehmen haben mittlerweile den Markt für sich entdeckt.

Darüber hinaus entwickeln Start-ups weitere innovative und technologiebasierte Bezahlmöglichkeiten und positionieren sich damit direkt zwischen Kunde und Bank. Bei den neuen Bezahlmethoden gewinnt die Nutzung des Smartphones zunehmend an Bedeutung, zum Beispiel mit der Funktion als „digitale Geldbörse“. Als solche können per Smartphone mit Hilfe des NFC-Datenübertragungsstandards (Near Field Communication) mittlerweile Zahlungen direkt an der Ladentheke drahtlos ausgelöst werden. Spezielle Kreditkarten haben diese Funktion inzwischen ebenfalls. Oder aber es wird ein QR-Code via Smartphone eingelesen und mit Hilfe der dazugehörigen App eine Zahlung vorgenommen.

Im Girogeschäft ergänzen immer mehr Funktionen das traditionelle Onlinebanking. So ist es zum Beispiel möglich, Rechnungen mit dem Smartphone abzufotografieren und direkt in einen digitalen Überweisungsträger einzulesen oder aber einen bankübergreifenden Finanzüberblick permanent über das Smartphone verfügbar zu haben.

Crowdfunding

Die Idee des Crowdfundings (Schwarmfinanzierung) setzt direkt am klassischen Bankgeschäft an. Hierbei handelt es sich um das Einsammeln von Kapital mehrerer Geldgeber (Crowd) zur Finanzierung eines Vorhabens. Dies geschieht oft über internetbasierte Plattformen. Sowohl Geldgeber als auch Geldnehmer können private Personen oder Unternehmen sein.

Zu den vier häufigsten Crowdfunding-Modellen in der Praxis gehört erstens das spendenbasierte Crowdfunding, bei dem der Geldgeber – über ein gutes Gefühl hinaus – keine Gegenleistung erhält. Beim gegenleistungsbasierten Crowdfunding, dem zweiten Modell, winkt ein Ausgleich symbolischer Natur, zum Beispiel die namentliche Benennung im Abspann eines durch Crowdfunding finanzierten Films. Das dritte Geschäftsmodell, das kreditbasierte Crowdfunding, zeichnet sich durch die Rückzahlung des Betrags aus, entweder mit oder ohne Zinsen. Beim vierten Geschäftsmodell, dem Crowdinvesting, zielt der Geldgeber auf eine finanzielle Rendite ab. Er kann entweder am Gewinn beteiligt werden oder erhält Unternehmensanteile beziehungsweise Schuldinstrumente.

Automatisierte Finanzberatung

Ein weiteres Geschäftsmodell von FinTechs ist die automatisierte Finanzberatung. Der Kunde wird bei Geldanlageentscheidungen durch ein Programm unterstützt, also ohne menschliche Anlageberater. Oft werden dazu Plattformen genutzt, auf denen der potenzielle Anleger persönliche Daten eingibt, die für die Investitionsentscheidung von Bedeutung sind. Dazu zählt neben dem Anlagebetrag unter anderem seine Risikobereitschaft. Anschließend berechnen Algorithmen Möglichkeiten zur Investition, die dem Kunden dann vorgeschlagen werden. Dabei greifen die Plattformen häufig auf börsengehandelte Investmentfonds (Exchange-Traded Funds) zurück, da die Kosten für den Kunden hier am überschaubarsten sind.

Eine weitere Möglichkeit der automatisierten Finanzberatung besteht darin, das eigene Wertpapierportfolio mit dem Portfolio eines erfolgreichen Anlegers (Traders) zu verknüpfen. Die Handelsentscheidungen des Traders werden dann automatisch auch für den Kunden durchgeführt.

Die Plattformen sind im Allgemeinen kundenfreundlich. Sie sind meist einfach zu bedienen und zeichnen sich durch eine günstige und transparente Kostenstruktur aus. Allerdings hat der Kunde seine Entscheidung mit der gleichen Sorgfalt zu prüfen, wie er es auch bei einer klassischen Anlageberatung tun würde. Ob es sich bei der automatisierten Finanzberatung um individuelle Anlageberatung im Sinne des Kreditwesen- (KWG) und des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) handelt, für die spezielle Pflichten gelten, hängt von der Ausgestaltung des jeweiligen Angebots ab.

Versicherungen

Start-ups im Versicherungsgeschäft treten häufig als Vergleichsplattformen oder Versicherungsvermittler im Internet auf. Sie vermitteln spezifische Versicherungsleistungen, etwa für technische Geräte. Auch können besondere Ereignisse abgesichert werden, beispielsweise ein Stadionbesuch oder ein Ausflug mit der Kindertagesstätte.

Eine besondere Entwicklung im Versicherungsgeschäft, die an Bedeutung gewinnt, ist die Sammlung und Auswertung großer Datenmengen, auch bekannt unter dem Stichwort „Big Data“. Bekannt ist dies mittlerweile bei der Kraftfahrzeug-Versicherung in Form sogenannter Telematik-Verträge. Hier wird unter anderem das Fahrverhalten bewertet, was sich auf die Versicherungsprämie auswirken kann. Auch berichteten die Medien bereits häufiger über Ansätze, Gesundheitsdaten über das Handy oder spezielle Armbänder zu sammeln.

Virtuelle Währungen

Auch virtuelle Währungen zählen zu den innovativen Geschäftsmodellen von FinTechs. Die aktuell bekannteste virtuelle Währung ist der Bitcoin. Weitere Beispiele sind Litecoin und Ripple.

Mit den virtuellen Währungen gingen zwei Entwicklungen im Bereich der elektronischen Finanzdienstleistungen einher. Zum einen steckt dahinter die Idee, neben dem gesetzlichen Zahlungsmittel eine kryptographische, also verschlüsselte Ersatzwährung mit begrenzter Geldmenge zu schaffen. Diese kann über ein mathematisches Verfahren von jedem erzeugt werden, der einen Rechner mit der erforderlichen Rechenkapazität besitzt. Zum anderen gewann durch die Bitcoins die Blockchain-Technologie öffentliche Aufmerksamkeit. Diese stellt die technologische Grundlage der Bitcoins dar, mit deren Hilfe alle Bitcoin-Transaktionen in einem dezentralen Netzwerk verwaltet werden. Ein dazwischen geschalteter Intermediär – wie die Zentralbanken im Notenbanksystem – wird nicht benötigt, da die Blockchain die Transaktionen protokolliert und somit keine Informationsasymmetrien entstehen. Es ist darum denkbar, sie über den Austausch von Bitcoins hinaus für weitere Geschäftsprozesse von Finanzdienstleistern einzusetzen. Einige große Banken prüfen dies bereits.

Bedeutung für die BaFin

Die BaFin muss sich nun der Frage stellen, wie sie mit dem innovativen FinTech-Markt umgehen will. Das betonte BaFin-Präsident Felix Hufeld bereits in seinem Interview in der Dezember-Ausgabe des BaFinJournals. Auch in seiner Rede beim Neujahrspresseempfang der BaFin nahm er dazu Stellung. Die Herausforderung dabei ist, Innovationen einerseits nicht durch zu strenge Vorgaben im Keim zu ersticken, gleichzeitig aber zu verhindern, dass diese Innovationen Aufsichtsgrundsätze aushebeln. Denn FinTechs arbeiten nicht im luftleeren Raum. Auch ihre Geschäftsmodelle müssen im Einklang mit regulatorischen Anforderungen und dem Verbraucherschutz stehen. Stellt sich heraus, dass ein FinTech im erlaubnispflichtigen Bereich agiert, hat es die gleichen aufsichtlichen Vorgaben einzuhalten wie die etablierten Institute. Diese klare Regel schafft Vertrauen – beim Verbraucher ebenso wie bei den anderen Marktteilnehmern.

Allerdings ist nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen, ob bestimmte FinTechs für ihre Tätigkeit eine Erlaubnis der BaFin benötigen oder ob sie der Gewerbeaufsicht unterliegen. Ähnlich erscheinende Geschäftsmodelle weichen bei näherer Betrachtung im Detail voneinander ab, was sich direkt darauf auswirkt, welche Pflichten die Unternehmen einzuhalten haben. Gleichzeitig können sich Fragen zum kollektiven Verbraucherschutz ergeben, denen die BaFin im Rahmen ihres neuen Mandats aus § 4 Absatz 1a FinDAG (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz) nachgeht.

Darüber hinaus hat die Digitalisierung, die die FinTechs vorantreiben, auch deutlichen Einfluss auf die etablierten Finanzdienstleister, die unter der Aufsicht der BaFin stehen. Viele Banken, Versicherer und Wertpapierdienstleister widmen sich dem Thema bereits aktiv. Sie gehen Kooperationen mit FinTechs ein, lassen sich von deren Modellen inspirieren oder entwickeln eigene Ideen. Dies kann sich direkt auf Vertriebswege, Kommunikationskanäle oder interne Prozesse der etablierten Finanzdienstleister auswirken und muss seitens der BaFin aktiv begleitet werden.

Somit ergeben sich aus dieser Entwicklung einige komplexe Fragestellungen für die BaFin. Die Projektgruppe beschäftigt sich bereits unter anderem mit der Frage, wie den jungen Unternehmen das weitreichende Feld der Aufsicht nahegebracht werden kann. Im Fokus der BaFin steht dabei eine verlässliche und zeitgemäße Aufsicht, die an den aktuellen Stand der Digitalisierung anzupassen ist. Ziel ist es, mit der notwendigen Gründlichkeit auch den Bedürfnissen der FinTechs gerecht zu werden. Um dies umzusetzen, steht die BaFin bereits im Dialog mit den Unternehmen.

Hinweis

Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.

Autor: Wiebke Danker, BaFin

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